Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Auslegung eines Vertrages über die Erstellung von Individualsoftware (hier: Verpflichtung nur zur Überlassung des Maschinenprogramms einschließlich der Benutzerdokumentation oder auch des Quellenprogramms einschließlich der Herstellerdokumentation).

 

Normenkette

BGB § 631; UrhG § 31 Abs. 5

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 18.03.1983)

LG Berlin

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts vom 18. März 1983 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Service-Rechenzentrum; die Beklagte vertreibt EDV-Terminals und erstellt Datenverarbeitungsprogramme. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte im Rahmen eines Programmerstellungsauftrages verpflichtet ist, der Klägerin neben den Maschinenprogrammen auch die entsprechenden Quellenprogramme sowie eine Herstellerdokumentation zu übergeben.

Die Parteien schlossen am 11./15. Dezember 1980 einen Vertrag, in dem sich die Beklagte zur Erstellung von EDV-Programmen verpflichtete, die bei den Kunden der Klägerin eingesetzt werden sollten und mit deren Hilfe die Datenerfassung sowie die Datenfernübertragung in das Rechenzentrum der Klägerin und zurück zum Kunden bewerkstelligt werden sollten. In Ziffer 1 des Vertrages, der die Klägerin als „Firma” und die Beklagte als „Programmierer” bezeichnet, heißt es:

„Der Programmierer übernimmt durch schriftlichen Auftrag der Firma Programmierungs-, Test- und Dokumentationsarbeiten (Operatoranweisungen, Ablaufdiagramme, Systembeschreibungen etc.) für die Aufgabenbereiche:

  • Datenerfassungsprogramm für STECKEL-STANDARD-Systeme

    sowie

  • Datenfernübertragung, gemäß übergebener Beschreibungen.”

Als Gegenleistung vereinbarten die Parteien eine Lizenzgebühr pro Gerät, auf dem das Programm laufen würde; diese sollte für das ebenfalls von der Beklagten zu liefernde Betriebssystem 95,– DM betragen; für das Datenerfassungs- und -fernübertragungsprogramm sollte die Lizenzgebühr nach der Zahl der eingesetzten Geräte wie folgt gestaffelt sein:

1

– 200 Geräte:

350,– DM

201

– 500 Geräte:

275,– DM

ab

501 Geräte:

200,– DM.

In Ziffer 5 des Vertrages heißt es im Anschluß an den vereinbarten Fertigstellungstermin:

„Spätestens zu diesem Termin ist vom Programmierer das fertige Programm zu übergeben, wozu die genannten Dokumentationen gehören und die ausdrückliche Erklärung des Programmierers, daß die Programme funktionsfähig, also ausgetestet, sind.”

Die Ziffern 6 und 7 des Vertrages lauten:

6.

„Der Programmierer verpflichtet sich, die von ihm erstellten Programme nach deren Fertigstellung zu warten.

Die Beseitigung aller Fehler (Garantie) hat kostenlos zu erfolgen und zwar während der gesamten Laufzeit des Vertrages. Das gleiche gilt für eventuelle Erweiterungen, für die gegebenenfalls die Lizenzgebühren verändert werden müssen.”

7.

„Der Programmierer überträgt der Firma im voraus und unwiderruflich die ausschließlichen Nutzungsrechte an den von ihm erstellten Programmen, Teilen von Programmen und allen damit in Zusammenhang stehenden Leistungen sowie das gesamte Know-how. Für das Betriebssystem CAM und die Basis-DFÜ-Software (BSC-2) erhält SCHUBERTH nicht die ausschließlichen Nutzungsrechte, da es sich hierbei um Standardsoftware handelt, die nicht nur in der Zusammenarbeit mit SCHUBERTH zur Anwendung kommt, sondern auch mit anderen Unternehmen.

Dieses Recht durch die Firma schließt ein:

  • das Recht zur Verwertung dieser Arbeitsergebnisse im eigenen Hause
  • die miet- und leihweise Überlassung an Dritte
  • Verkauf der Arbeitsergebnisse
  • Gewährung von Nutzungsrechten aller Art.

Die Übertragung dieser Nutzungsrechte und der Dokumentation erfolgt unwiderruflich und ohne jede zeitliche Begrenzung und sind mit den Lizenzgebühren des Programmierers abgegolten.”

Ziffer 8 des Vertrages enthält die Verpflichtung der Beklagten, Stillschweigen über die die Klägerin betreffenden Informationen zu wahren, von denen sie durch die Erledigung des Auftrages Kenntnis erhält; am Ende dieser Ziffer heißt es:

„Sämtliche geschäftlichen sowie persönlichen Unterlagen und Aufzeichnungen, die Geschäftsvorgänge oder den Vertragsgegenstand betreffen, sind Eigentum der Firma. Werden solche Aufzeichnungen auf Aufzeichnungsträgern, wie z.B. Papier, Lochstreifen, etc. vorgenommen, welche vom Programmierer gestellt werden, so gehen auch diese Aufzeichnungsträger mit dem Zeitpunkt der Niederschrift von Aufzeichnungen auf solchen Aufzeichnungsträgern in das Eigentum der Firma über. Die eventuell anfallenden Materialkosten trägt die Firma.”

Nach Fertigstellung übergab die Beklagte der Klägerin die im Vertrag beschriebenen Programme in Maschinen-Code, eine Benutzerdokumentation sowie weitere Unterlagen. Trotz Aufforderung lehnte sie jedoch die Übergabe der entsprechenden Quellenprogramme und Programmablaufpläne ab.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei aufgrund des Vertrages zur Herausgabe der Quellenprogramme und einer Herstellerdokumentation verpflichtet. Ohne Quellenprogramme sei sie nicht in der Lage, die Software vertragsgemäß zu verwerten; insbesondere könne sie die Programme nicht Dritten zur Verfügung stellen, weil sie eventuelle Fehler nicht beheben könne.

Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, sie habe bei den Vertragsverhandlungen mit der Klägerin darauf bestanden, daß alle Hinweise auf eine Verpflichtung zur Herausgabe der Quellenprogramme und zur Erstellung einer Herstellerdokumentation gestrichen würden. Vertragsgegenstand sei auch Standardsoftware gewesen, für die sie selbst keine Quellenprogramme habe. Im übrigen benötige sie die Quellenprogramme, um ihrer Wartungsverpflichtung nach Ziffer 6 des Vertrages nachkommen zu können.

Das Landgericht hat den Klageantrag zu 1 abgewiesen, mit dem die Klägerin die Herausgabe der Ursprungsprogramme zu dem Datenerfassungs- und Datenfernübertragungsprogramm verlangt hatte; im übrigen hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Herstellung und Herausgabe einer umfassenden Dokumentation (bestehend aus einer Programmbeschreibung, einem Programmprotokoll und einem Feinflußdiagramm bzw. kommentierten Statements) sowie – insoweit durch Teilurteil – zur Auskunftserteilung darüber verurteilt, welche geschäftlichen und persönlichen Unterlagen und Aufzeichnungen sie im Besitz hat, die Geschäftsvorgänge der Klägerin oder den Vertragsgegenstand betreffen. Die Klägerin hat den Klageantrag zu 1, den sie zunächst im Wege der unselbständigen Anschlußberufung weiterverfolgt hatte, im Berufungsverfahren mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge in der im Berufungsrechtszug geringfügig geänderten Fassung weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die Klageanträge seien sämtlich auf die Herausgabe des Quellenprogramms zu dem gelieferten Maschinenprogramm gerichtet. Hierauf habe die Klägerin jedoch nach dem insoweit klaren und eindeutigen Wortlaut des Vertrages keinen Anspruch. Der Gegenstand des Vertrages werde in erster Linie durch dessen Ziffern 1 und 5 bestimmt; die dort verwendeten Begriffe („fertiges Programm”, „Operatoranweisungen”, „Ablaufdiagramme”, „Systembeschreibungen”) bezögen sich lediglich auf die Erstellung und Lieferung eines Maschinenprogramms einschließlich Benutzerdokumentation. Auch aus den anderen Bestimmungen des Vertrages lasse sich keine Verpflichtung zur Lieferung des Quellenprogramms und einer Herstellerdokumentation entnehmen. In Ziffer 7 Abs. 1 räume zwar die Beklagte der Klägerin umfassende Nutzungsrechte ein; damit habe jedoch der von der Beklagten geschuldete Leistungsumfang nicht erweitert werden sollen; vielmehr bezögen sich die Nutzungsrechte allein auf das Maschinenprogramm. Der Herausgabeanspruch lasse sich auch aus Ziffer 8 nicht ableiten; diese Vertragsbestimmung diene nur dem Zweck, die Beklagte zum Schweigen über ihr bekannt gewordene „Geschäftsgeheimnisse” der Klägerin zu verpflichten und sicherzustellen, daß kein Material bei der Beklagten verbleibe, das derartige „Geheimnisse” enthalte; eine Modifizierung des in den Ziffern 1 und 5 umschriebenen Leistungsumfangs ergebe sich aus dieser Bestimmung ebenfalls nicht. Schließlich lasse sich der Klageanspruch auch nicht aus den weiteren Umständen herleiten. Die Klägerin benötige das Quellenprogramm weder für die Wartung noch zur sonstigen Programmpflege; zur Fehlerbeseitigung einschließlich der sonstigen Wartung sei nach dem Vertrag die Beklagte verpflichtet, der allein das Recht zustehe, das Programm zu verändern. Selbst wenn es in der Branche üblich sei, bei einem speziellen Programm auch die Sourcen zu übergeben, stehe dem doch im Streitfall der eindeutige Vertragswortlaut entgegen. Auch wirtschaftliche Erwägungen sprächen dafür, daß die Beklagte nicht ihre gesamte Leistung, die auch von der Klägerin mit mindestens 70.000,– DM bewertet worden sei, gegen die ungewisse Aussicht auf zukünftige Lizenzgebühreneinnahmen habe zur Verfügung stellen wollen.

II.

Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat von der Revision unbeanstandet klargestellt, daß die von der Klägerin weiter verfolgten Klageanträge letztlich auf Herausgabe der Sourcen (Quellen-, Ursprungsprogramm) zu dem Maschinenprogramm gerichtet sind. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Beklagte nach dem Vertrag vom 11./15. Dezember 1980 aber lediglich verpflichtet, der Klägerin das Maschinenprogramm einschließlich der Benutzerdokumentation und nicht auch die Sourcen zu übergeben. Das Berufungsgericht hat die Klage daher zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.

Die Feststellungen des Berufungsgerichts beruhen auf tatrichterlicher Vertragsauslegung. Diese ist in der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüfbar, ob sie mit den Denkgesetzen oder dem Wortlaut vereinbar ist und ob anerkannte Auslegungsgrundsätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen worden ist. Das Berufungsurteil läßt keine derartigen Rechtsfehler erkennen.

1. Das Berufungsgericht stützt seine Auslegung in erster Linie auf Ziffer 1 Abs. 1 und Ziffer 5 des Vertrages. Aus dem Zusammenhang dieser Regelungen konnte das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entnehmen, daß die Beklagte nicht nur – wie es in Ziffer 1 heißt – Dokumentationsarbeiten übernommen hatte, sondern – wie sich aus Ziffer 5 ergibt – die Erstellung eines „fertigen Programms”. Die Beklagte schuldete damit einen Erfolg im Sinne eines Werkvertrages. Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte der Klägerin dabei mehr als das funktionsfähige Programm einschließlich der Benutzerdokumentation schuldete, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Aus der den Leistungsumfang umschreibenden Regelung der Ziffer 1 Abs. 1 des Vertrages ergibt sich entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung nicht hinreichend, daß auch die Herausgabe des Quellenprogramms vereinbart war. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß angenommen, daß keiner der dort verwendeten Begriffe sich zwingend auf das Quellenprogramm oder auf eine über die Sourcen Auskunft gebende Dokumentation bezieht. Vielmehr deuten die angeführten Begriffe „Operatoranweisungen”, „Ablaufdiagramme” und „Systembeschreibungen” nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts auf die – vorliegend erstellte und übergebene – Benutzerdokumentation hin. Lediglich der Begriff des Ablaufdiagramms könnte sich auf eine Herstellerdokumentation beziehen, weil er, wie die Revision zutreffend anführt, auch den Programmablauf und das Befehlsdiagramm – unmittelbare Vorstufen des Quellenprogramms – umfaßt. Das Berufungsgericht hat indessen unter Ablaufdiagrammen – und diese Auslegung ist nicht nur möglich, sondern in dem verwendeten Sinnzusammenhang auch naheliegend – ersichtlich Datenflußpläne verstanden, die über das Programm nur einen groben Überblick geben, andererseits aber den Benutzer darüber informieren, an welchen Stellen das Programm auf externe Dateien zurückgreift (vgl. Wittmer, Der Schutz von Computersoftware, 1981, S. 46). Ein Datenflußplan kann daher, insbesondere wenn das Programm wie im Streitfall für die Kommunikation mit einem Rechenzentrum gedacht ist, typischerweise zu einer Benutzerdokumentation gehören.

Soweit das Berufungsgericht meint, daß mit dem im Vertrag verwendeten Begriff des Programms regelmäßig nur das Maschinenprogramm gemeint sei, bedarf dies jedoch einer Klarstellung. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darin, daß das Maschinen- oder Objektprogramm nichts anderes als eine maschinenlesbare Kodierung (gewissermaßen also eine Übersetzung) des Quellenprogramms ist, das – in einer gängigen Programmiersprache geschrieben – von einem Fachmann ohne weiteres gelesen werden kann. Dementsprechend wird – worauf die Revision zu Recht hinweist – der Begriff des Computerprogramms im allgemeinen Sprachgebrauch gerade auch für Quellenprogramme verwendet. Aus den vom Berufungsgericht angeführten Mustervorschriften der WIPO für den Schutz von Computersoftware (GRUR 1979, 306 f.) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der allgemeine Sprachgebrauch läßt sich allerdings auch nicht zur Stützung der von der Revision vertretenen Auffassung anführen. Denn bei der Vertragsgestaltung im Einzelfall kann der Begriff des Programms sowohl als Oberbegriff als auch in einem engeren, auf das betriebsbereite Maschinenprogramm beschränkten Sinne verwendet werden. So ist beispielsweise in den vom Bundesminister des Innern herausgegebenen Besonderen Vertragsbedingungen für die Überlassung von DV-Programmen (GMBl. 1977, 531 ff.), die sich eindeutig nur auf Maschinenprogramme beziehen, jeweils nur von „Programmen” die Rede (vgl. §§ 1, 3 BVB-Überlassung); die Überlassung weiterer Unterlagen (z.B. der Quellenprogramme) bedarf nach § 16 Nr. 1 BVB-Überlassung der Vereinbarung in der Leistungsbeschreibung. Allerdings betreffen diese Vertragsbedingungen regelmäßig Standardprogramme, bei denen – worüber sich die Parteien einig sind – die Überlassung auch der Quellenprogramme im allgemeinen nicht vereinbart wird, während bei der Erstellung von Individualsoftware, um die es im Streitfall geht, häufig auch die Übergabe der Sourcen sowie die Anfertigung einer umfassenden Herstellerdokumentation zum vertraglichen Leistungsumfang gehört (vgl. Zahrnt, DV-Verträge, 1985, S. 144). Eine derartige Verpflichtung läßt sich jedoch auch in einem solchen Falle nicht allein daraus entnehmen, daß sich der Programmierer zur Erstellung eines „Programms” verpflichtet hat. Vielmehr bedarf es einer Auslegung im Einzelfall. Das Berufungsgericht konnte dabei maßgebend berücksichtigen, daß es der Klägerin, die selbst Softwarehehrstellerin und als solche mit den einschlägigen Begriffen vertraut ist, ohne weiteres möglich gewesen wäre, durch eine unmißverständliche Formulierung sicherzustellen, daß das Quellenprogramm einschließlich der Herstellerdokumentation zu übergeben sei.

Unabhängig von den verwendeten Begriffen hat das Berufungsgericht bei seiner Vertragsauslegung aber auch zutreffend auf den Vertragszweck und den danach vorausgesetzten Gebrauch der Programme abgestellt. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin zur Nutzung der Programme der Übergabe der Sourcen bedarf. Die Parteien sind sich darüber einig, daß das Maschinenprogramm zur bloßen Programmnutzung ausreicht und daß das Quellenprogramm für Änderungen und Fehlerbeseitigungen notwendig ist. Zu Änderungen und Fehlerbeseitigungen ist aber nach den vom Berufungsgericht weiter getroffenen Feststellungen nicht die Klägerin, sondern lediglich die Beklagte berechtigt. Dies konnte das Berufungsgericht bei vorliegendem Sachverhalt rechtsfehlerfrei aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Änderungsbefugnis zugunsten der Klägerin und überdies auch aus Ziffer 6 des Vertrages schließen, wonach die Beklagte es übernommen hat, die von ihr erstellten Programme und deren Fertigstellung zu warten, alle Fehler während der gesamten Laufzeit des Vertrages kostenlos zu beseitigen und eventuell notwendig werdende Erweiterungen vorzunehmen. Diese vertraglichen Verpflichtungen könnte die Beklagte nicht erfüllen, wenn sie – wie die Revision meint – sämtliche das Programm betreffenden Entwicklungsunterlagen an die Klägerin herauszugeben hätte. Selbst wenn die Beklagte die Quellenprogramme einschließlich der Herstellerdokumentation herausgeben und lediglich ein Vervielfältigungsstück zurückbehalten würde, wäre – worauf sie zu Recht hinweist – nicht sichergestellt, daß sie künftig ihrer Wartungs- und Änderungspflicht ohne weiteres nachkommen könnte. Denn mit der Herausgabe der Sourcen könnten nunmehr – von der Beklagten unkontrollierte – Änderungen an ihren Programmen vorgenommen werden, die die Erfüllung ihrer Änderungs- und Wartungspflicht zumindest erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen würde. Auch der von der Revision angeführte Umstand, daß die Klägerin gegenüber ihren an ihr Rechenzentrum angeschlossenen Kunden unter anderem zur Gewährleistung und Anpassung verpflichtet sei, läßt die Übergabe der Sourcen nicht notwendig erscheinen. Denn die Klägerin kann diese Leistungen durch die Beklagte erbringen lassen, die ihr gegenüber hierzu aufgrund des Vertrages vom 11./15. Dezember 1980 verpflichtet ist.

Angesichts dieser, die Auslegung tragenden Erwägungen des Berufungsgerichts kann offenbleiben, ob sich – wie das Berufungsgericht meint und die Revision rügt – weitere Hinweise daraus entnehmen lassen, daß die Beklagte nach Ziffer 5 des Vertrages zur Übergabe des fertigen Programms verpflichtet ist.

2. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß sich eine Verpflichtung zur Anfertigung und Herausgabe des Quellenprogramms sowie einer umfassenden Herstellerdokumentation auch aus den anderen vertraglichen Bestimmungen ergeben kann, die nicht in erster Linie den Leistungsumfang betreffen. Es hat jedoch den Ziffern 7 und 8 des Vertrages, auf die die Klägerin sich ergänzend stützt, eine solche Verpflichtung nicht entnehmen können. Das Berufungsurteil hält auch insoweit den Angriffen der Revision stand.

a) Nach Ziffer 7 des Vertrages werden der Klägerin umfassende ausschließliche Nutzungsrechte an den „Programmen, Teilen von Programmen und allen damit in Zusammenhang stehenden Leistungen” eingeräumt sowie „das gesamte Know-how” übertragen. Das Berufungsgericht hat diesem Passus keine eigenständige Bedeutung für die Bestimmung des Leistungsumfangs beigemessen; vielmehr sei es den Parteien allein darum gegangen, der Klägerin die umfassende Verwertung der (Maschinen-) Programme zu ermöglichen, ohne daß sie insofern noch durch eventuelle Schutzrechte der Beklagten behindert gewesen wäre.

Auch diese tatrichterliche Auslegung greift die Revision ohne Erfolg an. Bei Verträgen, die die Herstellung eines möglicherweise Urheberrechtsschutz genießenden Werkes betreffen, liegt es nahe, dem Besteller die für die vertragsgemäße Verwendung des Werkes erforderlichen Nutzungsrechte einzuräumen. Es ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht einer solchen Vertragsbestimmung im Streitfall keine den Leistungsumfang näher beschreibende Funktion beigemessen hat.

Etwas anderes kann sich entgegen der Revision auch aus dem Zweckübertragungsgedanken des § 31 Abs. 5 UrhG – seine Anwendbarkeit zugunsten der Klägerin unterstellt – nicht ergeben. Die Parteien streiten vorliegend nicht über den Umfang der Nutzungsrechtseinräumung, sondern allein darüber, inwieweit die Beklagte aufgrund des geschlossenen Werkvertrages zur Herstellung und Herausgabe verpflichtet ist; der Einräumung der Nutzungsrechte könnte insofern allenfalls eine Hinweisfunktion beikommen, die das Berufungsgericht jedoch mit zutreffenden Gründen verneint hat.

b) Ohne Erfolg rügt die Revision die Auslegung der Ziffer 8 des Vertrages durch das Berufungsgericht. Mit Hilfe dieser Bestimmung sollte sichergestellt werden, daß die Beklagte über Geschäftsgeheimnisse der Klägerin Stillschweigen bewahrt und daß bei ihr kein entsprechendes Material verbleibt. Dem letzten Absatz dieser Bestimmung kommt eine eigenständige Bedeutung für die Definition des werkvertraglichen Leistungsumfangs – wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat – nicht zu.

III.

Da das Berufungsurteil auch im übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen läßt, war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 749225

NJW 1987, 1259

GRUR 1986, 610

Nachschlagewerk BGH

AfP 1986, 262

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