Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 06.12.1995)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 1995 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger war seit dem 1. Juni 1990 als Geschäftsführer der am 30. Mai desselben Jahres gegründeten Beklagten tätig. Diese befaßte sich bis zum Beginn ihrer Liquidation im Mai 1993 mit dem – indirekten – Handel und Vertrieb von Personal-Computern, deren Peripherie, elektronischen Bauteilen, Betriebssystemen und Software, die ihre Muttergesellschaft und zugleich alleinige Gesellschafterin, die L. C. E. b.v. mit Sitz in Holland, überwiegend in Südostasien herstellte oder einkaufte. Der vom Kläger noch mit der Muttergesellschaft zunächst auf fünf Jahre abgeschlossene Dienstvertrag, in den die Beklagte vereinbarungsgemäß mit ihrer Gründung eintrat, sollte unter folgenden Bedingungen vorzeitig kündbar sein:

  1. „Grobe Fahrlässigkeit oder strafbare Handlung: fristlose Kündigung;
  2. Nichteinhaltung von mindestens 80 % des Verkaufsziels: zweimonatige Kündigungsfrist;
  3. wenn der Deckungspunkt nach Beendigung des ersten Geschäftsjahres nach Gründung der Firma L. C. D. GmbH nicht erreicht und die Rentabilität der Firma im jeweiligen Folgejahr nicht gewährleistet wird: zweimonatige Kündigungsfrist;
  4. schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten zum Thema Geschäftsführung: sechsmonatige Kündigungsfrist;
  5. im Falle, daß Laser C. E. b.v. den Geschäftsführer von L. C. D. GmbH austauschen möchte, weil sie der Ansicht ist, einen besseren gefunden zu haben: die Firma L. bezahlt die Differenz des vertraglich vereinbarten Honorars für das laufende Jahr zuzüglich 50 % der Provision des für das laufende Jahr festgelegten Verkaufsziels;

    …”

Außerdem enthielt der Vertrag unter Nr. 8 für den Kläger ein Wettbewerbsverbot, jedoch mit der Maßgabe, daß dieser berechtigt war, „für die Dauer von sechs Monaten nach Beginn dieses Vertragsverhältnisses seine Geschäftstätigkeit für die Firmen C. und C. M. in seiner Funktion als Geschäftsführer dieser beiden Firmen fortzuführen”.

Nachdem weder die entsprechenden Umsatzziele noch ein ausgeglichenes Geschäftsergebnis erreicht wurden und die Beklagte anonyme Hinweise auf angebliche Wettbewerbsverstöße des Klägers erhalten hatte, berief sie ihn – ohne Angabe von Gründen – mit Schreiben vom 12. März 1992 als Geschäftsführer ab und kündigte zugleich den Anstellungsvertrag fristlos, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin; am 15. Januar 1993 wiederholte sie vorsorglich die Kündigung zum 31. März 1993. Bereits am 1. Mai 1992 stellte sie einen neuen Geschäftsführer ein.

Der Kläger hat die Berechtigung der Kündigung bestritten und in verschiedenen Prozessen abschnittsweise Fortzahlung seines Geschäftsführergrundgehalts von monatlich 11.500,– DM nebst Urlaubsgeld für die Zeit von März 1992 bis Dezember 1993 geltend gemacht. Die entsprechenden Gehälter für März und April 1992 hat die Beklagte zwischenzeitlich aufgrund eines Anerkenntnisurteils vom 18. Mai 1992 (37 O 65/92 LG Düsseldorf) bezahlt.

Der vorliegende Rechtsstreit betrifft die Vergütungen für März bis Mai 1993. Die Vorinstanzen haben der Zahlungsklage stattgegeben. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel bleibt erfolglos.

I. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes gemäß Nr. 1 a des Vertrages in Verbindung mit § 626 Abs. 1 BGB im Zusammenhang mit den von der Beklagten behaupteten Verstößen des Klägers gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot oder seine sonstige Treuepflicht ebenso verneint wie die Voraussetzungen des – hilfsweise geltend gemachten – befristeten Kündigungsrechts nach Nr. 1 b und c des Vertrages. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.

1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Firma C. bereits vor Ablauf der in Nr. 8 Satz 3 des Anstellungsvertrages statuierten Karenzfrist keine werbende Tätigkeit mehr entfaltet. Damit sei dem „Hauptzweck” dieser speziellen Wettbewerbsklausel bezüglich der früheren, potentiell konkurrenzträchtigen Tätigkeit des Klägers entsprochen worden. Diese Auslegung läßt keine Rechtsfehler erkennen. Sie ist vertretbar und damit für das Revisionsgericht verbindlich. Abgesehen davon, daß schon der Wortlaut der individuellen Klausel für sie spricht, hat auch der Zeuge G. als damaliger autorisierter Vertreter des Vorstandsvorsitzenden der Muttergesellschaft diesen Sinngehalt der Klausel bestätigt. Folgerichtig nimmt das Oberlandesgericht an, daß der vom Kläger aufrechterhaltenen formalen Stellung als Geschäftsführer der Firma C. M. allenfalls untergeordnete Bedeutung zugekommen sei. Das gegenteilige Vorbringen der Revision, der Kläger habe bewußt und fortwährend gegen ein generelles Verbot jeglicher Abwicklungstätigkeit verstoßen, findet in den tatrichterlichen Feststellungen keine Stütze. Der Zeuge G. war als autorisierter Vertreter der Muttergesellschaft vom Kläger über den Stand der Abwicklung der Firma C. M. genauestens informiert und nahm dessen Bemühungen um deren Verkauf billigend hin. Damit war jedenfalls – worauf das Berufungsgericht zutreffend abgehoben hat – für die Beklagte die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht unzumutbar.

2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch einem anonymen Schreiben und der Auffindung eines Stapels Briefpapier der Firmen C. und C. GmbH auf dem Schreibtisch der Prokuristin der Beklagten eine hinreichende Indizwirkung für eine angebliche wettbewerbswidrige Tätigkeit des Klägers abgesprochen. Der Tatrichter ist grundsätzlich darin frei, welche Beweiskraft er den Indizien für seine Überzeugungsbildung beimißt (BGH, Urt. v. 22. Januar 1991 – VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894). Selbst wenn das Vorhandensein des Briefpapiers grundsätzlich den Schluß auf dessen Benutzung zuließe, so bleibt doch hier – wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt – zumindest offen, durch wen und zu welchem Zweck die Benutzung stattgefunden hat. Dies gilt hinsichtlich der Firma C. schon deshalb, weil sie infolge der Übernahme ihres Personals durch die Beklagte selbst seit Juni 1990 lediglich mit der Abwicklung des Waren- und Kundenbestandes durch Übertragung auf die Beklagte beschäftigt und bereits damals nicht etwa der Kläger, sondern der Zeuge M. deren Geschäftsführer war.

Hinsichtlich der aus der C. hervorgegangenen C. GmbH fehlen Anhaltspunkte für eigenes wettbewerbswidriges Verhalten des Klägers auch deshalb, weil diese Firma unstreitig ausschließlich als autorisierter Händler der Beklagten tätig war. Ihrer Vortragslast hat die Beklagte auch nicht dadurch genügt, daß sie ihre ursprüngliche pauschale Behauptung über die angebliche Konkurrenztätigkeit des Klägers dahin abgewandelt hat, dieser sei unerlaubt „im Mantel eines Drittunternehmens als Händler ihrer Produkte aufgetreten”. Für ein derartiges Verhalten des Klägers hat das Berufungsgericht zu Recht ebenfalls keine konkreten Anhaltspunkte im Vortrag der Beklagten feststellen können, abgesehen davon, daß Beweisangebote hierzu überhaupt fehlen.

3. Ohne durchgreifenden Rechtsfehler hat das Oberlandesgericht auch einen sonstigen grob fahrlässigen Verstoß des Klägers gegen seine Treuepflichten als Geschäftsführer der Beklagten im Zusammenhang mit der Unterhaltung intensiver Geschäftsbeziehungen zur C. GmbH als nicht hinreichend konkret dargelegt angesehen. Die Beklagte hat die Eigenschaft der C. GmbH als autorisierte Händlerin ebensowenig in Abrede gestellt wie die Existenz eines ordnungsgemäßen Untermietvertrages mit ihr; insbesondere hat sie nicht bestritten, daß – mit Ausnahme des unwesentlichen Auffindens von Lieferscheinvordrucken der C. GmbH auf dem Lager – ihre eigenen genauen Nachforschungen in den Akten und Abrechnungsunterlagen „keinen Anlaß zu Beanstandungen gegeben” hätten. Mit Rücksicht hierauf ließen die ursprünglich von der Beklagten unter dem – unzutreffenden – Blickwinkel einer Konkurrenztätigkeit allgemein aufgestellten Behauptungen zur Geschäftsverbindung mit der C. GmbH sowie zu einer Doppeltätigkeit des Herrn M. und der Zeugin T. den Schluß auf einen kündigungsrelevanten grob fahrlässigen Verstoß des Klägers im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB, Nr. 1 a des Vertrages nicht ohne Konkretisierung, zumindest aber Ergänzung des Beklagtenvortrags zu. Diese hat die Beklagte – wie dem Urteilszusammenhang zu entnehmen ist – versäumt.

a) Die Zulassung der Geschäftstätigkeit der C. GmbH als autorisierte Händlerin unter der Anschrift der Beklagten läßt nach der rechtsfehlerfrei gewonnenen Überzeugung des Berufungsgerichts wegen der fehlenden Konkurrenzsituation einen grob fahrlässigen sonstigen Pflichtenverstoß des Klägers schon deshalb nicht erkennen, weil jeglicher gebotene Sachvortrag der Beklagten zu einer denkbaren interessenschädlichen Auswirkung zu ihren Lasten fehlt. Wegen der deutlichen Abgrenzung der Interessensphären – die C. GmbH betrieb im Gegensatz zur Beklagten nur das Endkundengeschäft – erscheint auch eine Interessenkollision hinsichtlich der etwaigen vorherigen Geschäftsbeziehungen, die ohnehin nicht näher dargelegt wurden, fernliegend.

b) Hinsichtlich der behaupteten „Doppeltätigkeit” des Herrn M. für beide Firmen wird die Annahme einer fehlenden konkreten Darlegung eines Treueverstoßes des Klägers allerdings nicht schon von der Erwägung getragen, dem Beklagtenvorbringen lasse sich nicht entnehmen, daß M. zur Zeit der Geschäftsaufnahme der C. GmbH überhaupt noch Mitarbeiter der Beklagten war. Zwar ist dem Berufungsgericht insoweit zuzugeben, daß der ohnehin dürftige Vortrag der Beklagten keine Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit des Herrn M. enthält und daß sich auch die allgemein behaupteten Doppeleinkünfte M. aus dem Zettel der Zeugin T. nicht nachvollziehen lassen. Gleichwohl ist – insoweit mit der Revision – davon auszugehen, daß der Kläger, der nach eigener Darstellung diesbezüglich nichts zu verbergen hatte, nicht jegliche Tätigkeit M. für beide Unternehmen schlechthin in Abrede stellen wollte, sondern nur ein gegenüber der Beklagten interessenschädliches Handeln. Indessen erweist sich das Urteil auch auf dieser Tatsachengrundlage im Ergebnis als richtig (§ 563 ZPO). Anders als dem Kläger als Geschäftsführer war Herrn M. als Angestellten der Beklagten eine „Nebentätigkeit” für die C. GmbH nicht ohne weiteres verboten. Eine Untersagung von Nebentätigkeit hätte abgesehen von dem – hier nicht einschlägigen – Fall wettbewerbsmäßiger Gefahr nur dann erfolgen können, wenn die dem Arbeitgeber geschuldeten vertraglichen Leistungen beeinträchtigt wurden. Zu dieser Annahme, an die strenge Anforderungen zu stellen sind, reicht es nicht aus, daß der Arbeitnehmer die formale Stellung des Geschäftsführers in einer GmbH hat, die nicht im Wettbewerb zu seinem Arbeitgeber steht (vgl. BAG BB 1977, 144; MüKo/Schwerdtner, 2. Aufl., § 626 BGB Rdn. 88). Im vorliegenden Fall hat die darlegungspflichtige Beklagte nicht die geringsten konkreten Anhaltspunkte für Art und Umfang der Tätigkeit des Herrn M. – sowohl als Geschäftsführer der C. GmbH als auch insbesondere als Beschäftigter der Beklagten – dargetan. Da die Beklagte zudem trotz genauer Prüfung sämtlicher Geschäftsunterlagen keine Unregelmäßigkeiten festgestellt hat, hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend die hinreichend konkrete Darlegung eines diesbezüglichen grob fahrlässigen Pflichtenverstoßes des Klägers verneint; die Revision vermag auch nicht aufzuzeigen, inwiefern das Berufungsgericht im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB ohne den nötigen Vortrag konkreter Umstände eine Interessenabwägung im Sinne der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu Lasten des Klägers hätte treffen können.

c) Auch hinsichtlich der angeblichen Doppeltätigkeit der Zeugin T. hat das Berufungsgericht mit Recht einen hinreichenden Sachvortrag der Beklagten verneint. Die zur grundsätzlich zulässigen Doppeltätigkeit des Herrn M. angestellten Erwägungen (vorstehend unter b) gelten für die Zeugin T. mindestens in gleicher Weise. Eine vergleichbare „Nebentätigkeit” wie die des Herrn M. kam für die Zeugin T. nicht einmal theoretisch in Betracht. Mangels eines konkreten Sachvortrags der Beklagten bleiben Art und Ausmaß ihrer angeblichen Nebentätigkeit sogar völlig im Dunkeln. Auch der Stapel Briefpapier der C. GmbH auf ihrem Schreibtisch und die von ihr gefertigte handschriftliche Notiz geben darüber keinen näheren Aufschluß. Der schlichte Vortrag einer „Tätigkeit” für die andere Firma ist ebenso substanzlos wie die unergiebige Rechtsansicht, es habe sich um eine unerlaubte Nebentätigkeit gehandelt. Da dieses Vorbringen nicht einmal für die Annahme einer verbotenen Nebentätigkeit ausreicht, ließ sich daraus schon gar nicht der weitergehende Schluß auf einen groben Pflichtenverstoß des Klägers durch Duldung oder Anordnung solcher „Tätigkeit” ziehen. Eine Beweiserhebung zu diesem unschlüssigen Vorbringen, das der Kläger nicht einmal hätte bestreiten müssen, wäre unzulässige Ausforschung gewesen.

4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Kündigung lasse sich nicht auf die Klauseln 1 b und c des Dienstvertrages stützen, weil deren Voraussetzungen zwar objektiv vorlägen, die Umstände jedoch nicht dem Kläger, sondern der Beklagten zuzurechnen seien. Die dabei vom Oberlandesgericht als Tatrichter vorgenommene Auslegung dieser individualvertraglichen Klauseln läßt weder eine Verletzung gesetzlicher oder allgemein anerkannter Auslegungsregeln, der Denkgesetze oder allgemeiner Erfahrungssätze erkennen noch beruht sie auf Verfahrensfehlern. Das Berufungsgericht hat in der gebotenen Weise den Wortlaut und Gesamtzusammenhang der verschiedenen Kündigungsklauseln berücksichtigt und ist insbesondere aufgrund der vorgesehenen Staffelung der Kündigungsgründe mit unterschiedlichen Sanktionen und des „Gefalles” dieser Sanktionen zu der möglichen – und daher für das Revisionsgericht bindenden – Wertung gelangt, daß der wirtschaftliche Mißerfolg eine Kündigungssanktion für den Kläger nur bei Zurechenbarkeit, jedenfalls aber nicht bei einer Verantwortlichkeit der Beklagten zur Folge haben sollte. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision erschöpfen sich in einem unzulässigen eigenen, nur am Vertragstext ausgerichteten Auslegungsversuch. Das Berufungsgericht hat auch nicht außer acht gelassen, daß der Vertragstext auf einen Vorschlag des Klägers zurückgeht. Dessen – für den Vertragspartner erkennbaren – Willen und Interesse entsprach es gerade, eine nur an objektive Umstände geknüpfte kurzfristige Kündigung auszuschließen, wie sie die Beklagte mit einer generellen Zwei-Monats-Frist ursprünglich hatte vorschreiben wollen.

Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch Managementfehler des Klägers ausgeschlossen und aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme insbesondere wegen der ungewöhnlichen Lieferverzögerungen und Mängel der von der Beklagten bzw. ihrer Konzernmutter vorgeschriebenen und gelieferten Produkte die wesentliche Verantwortung für die Nichterreichung des geplanten Umsatzes und des Deckungspunktes der Beklagten angelastet. Die gegen diese Beweiswürdigung gerichteten Angriffe der Revision müssen ohne Erfolg bleiben. Das Berufungsgericht hatte keinen Anlaß, sich mit der allenfalls theoretischen Frage zu befassen, ob sich auch mit schlechten und teueren Produkten ein hinreichender Umsatz erzielen lasse. Da gerade der deutsche Markt unstreitig als schwierig und anspruchsvoll galt, mußten sich die von dem Zeugen G. bekundeten, der Beklagten zurechenbaren Mißstände außerordentlich negativ auf den Umsatz wie auf das Gesamtergebnis der Beklagten auswirken. Daß der Kläger selbst bei der Erarbeitung des im übrigen von der Konzernmutter vorgegebenen Umsatzziels mitgewirkt hat, ist ihm nicht im Sinne einer Verantwortlichkeit für den Mißerfolg anzulasten.

5. Der Kündigung vom 15. Januar 1993 hat das Oberlandesgericht mit Recht keine Bedeutung beigemessen, weil mit ihr keine neuen Kündigungsgründe geltend gemacht wurden.

II. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht schließlich die Voraussetzungen des Annahmeverzugs der Beklagten gemäß §§ 615, 295 BGB bejaht. Da die Beklagte die Dienste des Klägers keinesfalls mehr in Anspruch nehmen wollte – u.a. hatte sie bereits am 1. Mai 1992 einen neuen Geschäftsführer bestellt –, genügte als Angebot im Zusammenhang mit der bislang erbrachten Dienstvertragsleistung der Protest des Klägers gegen die Kündigung (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 1986 – IX ZR 65/85, WM 1986, 1089, 1090 m.w.N). Zutreffend hat das Berufungsgericht einen solchen rechtzeitigen Widerspruch in der Gehaltsklage für die Monate März und April 1992 gesehen, der schon das Anerkenntnisurteil vom 18. Mai 1992 (37 O 65/92 LG Düsseldorf) stattgegeben hat. Soweit die Revision hierfür eine spätere Klageerhebung vorträgt, setzt sie sich in Widerspruch zu den Feststellungen des Berufungsgerichts, die auf unbestrittenem Klägervortrag beruhen; ihre Annahme beruht auf einem offensichtlichen Versehen der Berufungserwiderung, die irrtümlich nicht die erste Gehaltsklage des Klägers, sondern die weitere Klageschrift vom 21. August 1992 (37 O 125/92 LG Düsseldorf) zitiert hat. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts steht auch nicht – wie die Revision mutmaßt – in einem Gegensatz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. März 1986 (aaO); darin hat der Bundesgerichtshof vielmehr die auch vom Berufungsgericht angewandten Rechtsgrundsätze dargestellt, sie aber lediglich wegen der Besonderheiten des konkreten Falles nicht angewandt.

Angesichts des deutlichen Widerspruchs des Klägers und seines darin zum Ausdruck gekommenen Willens, seine Gehaltsansprüche gegen die Beklagte durchzusetzen, ist es jedenfalls nicht zu beanstanden, daß der Kläger das Angebot seiner Leistung nicht laufend ausdrücklich wiederholt, sondern abschnittsweise (nachträglich) seine Gehaltsforderungen eingeklagt hat. Angesichts der insbesondere durch die Einsetzung eines neuen Geschäftsführers manifestierten ernsthaften und endgültigen Annahmeverweigerung der Beklagten läuft ihr Verlangen nach nochmaligem Leistungsangebot des Klägers nicht nur auf eine sinnlose Förmelei hinaus. Es ist auch treuwidrig, § 242 BGB (vgl. BGH WM 1986 aaO; BAG NJW 1985, 935; MüKo/Schaub, 2. Aufl., § 615 BGB Rdn. 18 m.w.N.).

 

Unterschriften

Röhricht, Dr. Hesselberger, Dr. Goette, Dr. Boetticher, Dr. Kurzwelly

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1237603

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