Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigter, Bodenreformgrundstück

 

Leitsatz (amtlich)

Gegenstand des Auflassungsanspruchs aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB ist auch dann das Grundstück, wenn mehrere Miterben des Begünstigten aus der Bodenreform gemäß Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 2 EGBGB Miteigentum an diesem erworben haben.

 

Normenkette

EGBGB 1986 Art. 233 § 11 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

OLG Dresden

LG Zwickau

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Grundstücke aus der Bodenreform.

Der Kläger zu 1 und die Beklagten zu 1 bis 6 sind Erben bzw. Erbeserben nach F. E. V..

F. E. V. verstarb am 1. Mai 1965. Bei Ablauf des 15. März 1990 war er im Grundbuch als Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke aus der Bodenreform eingetragen. Am 16. September 1992 wurden der Kläger zu 1 und die Beklagten zu 1 bis 6 als Miteigentümer zu je 1/7 der dem Verstorbenen aus dem Bodenfonds zugewiesenen Grundstücke in das Grundbuch eingetragen.

Der Kläger zu 1 war als Betriebselektriker Mitglied einer LPG. Mit der Klage haben er und seine Ehefrau, die Klägerin zu 2, von den Beklagten Auflassung der Grundstücke „Zug um Zug gegen Übernahme der Verbindlichkeiten” verlangt. Hierzu haben sie geltend gemacht, die Grundstücke seien ihnen schon zu Zeiten der DDR auf der Grundlage der Besitzwechselverordnung förmlich im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EGBGB übergeben worden. Die Beklagten zu 1, 4, 5 und 6 haben den Anspruch der Kläger anerkannt. Ihrem Anerkenntnis gemäß sind sie durch – rechtskräftiges – Anerkenntnisteilurteil verurteilt worden. Die Beklagten zu 2 und 3 haben die behauptete Übergabe und die Zuteilungsfähigkeit des Klägers zu 1 in Abrede gestellt. Der Beklagte zu 3 hat darüber hinaus geltend gemacht, als einziger der Erben nach F. E. V. zuteilungsfähig zu sein. Er hat widerklagend begehrt, den Kläger zu 1 „Zug um Zug gegen Übernahme der Verbindlichkeiten” zu verurteilen, die Grundstücke an ihn aufzulassen, und beide Kläger mit derselben Maßgabe zu verurteilen, die durch das Anerkenntnisteilurteil des Landgerichts gegen die Beklagten zu 1, 4, 5 und 6 titulierten Ansprüche an ihn abzutreten.

In seinem Schlußurteil hat das Landgericht der Klage auch gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 stattgegeben und die Widerklage des Beklagten zu 3 abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Berufung der Beklagten zu 2 und 3 teilweise stattgegeben. Es hat die Klage gegen sie abgewiesen. Auf den nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 1996 zur Widerklage vom Beklagten zu 3 gegen den Kläger zu 1 gestellten Hilfsantrag hat es diesen verurteilt, „Zug um Zug gegen Übernahme der Verbindlichkeiten” sein Miteigentum an den Grundstücken dem Beklagten zu 3 zum Erwerb zu hälftigem Miteigentum aufzulassen und insoweit seine Eintragung als Miteigentümer in das Grundbuch zu bewilligen. Darüber hinaus hat es beide Kläger entsprechend dem vom Beklagten zu 3 im Berufungsrechtszug gegen sie zur Widerklage gestellten Hilfsantrag verurteilt, die Miteigentumsanteile an den Grundstücken, über deren Auflassung das Landgericht in seinem Anerkenntnisteilurteil entschieden hat, „Zug um Zug gegen Übernahme der Verbindlichkeiten” dem Beklagten zu 3 zum Erwerb zu hälftigem Miteigentum aufzulassen und insoweit seine Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen. Mit der Revision erstrebt der Kläger zu 1 die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit das Berufungsgericht zu seinem Nachteil erkannt hat.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Eine förmliche Übergabe der F. E. V. zugewiesenen Bodenreformwirtschaft habe vor dem 15. März 1990 nicht stattgefunden. Damit entfalle ein Auflassungsanspruch der Klägerin zu 2. Da der Kläger zu 1 ebenso wie der Beklagte zu 3 zuteilungsfähig im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB sei, sei das Eigentum an den Grundstücken dem Kläger zu 1 und dem Beklagten zu 3 jeweils zur ideellen Hälfte zu übertragen. Der Kläger zu 1 habe daher das von ihm kraft Gesetzes erworbene und das ihm durch das Teilurteil des Landgerichts aufgelassene Miteigentum dem Beklagten zu 3 „Zug um Zug gegen Übernahme der Verbindlichkeiten” zu hälftigem Miteigentum aufzulassen.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.

Das Berufungsgericht hat die Beschwer der Kläger zu 1 und 2 auf je 53.000 DM festgesetzt. Das steht der Zulässigkeit der allein vom Kläger zu 1. eingelegten Revision nicht entgegen.

Die Beschwer des Klägers zu 1 übersteigt 60.000 DM. Die Festsetzung durch das Berufungsgericht übersieht, daß die vom Kläger zu 1 erhobene Klage gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 in vollem Umfang abgewiesen worden ist. Darüber hinaus ist die Festsetzung durch das Berufungsgericht insofern fehlerhaft, als die Beschwer einzelner Streitgenossen nicht gesondert festzusetzen, sondern gemäß § 5 ZPO zusammenzurechnen ist, soweit die im Wege subjektiver Klagenhäufung geltend gemachten Ansprüche nicht denselben Streitgegenstand haben (BGH, Urt. v. 28. Oktober 1980, VI ZR 303/79, NJW 1981, 578).

III.

Das Berufungsurteil kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil Klage und Widerklage unzulässig sind.

1. Die auf Verurteilung „Zug um Zug gegen Übernahme der Verbindlichkeiten” zu Klage und Widerklage gestellten Anträge sind nicht geeignet zu einem vollstreckbaren Titel zu führen. Die Zug-um-Zug-Einschränkung entbehrt der notwendigen Bestimmtheit (§ 251 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Soll das verurteilende Erkenntnis von einer vom Gläubiger zu erbringenden Gegenleistung abhängig sein, muß diese im Titel so bestimmt sein, daß sie ihrerseits zum Gegenstand einer Leistungsklage gemacht werden könnte (BGH, Urt. v. 10. Juli 1986, I ZR 102/84, BGHR ZPO, § 253 Abs. 2 Nr. 2, Zug-um-Zug-Verurteilung 1; Senatsurt. v. 18. September 1992, V ZR 86/91, NJW 1993, 324, 325). Hieran fehlt es. Die Verbindlichkeiten, gegen deren Übernahme die Beklagten bzw. die Kläger zur Abgabe der verlangten Erklärungen verpflichtet sein sollen, sind den zu Klage und Widerklage gestellten Anträgen nicht zu entnehmen. Soweit das Berufungsgericht der vom Beklagten zu 3 erhobenen Widerklage stattgegeben hat, hat das Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt (§§ 894 Abs. 1 Satz 2, 726 Abs. 2 ZPO). Die Revision hat diesen Gesichtspunkt zwar nicht aufgegriffen. Bei ihm handelt es sich jedoch um einen von Amts wegen zu beachtenden Mangel des Urteils, der zur Aufhebung führt (BGHZ 45, 287, 288 f; Senatsurt. v. 18. September 1992, V ZR 86/91, a.a.O.).

2. Soweit der Kläger zu 1 und der Beklagte zu 3 mit Klage und Widerklage Auflassung des kraft Gesetzes gemäß Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB erworbenen Eigentums begehren, ist ihnen durch Zurückverweisung Gelegenheit zur sachgerechten Antragstellung zu geben.

a) Für eine Berücksichtigung eines Zurückbehaltungsrechtes ist in den zu Klage und Widerklage zu stellenden Anträgen kein Raum, solange ein derartiges Recht nicht in Anspruch genommen wird. Mit dem gesetzlichen Erwerb des Eigentums gemäß Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB gehen gemäß Art. 233 § 15 Abs. 1 Satz 1 EGBGB die Verbindlichkeiten auf den Erwerber über, die für Maßnahmen an dem Grundstück begründet worden sind. Diese Verbindlichkeiten hat der aus Art. 233 § 12 EGBGB Berechtigte gemäß Art. 233 § 15 Abs. 1 Satz 3 EGBGB zu übernehmen. Wegen der Übernahmeverpflichtung des Berechtigten steht dem Verpflichteten gemäß § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht zu. Dieses Recht wird in Art. 223 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB anerkannt (MünchKomm-BGB/Eckert, 3. Aufl., Art. 233 § 11 EGBGB Rdn. 16; Palandt/Bassenge, BGB, 56. Aufl., Art. 233 § 11 EGBGB Rdn. 10; BT-Drucks. 12/2480 S. 19). Das führt jedoch nicht dazu, daß der Berechtigte die Verbindlichkeiten darzustellen hätte, die er vom Verpflichteten zu übernehmen hat. Dies obliegt vielmehr dem Auflassungspflichtigen, sofern er wegen der Verpflichtung des Berechtigten zur Übernahme der Verbindlichkeiten von dem Recht zur Zurückbehaltung Gebrauch machen will. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozesses hat Umfang und Voraussetzungen eines in Anspruch genommenen Rechts derjenige darzustellen, der sich auf dieses Recht beruft (Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., § 117 IV 1; Thomas/Putzo, ZPO, 20. Aufl., vor § 284 Rdn. 23; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 286 Rdn. 30; MünchKomm-ZPO/Prütting, § 286 Rdn. 106; Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl., vor § 284 Rdn. 1).

b) Der Antrag hat zu Klage und Widerklage auf Verurteilung zur Auflassung der streitgegenständlichen Grundstücke zum Erwerb zu jeweils hälftigem Miteigentum zu lauten.

Der Kläger und der Beklagte zu 3 sind zuteilungsfähig im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB. Sie sind gleichrangig berechtigt. Gemäß Art. 233 § 12 Abs. 4 Satz 1 EGBGB steht ihnen das Miteigentum an den Grundstücken jeweils zur Hälfte zu. In diesem Umfang ist ihnen nach Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB das Eigentum an den Grundstücken aufzulassen.

aa) Der Kläger zu 1 ist Berechtigter im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EGBGB. Er war bei Ablauf des 15. März 1990 Mitglied einer LPG. Ihm konnten gemäß § 1, §3 Abs. 1 BesitzwechselVO die zwischen den Parteien allein noch umstrittenen landwirtschaftlich genutzten Grundstücke übertragen werden (vgl. Senatsurt. v. 18. Juli 1997, V ZR 121/96, Umdruck S. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Daß er als Betriebselektriker keine im engeren Sinne landwirtschaftliche Tätigkeit ausübte, war nach der Besitzwechselverordnung ohne Bedeutung. Die Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze durch Art. 233 § 12 Abs. 2, 3 EGBGB führt insoweit zu keiner Änderung (vgl. BT-Drucks. 12/2480 S. 89).

Die von der Revision erstrebte Bestimmung der Berechtigung des Klägers zu 1 in entsprechender Anwendung von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EGBGB kommt nicht in Betracht. Durch Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB und Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB werden die Unterschiede nachgezeichnet, die nach der Besitzwechselverordnung und der Praxis der DDR für die Übertragung von landwirtschaftlich genutzten Grundstücken einerseits und Wohnhäusern andererseits galten (Senatsurt. v. 18. Juli 1997, a.a.O., Umdruck S. 11). Das verbietet eine Vermischung der unterschiedlichen Nachzeichnungsgrundsätze.

bb) Ebenso wie der Kläger zu 1 ist der Beklagte zu 3 nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EGBGB berechtigt. Auch er war bei Ablauf des 15. März 1990 Mitglied einer LPG. Der Tatsache, daß er beim Tode von F. E. V. noch nicht geboren war, kommt keine Bedeutung zu. Zeitlicher Anknüpfungspunkt der Nachzeichnung des Besitzwechsels durch Art. 233 §§ 11 ff EGBGB ist im Hinblick auf die Aufhebung der Besitzwechselverordnung mit Beginn des 16. März 1990 der Ablauf des 15. März 1990. Da eine Übertragung der Bodenreformwirtschaft bis dahin nicht erfolgt war, konnte sie grundsätzlich ebenso wie auf den Kläger zu 1 auf den Beklagten zu 3 erfolgen, nachdem auch er zuteilungsfähig im Sinne von § 1, §3 Abs. 1 BesitzwechselVO geworden war.

cc) Da der Kläger zu 1 und der Beklagte zu 3 als einzige der Miterben nach F. E. V. bei Ablauf des 15. März 1990 zuteilungsfähig waren und denselben Rang im Sinne von Art. 233 § 12 EGBGB haben, hat ihnen das Eigentum an den Schlägen gemäß Art. 233 § 12 Abs. 4 Satz 1 EGBGB jeweils zur Hälfte zuzukommen.

Art. 233 § 12 Abs. 4 Satz 1 EGBGB weicht von den Übertragungsgrundsätzen der Besitzwechselverordnung insoweit ab, als nach diesen im Falle einer Mehrheit von Erben eine Einigung auf einen von ihnen Voraussetzung der Übertragung der Bodenreformwirtschaft war (§ 4 Abs. 1 bis 3 BesitzwechselVO). Hierdurch wurde dem Grundsatz der Unteilbarkeit von Grundstücken aus der Bodenreform Rechnung getragen. Seit der Aufhebung der Beschränkung der Rechte der Begünstigten aus der Bodenreform und der Aufwertung ihrer Rechtsstellung zu Eigentum durch das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 6. März 1990 ist für eine Einigung der Erben als Voraussetzung der Nachfolge und die Ausübung eines Ermessens bei der Entscheidung über die Nachfolge kein Raum. Art. 233 § 12 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ordnet daher den Übertragungsanspruch mehreren ranggleich Berechtigten in gleicher Höhe zu.

Die während der Geltung der Besitzwechselverordnung zwischen den Erben nach F. E. V. getroffene Einigung auf eine Nachfolge des Klägers in die Bodenreformwirtschaft ändert entgegen der Meinung der Revision hieran nichts. Die Einigung der Miterben über die Frage der Nachfolge in die Bodenreformwirtschaft nach der Besitzwechselverordnung kann nicht mit einer Einigung über die Frage gleichgesetzt werden, welchem Miterben das durch Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 2 EGBGB erworbene Miteigentum an den Grundstücken übertragen werden soll (vgl. OLG Naumburg, OLG-NL 1995, 81, 83). Die Rechtsstellung der Begünstigten aus der Bodenreform bedeutete weder Eigentum im Sinne des bürgerlichen Rechts, noch war sie vererblich (Senat, BGHZ 132, 71, 73; BVerwG, ZIP 1995, 1121). Gegenstand der Einigung, die den Miterben nach § 4 Abs. IL BesitzwechselVO oblag, war die tatsächliche Aussicht auf Übertragung der Bodenreformwirtschaft (Senat, a.a.O.; BVerwG, ZIP 1994, 564, 566). Diese unterscheidet sich grundlegend von einer Einigung über die Frage der Übertragung von Eigentum. Eine solche Einigung wird vom Kläger zu 1 nicht behauptet.

dd) Mit Inkrafttreten des 2. Vermögensrechtsänderungsgesetzes sind der Kläger zu 1 und die Beklagten zu 1 bis 6 gemäß Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1, Satz 2 EGBGB Miteigentümer der Grundstücke geworden. Ihr Erwerb entspricht nicht der Zuordnung durch Art. 233 § 12 EGBGB. Nach Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1, § 12 Abs. 4 EGBGB sind die Beteiligten daher verpflichtet, dem Kläger zu 1 und dem Beklagten zu 3 das Eigentum an den Grundstücken zu jeweils hälftigen Miteigentum zu übertragen. Das hat grundsätzlich dadurch zu erfolgen, daß die Miteigentümer gemäß § 747 Satz 2 BGB in ihrer Gesamtheit die gemeinschaftlichen Grundstücke dem Kläger zu 1 und dem Beklagten zu 3 zum Erwerb zu jeweils hälftigem Miteigentum auflassen (vgl. Senat, Urt. v. 4. Februar 1994, V ZR 277/92, NJW 1994, 1470, 1471).

Ziel des Anspruchs aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB ist die möglichst einfache Zuordnung des Eigentums an die aus Art. 233 § 12 EGBGB Berechtigten. Eine Auflassung durch die Gesamtheit der Miteigentümer gemäß § 747 Satz 2 BGB gewährleistet eine zügige Übertragung des Eigentums auf denjenigen, dem es nach Art. 233 § 12 EGBGB zusteht. Die Wirksamkeit einer solchen Auflassung ist unabhängig von der Frage, ob die Quote ihres Miteigentums im Grundbuch zutreffend verlautbart ist. Die Angabe der Anteile der Miteigentümer im Grundbuch durch die Grundbuchämter ist häufig unzutreffend erfolgt, weil in Rechtsprechung und Literatur Unklarheit bestand, ob die Größe der Anteile von der Zahl der Miteigentümer oder von ihrer Beteiligung am Nachlaß des Begünstigten aus der Bodenreform bestimmt wird (vgl. Thüringer OLG, OLG-NL 1995, 79, 81; LG Leipzig, OLG-NL 1995, 83, 84; LG Neubrandenburg, RPfleger 1994, 161; Böhringer, VIZ 1993, 195 f; Keller, VIZ 1993, 190, 192; Staudinger/Rauscher, BGB (1996) Art. 233 EGBGB § 11 Rdn. 39). Erst die Klarstellung in Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 2 EGBGB durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz hat diese Frage – in letzterem Sinne – beantwortet. Die Auflassung des Grundstücks durch alle Miteigentümer erspart den Beteiligten ein Berichtigungsverfahren. Bei einer Mehrheit von Berechtigten, die selbst gemäß Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB bereits Miteigentümer zu möglicherweise unterschiedlichen Anteilen sind, vermeidet die Verfügung über das Grundstück die sonst notwendige Bestimmung der Höhe von „Auffüllungsansprüchen”.

ee) Zur Wirksamkeit der Verfügung über das Eigentum an dem Grundstück bedarf es der Mitwirkung aller Miteigentümer. Ist der Berechtigte bereits Miteigentümer, liegt in der Erhebung des Anspruchs auf Auflassung seine Zustimmung zur Verfügung der verpflichteten Miteigentümer über das gemeinschaftliche Eigentum. Im Falle gerichtlicher Inanspruchnahme müssen grundsätzlich alle Miteigentümer in das Verfahren einbezogen werden. Mehrere in Anspruch Genommene sind notwendige Streitgenossen aus materiell-rechtlichen Gründen (Senat, BGHZ 131, 376, 378 f). Dem Anerkenntnis einzelner Beklagter kommt keine Wirkung zu (Zöller/Vollkommer, § 62 ZPO Rdn. 26; Stein/Jonas/Bork, § 62 ZPO Rdn. 34; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 55. Aufl., § 62 Rdn. 20). Durch Teilurteil darf nicht erkannt werden (BGHZ 63, 51, 53; BGH, Urt. v. 25. September 1990, XI ZR 94/89, NJW 1991, 101). Das trotzdem gegen die Beklagten zu 1, 4, 5 und 6 ergangene Teilurteil des Landgerichts vom 23. November 1994 ist indessen rechtskräftig (Senat, BGHZ 131, 376, 382 f). Diese Beklagten sind aus dem Rechtsstreit ausgeschieden und durch die von den Beklagten zu 2 und 3 gegen das Schlußurteil des Landgerichts eingelegte Berufung nicht Partei des Berufungsverfahrens geworden. Die unzulässige Teilentscheidung des Landgerichts kann indessen den Kläger zu 1 und den Beklagten zu 3 nicht daran hindern, ihre beiderseitigen Ansprüche weiterhin gerichtlich durchzusetzen (vgl. Senat, BGHZ 131, 376, 382), zumal das von den Beklagten zu 1, 4, 5 und 6 erklärte Anerkenntnis zeigt, daß diese Beklagten bereit sind, ihre Verpflichtung zur Auflassung der Grundstücke aus Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB zu erfüllen (vgl. Senatsurteile v. 8. Juni 1962, V ZR 171/61, NJW 1962, 1722, 1723 und v. 25. Oktober 1991, V ZR 396/90, NJW 1992, 1101, 1102).

3. Soweit der Beklagte zu 3 von den Klägern die Auflassung der Miteigentumsanteile begehrt, über deren Auflassung durch die Beklagten zu 1, 4, 5 und 6 das Landgericht in seinem Teilurteil erkannt hat, kann die Widerklage keinen Erfolg haben. Die Zurückverweisung des Rechtsstreits hat insoweit zu unterbleiben. Die Abweisung der Widerklage als unzulässig hat auch zugunsten der Klägerin zu 2 zu erfolgen.

a) Das Berufungsgericht hat die Widerklage entsprechend dem im zweiten Rechtszug vom Beklagten zu 3 hierzu gestellten Antrag als auf Auflassung der Miteigentumsanteile gerichtet angesehen, die die Beklagten zu 1, 4, 5 und 6 entsprechend ihrer Verurteilung durch das Teilurteil des Landgerichts vom 23. November 1994 den Klägern aufgelassen hätten. Das geht schon deshalb fehl, weil die Beklagten zu 1, 4, 5 und 6 durch das Teilurteil des Landgerichts nicht zur Auflassung der von ihnen aufgrund Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 2 EGBGB erworbenen Miteigentumsanteile, sondern zur Mitwirkung an einer gemeinschaftlichen Verfügung im Sinne von § 747 Satz 2 BGB über die Grundstücke verurteilt worden sind. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Teilurteils hätte den Klägern nicht erteilt werden dürfen, weil die Gegenleistung, von der die Leistungspflicht aus dem Teilurteil abhängt, von den Klägern nicht erbracht worden ist. Durch die rechtsfehlerhaft erfolgte Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Teilurteils sind die Beklagten zu 1, 3, 4, 5 und 6 zur Erfüllung des Auflassungsanspruchs des Beklagten zu 3 jedoch nicht unvermögend geworden. Weil die Beklagten zu 2 und 3 der Auflassung der Grundstücke an die Kläger widersprechen, ist die Erklärung der Beklagten zu 1, 3, 4, 5 und 6 auch nicht geeignet, zu einem Rechtserwerb der Kläger zu 1 und 2 zu führen. Für eine Übertragung der Rechtsposition der Kläger zu 1 und 2 aus der Erklärung der Beklagten zu 1, 3, 4, 5 und 6 auf den Beklagten zu 3 oder gar der Auflassung von Miteigentum auf ihn ist kein Raum.

b) Die Aufhebung des Berufungsurteils und die Abweisung der Widerklage haben sich auf die Verurteilung der Klägerin zu 2 zu erstrecken. Durch die Revision des Klägers zu 1 ist auch die Klägerin zu 2 als Widerbeklagte in das Revisionsverfahren einbezogen (Stein/Jonas/Bork, § 62 ZPO Rdn. 40; Zöller/Vollkommer § 62 ZPO Rdn. 31; MünchKomm-ZPO/Schilken § 62 Rdn. 52; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, § 62 ZPO Rdn. 26; ferner Senat, BGHZ 92, 351, 352), weil die Kläger als Widerbeklagte notwendige Streitgenossen sind, soweit der Beklagte zu 3 von ihnen eine Verfügung über die gemeinsame Rechtsposition beider Kläger aus dem Teilurteil des Landgerichts im Sinne von § 74 Satz 2 BGB begehrt. Das Teilurteil des Landgerichts bestimmt keine Anteile, zu denen das Eigentum an den Grundstücken an die Kläger zu 1 und 2 von den Beklagten zu 1, 4, 5 und 6 aufzulassen sein soll. Mit der Widerklage verlangt der Beklagte zu 3 auch nicht die Verfügung über den Anteil eines jeden der beiden Kläger an dem vermeintlich aufgelassenen Miteigentum im Sinne von § 747 Satz 1 BGB, sondern die Auflassung der ihnen durch das Teilurteil des Landgerichts vermeintlich aufgelassenen Grundstücke.

 

Fundstellen

Haufe-Index 604928

FamRZ 1998, 223

VIZ 1998, 229

WM 1998, 402

WuB 1998, 599

OVS 1998, 94

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