Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründetheit einer im Vorprozeß zuerkannten Forderung aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Zulässigkeit einer Klage, mit der zur Vorbereitung eines Antrages nach § 850f Abs. 2. ZP0 die Feststellung begehrt wird, daß ein rechtskräftig titulierter Anspruch auch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung begründet sei.

 

Normenkette

ZPO § 256 Abs. 1, § 850f Abs. 2

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Entscheidung vom 05.07.1988; Aktenzeichen 9 U 6831/87)

LG Berlin (Entscheidung vom 13.10.1987; Aktenzeichen 5 O 156/87)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 5. Juli 1988 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewährte den Beklagten durch Vertrag vom 1./11. Juli 1983 einen Ratenkredit über 119.341 DM. Die Klägerin kündigte das Kreditverhältnis mit Schreiben vom 3. November 1983 und verlangte die Rückzahlung von 77.324,11 DM. Einen Teilbetrag von 50.000 DM machte sie in dem Rechtsstreit 5 O 35/84 LG Berlin geltend. Im Berufungsrechtszug erging gegen die Beklagten am 26. September 1985 antragsgemäß Anerkenntnisurteil über 50.000 DM nebst 18% Zinsen seit dem 9. Dezember 1983.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin die Feststellung, daß die ihr im Vorprozeß zuerkannte Forderung auch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung begründet sei, sowie hilfsweise, daß hinsichtlich der Vollstreckbarkeit des Anerkenntnisurteils die Voraussetzung des § 850f Abs. 2 ZPO gegeben sei. Dazu hat sie unter Beweisantritt vorgetragen, die Beklagten hätten den Kredit durch falsche Angaben in ihrer Selbstauskunft erschlichen. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hält die Feststellungsklage für unzulässig, weil es am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Nachdem die Klägerin wegen ihrer Forderung aus dem Kreditvertrag das rechtskräftige Anerkenntnisurteil erwirkt habe, könne sie nicht erneut gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die begehrte Feststellung würde für das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis keine rechtlichen Folgen begründen. Ein Rechtsschutzbedürfnis lasse sich insbesondere nicht aus dem Pfändungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO herleiten. Auch bei einer „Ergänzung” des Titels durch die von der Klägerin erstrebte Feststellung könne die Zwangsvollstreckung nur aus dem Anerkenntnisurteil betrieben werden. Dieses beziehe sich jedoch nicht auch auf Ansprüche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung; denn im Vorprozeß sei es allein um Ansprüche aus dem Kreditvertrag gegangen. Bei Vorliegen eines zur Vollstreckung geeigneten Schuldtitels könne im Erkenntnisverfahren nicht mehr durch eine Feststellungsklage geklärt werden, ob die titulierte Forderung auch aus einem anderen Rechtsgrund gerechtfertigt sei.

Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage zulässig.

1. Die Feststellung, der titulierte Anspruch sei auch aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gerechtfertigt, betrifft ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO und nicht nur Vorfragen oder (unselbständige) Elemente eines solchen. Daß auch einzelne Folgen von Rechtsbeziehungen, z.B. einzelne Ansprüche, als selbständige Rechtsverhältnisse im Sinne jener Bestimmung anzusehen sein können, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (BAG NJW 1969, 680; BGH Urteil vom 3. Mai 1983 – VI ZR 79/80 – NJW 1984, 1556).

2. Das Feststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich daraus, daß der von ihr begehrte Ausspruch der Vorbereitung eines Antrages nach § 850f Abs. 2 ZPO dienen soll. Nach dieser Vorschrift kann das Vollstreckungsgericht, wenn die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben wird, auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens des Schuldners ohne Rücksicht auf die in § 850c ZPO vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.

Der Gläubiger kann auch dann ein schutzwürdiges Interesse daran haben, den Schuldner über die Pfändungsfreibeträge des § 850c ZPO hinaus bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit in Anspruch zu nehmen, wenn sich erst nach dem Abschluß des Erkenntnisverfahrens herausstellt, daß der ihm zuerkannte Anspruch auch aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung begründet ist. Es entspricht dem Gebot der Gerechtigkeit, den durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung Geschädigten auch in diesen Fällen in den Genuß des Vollstreckungsprivilegs des 850f Abs. 2 ZPO gelangen zu lassen (statt vieler: Schneider MDR 1970, 769, 770).

3. Die Feststellungsklage wäre allerdings unzulässig, wenn mit ihr ein neuer prozessualer Anspruch geltend gemacht würde, die Streitgegenstände der rechtskräftig beschiedenen Leistungsklage und der nachträglich erhobenen Feststellungsklage also nicht identisch wären. Denn es widerspricht dem Wesen der materiellen Rechtskraft, einem rechtskräftigen Leistungstitel durch erneute Anrufung des Prozeßgerichts im Nachhinein einen anderen Streitgegenstand zu unterlegen. In einem solchen Fall bietet auch das Vollstreckungsrecht für die Durchsetzung des neuen Anspruchs aufgrund des bisherigen Titels keine Handhabe.

Soll dagegen mit der Feststellungsklage nur derselbe Lebenssachverhalt, der dem titulierten Anspruch zugrunde liegt, im Blick auf § 850f Abs. 2 ZPO und mit Rücksicht auf nachträglich bekannt gewordene Umstände rechtlich anders qualifiziert werden, so bestehen gegen ihre Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt der materiellen Rechtskraft keine durchgreifenden Bedenken. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Klägerin trägt zur Begründung ihres mit der Feststellungsklage erhobenen Anspruchs vor, die Beklagten hätten sich den Kredit durch vorsätzlich falsche Angaben in betrügerischer Absicht erschlichen. In einem derartigen Fall des sog. Eingehungsbetruges stellt schon der Vertragsabschluß als solcher die tatsächliche Grundlage des deliktischen Anspruchs dar, so daß dieser und der dem rechtskräftigen Zahlungstitel zugrunde liegende vertragliche Rückzahlungsanspruch in demselben Lebenssachverhalt wurzeln.

4. Gleichwohl könnte der Klägerin die erneute Anrufung des erkennenden Gerichts verwehrt sein, wenn ihr das Gesetz die Möglichkeit bieten würde, sich mit ihrem Begehren unmittelbar an das Vollstreckungsgericht zu wenden, und dies gegenüber der Feststellungsklage der einfachere und billigere Weg wäre (vgl. BGH Urteil vom 9. Februar 1989 – IX ZR 17/88 – WM 1989, 583).

a) Nach der Aufgabenverteilung zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren obliegt dem Grundsatz nach die materiell-rechtliche Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs dem Prozeßgericht, während die Vollstreckungsorgane nur die formellen Voraussetzungen prüfen, von denen die Durchsetzung des vollstreckbaren Anspruchs abhängt. Diesen haben sie grundsätzlich weder festzustellen noch selbst nachzuprüfen. Daraus folgt: Bei der Prüfung, ob dem Gläubiger das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO zu gewähren ist, ist das Vollstreckungsgericht an die Entscheidung des Prozeßgerichts gebunden, soweit dieses einen Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung bejaht oder verneint hat (Stöber, Forderungspfändung 8. Aufl. Rn. 1193; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 48. Aufl. § 850f Anm. 3 Aa).

b) Umstritten ist, wie sich in solchen Fällen die Prüfungskompetenzen des Prozeßgerichts und des Vollstreckungsgerichts zueinander verhalten, wenn sich das Prozeßgericht mit dem Vorliegen eines derartigen Anspruchs nicht (ausdrücklich) befaßt hat.

aa) Nach früher verbreiteter Auffassung sollte § 850f Abs. 2 ZPO nur dann Anwendung finden können, wenn sich die Begehung einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung aus dem Vollstreckungstitel selbst ergebe (Stehle BB 1959, 236, 237; Knopp FamRZ 1959, 276, 278; Danzer MDR 1960, 549, 552; Berner Rpfleger 1965, 278; Hoffmann NJW 1973, 1111, 1113; wohl auch Bull SchlHAnz 1962, 236); allenfalls könnten zur Auslegung des Titels die Entscheidungsgründe und gegebenenfalls auch das Parteivorbringen herangezogen werden (LG München I NJW 1965, 768; LG Koblenz MDR 1969, 151; Grunau NJW 1959, 1515, 1516; Hiendl NJW 1962, 901). Diese Auffassung, der sich in neuerer Zeit Wieczorek (ZPO 2. Aufl. 850f Anm. E Ic) und Thomas/Putzo (ZPO 15. Aufl. § 850f Anm. 3a) angeschlossen haben, geht auf den Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen (BT-Drucks. 111/768 S. 3) zurück. Darin hat die Mehrheit des Ausschusses den Standpunkt vertreten, das Vorliegen einer Forderung aus unerlaubter Handlung müsse sich bereits aus dem Vollstreckungstitel ergeben; nur in diesem Fall könne das Privileg des § 850f Abs. 2 ZPO in Anspruch genommen werden. Dabei bestand im Ausschuß Einigkeit, daß entsprechend den Grundsätzen des Vollstreckungsrechts das Vollstreckungsgericht „keine materielle Prüfung des vorgelegten Titels vornehmen” könne.

bb) Heute wird dagegen überwiegend die Ansicht vertreten, daß sich die Prüfungskompetenz des Vollstreckungsgerichts nach § 850f Abs. 2 ZPO auch auf materiell-rechtliche Fragen erstrecke (BGHZ 36, 11, 17; OLG Hamm NJW 1973, 1332, 1333; LG Krefeld MDR 1983, 325; LG Düsseldorf NJW-RR 1987, 758 f.; Stein/Jonas/Münzberg ZPO 20. Aufl. § 850f Rn. 10 ff.; Zöller/Stöber ZPO 15. Aufl. § 850f Rn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O. Anm. 3 Aa und b; Stöber a.a.O.; Bader, Zur Tragweite der Entscheidung über die Art des Anspruchs bei Verurteilungen im Zivilprozeß S. 125; Frisinger, Privilegierte Forderungen in der Zwangsvollstreckung und bei der Aufrechnung S. 123 f.; Schneider MDR 1970, 769, 770; Kirberger FamRZ 1974, 637 ff.; wohl auch Buchmann NJW 1987, 172, 273; mit Einschränkung Grunsky FamRZ 1968, 282; s. ferner OLG Düsseldorf NJW 1973, 1133). Das soll nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm (a.a.O.) die Prüfung des Anspruchsgrundes sogar in den Fällen einschließen, in denen eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung im Erkenntnisverfahren keine Rolle gespielt hat (vgl. auch LG Düsseldorf a.a.O.). Umstritten ist insoweit, ob das Vollstreckungsgericht, soweit ihm danach die Beurteilung materiell-rechtlicher Fragen obliegen soll, auf den Urkundenbeweis beschränkt ist (so Schneider a.a.O.) oder ob auch sonstige Beweiserhebungen einschließlich des Zeugenbeweises durchgeführt werden können (so OLG Hamm a.a.O.; Stöber a.a.O. Fußn. 13; einschränkend Zöller/Stöber a.a.O.; gegen langwierige Beweis-. aufnahmen auch Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. Rn. 11 und Bader a.a.O.). Soweit danach eine selbständige Prüfung durch das Vollstreckungsgericht ausscheidet, soll dem Gläubiger die (erneute) Anrufung des Prozeßgerichts, und zwar nach überwiegender Ansicht im Wege der Feststellungsklage, eröffnet sein (Stein/Jonas/Münzberg a.a.O.; Zöller/Stöber a.a.O.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O. Anm. 3 Ab; Schneider a.a.O.; Bader a.a.O.; s. auch Rimmelspacher, Materiell-rechtlicher Anspruch und Streitgegenstandsprobleme im Zivilprozeß S. 241).

5. Der Senat bezweifelt, daß das Vollstreckungsgericht einem Antrag nach § 850f Abs. 2 ZPO auch dann stattgeben kann, wenn sich – wie hier – das Vorliegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung weder aus dem Titel noch aus den Entscheidungsgründen ergibt und auch das Klägervorbringen dafür keinen Anhaltspunkt bietet. Die Vollstreckungsorgane sind zwar zur Titelauslegung berechtigt und verpflichtet (BGH Urteil vom 6. November 1985 – IVb ZR 73/84 – NJW 1986, 1440 m.w.N.); die Auslegung darf aber nicht dazu führen, daß der Titel der Sache nach inhaltlich geändert oder gar durch einen anderen ersetzt wird. Diese Gefahr liegt jedoch in Fällen wie dem vorliegenden nahe, wenn man die uneingeschränkte Prüfungskompetenz des Vollstreckungsgerichts bejaht. Hinzu kommt, daß das Vollstreckungsverfahren für die Durchführung von Beweisaufnahmen zur Klärung materiell-rechtlicher Fragen grundsätzlich wenig geeignet erscheint. Es ist seinem Wesen nach auf Zugriff, nicht auf Verhandlung angelegt und daher – wie auch das Anhörungsverbot den § 834 ZPO zeigt – nicht kontradiktorisch ausgestaltet (Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. Rn. 74 vor § 704). Deshalb bietet es für die Prüfung materiell-rechtlicher Ansprüche regelmäßig eine geringere Richtigkeitsgewähr als das Erkenntnisverfahren. Wollte man dem Vollstreckungsgericht bei der Beurteilung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 850f Abs. 2 ZPO eine umfassende Prüfungskompetenz einräumen, so wäre die Gefahr einer Überforderung schwerlich von der Hand zu weisen.

6. Indessen braucht dies im Streitfall nicht abschließend entschieden zu werden. Selbst wenn die Bedenken gegen die Prüfungskompetenz des Vollstreckungsgerichts und die Eignung des Vollstreckungsverfahrens nicht durchgreifen würden, brauchte sich die Klägerin mit ihrem Begehren nicht ins Vollstreckungsverfahren verweisen zu lassen. Dies würde nämlich voraussetzen, daß der Antrag nach § 850 f. Abs. 2 ZPO gegenüber der Feststellungsklage eindeutig der einfachere, schnellere und kostengünstigere Weg wäre und daß außerdem die Verfahrensergebnisse im wesentlichen gleichwertig wären (BGH-Urteil vom 14. März 1979 – IV ZR 98/78 – NJW 1979, 1508 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

a) Unstreitig bieten die Akten des Vorprozesses über das Vorliegen eines Anspruchs aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung keinen Aufschluß. Das Vollstreckungsgericht müßte deshalb für die Entscheidung nach § 850f Abs. 2 ZPO sämtliche Anspruchsvoraussetzungen selbst feststellen, wobei es dem Begehren der Klägerin nach Lage der Dinge nicht ohne Beweisaufnahme entsprechen könnte. Dabei wären dieselben Beweise zu erheben und zu würdigen, die auch das erkennende Gericht bei erneuter Klage erheben und würdigen müßte. Schon deswegen stellt sich die Anrufung des Vollstreckungsgerichts gegenüber der Feststellungsklage nicht als der eindeutig einfachere und schnellere Weg dar. Im übrigen müßte die Klägerin damit rechnen, daß das Vollstreckungsgericht sich die Bedenken gegen seine Prüfungskompetenz zu eigen machen oder den Antrag im Hinblick auf die Erforderlichkeit von Beweiserhebungen jedenfalls als für das Vollstreckungsverfahren ungeeignet zurückweisen würde.

b) Hinzu kommt, daß es an der Gleichwertigkeit der möglichen Verfahrensergebnisse fehlt; denn die Rechtswirkungen der im Vollstreckungsverfahren erzielbaren Entscheidung würden hinter denjenigen eines Feststellungsurteils zurückbleiben. Das Vollstreckungsgericht könnte das Vorliegen eines Anspruchs aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nur als materiell-rechtliche Vorfrage und in bezug auf eine bestimmte Vollstreckungsmaßnahme prüfen. Seine Annahme, die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs seien erfüllt, würde weder in materielle Rechtskraft erwachsen noch über die konkrete Vollstreckungsmaßnahme (Pfändungsbeschluß) hinauswirken. Bei jeder weiteren Pfändung, etwa nach einem Arbeitsplatzwechsel des Schuldners, müßte der Gläubiger daher befürchten, daß das Vollstreckungsgericht, insbesondere bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit (s. § 764 Abs. 2 ZPO), die materiell-rechtliche Vorfrage anders beurteilen würde als bisher. Hat dagegen der Gläubiger durch die erneute Anrufung des Prozeßgerichts die Feststellung erwirkt, daß die titulierte Forderung auch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung begründet sei, so ist dies für das Vollstreckungsgericht bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 850f Abs. 2 ZPO bindend. Damit steht für das gesamte Vollstreckungsverfahren endgültig und allgemein fest, daß die materiell-rechtlichen Voraussetzungen, an die das Gesetz die Gewährung des Vollstreckungsprivilegs knüpft, erfüllt sind.

Soweit dem beiläufigen Hinweis des früheren IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in BGHZ 36, 11, 17 eine andere Rechtsauffassung zugrunde liegen sollte, würde dies den erkennenden Senat nicht binden.

III.

Hiernach hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Feststellungsklage zu Unrecht verneint, so daß das angefochtene Urteil aufzuheben war. Eine eigene Sachentscheidung des Senats käme nur in Betracht, wenn das Klagevorbringen unschlüssig wäre. Das ist jedoch angesichts des umfangreichen Sachvortrags der Klägerin in der Berufungsinstanz nicht der Fall. Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das nunmehr über das Klagebegehren sachlich zu befinden hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609525

BGHZ, 275

NJW 1990, 834

JZ 1990, 392

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