Rn 11

War dem Schuldner der Miet- oder Pachtgegenstand vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits überlassen, hat nur der Insolvenzverwalter ein Sonderrecht zur ordentlichen Kündigung des Vertrags aus Anlass des Insolvenzverfahrens, nicht jedoch der Vermieter bzw. Verpächter.

 

Rn 12

Ein Recht des Vermieters bzw. Verpächters zur außerordentlichen Kündigung wegen Verzugs mit den Miet- oder Pachtzahlungen ist durch § 109 Abs. 1 nicht ausgeschlossen, sofern der Verzug jedoch den Zeitraum vor der Stellung des Eröffnungsantrages betrifft, kann eine Kündigung des Vermieters oder Verpächters wegen dieser Rückstände bereits nach dem Eröffnungsantrag nicht mehr erfolgen (§ 112). Eine vor Antragstellung erfolgte Kündigung bleibt jedoch wirksam.

 

Rn 13

Tritt Verzug mit Zahlungen ein, die den Zeitraum nach dem Eröffnungsantrag betreffen, bleibt der Vermieter oder Verpächter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, soweit die gesetzlichen oder vertraglichen Voraussetzungen vorliegen. Daneben bleibt dem Vermieter aufgrund des Fortbestandes des Miet- oder Pachtvertrages gem. § 108 Abs. 1 ein wirksam vertraglich vereinbartes Recht zu einer ordentlichen Kündigung oder die mangels Vereinbarung geltenden gesetzlichen Bestimmungen für die ordentliche Kündigung des Miet- oder Pachtvertrags.

 

Rn 14

Ungeachtet vertraglicher Vereinbarungen über eine feste Dauer des Miet- oder Pachtvertrags oder eines anderweitigen Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung oder der Verlängerung gesetzlicher Kündigungsfristen wird dem Insolvenzverwalter das Recht zur Kündigung innerhalb der gesetzlichen Fristen bzw. für Insolvenzverfahren, die seit dem 1.7.2007 eröffnet worden sind und auf die die Neufassung des Abs. 1 anzuwenden ist, innerhalb einer Maximalfrist von drei Monaten zum Monatsende zugebilligt. Für den anderen Teil verbleibt es bei den vertraglichen Vereinbarungen zu den Kündigungsmöglichkeiten, eine Kündigung kann aber nicht aufgrund der Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners erfolgen (§ 112).

 

Rn 15

Mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13.4.2007[7] ist Abs. 1 dahingehend modifiziert worden, dass eine eigenständige Kündigungsfrist für die Sonderkündigung des Insolvenzverwalters von drei Monaten zum Monatsende bestimmt ist, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Die Neufassung gilt gemäß Art. 103c Abs. 1 EGInsO für alle Insolvenzverfahren, die seit dem 1.7.2007 eröffnet worden sind.

In der bis zum 30.6.2007 geltenden Fassung des Abs. 1 wurde entgegen der früheren gesetzlichen Regelung des § 19 KO nur auf die maßgeblichen gesetzlichen Kündigungsfristen abgestellt, also insbesondere auf die §§ 580a, 584, 594af BGB; vertraglich vereinbarte, kürzere Kündigungsfristen sind als Lösungsmöglichkeit nicht mehr ausdrücklich genannt worden.

Insoweit war jedoch keine inhaltliche Änderung zur Rechtslage nach der KO eingetreten; vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen, die kürzer sind als die gesetzlichen, bleiben für den Insolvenzverwalter aufgrund der Weitergeltung des Vertrags ebenfalls bestehen.[8] Insoweit diente die Neufassung des Abs. 1 mit Wirkung ab 1.7.2007 lediglich der Klarstellung.

Im Übrigen stellt die Festlegung einer konkreten Frist für das Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters für zahlreiche Miet- und Pachtverhältnisse eine begrüßenswerte materiell-rechtliche Änderung der Rechtslage dar. Insbesondere bei Mietverhältnissen über Geschäftsräume hat sich die Kündigungsfrist gemäß § 580a Abs. 2 und Abs. 4 BGB auf maximal nahezu neun Monate belaufen, da die Kündigung nach diesen Bestimmungen spätestens am dritten Werktag eines Quartals zum Ablauf des nächsten Quartals zu erfolgen hat. Die vor der Schuldrechtsreform bestehende Streitfrage zur maßgeblichen Kündigungsfrist bei der Geschäftsraummiete, die aufgrund der fehlenden Benennung des § 565 Abs. 1a BGB a.F. in § 565 Abs. 5 BGB a.F. entstanden war (drei Monate zum Monatsende oder spätestens am dritten Werktag eines Quartals zum Ende des nächsten Quartals) war durch den BGH im letztgenannten Sinne entschieden worden.[9]

 

Rn 16

Auch wenn der Schuldner gemeinsam mit anderen Mieter bzw. Pächter im Rahmen eines einheitlichen Vertrages ist, kann der Insolvenzverwalter mit Wirkung für alle das Vertragsverhältnis kündigen, ohne dass es einer Mitwirkung der Mitmieter bedarf. Wegen der Einheitlichkeit des Vertragsverhältnisses beendet die Kündigung des Verwalters das Vertragsverhältnis für alle Mieter.[10]

 

Rn 17

Für den Ausspruch der Kündigung durch den Insolvenzverwalter gelten die vertraglich vereinbarten oder gesetzlichen Formerfordernisse. Hinsichtlich der Rechtzeitigkeit, insbesondere des Zugangs der Kündigungserklärung und der Kündigungswirkungen gelten die allgemeinen Vorschriften des BGB.

 

Rn 18

Das Kündigungsrecht des § 109 Abs. 1 ist nicht an bestimmte Zeitpunkte gebunden, bis zu denen das Kündigungsrecht durch den Verwalter ausgeübt sein muss, die Kündigung kann vielmehr unter Wahrung der gesetzlichen Fristen resp. für Verfahren, die ab dem 1.7.2...

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