Rn 1

Die Vorschrift ergänzt § 125 und ist die Antwort des Gesetzgebers darauf, dass sich das Ziel, die Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern und Kündigungserleichterungen zu schaffen[1], mittels § 125 in den Fällen nicht erreichen lässt, in denen entweder kein Betriebsrat besteht oder der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat sich nicht auf einen Interessenausgleich mit Namensliste i. S. d. § 125 Abs. 1 Satz 1 verständigen können.[2] Da insolvenzbedingten Kündigungen, soweit es um ihre soziale Rechtfertigung geht, regelmäßig der identische Lebenssachverhalt zugrunde liegt, soll das Arbeitsgericht über die Frage, ob die Kündigung der jeweiligen Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist und die Sozialauswahl ordnungsgemäß erfolgt ist, in einem "Sammelverfahren" einheitlich entscheiden, damit nicht in zahlreichen individuellen Kündigungsschutzprozessen dieselben Fragen geprüft werden müssen.[3] Die Bündelung in einem einzigen Verfahren mit der Bindungswirkung nach § 127 Abs. 1 Satz 1 soll dazu führen, dass die Prozesskosten für die Insolvenzmasse reduziert werden, Betriebsänderungen schneller und einfacher umgesetzt werden und im Idealfall eine übertragende Sanierung erleichtert wird.[4] Denn eine beabsichtigte Betriebsveräußerung kann daran scheitern, dass der potenzielle Erwerber nicht übersehen kann, ob und ggf. welche Arbeitsverhältnisse nicht rechtswirksam beendet wurden und daher trotz vorheriger (unwirksamer) Kündigung gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf ihn übergehen.[5]

[1] BAG 19.12.2013, 6 AZR 790/12, juris, Rn. 22; BT-Drucks. 12/2443, S. 77.
[2] BT-Drucks. 12/2443, S. 149.
[3] LAG München 02.01.2003, 4 Ta 292/02, juris, Rn. 12.; ArbG Hamburg 13.07.2005, 18 BV 5/05, juris, Rn. 30 f.
[5] Vgl. BAG 24.08.2006, 8 AZR 574/05, juris, Rn. 25; Kübler/Prütting/Bork-Schöne, InsO, 82. Lfg. 2019, § 126 Rn. 1.

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