Rn 29

In Bestätigung der bisherigen Rechtslage stellt Abs. 3 klar, dass unerfüllt gebliebene Ansprüche des Vertragspartners aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens unabhängig von ihrer Fälligkeit[17] Insolvenzforderungen darstellen.

 

Rn 30

Dieser Grundsatz findet jedoch eine Einschränkung durch § 55 Abs. 2 Satz 2. Wurde im Insolvenzeröffnungsverfahren ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 und 2), sind auch die Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis i.S.d. § 108 Abs. 1 Masseverbindlichkeiten, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter die Gegenleistung für das von ihm verwaltete Vermögen in Anspruch genommen hatte.

 

Rn 31

Es kommt darauf an, dass eine tatsächliche Inanspruchnahme durch den vorläufigen Insolvenzverwalter stattgefunden hat, unabhängig davon, ob die objektive und subjektive Möglichkeit zu einer Inanspruchnahme gegeben war. Lässt der Insolvenzverwalter vom Schuldner angemietete Räume leer stehen, wird die Gegenleistung, nämlich die Überlassung zum Gebrauch, nicht in Anspruch genommen, so dass der Mietzinsanspruch gemäß Abs. 3 für die Zeit vor Verfahrenseröffnung lediglich als Insolvenzforderung zu qualifizieren ist.[18]

 

Rn 32

Insgesamt ist eine restriktive Handhabung des § 55 Abs. 2 Satz 2 geboten, da dieser eine Ausnahmevorschrift gegenüber der grundsätzlichen Qualifizierung der auf den Zeitraum vor Verfahrenseröffnung entfallenden Ansprüche als Insolvenzforderungen darstellt.[19]

 

Rn 33

Ansprüche, die den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffen, sind Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1, wobei für Ansprüche aus § 557 BGB dahingehend zu differenzieren ist, in welchen Zeitraum die Beendigung des Vertragsverhältnisses fällt.

Wurde der Vertrag bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekündigt, stellt der Anspruch gemäß § 557 BGB vorbehaltlich der Regelung des § 55 Abs. 2 Satz 2 eine Insolvenzforderung gemäß Abs. 3 dar, wird das Vertragsverhältnis insgesamt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet, stellen auch die Ansprüche aus § 557 BGB Masseverbindlichkeiten dar.[20]

 

Rn 34

Auch beim Leasingvertrag gilt § 557 BGB nach der Rechtsprechung ohne Einschränkung,[21] wo hingegen in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass beim Leasingvertrag im Hinblick auf das dort regelmäßig bestehende Vollamortisationsprinzip dahingehend zu differenzieren ist, ob die Beendigung des Leasingvertrags vor Erreichung der Amortisation (dann § 557 BGB ohne Einschränkung) oder nach Amortisation (dann § 557 BGB allenfalls auf einer um den Amortisationsanteil bereinigten Berechnungsgrundlage) zu differenzieren sein soll.[22]

[17] Kilger/K. Schmidt, KO § 19 Rn. 9.
[18] Eckert, ZIP 1996, 897 (903).
[19] a.a.O.
[20] OLG Hamm ZIP 1992, 1563 [OLG Hamm 26.10.1992 - 31 U 130/92]; vgl. im Einzelnen zu der Problematik Eckert, ZIP 1996, 897.
[21] BGH ZIP 1990, 173 (175) [BGH 08.11.1989 - VIII ZR 1/89].
[22] Sinz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 455 (462) Rn. 17.

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