Rn 26

Der Anfechtungsanspruch wird mit Entstehung (vgl. Rn. 19) fällig. Gegenüber dem Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 kann der Anfechtungsgegner seinen Gegenanspruch nach § 144 Abs. 2 in Form eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB geltend machen, sofern zwischen den sich gegenüberstehenden Ansprüchen ein besonders enger Zusammenhang besteht.[100] Einen solchen hat der BGH allerdings für Aus- oder Absonderungsrechte wegen anderweitiger Leistungen des Anfechtungsgegners verneint.[101] Soweit die Aufrechnung nach § 96 ausgeschlossen ist, kommt auch ein Zurückbehaltungsrecht grundsätzlich nicht in Betracht.[102] Darüber hinaus kann der Anfechtungsgegner gegenüber einem Wertersatzanspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 2 aufrechnen, soweit nicht § 393 BGB entgegensteht und keine Masseunzulänglichkeit (§§ 208-210) vorliegt (siehe oben Rn. 13).[103] Für die Aufrechnung mit einem Verwendungsersatzanspruch siehe unten Rn. 90. Schließlich kann der Anfechtungsgegner dem Insolvenzverwalter auch nicht einen angeblichen Vorrang gesellschaftsrechtlicher Grundsätze entgegen halten (z. B. Gebot der Kapitalaufbringung oder -erhaltung).[104] Hat der Insolvenzverwalter bei einem (beidseitig noch nicht vollständig erfüllten) gegenseitigen Vertrag i. S. der §§ 103 ff. Erfüllung verlangt, ist die Anfechtung des Vertragsschlusses ausgeschlossen, da dies als unzulässiger Widerruf des Erfüllungsbegehrens zu werten wäre.[105] Der Rechtsgedanke des § 817 S. 2 BGB lässt sich auf den Rückgewähranspruch nicht übertragen.[106] War der Empfänger einer Leistung außerhalb der Insolvenz vor einer bereicherungsrechtlichen Rückerstattungspflicht durch § 814 BGB geschützt, so setzt sich dieser Schutz nach Insolvenzeröffnung nicht fort, wenn die Leistung anfechtbar erbracht wurde. Anders als nach Bereicherungsrecht ist das Vertrauen des Empfängers der Leistung allenfalls durch § 143 Abs. 1 und 2 – in Ausnahmefällen – durch § 242 BGB geschützt.[107] Eine Einschränkung des gesetzlichen Anfechtungsanspruches durch den Normzweck des § 814 BGB ist nicht gerechtfertigt, weil dies gegen den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung verstoßen würde.[108] Zum Ausschluss der Vorteilsanrechnung siehe oben Rn. 15. Zur Begrenzung des Anfechtungsanspruchs wegen Zweckerreichung siehe oben Rn. 24.

[100] BGH ZIP 1986, 787 [BGH 29.04.1986 - IX ZR 145/85] (789 f.) = EWiR 1986, 707 (Gerhardt); HK-Kreft, § 143 Rn. 7.
[101] BGH ZIP 2000, 2061.
[102] Kübler/Prütting/Bork-Jacoby, § 143 Rn. 75.
[103] BGHZ 130, 38 (45) = NJW 1995, 2783; MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 11; Uhlenbruck-Hirte, § 143 Rn. 24; a. A. OLG Nürnberg OLGZ 1977, 253 (255 f.) = NJW 1977, 589 [OLG Nürnberg 01.07.1976 - 1 U 157/75] (LS).
[104] RGZ 74, 16 (17 f.); BGH DB 1995, 365 (367); Uhlenbruck-Hirte, § 129 Rn. 6, 8, 113; Haas, ZIP 2006, 1371 (1375 ff.); siehe auch Hüttemann, GmbHR 2000, 357 (360 ff.); Uhlenbruck-Hirte, § 143 Rn. 19; a. A. Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahmen im Recht der GmbH, 2006, S. 163 ff.
[105] Marotzke, Gegenseitige Verträge, Rn. 7.131; MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 16; Uhlenbruck-Hirte, § 143 Rn. 7.
[107] BGH NZI 2009, 103 [BGH 11.12.2008 - IX ZR 195/07] (104 f.); OLG Frankfurt NZI 2009, 605 (606); a. A. OLG Frankfurt NZI 2008, 100 (101); ebenso (im Anwendungsbereich der KO) BGHZ 113, 98 (105).
[108] BGH NZI 2010, 320; NZI 2009, 103 (105) [BGH 11.12.2008 - IX ZR 195/07]; MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 10; Gerhardt, ZIP 1991, 273; vgl. auch Jaeger-Henckel, § 134 Rn. 13.

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