Leitsatz (amtlich)

Aufgrund einer „harten” Patronatserklärung haftet der Erklärende bei Insolvenz des Schuldners, für den die Erklärung abgegeben wurde, neben, nicht nach diesem. Auf den Schadensersatzanspruch aus einer solchen Verpflichtung ist im Konkurse des Erklärenden KO § 68 anzuwenden.

 

Orientierungssatz

Zitierung: Bestätigung OLG Stuttgart, 1985-02-21, 7 U 202/84, WM IV 1985, 455.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Wiener Bank, stand in laufenden Geschäftsbeziehungen mit der Firma SBM W. GmbH in L./Österreich (künftig: SBM). Diese ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der PHB W. Gesellschaft mbH W., die ihrerseits ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Beklagten – einer in K. ansässigen Aktiengesellschaft – ist. Die Klägerin bewilligte der SBM einen Kredit von 25 Mio österreichischen Schillingen (künftig: öS). Zur Sicherung von Krediterhöhungen sollte eine Patronatserklärung der Beklagten beigebracht werden. Die Beklagte übersandte der Klägerin im August 1986 eine solche Erklärung, die im wesentlichen die Verpflichtung der Beklagten vorsah, für einen 30 Mio öS übersteigenden Kredit von bis zu weiteren 10 Mio öS die Tochtergesellschaft „anzuhalten, ihren … Verbindlichkeiten … nachzukommen”. Nach Besprechungen zwischen der SBM und der Klägerin erteilte die Beklagte dieser unter dem 10. November 1986 eine zweite Patronatserklärung mit auszugsweise folgendem Wortlaut:

„Wir haben zustimmend davon Kenntnis genommen, daß die Tochtergesellschaft der PHB W. Gesellschaft mbH. W., die Firma SBM …, mit Ihnen in Geschäftsverbindung steht …

Die Firma PHB W. Gesellschaft mbH. W. ist ein hundertprozentiges Tochterunternehmen unserer Firma und hält 100 % des Stammkapitals der SBM … Solange die obengenannte Geschäftsverbindung mit Ihnen besteht bzw. Sie allfällige Forderungen hieraus gegen unsere Tochtergesellschaft haben, werden wir die Beteiligung in unveränderter Höhe aufrechterhalten. Sollten wir eine Znderung in Erwägung ziehen, werden wir uns rechtzeitig mit Ihnen in Verbindung setzen und mit Ihnen einvernehmlich vorgehen.

Im übrigen übernehmen wir hiemit Ihnen gegenüber unwiderruflich die uneingeschränkte Verpflichtung, auf unsere Tochtergesellschaft in der Zeit, in der sie den bei Ihnen in Anspruch genommenen Kredit … nicht vollständig zurückgezahlt hat, in der Weise Einfluß zu nehmen und sie finanziell so auszustatten, daß sie stets in der Lage ist, ihren gegenwärtigen und künftigen Verbindlichkeiten Ihnen gegenüber fristgemäß nachzukommen.

Diese Erklärung unterliegt österreichischem Recht …”

Am 28. Dezember 1987 wurde über das Vermögen der SBM Konkurs eröffnet.

Die Klägerin kündigte die von ihr gewährten Kredite und errechnete zu ihren Gunsten einen Saldo von 18.545.418,99 öS. Das Konkursverfahren endete durch einen Zwangsvergleich, in dem die Klägerin mit einer Quote von 25 % befriedigt wurde.

Am 30. Dezember 1987 wurde auch über das Vermögen der Beklagten Konkurs eröffnet. Aufgrund eines bestätigten Vergleichs vom 6. Oktober 1989 wurde das Verfahren aufgehoben. Der Zwangsvergleich sieht eine Quote von 35 %, zahlbar in drei Raten, vor.

Gestützt auf die Patronatserklärung vom 10. November 1986 hat die Klägerin zur Konkurstabelle betreffend die Beklagte eine Forderung von 3.110.453,03 DM angemeldet, die vom Verwalter bestritten wurde. Nunmehr verlangt die Klägerin aufgrund des Zwangsvergleichs vom 6. Oktober 1989 35 % ihrer angemeldeten Forderungen, zahlbar zu den im Vergleich vorgesehenen Zeitpunkten. Die Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen weitgehend – zuletzt in Höhe von 6.490.896 öS – Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat zutreffend und von der Revision unbeanstandet die Beklagte als die richtige Partei nach Aufhebung des Konkursverfahrens angesehen (vgl. Jaeger/Weber, KO 8. Aufl. § 146 Rdn. 44 und § 194 Rdn. 3; ferner § 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG).

1. Es hat ausgeführt: Die Beklagte sei nach § 920 des österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) schadensersatzpflichtig, weil sie ihre Verbindlichkeiten aus dem Patronatsvertrag nicht erfüllt habe. Dieser sei zwischen den Parteien zustande gekommen. Nach seinem Inhalt habe die Beklagte es übernommen, die SBM so auszustatten, daß diese die Forderungen der Klägerin habe einlösen können. Das entsprechende Angebot der Beklagten habe die Klägerin gemäß § 863 ABGB angenommen. Danach könne eine Annahme „auch durch solche Handlungen” erklärt werden, „welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen”. Erstinstanzlich habe sich die Klägerin insoweit auf eigenes konkludentes Verhalten gestützt, indem sie auf die Fortdauer ihres Kreditengagements bei der SBM abgestellt habe. Zweitinstanzlich habe sie geltend gemacht, daß die Beklagte nach dem Text ihrer Patronatserklärung keine ausdrückliche Annahmeerklärung erwartet habe. Das Schweigen auf einen schriftlichen Vertragstext, der mit den mündlichen Vorverhandlungen übereinstimmt, reiche als Annahmeerklärung aus. Daß die Beklagte die Übereinstimmung des schriftlichen Vertragstextes mit den mündlichen Vorverhandlungen bestritten habe, sei unerheblich, weil die Beklagte nicht dargelegt habe, was abweichend mündlich vereinbart worden sei. Das Handeln der SBM als ihrer eigenen „Enkelgesellschaft” müsse sich die Beklagte insoweit zurechnen lassen.

a) Demgegenüber rügt die Revision, es verstoße gegen die Denkgesetze (§ 286 ZPO), wenn das Berufungsgericht darauf abstelle, die Beklagte habe keine Annahmeerklärung erwartet, obwohl die Klägerin von diesem Vortrag im Berufungsverfahren abgerückt sei.

Damit vermag die Revision die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu erschüttern. Dieses hat gerade nicht angenommen, daß die Klägerin im Berufungsverfahren von ihrem Vortrag abgerückt sei, die Beklagte habe keine Annahmeerklärung erwartet. Im übrigen hält es aufgrund des § 863 ABGB alle Umstände für entscheidend und stützt seine Überzeugung darauf. Einige davon führt es ausdrücklich an. Bei der Würdigung war es nicht an persönliche Wertungen der Klägerin, also daran gebunden, welche Anhaltspunkte diese in erster oder zweiter Instanz besonders betonte. Die Klägerin hat hiermit tatsächlichen Vortrag nicht aufgegeben. Das Berufungsgericht war deshalb aus Rechtsgründen nicht gehindert, auf einen Gesichtspunkt mit abzustellen, den die Klägerin im Berufungsrechtszuge möglicherweise nicht mehr für besonders gewichtig oder überzeugungskräftig gehalten hatte.

b) Aufgrund dieses umfassenden Ansatzes des Berufungsgerichts dringt auch die Verfahrensrüge der Revision nicht durch, das Gericht habe § 138 Abs. 4 ZPO verletzt, indem es der Beklagten das Handeln der SBM zugerechnet habe. Ob das hier prozessual zulässig war (vgl. dazu BGH, Urt. v. 9. Juli 1987 – III ZR 229/85, WM 1987, 1125, 1126; v. 15. November 1989 – VIII ZR 46/89, NJW 1990, 453 f), kann offenbleiben. Auf den Gesichtspunkt kam es für die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts nämlich nicht entscheidend an. Es durfte, wie unter a) ausgeführt, in die Erwägung einbeziehen, daß die Klägerin eine Patronatserklärung von Anfang an zur Voraussetzung für das Überschreiten eines bestimmten Kreditrahmens durch die SBM gemacht hatte und nach Eingang der hier fraglichen Erklärung der SBM den gewährten Kredit aufrechterhielt. Gemäß § 863 ABGB ist die widerspruchslose Ausführung eines Geschäfts zu den in einem Antrag enthaltenen Bedingungen als Vertragsschluß gewertet worden (OGH EvBl 1968 Nr. 211 in ÖJZ 1968, 349, 350; Rummel, Kommentar zum ABGB Bd. I § 863 Rdn. 17 unter 1). Stillschweigen kann auch nach österreichischem Recht unbedenklich als Annahme verstanden werden, wenn der Antragsempfänger durch den Vertrag bloß berechtigt werden soll (Klang/Gschnitzer, ABGB 2. Aufl. IV. Bd. 1. Halbb. § 863 Anm. III 4 über Fußn. 66; vgl. auch Opathy in ABGB-Praxiskommentar § 863 Rdn. 8, 3. Abs. a.E.).

Das Berufungsgericht hat nach dem Gesamtzusammenhang berücksichtigt, daß die Patronatserklärung für die Klägerin ausschließlich günstig war. Sie war, anders als die zunächst angebotene Erklärung vom 4. August 1986, der Höhe nach nicht begrenzt. Zudem war sie bestimmter und verpflichtender gefaßt als jene erste Erklärung, nach deren Inhalt die Beklagte sich nur allgemein verpflichten wollte, ihre Tochtergesellschaft zu vertragsgemäßer Erfüllung anzuhalten. Eine noch stärker wirkende Patronatserklärung als die sodann im November 1986 übermittelte war sowohl nach österreichischem Recht (vgl. dazu Aichinger QuHGZ 1978/Heft 4, 85 f; Avancini, Bericht in ÖJZ 1983, 546 f; Gerth, Atypische Kreditsicherheiten 2. Aufl. S. 400 ff) als auch nach deutschem Recht kaum zu erwarten (vgl. dazu Gerth aaO S. 31-34, 331-341; Mosch, Patronatserklärungen deutscher Konzernmuttergesellschaften und ihre Bedeutung für die Rechnungslegung S. 12-15 und 216; Stecher, „Harte” Patronatserklärungen, rechtsdogmatische und praktische Probleme S. 2 f, 15, 62 und 204; Bärmann/Brink/Petereit/Reinecker/Scheerer, Recht der Kreditsicherheiten in europäischen Ländern, Teil I Rdn. 194-197; Obermüller, Ersatzsicherheiten im Kreditgeschäft Rdn. 10-24, 35, 42 ff; Scholz/Lwowski, Recht der Kreditsicherung 6. Aufl. Rdn. 372; Graf v. Westphalen, Rechtsprobleme der Exportfinanzierung 3. Aufl. S. 385 ff; Fischer/Schaffland, Genossenschaftsforum 1976/Heft 2, S. 36 f; Köhler WM 1978, 1338 ff; Möser DB 1979, 1469, 1470 f; Gutachten IdW in WPg 1976, 528, 529 ff; mit Nachweisen zum ausländischen Recht auch Seiler, Die Patronatserklärung S. 5 f, 22, 89 f, 105 f, 118 ff, 227 ff). Das alles legte eine Annahme der zweiten, „harten” Patronatserklärung durch die Klägerin objektiv sehr nahe. Dann hätte es eine entsprechende Feststellung durch das Berufungsgericht allenfalls hindern können, wenn die Patronatserklärung vom 10. November 1986 noch weitergehende Forderungen der Klägerin aus den Vorverhandlungen nicht berücksichtigt hätte. Derartiges hat die Beklagte nicht behauptet.

2. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Parteien seien sich über eine Ausstattungsverpflichtung der Beklagten zugunsten der SBM als „Enkelgesellschaft” – nicht der Tochtergesellschaft PHB W. in W. – einig gewesen. Das ergebe sich aus dem ersten Absatz der Patronatserklärung. Zudem habe die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, mit der PHB W. in W. keine Geschäftsverbindung unterhalten zu haben. Die Bezeichnung als „Tochtergesellschaft” habe lediglich die Einflußmöglichkeiten und Beherrschungsverhältnisse offenlegen sollen und treffe daher mittelbar auch auf die SBM zu. Deshalb liege kein Dissens im Sinne von § 869 Satz 2 ABGB vor.

Die dagegen gerichtete Verfahrensrüge der Revision, die nur ihre eigene gegenteilige Auslegung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts setzt, dringt nicht durch. Von einer näheren Begründung sieht der Senat ab (§ 565 a Satz 1 ZPO).

II.

Das Berufungsgericht hat – im Anschluß an Aichinger (QuHGZ 1978/4, S. 85, 88) – festgestellt, „harte” Patronatserklärungen hätten nach österreichischem Recht dieselbe rechtliche Bedeutung wie nach deutschem. Im Falle der Uneinbringlichkeit der durch sie gesicherten Forderung hafte der Patron auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (ebenso Avancini, Bericht in ÖJZ 1983, 546, 547). Die Beklagte habe vorliegend die Ausstattungspflicht schuldhaft verletzt, weil sie für ihre eigene finanzielle Zahlungsfähigkeit einstehen müsse. Ihre Zahlungsschwierigkeiten, die ihrer eigenen Risikosphäre entstammten, erfüllten nicht die Voraussetzungen für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage nach österreichischem Recht.

Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision nicht (§§ 549 Abs. 1, 562 ZPO). Sie stehen hinsichtlich der Haftung des „Patrons” auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung auch mit der ganz herrschenden Rechtsansicht in Deutschland im Einklang (OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 1116, 1117; Staudinger/Horn, BGB 12. Aufl. Rdn. 118 vor § 765; Scholz/Lwowski aaO S. 404 f; Graf v. Westphalen aaO S. 394; Gerth aaO S. 160 ff; Obermüller aaO Rdn. 31; Seiler aaO S. 35 ff; Mosch aaO S. 227 i.V.m. S. 214 ff; Stecher aaO S. 163 ff i.V.m. S. 112; Bärmann/Brink/Petereit/Reinecker/Scheerer aaO Rdn. 197; Vallenthin, Rechtsgrundlagen des Bankgeschäfts S. 143 f; Rümker WM 1974, 990, 991; Bordt WPg 1975, 285, 289; Schaffland BB 1977, 1021, 1022 f; Schneider ZIP 1989, 619, 622 – für einen entsprechenden Erfüllungsstatt Schadensersatzanspruch Schraepler ZKW 1975, 215, 216 f; Köhler WM 1978, 1338, 1345 f; Schröder ZGR 1982, 552, 560 – vgl. auch BGH, Beschl. v. 25. November 1991 – III ZR 199/90, z.V.b. in BGHR).

1. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die Beklagte habe durch die unzureichende finanzielle Ausstattung der Firma SBM den Ausfall der Klägerin mit den der Schuldnerin gewährten Kreditmitteln in Höhe von 18.545.418,99 öS als Schaden verursacht. Auf ihre entsprechende Ersatzforderung brauche sich die Klägerin gemäß § 68 KO nicht die im Zwangsvergleichsverfahren für die SBM erzielte Quote von 25 % anrechnen zu lassen. Bis zu ihrer vollen Befriedigung könne sie bei einem Konkurs über das Vermögen beider Schuldner das Ganze, das heißt den vollen ihr bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens zustehenden Betrag geltend machen. Daran habe der Zwangsvergleich nichts geändert. Maßgeblich bleibe die Höhe der Verbindlichkeit im Zeitpunkt der Konkurseröffnung. Davon stünden der Klägerin aufgrund des hier fraglichen Zwangsvergleichs 35 % zu.

2. Demgegenüber rügt die Revision, § 68 KO sei nicht anzuwenden, weil bei der Patronatserklärung Schuldner und „Patron” nicht nebeneinander hafteten. Die Schadensersatzpflicht der Muttergesellschaft setze einen Ausfall des Kreditgebers bei der Tochtergesellschaft voraus, sei also nachrangig. Die im Zwangsvergleich für die SBM erzielte Quote verringere den Schaden.

3. Damit dringt die Revision nicht durch.

a) Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang zutreffend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen. Dieses bestimmt die Folgen eines in Deutschland durchgeführten Konkursverfahrens über das Vermögen eines hier ansässigen Gemeinschuldners (vgl. Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. § 61 Rdn. 40; ferner Art. 4 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 des österreichisch-deutschen Vertrages auf dem Gebiet des Konkurs- und Vergleichsrechts vom 25. Mai 1979 mit deutschem Ausführungsgesetz vom 4. März 1985 – BGBl II S. 409, 411). Insbesondere unterliegen ausländische Konkursgläubiger (§ 5 KO) bei der Rechtsverfolgung im Inland den Schranken des inländischen Zwangsvergleichs (Jaeger/Weber aaO § 193 Rdn. 22; Kuhn/Uhlenbruck, KO 10. Aufl. § 193 Rdn. 15).

b) In welchem Umfange Forderungen gemäß § 193 Satz 1 KO durch einen rechtskräftig bestätigten Zwangsvergleich erlöschen, hängt vom Vergleichsinhalt ab (vgl. BGHZ 108, 123, 130 f; Senatsurt. v. 23. Januar 1992 – IX ZR 94/91, z.V.b.). Sieht er nichts Abweichendes vor, kann im Regelfall von der Maßgeblichkeit der einschlägigen konkursrechtlichen Vorschriften ausgegangen werden, also auch von § 68 KO (vgl. Jaeger/Weber aaO § 193 Rdn. 20), der im Ergebnis den Bestimmungen der §§ 32, 33 VerglO für das Vergleichsverfahren entspricht.

Anhaltspunkte für eine andere Vergleichsauslegung hat das Berufungsgericht hier nicht festgestellt und sind auch nicht vorgetragen.

c) Nach § 68 KO kann der Gläubiger, dem mehrere Personen nebeneinander haften, in den Konkursverfahren eines jeden von ihnen seine Forderung bis zur vollen Befriedigung geltend machen. Mithaftung in diesem Sinne ist nicht nur bei einer echten Gesamtschuld im Sinne von § 421 BGB, sondern auch ohne eine innere Verbundenheit der Verpflichtungen gegeben (Kilger, KO 15. Aufl. § 68 Anm. 2; vgl. auch Bley/Mohrbutter, VerglO 4. Aufl. § 32 Rdn. 3), wenn der Gläubiger die ihm gebührende Leistung von den Schuldnern gleichzeitig, aber insgesamt nur einmal fordern kann (BGH, Urt. v. 22. Januar 1969 – VIII ZR 24/67, WM 1969, 245, 246; Kuhn/Uhlenbruck aaO § 68 Rdn. 2). Dann trifft der Zweck des § 68 KO zu, dem Gläubiger eine möglichst hohe Befriedigung aus der Haftung mehrerer Personen zu verschaffen (Jaeger/Lent aaO § 68 Rdn. 2, 1. Abs.). Es schadet nicht, daß die so verknüpften Forderungen auf selbständige Anspruchsgrundlagen zu stützen sind (RG LZ 1917 Sp. 472, 474; Senatsbeschl. v. 10. Oktober 1991 – IX ZR 175/90, z.V.b. in BGHR).

In diesem Sinne haften bei einer „harten” Patronatserklärung Schuldner und „Patron” dem Gläubiger (Erklärungsempfänger) nebeneinander, nicht nur nacheinander für dieselbe Leistung auf das Ganze (ebenso OLG Stuttgart WM 1985, 455 mit zust. Anm. v. Horn in EWiR § 765 BGB 4/85, S. 669 und Schröter in WuB I F 1 c Patronatserklärung 1.85; Gerth aaO S. 184-187; Schneider ZIP 1989, 619, 622; vgl. ferner Mosch aaO S. 215 f; Rümker WM 1974, 990, 991; Schraepler ZKW 1975, 215, 216; Obermüller ZIP 1982, 915, 920 gegen ZGR 1975, 1, 31; für das Vergleichsverfahren auch Stecher aaO S. 202 f).

Eine Patronatserklärung der hier vorliegenden Art wird allgemein als Sicherungsmittel verglichen mit einer Bürgschaft (Köhler WM 1978, 1338, 1346 und 1349) oder Garantieerklärung (Graf v. Westphalen aaO S. 394; Bärmann/Brink/Petereit/Reinecker/Scheerer aaO Rdn. 197; Rümker WM 1974, 990, 991; Bordt Wpg 1975, 285, 289; Schaffland BB 1977, 1021, 1023; Schneider ZIP 1989, 619, 621). Beide rechtlichen Instrumente begründen im Konkurs des Schuldners grundsätzlich eine gleichrangige Haftung. Das ergibt sich für die Bürgschaft aus § 773 Abs. 1 Nr. 3 BGB (vgl. auch BGH, Urt. v. 22. Januar 1969 – VIII ZR 24/67, aaO; Senatsurt. v. 4. Oktober 1984 – IX ZR 159/83, NJW 1985, 271, 272), für die Garantie aus den allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts, denen sie unterliegt (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 16. Dezember 1960 – II ZR 137/59, WM 1961, 204, 206 f; v. 21. Februar 1968 – Ib ZR 132/66, WM 1968, 680, 682; v. 20. Mai 1976 – III ZR 156/74, WM 1976, 977, 978). Die Pflicht, Schadensersatz zu leisten, bedeutet nach allgemeinen Regeln nicht nur Schadloshaltung für einen Ausfall nach anderen Schuldnern, sondern Ersatz des ganzen erlittenen Schadens, gegebenenfalls zusammen mit anderen Verpflichteten. Hätte die beklagte Muttergesellschaft hier ihre Verpflichtungen aus der Patronatserklärung gegenüber der klagenden Kreditgeberin ordnungsgemäß erfüllt, so wäre der Kredit mit Fälligkeit insgesamt zurückgezahlt worden. Wer vereinbarungsgemäß für die Vertragserfüllung eines anderen zu sorgen hat, haftet bei zu vertretender Nichterfüllung grundsätzlich neben diesem sogar als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in voller Höhe (BGHZ 43, 227, 229 ff; vgl. auch BGHZ 59, 97, 100 f m. Anm. v. Dilcher JZ 1973, 199, 200; Palandt/Heinrichs, BGB 51. Aufl. § 421 Rdn. 8).

Entgegen der Ansicht der Revision steht die Schadensersatzverpflichtung des „Patrons” im Konkurs regelmäßig nicht der Schuld eines bloßen Ausfallbürgen (vgl. dazu RG JW 1929, 1386 f m. Anm. v. Reichel; Jaeger/Lent aaO § 68 Rdn. 3, 2. Abs.; Kuhn/Uhlenbruck aaO § 68 Rdn. 4 e) gleich (ebenso Gerth aaO S. 164-166; Obermüller, Ersatzsicherheiten aaO Rdn. 62). Der Wortlaut der hier fraglichen, typischen Patronatserklärung gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte lediglich für einen Ausfall der Darlehensforderung der Klägerin einstehen wollte. Sie verpflichtete sich vielmehr uneingeschränkt, die Hauptschuldnerin finanziell so hinreichend auszustatten, daß diese auch zur „fristgemäßen” Zahlung in der Lage war. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn die Gläubigerin nach Fälligkeit der gesicherten Forderung noch längere Zeit abwarten müßte, um einen möglichen Ausfall berechnen zu können. Die Beklagte hatte ihre Ausstattungspflicht spätestens verletzt, als das Konkursverfahren über das Vermögen der SBM eröffnet wurde, wodurch sich deren Geschäftsbeziehungen zur Klägerin grundlegend veränderten. Gerade dieser Fall soll durch eine „harte” Patronatserklärung vermieden werden. Dementsprechend wird unter anderem eine erfolglose Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner für die Haftung aus einer solchen Patronatserklärung nicht für erforderlich gehalten, sondern es genügt jeder Nachweis seiner Zahlungsunfähigkeit (Schraepler ZKW 1975, 215, 216; Köhler WM 1978, 1338, 1346 und 1349; Obermüller ZIP 1982, 915, 920; vgl. auch Obermüller ZGR 1975, 1, 29). Ferner übernahm die Beklagte hier ihre Verpflichtung ausdrücklich bis zur „vollständigen” Rückzahlung der Kredite. Damit ist ihre Haftung auch inhaltlich nicht auf einen bloßen Ausfall begrenzt.

d) Die Anwendung des § 68 KO führt dazu, daß der bei Konkurseröffnung geltende Forderungsbestand für das gesamte sich anschließende Verfahren maßgeblich bleibt (BGH, Urt. v. 22. Januar 1969 – VIII ZR 24/67, aaO; Kuhn KTS 1957, 68, 69). Teilzahlungen eines Mitverpflichteten nach Konkurseröffnung bleiben außer Betracht, bis die gesamte Forderung erfüllt ist (RGZ 2, 178, 181; Senatsurt. v. 4. Oktober 1984 – IX ZR 159/83, aaO; OLG Karlsruhe ZIP 1981, 1231, 1232; Kilger aaO § 68 Anm. 6; Kuhn/Uhlenbruck aaO § 68 Rdn. 10). Erfüllung ist hier unter Berücksichtigung der beiden Vergleichsquoten bisher nicht eingetreten.

III.

Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, daß die – nicht zur Konkurstabelle festgestellte – Fremdwährungsforderung der Klägerin aufgrund des Zwangsvergleichs nicht endgültig in eine inländische Geldforderung umgewandelt sei (wegen einer für den Regelfall anderslautenden Auslegung vgl. BGHZ 108, 123, 131 f), wendet sich die Revision nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 650063

BGHZ, 127

BB 1992, 600

NJW 1992, 2093

ZIP 1992, 338

ZBB 1992, 150

IPRspr. 1992, 262

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