Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrzeugsitz

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vergütung, die ein Arbeitnehmer für die Überlassung des Rechts zur Benutzung seiner freien Erfindung von seinem Arbeitgeber erhält, ist kein Arbeitseinkommen.

 

Normenkette

Ges. Über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) §§ 4, 18-19, 22

 

Verfahrensgang

OLG Nürnberg

LG Nürnberg-Fürth

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 12. Juli 1983 aufgehoben.

Im Umfang der Entscheidung über die am 22. Juni 1967 abgetretene Forderung einschließlich der zuerkannten Zinsen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im Umfang der Entscheidung über die aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Nürnberg vom 8. November 1971 – 1 M 5620/71 gepfändete und zur Einziehung überwiesene Forderung wird auf die Berufung der Beklagten unter Abänderung des Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28. Oktober 1981 – 3 0 607/81 PatR die Klage abgewiesen.

Die Verhandlung und Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Revision werden dem Berufungsgericht übertragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Bei der Beklagten war vom 1. Oktober 1964 bis 30. Juni 1967 Wilhelm L… (fortan: L.) als technischer Direktor beschäftigt. Er entwickelte ölhydraulisch gefederte Fahrzeugsitze, mit denen sich die Beklagte bis dahin nicht befaßt hatte, die sie aber nunmehr in ihr Fertigungs- und Vertriebsprogramm unter Benutzung der unstreitig freien Erfindungen des L. aufnahm. Sie erwirkte deutsche Gebrauchsmuster und Auslandsschutzrechte. Der Vergütungsanspruch des L. wurde im Dienstvertrag als „Anspruch auf Gewinnbeteiligung” bezeichnet, aber im einzelnen nicht geregelt. In dem durch Urteil des Senats vom 1. Februar 1983 – X ZR 16/82 – abgeschlossenen Verfahren ist festgestellt, daß zwischen L. und der Beklagten ein Lizenzvertrag zustande gekommen ist. In einem Schreiben vom 23. Februar 1967 bestätigte die Beklagte dem L., daß er als Erfindervergütungsvorschuß bereits 19.190,– DM erhalten habe und daß die Größenordnung der Stückhonorierung der Fahrersitze je nach Fabrikat bei 3,– DM bis 5,– DM liege.

Seinen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte trat L. aufgrund des folgenden Vertrages vom 22. Juni 1967 in Höhe von 50.655,– DM an eine Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Firma Ernst W…, ab:

„Herr Willy L…, A…, Seb.-Kneipp-Str. 98, tritt mit heutigem Datum aus einer Erstforderung von der Fa. Willibald G…, A-H…, welche bereits mittels Zahlungsbefehls durch Herrn Rechtsanwalt Dr. D… versucht wird einzubringen, die Hälfte der Gesamtforderung von DM 101.310,– an die Firma Ernst W… zur Beleihung ab.

Die Gesamtforderung des Herrn L… gegenüber der Fa. Willibald G… besteht aus längst fälligen Vergütungsansprüchen lt. beiliegender Bescheinigung vom 23.2.1967. Die Gesamtforderung des Herrn Willy L… gegenüber der Firma Willibald G… besteht wie unterteilt in folgenden Beträgen:

18.000 Stück IHC-Sitze

a DM 5,–

DM 90.000,–

3.500 Deutz- u. Lanz Serie

a DM 4,–

DM 14.000,–

1.500 „-Nachholbedarfssitze

a DM 4,–

DM 6.000,–

3.500 Claas-Sitze,

a DM 3,–

DM 10.500,–

DM 120.500,–

Lt. beiliegender Bescheinigung gehen von dieser

Forderung für bereits erhaltene Vorschüsse

DM 19.190,–

ab, so daß eine wirkliche Forderung von

DM 101.310,–

verbleibt.

Dieser Vertrag berechtigt Herrn Ernst W…, bei Eintreibung der Forderung durch Herrn Rechtsanwalt Dr. D…, das beliehene Geld sich zuzüglich der normalen Bankzinssätze von Herrn Dr. D… auszahlen zu lassen.”

Durch den auf die Klägerin umgeschriebenen, der Beklagten am 12. November 1971 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 8. November 1971 – 1 M 5620/71 –, dem ein von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gegen L. erwirkter Titel über 33.300,– DM zugrunde liegt, ist die angebliche Forderung des L. gegen die Beklagte auf Zahlung des gesamten Arbeitseinkommens gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen worden.

Die Klägerin hat den abgetretenen Betrag von 50.655,– DM, bankübliche Zinsen (8,5%) vom 1. Juli 1967 bis 30. August 1980 in Höhe von 56.691,38 DM sowie einen Teilbetrag von 12.643,62 DM aus dem vorgenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, zusammen die Zahlung von 120.000,– DM geltend gemacht.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 113.113,31 DM nebst Prozeßzinsen verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils.

I.

1. Zur abgetretenen Forderung führt das Berufungsgericht aus, L. habe aufgrund konkludent zustande gekommenen Lizenzvertrages über seine unstreitig freien Erfindungen für die Jahre 1967 bis 1970 gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch in Höhe von 210.582,28 DM gehabt. Hiervon habe er am 22. Juni 1967 an die Rechtsvorgängerin der Klägerin 50.655,– DM wirksam abgetreten. Der Wortlaut der Abtretungserklärung spreche dagegen, daß L. einen spezifizierten zeitlich begrenzten, auf Stückzahlen bezogenen Anspruch abgetreten habe. Vielmehr habe es sich um einen fixen Betrag aus der Forderung auf Erfindervergütung von 210.582,28 DM gehandelt. Die Angabe von Stückzahlen und die daraus errechnete Höhe der Forderung von 120.500,– DM habe nur der Verdeutlichung und Erhärtung eines in dieser Höhe auch feststehenden Vergütungsanspruchs gedient.

2. Die Revision rügt, daß diese Auslegung der Abtretungsvereinbarung unter Verletzung des § 286 ZPO zustande gekommen sei. Nach deren eindeutigen Wortlaut sei nur die mit 101.310,– DM bezifferte Erstforderung abgetreten worden, die durch Rechtsanwalt Dr. D… mittels Zahlungsbefehls bereits geltend gemacht worden sei. Es habe sich nicht um seinerzeit noch unbestimmte künftige Forderungen gehandelt.

3. Das Berufungsurteil hält insoweit den Angriffen der Revision nicht stand. Es verletzt § 133 BGB und § 286 ZPO.

Das Berufungsgericht hat den eindeutigen Inhalt – Wortlaut – der Abtretungsvereinbarung vom 22. Juni 1967 einer Auslegung unterzogen, obwohl bei einem solchen Sachverhalt dafür kein Raum ist (vgl. Palandt, BGB, 42. Aufl., § 133 Anm. 3b m. N.). Nach den Vertragserklärungen wird die abgetretene Forderung als die Hälfte der bereits durch Rechtsanwalt Dr. D… mittels Zahlungsbefehls geltend gemachten Gesamtforderung von 101.310,– DM bezeichnet. Diese wird unter Bezugnahme auf die Bescheinigung der Beklagten vom 23. Februar 1967 dahin beschrieben, daß sie aus „längst fälligen Vergütungsansprüchen” bestehe. Wenn daran anschließend die Gesamtforderung auch noch mit 120.500,– DM berechnet wird und von ihr von der Beklagten an L. bereits gezahlte 19.190,– DM – Bescheinigung der Beklagten vom 23. Februar 1967 – abgezogen werden, so durfte das Berufungsgericht von diesem eindeutigen Vertragswortlaut nur dann abweichen, wenn er keinen eindeutigen Inhalt vermittelte. Dafür hat das Berufungsgericht weder Anhaltspunkte noch besondere Begleitumstände festgestellt, die geeignet wären, die Erklärungen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Seine Begründung, daß gegen die Abtretung eines spezifizierten zeitlich begrenzten, auf Stückzahlen bezogenen Anspruchs der Wortlaut der Abtretungserklärung spreche, steht im Widerspruch zu dem Vertragswortlaut. Die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, daß die Angabe von Stückzahlen und die daraus errechnete Höhe der Gesamtforderung von 120.500,– DM ersichtlich nur der Verdeutlichung und Erläuterung eines „in dieser Höhe auch bestehenden Vergütungsanspruchs” dienten, sind im Hinblick auf das Ergebnis der Auslegung durch das Berufungsgericht widersprüchlich. Ferner beruhen dessen weiteren Überlegungen, daß dem L. die genauen Stückzahlen gar nicht bekannt gewesen seien, nicht auf einer Feststellung, sondern lediglich auf einer aus der Angabe von abgerundeten Stückzahlen abgeleiteten Mutmaßung. Schließlich ist nicht erkennbar, wie das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangt ist, daß „mit der ersten Erlöserzielung am 1. Juli 1967 begonnen” worden sei, zumal sich aus der Bestätigung der Beklagten vom 23. Februar 1967 ergibt, daß sie bereits zu diesem Zeitpunkt ölhydraulisch gedämpfte Sitzträger, die L. entwickelt hatte, vertrieben und an diesen bereits Zahlungen für diese Neuerungen geleistet hatte.

Da die Sache insoweit noch nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird zunächst vom Wortlaut der Vereinbarung auszugehen haben. Dessen Eindeutigkeit wird nur dann in Frage gestellt und die Erklärung der Auslegung unterzogen werden können, wenn rechtlich einwandfrei festzustellende Begleitumstände objektiv die Auslegungsfähigkeit ergeben. Sofern eine Auslegung in Betracht kommen sollte, könnte es eine Rolle spielen, was es mit der von Rechtsanwalt Dr. D… mittels am 28. Juni 1967 erlassenen Zahlungsbefehls geltend gemachten Forderung auf sich hatte und – im Hinblick auf den Inhalt der Bestätigung der Beklagten vom 23. Februar 1967 – von welchem Zeitpunkt ab wirklich Vergütungsansprüche für die Benutzung der Erfindungen fällig waren. Es wird aber auch – im Falle einer Auslegung – der Wortlaut der Vereinbarung zu berücksichtigen sein. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, daß ein Teil des nur bis zum Tag der Abtretung entstandenen Erfindervergütungsanspruchs abgetreten ist, so wird es weiter festzustellen haben, ob und in welcher Höhe ein solcher Anspruch noch bestanden hat und wirksam abgetreten werden konnte.

4. Der Zurückverweisung fällt ohne weiteres auch die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Verzugszinsen an.

Sollte es die Beklagte erneut wegen der abgetretenen Forderung verurteilen, so wird es zum Zinsanspruch nach näherer Bestimmung der Hauptforderung zunächst festzustellen haben, ob die Voraussetzungen des Verzuges und von welchem Zeitpunkt ab gegeben waren. Es geht nicht an, die abgetretene Hauptforderung ohne Konkretisierung auf die Vergütungsansprüche für die Jahre 1967 bis 1970 zu verteilen, als Verzugszeitpunkt aber für die gesamte geltend gemachte Forderung einheitlich den 8. Juli 1967 zugrunde zu legen. Ferner wird das Berufungsgericht im Hinblick auf die Verjährungseinrede seine Ansicht, daß Verzugszinsen nicht der Verjährung nach § 197 BGB unterlägen, unter Berücksichtigung der in der Literatur vertretenen Meinung (vgl. Palandt a.a.O. § 197 Anm. 2a i.V.m. § 246 Anm. 3a) zu überprüfen haben.

II.

1. Zu der gepfändeten Teilforderung in Höhe von 12.643,62 DM vertritt das Berufungsgericht die Auffassung, daß was der Beklagten nicht zweifelhaft gewesen sei – der gepfändete Anspruch „überhaupt nur die Arbeitnehmererfindervergütung habe betreffen können, weil L. bereits am 30. Juni 1967 bei der Beklagten ausgeschieden sei. Der gepfändete Anspruch erscheine hinreichend spezifiziert. Auf die Frage, ob eine Arbeitnehmererfindervergütung grundsätzlich dem Arbeitseinkommen hinzuzurechnen sei, komme es daher nicht an. Gleichwohl neige der Senat dazu, daß sich die Pfändung des gesamten Arbeitseinkommens auf die Erfindervergütung erstrecke. Dieser Anspruch wurzele im Arbeitsverhältnis.

2. Diese Begründung hält der Nachprüfung nicht stand. Sie verletzt, wie von der Revision gerügt wird, die §§ 286, 829, 850 ZPO sowie das materielle Recht. a) Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGHZ 13, 42 ff. m. N. aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 42. Aufl. § 829 Anm. 2 Ca m. w. N.) muß der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß aus Gründen der Rechts- und Verkehrssicherheit die zu pfändende Forderung so bestimmt bezeichnen, daß bei verständiger Auslegung des Beschlusses unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll. Der Bestimmtheit bedarf es nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, sondern ebenso für andere Personen, insbesondere für weitere Gläubiger, die möglicherweise pfänden wollen. Für diese muß aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß selbst erkennbar sein, welche Forderung gepfändet worden ist, ohne daß sie auf die Möglichkeit verwiesen werden können, notwendige Angaben aus anderen Unterlagen oder Umständen außerhalb des Pfändungsbeschlusses zu ergänzen. Der anderen Gläubiger wegen ist es auch unerheblich, ob die unmittelbar Beteiligten etwa wissen, daß der Schuldner nur eine einzige Forderung gegen den Drittschuldner hat, und ob sie darüber einig sind, daß gerade diese Forderung gemeint sei.

Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht in mehrfacher Hinsicht verstoßen. Es hat für die nach § 133 BGB an sich grundsätzlich zulässige Auslegung auch eines Pfändungsbeschlusses (als Prozeßhandlung) die Tatsache des Ausscheidens des L. aus den Diensten der Beklagten am 30. Juni 1967 herangezogen und aufgrund dieser Tatsache die gepfändete Forderung bestimmt. Das war fehlerhaft, denn diese Tatsache ergibt sich nicht aus dem Pfändungsbeschluß und durfte daher nicht verwertet werden. Durch sie wird eine unzulässige Ergänzung des Beschlusses vorgenommen. Ferner hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, es habe für die Beklagte nicht zweifelhaft sein können, daß der gepfändete Anspruch „überhaupt nur die Arbeitnehmererfindervergütung” betreffe. Dieses der Beklagten als Drittschuldnerin unterstellte Wissen war für die Bestimmung der Forderung unerheblich.

Nach dem Wortlaut der Bestimmung im Pfändungsbeschluß ist der Anspruch des L. gegen die Beklagte auf Arbeitseinkommen gepfändet. Die Entscheidung insoweit hängt daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts allein von der Beantwortung der Frage ab, ob der Anspruch des L. auf Vergütung für Überlassung des Rechts zur Benutzung seiner freien Erfindungen durch die Beklagte Teil seines Arbeitseinkommens war, da anderenfalls eine Verstrickung des Anspruchs auf Erfindervergütung nicht eingetreten wäre.

b) Die insoweit angestellten Hilfserwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Sie sind mit den Grundsätzen des Arbeitnehmererfinderrechts, soweit diese die freie Erfindung betreffen, nicht vereinbar.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelte es sich unstreitig um freie Erfindungen des L., die außerhalb seines betrieblichen Arbeitsgebietes lagen, und um einen Vergütungsanspruch aus einem – konkludent geschlossenen – Lizenzvertrag. Nimmt man die weitere Feststellung hinzu, daß bis zum Eintritt des L. bei der Beklagten ein Fahrersitz weder in deren Planung noch in deren Fertigung war, so wird deutlich, daß die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts, der Anspruch des L. „wurzelte letztlich im Arbeitsverhältnis”, dazu im Widerspruch steht.

Das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen bezeichnet als freie Erfindungen die Erfindungen, die von einem Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemacht werden und die weder aus dem Aufgabenbereich des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers entstanden sind (Obliegenheitserfindungen) noch maßgeblich auf betrieblichen Erfahrungen oder Arbeiten beruhen (vgl. § 4 Abs. 3 ArbEG). Daraus folgt, daß die freien Erfindungen sich überhaupt nicht als ein betriebliches Arbeitsergebnis darstellen, sondern den außerbetrieblichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzurechnen sind, was das Berufungsgericht hier mit seiner Feststellung bestätigt hat, die Neuerungen hätten außerhalb des betrieblichen Arbeitsgebietes der Beklagten gelegen.

Während die Diensterfindung wegen ihrer Beziehung zum Betrieb bestimmten rechtlichen Bindungen unterworfen ist und ihre Inanspruchnahme unmittelbar Vergütungsansprüche begründet, deren Höhe von dem dem Arbeitgeber einerseits und dem Arbeitnehmer andererseits zuzurechnenden Anteil an der Erfindung abhängt, legt das Gesetz dem Arbeitnehmer als freiem Erfinder lediglich einzelne Verpflichtungen auf, die aus dem Bestehen des Arbeitsverhältnisses als solchem und der sich daraus ergebenden Treuepflicht sowie dem Schutzcharakter der §§ 18, 19, 22, 23 ArbEG abzuleiten sind (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes über Erfindungen von Arbeitnehmern und Beamten vom 19. August 1955, Bundestagsdrucksache 1648/2, zu § 17 – jetzt § 18; Reimer/Schade/Schippel, Das Recht der Arbeitnehmererfindung 5. Aufl. § 19 Rdnr. 2). Inhaltlich sind diese Verpflichtungen des Arbeitnehmers dahin begrenzt, daß er dem Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen von der Erfindung Mitteilung zu machen und ihm vor einer anderweiten Verwertung mindestens ein nicht ausschließliches Recht zur Benutzung der Erfindung zu angemessenen Bedingungen anzubieten hat. Das Gesetz verpflichtet den Arbeitnehmer mithin zur Abgabe eines Vertragsangebots, das vom Arbeitgeber angenommen oder abgelehnt werden kann (§ 19 Abs. 1 ArbEG). Durch die Annahme des Angebots kommt es zum Abschluß eines Lizenzvertrages, der selbständig neben dem Arbeitsverhältnis steht und sich inhaltlich von einem Lizenzvertrag, wie er mit einem außerhalb des Betriebs stehenden Vertragspartner zustande kommen kann, nicht zu unterscheiden braucht (vgl. auch die Begründung zum Regierungsentwurf a.a.O.). Die beiderseitigen Rechte und Pflichten in bezug auf die freie Erfindung bestimmen sich ausschließlich nach dem Inhalt des Lizenzvertrages. Der Umstand, daß das Bestehen des Arbeitsverhältnisses der Anlaß für das Zustandekommen des Lizenzvertrages war, rechtfertigt es nicht, die Ansprüche des Arbeitnehmers wegen Benutzung der freien Erfindung durch den Arbeitgeber, die ihre Grundlage in dem Lizenzvertrag finden und nicht vom Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses abhängen, diesem zuzurechnen. Das aufgrund des Lizenzvertrages geschuldete Entgelt ist daher auch nicht Arbeitseinkommen. Soweit diese Frage in der Literatur und in der Rechtsprechung angesprochen wird, zielen die dazu gemachten Ausführungen in die gleiche Richtung (Reimer/Schade/Schippel a.a.O. Anhang zu § 27 Rdnr. 6; LG Essen MDR 1958, 433; vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O. § 850 Anm. 2 C).

Dem von der Klägerin vertretenen Standpunkt, daß im vorliegenden Falle aus der Regelung in § 19 des Arbeitsvertrages zwischen L. und der Beklagten die Zuordnung der Erfindervergütung zum Arbeitseinkommen folge, kann nicht beigetreten werden. Es sind damit lediglich zwei voneinander unabhängige Rechtsverhältnisse in einer Vertragsurkunde begründet worden. Die Erfindervergütung ist im übrigen in der genannten Vertragsbestimmung nicht abschließend geregelt worden, sondern nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in einem konkludent geschlossenen Lizenzvertrag, der sich aus der vorgenannten Vertragsurkunde nicht ergibt.

Der der Klage zugrunde liegende Pfändungsbeschluß hat mithin eine Verstrickung des Anspruchs des L. aus dem Lizenzvertrag nicht bewirkt, so daß die Klage insoweit unbegründet ist. Daraus erhellt aber auch, daß ein Fall des § 850 ZPO nicht vorliegt.

Ob der Anspruch auf Vergütung für die Inanspruchnahme einer Diensterfindung, den der Senat für die Bemessung der Verjährungsfrist als Anspruch eigener Art und nicht als Lohn, Gehalt oder Dienstbezug im Sinne des § 196 Abs. 1 Nr. 1, 7, 8, 9 BGB gewertet hat (BGH GRUR 1977, 784, 786 – Blitzlichtgerät; 1979, 800, 802 ff. – Mehrzweckfrachter; 1981, 263, 265 – Drehschiebeschalter), als Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO zu qualifizieren ist, braucht bei der gegebenen Fallgestaltung hier nicht entschieden zu werden.

Da die Aufhebung des Berufungsurteils insoweit nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat das Revisionsgericht nach § 565 Abs. 3 Ziff. 1 ZPO selbst zu entscheiden. Nach Aufhebung des Berufungsurteils ist auf die insoweit erfolgreiche Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts insoweit abzuändern und die Klage in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Revision ist nach diesem Ergebnis der Revisionsentscheidung dem Berufungsgericht zu übertragen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 604855

BGHZ, 82

NJW 1985, 1031

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