Rn 34

Ob eine Anrufung des Bundesarbeitsgerichts möglich ist, hängt von dem Arbeitsgericht ab, weil es über die Zulassung der Rechtsbeschwerde entscheidet (§ 126 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 122 Abs. 3 Satz 2).

6.2.1 Zulassungsvoraussetzungen

 

Rn 35

Die Voraussetzungen, unter denen das Arbeitsgericht die Rechtsbeschwerde zulassen muss, ergeben sich aus §§ 126 Abs. 2 Satz 2, 122 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 72 Abs. 2 ArbGG. Von den in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Fällen relevant sind nur die, dass eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder der ergangene Beschluss von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, des Bundesarbeitsgerichts oder eines Landesarbeitsgericht abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

 

Rn 36

Eine Abweichung von einer Entscheidung eines Landesarbeitsgerichts kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigen, obwohl ein Landesarbeitsgericht (wegen des Instanzenzugs, Rn. 33) mit einem Verfahren nach § 126 niemals befasst werden kann. Denn es ist denkbar, dass das Arbeitsgericht bei der Prüfung der materiellrechtlichen Fragen (dringende betriebliche Erfordernisse, Sozialauswahl) von der Entscheidung eines Landesarbeitsgerichts abweicht.[106] Misslich ist, dass nicht auch die Abweichung von der Entscheidung eines anderen Arbeitsgerichts die Zulassung rechtfertigt, denn mit Verfahren nach § 126 werden wegen des Ausschlusses der Beschwerde (Rn. 33) beinahe ausschließlich Arbeitsgerichte befasst. Allerdings liegt dann, wenn das Arbeitsgericht von der Entscheidung eines anderen Arbeitsgerichts abweicht, oftmals eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, so dass dies nach §§ 126 Abs. 2 Satz 2, 122 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 i. V. m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigt.[107]

 

Rn 37

Die sonstigen in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Fälle (Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds oder Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör) spielen hingegen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde keine Rolle. Denn ein Arbeitsgericht wird kaum selbst die Ansicht vertreten, es habe den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt oder einen ähnlich schweren Verfahrensfehler begangen. Hat es allerdings aus einem anderen Grund die Rechtsbeschwerde zugelassen, kann der Rechtsbeschwerdeführer auch Verfahrensmängel rügen (Rn. 41).

[107] Im Ergebnis ebenso Kübler/Prütting/Bork-Schöne, InsO, 82. Lfg. 2019, § 126 Rn. 46; Uhlenbruck-Zobel, InsO, 15. Aufl. 2019, § 127 Rn. 36.

6.2.2 Unterbliebene Zulassung

 

Rn 38

Lässt das Arbeitsgericht die Rechtsbeschwerde nicht zu, wird sein Beschluss sofort, also im Zeitpunkt der Verkündung (§ 126 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 i. V. m. §§ 84 Satz 3, 60 ArbGG), rechtskräftig.[108] Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, weil §§ 126 Abs. 2 Satz 2, 122 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 InsO nur auf § 72 Abs. 2 und 3 ArbGG, nicht jedoch auch auf §§ 72 a, 92a ArbGG verweisen.[109] Der Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde gilt auch dann, wenn das Verfahren ausnahmsweise nicht eilbedürftig ist.[110] Da die Entscheidung des Arbeitsgerichts wegen § 127 Abs. 1 für den Kündigungsschutzprozess teilweise präjudiziell ist und somit sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Insolvenzverwalter, der eine Sanierung beabsichtigt, von großer Bedeutung sein kann, ist es bedauerlich, dass (im schlimmsten Fall) nur eine einzige fachgerichtliche Instanz zur Verfügung steht. Verfassungsrechtlich ist hiergegen jedoch nichts zu erinnern, weil das Grundgesetz keinen Rechtsmittelzug garantiert.[111] Den Beteiligten, die vor dem Arbeitsgericht unterlegen sind, bleibt damit nur die Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 1 BVerfGG). Wegen des Erfordernisses, den Rechtsweg auszuschöpfen (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG), kann es notwendig sein, zunächst bei dem Arbeitsgericht eine Gehörsrüge zu erheben (§ 126 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 i. V. m. § 78 a Abs. 8 ArbGG).[112] Daneben ist als Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts ein Restitutions- oder Nichtigkeitsantrag statthaft, weil die §§ 578 ff. ZPO auch im Beschlussverfahren gelten (§ 80 Abs. 2 ArbGG: "Vorschriften über […] Wiederaufnahme des Verfahrens")[113].

[113] BAG 27.08.1968, 1 ABR 6/68, juris, Rn. 19.

6.2.3 Erfolgte Zulassung

 

Rn 39

Wird die Rechtsbeschwerde von dem Arbeitsgericht zugelassen, muss die Zulassungsentscheidung nicht in der von den ehrenamtlichen Richtern mitunterzeichneten Beschlussformel enthalten sein. Es genügt, dass sich die Zulassung aus den nur von dem Vorsitzenden unterschriebenen Gründen ergibt.[114] An die Zulassung der Rechtsbe...

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