Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahnarztvertrag ist Dienstvertrag über Dienste höherer Art. Behandlungsfehler ist vertragswidriges Verhalten

 

Leitsatz (amtlich)

a) Bei einem (zahn-)ärztlichen Behandlungsvertrag setzt der Verlust des Vergütungsanspruchs wegen vertragswidrigen Verhaltens nach § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB nicht voraus, dass das vertragswidrige Verhalten als schwerwiegend oder als wichtiger Grund i.S.d. § 626 BGB anzusehen ist.

b) Ein geringfügiges vertragswidriges Verhalten lässt die Pflicht, die bis zur Kündigung erbrachten Dienste zu vergüten, unberührt.

c) Ein (zahn-)ärztlicher Behandlungsfehler kann vertragswidriges Verhalten i.S.d. § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB sein.

 

Normenkette

BGB § 628 Abs. 1 S. 2 Fall 2

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.04.2010; Aktenzeichen 22 U 153/08)

LG Darmstadt (Entscheidung vom 01.04.2008; Aktenzeichen 8 O 164/05)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des OLG Frankfurt vom 22.4.2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Klägerin verlangt von dem beklagten Zahnarzt Rückzahlung von Honorar für eine zahnprothetische Behandlung.

Rz. 2

Die damals 75 Jahre alte, privat versicherte Klägerin ließ sich zwischen Dezember 2003 und Juni 2004 bei dem Beklagten für den Oberkiefer und drei Zähne im Unterkiefer vollkeramische Brücken und Kronen gegen ein Pauschalhonorar i.H.v. 12.000 EUR erstellen. Hierbei war auch eine Korrektur der Bisshöhe vorgesehen. Am 4.6.2004 wurden die definitiven Kronen und Brücken provisorisch eingesetzt. Am 21.6.2004 fand noch ein Gespräch zwischen den Parteien statt, in dem die Klägerin Unzufriedenheit äußerte, die sie in einem Schreiben vom 29.6.2004 wiederholte und mitteilte, dass sie sich für eine anderweitige Neuherstellung entschieden habe. Gleichzeitig zahlte sie den noch offenen Restbetrag auf das vereinbarte Honorar. Die Brücken und Kronen ließ sie durch einen anderen Zahnarzt neu erstellen, wofür sie einen Eigenanteil i.H.v. 8.420,64 EUR aufwendete.

Rz. 3

Die Vorinstanzen haben die auf Rückerstattung der gezahlten 12.000 EUR, hilfsweise auf Ersatz des Eigenanteils für die Neuherstellung des Zahnersatzes gerichtete Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Rz. 4

Das Berufungsgericht (OLG Frankfurt, Urt. v. 22.4.2010 - 22 U 153/08, veröffentlicht in juris) hat offen gelassen, ob Behandlungsfehler vorlagen. Denn die Klägerin könne auch in diesem Fall unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt das vereinbarte Honorar zurückverlangen oder Ersatz des an den nachbehandelnden Zahnarzt gezahlten Eigenanteils beanspruchen. Bereicherungsansprüche stünden der Klägerin nicht zu, weil sie das Honorar zur Erfüllung ihrer Pflichten aus dem zahnärztlichen Dienstvertrag gezahlt habe, der als Rechtsgrund für die Leistung auch dann fortbestehe, wenn die Behandlung fehlerhaft gewesen sei. Da der Arzt nicht für den Erfolg seiner Bemühungen einstehen wolle, fehle auch eine Zweckabrede, wie sie der Bereicherungsanspruch wegen Nichteintritts eines bezweckten Erfolges voraussetze. Eine fehlerhafte Behandlung lasse den Honoraranspruch auch nicht im Wege der unzulässigen Rechtsausübung entfallen. Ob besonders grobe, vorsätzliche und strafbare Pflichtverletzungen zu einer Verwirkung des Honoraranspruchs führen könnten, sei im Einzelfall zu beurteilen. Solche Umstände lägen jedoch nicht vor. Eine Rückgewähr habe auch nicht nach Rücktrittsrecht gem. §§ 628 Abs. 1 Satz 3, 346 BGB zu erfolgen. Zum einen seien diese Bestimmungen auf die teilweise Nichterfüllung der Dienstverpflichtung zugeschnitten, nicht aber auf ihre Schlechterfüllung. Zum anderen sei eine Streichung oder Kürzung des zahnärztlichen Honorars nicht als sachgerechte Reaktion auf den Nichteintritt des Erfolges einer zahnprothetischen Maßnahme anzusehen. Jedenfalls aber habe die Klägerin nicht während laufender Behandlung gekündigt, sondern die Behandlung als abgeschlossen angesehen. Und selbst wenn man von einer Kündigung ausgehe, sei sie nicht durch ein vertragswidriges Verhalten des Beklagten veranlasst, weil es hierfür eines schwerwiegenden schuldhaften Vertragsverstoßes i.S.d. § 626 BGB bedurft habe, der nicht vorliege. Die Klägerin könne das Honorar auch nicht im Wege des Schadensersatzes zurückverlangen. Das gezahlte Honorar stelle keinen im Rahmen der §§ 280 ff. BGB zu erstattenden Schaden dar, da es auch ohne den Behandlungsfehler habe gezahlt werden müssen. Es könne auch nicht als frustrierte Aufwendung angesehen werden, weil es kein freiwilliges Vermögensopfer sei, sondern der Erfüllung einer Vertragsschuld gedient habe. Ebenso wenig könne die Klägerin den Eigenanteil für die Nachbehandlung als Schadensersatz statt der Leistung ersetzt verlangen, weil sie die hierfür erforderliche Nachfrist nicht gesetzt habe, obwohl die Mängel behebbar und ihr die Fortsetzung der Behandlung zumutbar gewesen sei. Aus diesem Grund könne sie einen Erstattungsanspruch auch nicht darauf stützen, dass der Beklagte seinerseits Mängelbeseitigungskosten erspart habe (§§ 346, 326 Abs. 4, Abs. 2 Satz 2 BGB).

II.

Rz. 5

Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Rz. 6

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung von Honorar aus § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB aus Rechtsgründen nicht verneint werden.

Rz. 7

a) Im Ausgangspunkt geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass der Vertrag über die Sanierung des Gebisses der Klägerin insgesamt als Dienstvertrag über Dienste höherer Art anzusehen ist. Der Zahnarzt verspricht nämlich regelmäßig nur eine den allgemeinen Grundsätzen der zahnärztlichen Wissenschaft entsprechende Behandlung, nicht aber ihr - immer auch von der körperlichen und seelischen Verfassung des Patienten abhängiges - Gelingen (BGH, Urt. v. 9.12.1974 - VII ZR 182/73, BGHZ 63, 305; Rechtsprechungsübersichten: Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 3. Aufl., Rz. 404 ff.; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 6. Aufl., A Rz. 4). Zwar ist im Rahmen dieses Vertrages auch eine technische Anfertigung des Zahnersatzes geschuldet, für die der Beklagte wegen ihres werkvertraglichen Charakters nach werkvertraglichen Gewährleistungsvorschriften einzustehen hat (vgl. BGH, Urt. v. 9.12.1974 - VII ZR 182/73, a.a.O.). Da die Klägerin jedoch die Bisshöhe, eine fehlende Okklusion und die Größe der neu gestalteten Zähne und damit Defizite in der spezifisch zahnärztlichen Planung und Gestaltung der neuen Versorgung rügt, ist jener Bereich nicht betroffen.

Rz. 8

b) Diesen Dienstvertrag über Dienste höherer Art konnte die Klägerin gem. § 627 BGB jederzeit auch ohne Gründe kündigen und hat dies mit Schreiben vom 29.6.2004 getan. Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis i.S.d. § 622 BGB ist, ist nach § 627 Abs. 1 BGB die Kündigung auch ohne die in § 626 BGB bezeichnete Voraussetzung eines wichtigen Grundes zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen. Dies ist bei einem Arzt regelmäßig der Fall.

Rz. 9

Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, der Vertrag sei bereits beendet und daher nicht mehr kündbar gewesen. Diese Beurteilung steht - wie die Revision mit Recht geltend macht - in Widerspruch zu den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts. Im angefochtenen Urteil ist durch Verweis auf die Ausführungen des LG und die Sachverhaltsdarstellung im Sachverständigengutachten festgestellt, dass die definitiven Kronen und Brücken nur provisorisch eingesetzt waren. Unter diesen Umständen konnte die Mitteilung der Klägerin im Schreiben vom 29.6.2004, sie wolle das restliche Honorar überweisen und die Neufertigung anderweitig durchführen lassen, nur als Kündigung des Dienstverhältnis mit dem Beklagten angesehen werden. Da diesbezüglich weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann das Revisionsgericht die entsprechende Willenserklärung insoweit selbst auslegen (BGH, Urt. v. 5.10.2010 - VI ZR 159/09, WM 2010, 2163 Rz. 21; MünchKomm/ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 546 Rz. 10).

Rz. 10

c) Gemäß § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB hat der Dienstverpflichtete eine im Voraus für einen späteren, nach der Kündigung liegenden Zeitpunkt entrichtete Vergütung zurückzuerstatten. Die Bestimmung geht von ihrem Wortlaut her davon aus, dass die Vorausvergütung für nicht mehr erbrachte Dienstleistungen im Zeitpunkt der Kündigung bereits entrichtet ist und nicht erst danach entrichtet wird. Im Streitfall ist nicht festgestellt, dass die angekündigte Zahlung des Resthonorars vor Zugang des Kündigungsschreibens erfolgt ist. Der Punkt kann jedoch offen bleiben. Denn die Bestimmung des § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB soll eine Rückabwicklung von Leistungen des Dienstberechtigten, denen keine Dienstleistungen des Dienstverpflichteten gegenüber stehen, gewährleisten, die der dienstvertraglichen Sonderbeziehung zwischen den Parteien angemessen ist. Sie ist deshalb jedenfalls dann entsprechend anzuwenden, wenn es - wie im Streitfall - bei der fraglichen Vergütung um ein kaum sachgerecht aufteilbares Pauschalhonorar für eine zahnärztliche Behandlung geht und anteilige Leistungen wie die endgültige Eingliederung des Zahnersatzes infolge der Kündigung nicht mehr erbracht werden.

Rz. 11

d) § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB enthält nicht nur eine angemessene Bestimmung für überzahlte Gegenleistungen für nicht mehr erbrachte, sondern auch für erbrachte Dienste, die jedoch gem. § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht entlohnt werden müssen. Trägt der Dienstverpflichtete für die vorzeitige Beendigung des Vertrages die Verantwortung, ist es nicht gerechtfertigt, ihn in den Genuss etwa der Entreicherungseinrede kommen zu lassen. Die Vorschrift ist daher auch auf diese, den Vorleistungen vergleichbaren Leistungen entsprechend anzuwenden (vgl. RGRK/Corts, BGB, 12. Aufl., § 628 Rz. 16; Henssler/Deckenbrock, NJW 2005, 1 [5]; vertraglicher Anspruch: Kramer, MDR 1998, 324 [331]; vgl. auch § 326 Abs. 4, § 441 Abs. 4, § 638 Abs. 4 BGB; a.A. im Sinne eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs: Erman/Belling, BGB § 628 Rz. 13; OLG Oldenburg NJW-RR 1996, 1267).

Rz. 12

e) Nach § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB steht dem Dienstverpflichteten, wenn er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Dienstberechtigten veranlasst hat, kein Vergütungsanspruch zu, soweit seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Dienstberechtigten kein Interesse mehr haben. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trifft den Dienstberechtigten, weil er sich gegenüber der grundsätzlichen Vergütungspflicht des § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB auf eine Ausnahme beruft (BGH, Urt. v. 17.10.1996 - IX ZR 37/96, NJW 1997, 188 [189]).

Rz. 13

(1) Ein vertragswidriges Verhalten im Sinne dieser Vorschrift setzt, obwohl nach dem Wortlaut ein objektiv vertragswidriges Verhalten genügen würde, schuldhaftes Verhalten i.S.d. §§ 276, 278 BGB voraus (Protokolle II S. 306; BGH, Urt. v. 8.10.1981 - III ZR 190/79, NJW 1982, 437 [438]; v. 30.3.1995 - IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954 [1955 m.w.N.]; Bamberger/Roth/Fuchs, BGB, 2. Aufl., § 628 Rz. 6; Henssler in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 628 Rz. 16; Prütting/Wegen/Weinreich/Lingemann, BGB, 3. Aufl., § 628 Rz. 3; Staudinger/Preis (2002) § 628 Rz. 25; RGRK/Corts, BGB, 12. Aufl., § 628 Rz. 11; Larenz, Schuldrecht II, 12. Aufl., § 52 III e; Schellenberg, VersR 2007, 1343 [1346]).

Rz. 14

(a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es nicht erforderlich, dass das vertragswidrige Verhalten als schwerwiegend (so aber: Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., § 628 Rz. 4) oder als wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB anzusehen ist (so aber: OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 137; Weth in: jurisPK-BGB, 4. Aufl. 2008, § 628 Rz. 15; Canaris, FS für Karsten Schmidt zum 70. Geburtstag, S. 177, 182; Henssler/Deckenbrock, NJW 2005, 1 [2]; Henssler in MünchKomm/BGB, a.a.O., Rz. 17; Schellenberg, VersR 2007, 1343 [1346]; a.A. Erman/Belling, BGB, 12. Aufl., § 628 Rz. 9; Staudinger/Preis, a.a.O.). Eine solche Beschränkung auf vertragswidriges Verhalten, das dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unzumutbar macht, ist für Kündigungen eines ärztlichen Behandlungsvertrages, der im Regelfall durch ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt wird, nicht gerechtfertigt. Entsprechende Einschränkungen ergeben sich weder aus dem Wortlaut des § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB noch aus seiner Entstehungsgeschichte (vgl. Protokolle II S. 301 ff.).

Rz. 15

(b) Dies bedeutet allerdings nicht, dass jeder geringfügige Vertragsverstoß des Dienstverpflichteten den Entgeltanspruch entfallen lässt. Das Recht zur fristlosen Kündigung eines Dienstvertrages ersetzt ein Rücktrittsrecht (BGH, Urt. v. 19.2.2002 - X ZR 166/99, NJW 2002, 1870; Canaris, FS Karsten Schmidt (70. Geburtstag S. 177, 181; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., Vorb. v. § 620 Rz. 8), das im Falle einer Schlechtleistung bei einer unerheblichen Pflichtverletzung ausgeschlossen ist (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Für die Vergütung gekündigter Dienste höherer Art (§§ 627, 628 BGB) ist eine entsprechende Einschränkung vorzunehmen. Sie ergibt sich aus dem § 242 BGB zu entnehmenden Übermaßverbot, wonach bestimmte schwerwiegende Rechtsfolgen bei geringfügigen Vertragsverletzungen nicht eintreten (BGH, Urt. v. 8.7.1983 - V ZR 53/82, BGHZ 88, 91 [95]; v. 3.10.1984 - VIII ZR 118/83, MDR 1985, 926 = NJW 1985, 1894 [1895]; v. 15.2.1985 - V ZR 131/83, WM 1985, 876 [877]; Jauernig/Mansel, BGB, 13. Aufl., § 242 Rz. 40; Roth in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 242 Rz. 376 ff., 380 ff.).

Rz. 16

(c) Nach diesen Grundsätzen rügt die Revision mit Recht, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Beklagte durch ein schuldhaftes und nicht nur geringfügiges vertragswidriges Verhalten die Kündigung der Klägerin veranlasst hat. Abzustellen ist dabei auf das Verhalten, auf das die Kündigung gestützt wurde (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.1995 - IX ZR 182/94, NJW 1995, 1288, 1289 Rz. 12; Erman/Belling, a.a.O., § 628 Rz. 9; Prütting/Wegen/Weinreich/Lingemann, a.a.O., § 628 Rz. 3; Staudinger/Preis, a.a.O., § 628 Rz. 25). Im Streitfall hat die Klägerin ihre Kündigung auf vermeintliche Behandlungsfehler des Beklagten gestützt.

Rz. 17

Das Berufungsgericht hat insoweit offen gelassen, ob ein schuldhafter Behandlungsfehler vorlag. Deshalb ist revisionsrechtlich das entsprechende Vorbringen der Klägerin zu unterstellen. Danach soll der Beklagte Zähne der Klägerin über das nach dem zahnärztlichen Standard angemessene Maß hinaus beschliffen haben. Ferner hat die Klägerin die Form der Frontzähne beanstandet. Die Frontzahnstümpfe seien palatinal nicht ausreichend beschliffen worden mit der Folge, dass deren Schaufelform nicht genügend in der Präparation nachgezogen gewesen sei. Auch insoweit kommt ein Behandlungsfehler in Betracht.

Rz. 18

(2) Das Interesse der Klägerin an der Leistung des Beklagten ist allerdings nur weggefallen, soweit die Klägerin die Arbeiten des Beklagten nicht mehr wirtschaftlich verwerten konnte, sie also für sie nutzlos geworden waren (BGH, Urt. v. 7.6.1984 - III ZR 37/83, NJW 1985, 41; BGH, Urt. v. 17.10.1996 - IX ZR 37/96, NJW 1997, 188 [189]). Es genügt demnach zum einen nicht, dass die Leistung objektiv wertlos ist, wenn der Dienstberechtigte sie gleichwohl nutzt (OLG Naumburg NJW-RR 2008, 1056 [1057]), zum anderen aber auch nicht, dass der Dienstberechtigte sie nicht nutzt, obwohl er sie wirtschaftlich verwerten könnte. Das Berufungsgericht wird daher Feststellungen zu treffen haben, ob und ggf. inwieweit die Leistungen des Beklagten ohne Interesse für die Klägerin waren bzw. ein Nachbehandler auf Leistungen des Klägers hätte aufbauen oder durch eine Nachbesserung des gefertigten Zahnersatzes Arbeit gegenüber einer Neuherstellung hätte ersparen können.

Rz. 19

2. Soweit das Berufungsgericht danach ggf. den von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf Ersatz von Nachbehandlungskosten zu prüfen hat, wird es Gelegenheit haben, das entsprechende Vorbringen der Revision zu berücksichtigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2688861

NJW 2011, 1674

EBE/BGH 2011

ArztR 2011, 277

MDR 2011, 724

MedR 2012, 38

NJ 2011, 421

VersR 2011, 883

GesR 2011, 414

ZGS 2011, 295

ZWD 2011, 2

AMK 2011, 16

GuP 2011, 151

ZMGR 2011, 232

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