Rn 1

Durch das SanInsFoG wurde das Recht der (vorläufigen) Eigenverwaltung in weiten Teilen neu gefasst. Das SanInsFoG setzt mit den Änderungen weitgehend die Empfehlungen der Studie zur Evaluation des ESUG um. Die Studie hatte insbesondere empfohlen, den Zugang zum (vorläufigen) Eigenverwaltungsverfahren neu zu regeln.[1] Die neuen Zugangsvoraussetzungen verfolgen dabei zwei Ziele: Zum einen soll dem Schuldner durch die Konkretisierung und Formalisierung der Zugangsvoraussetzungen im Vergleich zu dem bisherigen Merkmal des Fehlens von Nachteilen für die Gläubiger (vgl. § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO a.F.) ein rechts- und planungssicherer Zugang zur Eigenverwaltung eröffnet werden.[2] Das Merkmal des Fehlens von Nachteilen für die Gläubiger begünstige eine uneinheitliche Handhabung und belaste die Praxis mit Rechtsunsicherheit. Hier soll die Neufassung der §§ 270 ff. InsO Abhilfe schaffen, indem der Zugang zukünftig über Voraussetzungen vermittelt werden soll, die "prima facie die Annahme rechtfertigen, dass die beantragte Eigenverwaltung an den Interessen der Gläubigerschaft ausgerichtet werden wird".[3]

 

Rn 2

Eine der wesentlichen Voraussetzungen ist die neue Eigenverwaltungsplanung, welche nach § 270a Nr. 1 bis 5 InsO umfasst:

1. einen Finanzplan, der den Zeitraum von sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes und die Deckung der Kosten des Verfahrens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll;
2. ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Ziels in Aussicht genommen werden;
3. eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern, den am Schuldner beteiligten Personen und Dritten zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen,
4. eine Darstellung der Vorkehrungen, die der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, insolvenzrechtliche Pflichten zu erfüllen, und
5. eine begründete Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten, die im Rahmen der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem Regelverfahren und im Verhältnis zur Insolvenzmasse voraussichtlich anfallen werden.

Die Elemente der Eigenverwaltungsplanung dienen der Konkretisierung des bisherigen Merkmals des Fehlens von Nachteilen für die Gläubiger als der zentralen Zugangsvoraussetzung für die Eigenverwaltung. Die Voraussetzung der Vorlage einer Eigenverwaltungsplanung soll den Schuldner zur sorgfältigen Vorbereitung und Dokumentation und Überprüfung der Erfolgsaussichten des mit dem Eigenverwaltungsverfahren verfolgten Ziels der Sanierung anhalten.[4] Sind nach dem Finanzplan die Kosten der Eigenverwaltung und der Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs nicht gedeckt oder übersteigen die nach obiger Nr. 5 ausgewiesenen voraussichtlichen Kosten der Eigenverwaltung in wesentlicher Weise die voraussichtlichen Kosten des Regelverfahrens, erfolgt die Bestellung des vorläufigen Sachwalters nur, wenn trotz dieser Umstände zu erwarten ist, dass der Schuldner bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten. Die Begründungslast für den antragstellenden Schuldner wird in diesem Fall also erhöht. Eine Gesamtwürdigung des Sachverhalts muss ergeben, dass die Eigenverwaltung gleichwohl im Interesse der Gläubiger liegt. Das Gericht hat zu dem Zwecke der Gesamtwürdigung sämtliche relevanten Umstände zu ermitteln und seiner Entscheidung zugrunde zu legen.[5]

 

Rn 3

Ferner hat der Schuldner in seinem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung nach § 270a Abs. 2 InsO formalisierte Erklärungen dazu abzugeben,

1. ob, in welchem Umfang und gegenüber welchen Gläubigern er sich mit der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen oder dem Steuerschuldverhältnis, gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Lieferanten in Verzug befindet;
2. ob und in welchen Verfahren zu seinen Gunsten innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Antrag Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach dem Unternehmensstabilisierungs- und restrukturierungsgesetz angeordnet wurden; und
3. ob er für die letzten drei Geschäftsjahre seinen Offenlegungspflichten, insbesondere nach den §§ 325 bis 328 oder 339 des Handelsgesetzbuchs nachgekommen ist.

Muss die Erklärung nach den Nrn. 1 bis 3 des § 270a InsO Lücken offenlegen bzw. negativ ausfallen, spricht dies gem. § 270b Abs. 2 InsO gegen eine Anordnung der Eigenverwaltung. Die Bestellung eines vorläufigen Sachwalters erfolgt in diesen Fällen vielmehr nur, wenn trotz dieser Umstände zu erwarten ist, dass der Schuldner bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten.

[1] Evaluierung Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7. Dezember 2011, S. 79: "Es empfiehlt sich ein gesetzgeberisches Nachs...

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