Entscheidungsstichwort (Thema)

Mieterhöhungsverlangen aufgrund frei zugänglichen Mietspiegels

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt der Vermieter zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens auf einen Mietspiegel Bezug und ist dieser gegen eine geringe Schutzgebühr von jedermann bei den örtlichen Mieter- und Vermietervereinigungen erhältlich, bedarf es einer Beifügung des Mietspiegels nicht (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 28.4.2009 - VIII ZB 7/08, WuM 2009, 352; Urt. v. 12.12.2007 - VIII ZR 11/07, NJW 2008, 573, Tz. 15).

 

Normenkette

BGB § 558a Abs. 1, 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Urteil vom 24.09.2008; Aktenzeichen 2 S 28/08)

AG Krefeld (Urteil vom 29.04.2008; Aktenzeichen 12 C 375/07)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Krefeld vom 24.9.2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

[1] Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Mieterhöhung.

[2] Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Klägerin in K. Mit Schreiben vom 2.8.2007 forderte die Klägerin von den Beklagten die Zustimmung zu einer Erhöhung der monatlichen Nettomiete von 375 EUR auf 450 EUR mit Wirkung ab dem 1.11.2007. Zur Begründung des Erhöhungsverlangens nahm die Klägerin Bezug auf den Mietspiegel der Stadt K.

[3] Da die Beklagten der Mieterhöhung nicht zustimmten, machte die Klägerin ihr Verlangen gerichtlich geltend. Das AG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

[4] Die Revision hat Erfolg.

I.

[5] Das Berufungsgericht (LG Krefeld, WuM 2008, 672) hat im Wesentlichen ausgeführt:

[6] Die Mieterhöhung sei nicht wirksam erklärt. Dem Mieterhöhungsverlangen habe ein Exemplar des in Bezug genommenen aktuellen Mietspiegels beigefügt werden müssen. Da dies unterblieben sei, könne auch dahinstehen, ob die im Laufe des Verfahrens nachgeholten Angaben der Klägerin insb. zu den im Mieterhöhungsverlangen teilweise unleserlichen oder unverständlich abgekürzten Einträgen im Übrigen die Anforderungen an ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen nach §§ 558a, 558b Abs. 3 BGB erfüllten.

[7] Zwar sei es nach der Rechtsprechung des BGH nicht generell erforderlich, dem Mieterhöhungsverlangen den Mietspiegel beizufügen. Dies sei etwa dann nicht der Fall, wenn dieser allgemein zugänglich sei. Für den Bereich der Stadt K. sei der Mietspiegel aber nur über den Verein der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer und den Mieterverband Niederrhein gegen Zahlung von 3 EUR (für Mitglieder) und 4 EUR (für Nichtmitglieder) zu beziehen. Der Mietspiegel der Stadt K. sei weder im Internet abzurufen noch sei vorgetragen, dass er im Amtsblatt veröffentlicht sei.

[8] Die Frage, wer die Kosten für den Mietspiegel aufzuwenden habe, sei zu Lasten des Vermieters zu entscheiden. Ihm obliege nach § 558a BGB die Begründung und nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift die Pflicht zur Erklärung des Erhöhungsverlangens. Erfordere die ordnungsgemäße Erklärung einen finanziellen Aufwand, so sei dieser dem Vermieter aufzubürden. Es sei dem Mieter nicht zumutbar, Geld ausgeben zu müssen, um feststellen zu können, ob das Erhöhungsverlangen des Vermieters berechtigt sei.

II.

[9] Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitert die formelle Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens nicht daran, dass der Mietspiegel der Stadt K. dem Mieterhöhungsverlangen nicht beigefügt war.

[10] Wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, ist die Beifügung eines Mietspiegels regelmäßig nicht erforderlich, damit ein Mieterhöhungsverlangen die formellen Voraussetzungen des § 558a BGB erfüllt. Wie der Senat (Beschl. v. 28.4.2009 - VIII ZB 7/08, WuM 2009, 352, Tz. 6; vgl. auch BGH, Urt. v. 11.3.2009 - VIII ZR 74/08, WuM 2009, 293, Tz. 9; v. 12.12.2007 - VIII ZR 11/07, NJW 2008, 573, Tz. 15) bereits entschieden hat, bedarf es zur ordnungsgemäßen Begründung eines Mieterhöhungsverlangens, das auf einen Mietspiegel Bezug nimmt, einer Beifügung des Mietspiegels jedenfalls dann nicht, wenn dieser allgemein zugänglich ist. Das ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hier der Fall.

[11] Dies setzt nicht voraus, dass der Mietspiegel von der betreffenden Kommune kostenlos abgegeben oder zur Einsicht bereitgehalten wird oder über das Internet abrufbar ist. Auch ein Mietspiegel, der - wie hier - von privaten Vereinigungen gegen eine geringe Schutzgebühr an jedermann abgegeben wird, ist in diesem Sinne allgemein zugänglich. In einem solchen Fall ist es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts (so auch: Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 558a BGB Rz. 34 m.w.N.; Artz in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 558a Rz. 18 m.w.N.) dem Mieter zumutbar, zur Überprüfung des Mieterhöhungsverlangens eine geringe Schutzgebühr von wenigen Euro aufzuwenden.

III.

[12] Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil somit keinen Bestand haben. Es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer Feststellungen zur Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens bedarf. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2258202

NJW 2010, 225

NWB 2009, 3705

DWW 2010, 78

EBE/BGH 2009

JurBüro 2010, 165

NZM 2010, 40

ZAP 2010, 57

ZMR 2010, 274

MDR 2010, 18

WuM 2009, 747

Info M 2009, 421

MietRB 2010, 2

NJW-Spezial 2010, 98

NWB direkt 2009, 1215

ZGS 2010, 6

BBB 2010, 61

IGZInfo 2010, 65

MK 2010, 11

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