Entscheidungsstichwort (Thema)

Unrichtiger Rat eines Steuerberaters für den Steuerschaden seines Mandanten kausal?

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im allgemeinen kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß ein Mandant, der von einem berufsmäßigen Berater falsch beraten worden ist, im Falle richtiger Beratung diesem richtigen Rat auch gefolgt wäre.

2. Ist fraglich, ob sich der Mandant bei richtiger Beratung für eine typisch oder atypisch stille Gesellschaft entschieden hätte, sind die jeweilgen steuerlichen Vor- und Nachteile, z. B. bei der Gewerbesteuer oder der Auflösung von stillen Reserven, bei der Beurteilung eines etwaigen Steuerschadens des Mandanten zu prüfen.

3. Dem Steuerberater ist die Berufung auf Verjährung versagt, wenn er den Mandanten durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Erhebung der Schadensersatzklage abgehalten hat.

 

Normenkette

BGB §§ 675, 276; GewStG §§ 8, 12; StBerG §§ 68, 33

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Grund- und Teilurteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 23. Dezember 1986 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt ist.

In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger war Inhaber zweier Einzelfirmen, eines Radio- und Antennengroßhandels (im folgenden: Elektrogroßhandel) und eines Großhandels mit elektronischen Bauteilen. Am 22. Dezember 1972 wurde eine GmbH begründet, die ab 1. Januar 1973 den Elektrogroßhandel betrieb. Ihr Stammkapital wurde zu jeweils 45% vom Kläger und dessen Ehefrau sowie zu 10% von einem weiteren Gesellschafter gehalten. Die Elektrogroßhandels-Einzelfirma sollte als stille Gesellschaft in die GmbH eingebracht werden. Der beklagte Steuerberater erstellte zunächst für den Kläger ein Gutachten über die steuerlichen Auswirkungen der Gründung einer stillen Gesellschaft. Dabei ging er insbesondere auf die steuerrechtlich bedeutsame Unterscheidung zwischen einer „typischen” stillen Gesellschaft und einer „atypischen” ein, bei der der stille Gesellschafter im steuerrechtlichen Sinne Mitunternehmer bleibt. Die Parteien faßten die Gründung einer „typischen” stillen Gesellschaft ins Auge.

Den Gesellschaftsvertrag arbeitete Rechtsanwalt E für den Kläger aus. Ob dabei auch der Beklagte beratend mitwirkte, ist zwischen den Parteien streitig. Mit Schreiben vom 29. November 1973 übersandte Rechtsanwalt E dem Kläger den von ihm gefertigten Entwurf mit dem Hinweis darauf, daß er sich von seinem früheren Entwurf insoweit unterscheide, als aus dem Entwurf des Beklagten weitere Bestimmungen entnommen worden seien. Weiter heißt es in dem Schreiben, eine Durchschrift des Schreibens und eine Entwurfsausfertigung seien dem Beklagten zur Nachprüfung übersandt worden. Nach dem dem Beklagten unstreitig zugegangenen Entwurf über die Errichtung einer stillen Gesellschaft mit Wirkung vom 1. Januar 1973 brachte der Kläger seine Einzelfirma mit allen Aktiva und Passiva als stiller Gesellschafter in die GmbH ein. Die Gewinnbeteiligung des Klägers sollte sich nach dem Wert der stillen Beteiligung gemäß der Bilanz per 31. Dezember 1972 und dem Stammkapital der GmbH richten (§ 3 des Vertrages). Bei einer Auflösung der stillen Gesellschaft sollte der Kläger seine Einlage zuzüglich 6% Zinsen jährlich zurückerhalten (§ 4). Nach § 6 waren eine Reihe von Geschäften von der Zustimmung des Klägers abhängig, nämlich 1. Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundbesitz, 2. Übernahme und Aufgabe von Beteiligungen, Errichtung und Aufgabe von anderen und gleichartigen Unternehmungen und von Zweigniederlassungen, 3. Abschluß von Miet- und Pachtverträgen auf längere Zeit als ein Jahr, 4. Bestellung und Abberufung von Prokuristen und Geschäftsführern, 5. Festsetzung und Erhöhung der Geschäftsführergehälter, 6. Eingehen von Wechselverbindlichkeiten, die nicht den üblichen Zahlungsweisen der Gesellschaft dienen und 7. alle sonstigen Rechtsgeschäfte, die über den üblichen Rahmen hinausgehen. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe für den Abschluß dieses Vertrages „grünes Licht gegeben”. Der Vertrag wurde jedenfalls in der Folge unter dem Datum des 10. Januar 1973 unterzeichnet. Nach dem mit der GmbH geschlossenen Arbeitsvertrag stand dem Kläger ferner neben seinem festen Gehalt als alleinvertretungsberechtigtem Geschäftsführer (seine Ehefrau war nur gemeinschaftlich mit ihm vertretungsberechtigt) eine Provision in Höhe von 4% des Gesamtumsatzes der GmbH zu. Diese Provision belief sich in den folgenden Jahren auf fast die Hälfte seines festen Gehaltes. Unter dem 29. August 1975 ließ der Kläger dem Beklagten auf dessen Anfrage hin eine Kopie des Gesellschaftsvertrages zukommen mit der Bitte um nochmalige Überprüfung vor Weitergabe an das Finanzamt.

Im Oktober 1977 fand bei der GmbH eine Betriebsprüfung für die Jahre 1973 bis 1975 statt. Der Prüfer kam bei der Schlußbesprechung am 7. Oktober 1977 zu dem Ergebnis, daß es sich insbesondere im Hinblick auf die dem Kläger in § 6 des Vertrages eingeräumten weitgehenden Zustimmungsrechte um eine atypische stille Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) mit Einkünften aus Gewerbebetrieb handele. Dem schloß sich das Finanzamt S an und erließ am 26. Juni und 17. Juli 1980 einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheide sowie Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag für die Jahre 1973 bis 1975. Die Stadt S setzte die vom Kläger nachzuzahlende Gewerbesteuer auf insgesamt 48.871,80 DM fest und machte Aussetzungszinsen in Höhe von 9.028 DM geltend.

Als sich diese Entwicklung abzeichnete, entwarf der Beklagte eine Vereinbarung vom 10. Oktober 1977, die vom Kläger, dessen Ehefrau und dem dritten Gesellschafter unterzeichnet wurde und nach der einzelne Bestimmungen des Vertrages vom 10. Januar 1973, die den Betriebsprüfer zur Annahme einer atypischen stillen Gesellschaft veranlaßt hatten, als gegenstandslos und unwirksam, da vom Vertrag nicht „gedeckt”, bezeichnet wurden.

Mit Schreiben vom 8. November 1977 teilte der Kläger dem Beklagten mit, er werde sich an ihn als Steuerberater zwecks Haftung wenden, falls es sich bei der von ihm vorgeschlagenen stillen Gesellschaft um eine atypische stille Gesellschaft handele und ihm deshalb Steuerpflichten auferlegt würden. Unter dem 24. November 1977 verpflichtete sich der Kläger für den Fall, daß es zu Schadensersatzprozessen komme, den Beklagten nur bis zur Höhe der tatsächlich zur Auszahlung kommenden Leistungen aus der Haftpflichtversicherung in Anspruch zu nehmen und erklärte, daß der darüber hinausgehende Betrag der Urteilssummen erlassen sei. Gleichzeitig übergab der Beklagte dem Kläger ein Schreiben seiner Haftpflichtversicherung über den Umfang der Versicherungssummen.

Gegen die Steuerbescheide legte der Beklagte am 7. August 1980 namens des Klägers Einspruch ein, und erhob, als dieser erfolglos blieb, Klage zum Finanzgericht. Die Klage wurde im Oktober 1983 abgewiesen. Eine gegen das Urteil eingelegte Revision beim Bundesfinanzhof wurde am 13. April 1984 zurückgenommen, nachdem der Beklagte keine Vollmacht des Klägers vorlegen konnte.

Mit der am 30. Dezember 1983 bei Gericht eingegangen und dem Beklagten am 3. Januar 1984 zugestellten Klage verlangt der Kläger 47.532,30 DM nebst Zinsen sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten für künftig entstehende Schäden im Zusammenhang mit der Einbringung der Einzelfirma in die GmbH. Er will sich dabei 10.365,70 DM ersparte Einkommensteuer anrechnen lassen.

Der Beklagte macht geltend, die Fassung des Vertrages beruhe ausschließlich auf einem Formulierungsvorschlag des Rechtsanwalts E; er beruft sich ferner auf Verjährung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Klageabweisung in einem hier nicht mehr interessierenden weiteren Punkt bestätigt. Im übrigen hat es den Zahlungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger darüberhinaus allen Schaden nach Maßgabe der nachfolgenden Entscheidungsgründe zu ersetzen, der diesem im Zusammenhang mit der Einbringung der Einzelfirma als stille Gesellschaft in die GmbH entstehen werde. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf völlige Abweisung der Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hält die Leistungsklage für dem Grunde nach gerechtfertigt, soweit sie den Schaden des Klägers durch die Belastung mit Gewerbesteuerforderungen für die Rechnungsjahre 1974 und 1975 – möglicherweise 1973 – sowie die auf diesen Zeitraum entfallenden Aussetzungszinsen betrifft und soweit der Beklagte wegen dieser Ansprüche Deckungsschutz seitens seiner Haftpflichtversicherung beanspruchen kann oder hätte beanspruchen können. Es hält ferner die Feststellungsklage nach dieser Maßgabe ebenfalls für begründet. Der Kläger habe den Beklagten mit der steuerlichen Beratung und Betreuung bei der Einbringung der Einzelfirma als stille Gesellschaft in die GmbH beauftragt. Die sich daraus ergebenden Pflichten zur ordnungsgemäßen Beratung und Betreuung des Klägers über die steuerlichen Folgen der Einbringung der Einzelfirma habe der Beklagte schuldhaft verletzt. Zwar lasse sich nicht feststellen, daß § 6 des Vertrages auf Veranlassung des Beklagten in den endgültigen Vertragstext aufgenommen worden sei. Da ihm der endgültige Vertragstext zur Nachprüfung übersandt worden sei, sei er aber verpflichtet gewesen, den Vertragstext dahin zu überprüfen, ob die einzubringende Einzelhandelsfirma des Klägers nach geltendem und praktiziertem Steuerrecht als typische stille Gesellschaft anzuerkennen sei. Dies sei – für ihn erkennbar – der Hauptgrund für die Erteilung seines Mandates gewesen. Der Kläger habe ersichtlich Wert auf die besonderen Fachkenntnisse des Beklagten gelegt; andernfalls hätte er den Vertragsentwurf allein einem Rechtsanwalt überlassen. Er hätte bemerken müssen, daß bereits § 6 des Gesellschaftsvertrages nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ausreichte, um eine Mitunternehmerschaft zwischen dem Kläger und der GmbH anzunehmen. Er habe deshalb schuldhaft gehandelt, als er den Vertragsentwurf nicht, jedenfalls nicht sorgfältig genug überprüft und die Aufnahme des § 6 in den endgültigen Vertrag nicht verhindert habe. Daß sein vorher erstattetes Gutachten zu diesem Punkt zutreffend gewesen sein dürfte, entlaste ihn nicht, zumal das Gutachten dem Rechtsanwalt E nicht vorgelegt worden sei. Der Beklagte sei deshalb dem Kläger grundsätzlich wegen der Belastung mit Gewerbesteuerforderungen, die aufgrund der Annahme einer Mitunternehmerschaft festgesetzt worden seien, zum Schadensersatz verpflichtet. Allerdings gelte das möglicherweise nicht oder nur zum Teil für das Rechnungsjahr 1973, weil die Gewerbesteuern bereits angefallen gewesen seien, als ihm Ende November der Gesellschaftsvertrag zur Überprüfung vorgelegt worden sei.

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Der Tatrichter stellt nicht die Kausalität der unterlassenen Beratung für den eingetretenen Schaden fest. Zwar kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats im allgemeinen ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß ein Mandant, der von einem berufsmäßigen Berater falsch beraten worden ist, im Falle richtiger Beratung diesem richtigen Rat auch gefolgt wäre. Hier liegen die Dinge indessen besonders. Daß eine richtige Beratung nicht rückwirkend an steuerrechtlich bereits eingetretenen Tatbeständen etwas hätte ändern können, vermerkt der Berufungsrichter selbst. Darüber hinaus war es hier nicht selbstverständlich, daß der Kläger einem Hinweis des Beklagten auf die steuerrechtlichen Auswirkungen des ihm vorgelegten Vertragsentwurfs in der Weise Rechnung getragen hätte, daß er eine von den Steuerbehörden als „typische” stille Gesellschaft anerkannte Gestaltungsmöglichkeit gewählt hätte. Zum einen waren steuerliche Nachteile nicht in jedem Falle zu erwarten. An sich steht einer Belastung des atypischen stillen Gesellschafters mit Gewerbesteuern eine entsprechende Entlastung der GmbH gegenüber, weil Gewinn und Kapital des stillen Gesellschafters nach § 8 Nr. 3, § 12 Gewerbesteuergesetz den Meßbeträgen der GmbH nicht hinzuzurechnen sind, wenn der stille Gesellschafter zur Gewerbesteuer heranzuziehen ist. Zu einer insgesamt gesehen größeren Steuerbelastung kann es dann kommen, wenn die GmbH keine oder nur geringe Gewinne macht, wohl aber der stille Gesellschafter, weil ihm sein Geschäftsführergehalt als Gewinn zuzurechnen ist. Zum anderen stehen eventuellen steuerlichen Nachteilen wirtschaftliche Vorteile gegenüber. Der Kläger hat nach der tatsächlich vorgenommenen Vertragsgestaltung – wie das Finanzgericht in seinem Urteil treffend bemerkt – seine vorher ausgeübte dominierende Unternehmerstellung nach Gründung der GmbH weiterhin uneingeschränkt wahrgenommen. Er hat sich nicht nur die entscheidenden Mitspracherechte vorbehalten; sein unternehmerisches Tätigwerden beeinflußte vielmehr unmittelbar die Höhe seines Gewinnanteils als stiller Gesellschafter. Überdies partizipierte er nach den Feststellungen des Finanzgerichts nach dem Verkauf seines stillen Gesellschaftsverhältnisses in erheblichem Umfang an der Auflösung der stillen Reserven, was bei einer typischen stillen Gesellschaft nicht vorgesehen ist. Es hätte danach der Prüfung bedurft, ob der Kläger bei zutreffender Beratung über die steuerlichen Auswirkungen sich mit einer rechtlichen Stellung als stiller Gesellschafter zufrieden gegeben hätte, die von den Finanzbehörden als Nicht-Mitunternehmer anerkannt worden wäre. Nur dann wäre die nicht erfolgte Beratung und Aufklärung kausal für den eingetretenen Schaden geworden.

Das Berufungsurteil wird deshalb aufgehoben.

III. Für das weitere Verfahren gibt der Senat folgende Hinweise:

1. Für den Fall, daß der Berufungsrichter wiederum eine Schadensersatzverpflichtung des Beklagten annehmen sollte, würde sich die Frage eines Mitverschuldens des Klägers stellen, das darin liegen könnte, daß er die von ihm erbetene Beratung des Beklagten vor Abschluß des Gesellschaftsvertrages nicht anmahnte, obwohl er nach den Feststellungen des Tatrichters auf dessen fachkundigen Rat besonderen Wert legte.

2. Eine Vorteilsausgleichung nimmt der Tatrichter – dem Vortrag des Klägers folgend – nur im Hinblick auf von diesem ersparte Einkommensteuer an. Nach Sachlage kommen indessen für eine Vorteilsausgleichung noch weitere Umstände in Betracht. Der Schaden des Klägers besteht darin, daß er mit zusätzlicher Gewerbesteuer belastet wurde, die nicht angefallen wäre, wenn seine Beteiligung als typisches stilles Gesellschaftsverhältnis ausgestaltet worden wäre. Es ist denkbar, daß ein von den Finanzbehörden anerkanntes typisches stilles Gesellschaftsverhältnis bei der finanziellen Beteiligung des Klägers an der GmbH für diesen notwendigerweise weniger vorteilhaft hätte sein müssen. Insbesondere hätte die vom Finanzgericht in seinem Urteil erörterte Auflösung der stillen Reserven bei der Veräußerung des Gesellschaftsanteils nicht dem Kläger zugute kommen können. Bei der Gegenüberstellung der durch einen Fehler des Beklagten verursachten Belastungen und Vorteile, kann auch das zu Buche schlagen.

3. Die vom Berufungsgericht gefundene ergänzende Vertragsauslegung dahin, daß eine etwaige Schadensersatzpflicht des Beklagten nur soweit reicht, als dieser wegen dieser Ansprüche Deckungsschutz seitens seiner Haftpflichtversicherung beanspruchen kann oder hätte beanspruchen können, wird von den Parteien hingenommen und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

4. Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts, daß der Beklagte sich nicht auf Verjährung berufen kann, begegnen keinen Bedenken. Im Berufungsurteil heißt es dazu: Die Verjährungsfrist habe mit der Schlußbesprechung am 7. Oktober 1977 zu laufen begonnen. Die dreijährige Verjährung habe somit am 7. Oktober 1980 geendet. Dem Beklagten sei jedoch die Berufung auf Verjährung versagt, weil er den Kläger durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Erhebung der Klage abgehalten habe. Nachdem im Oktober 1977 die Haftungsfrage zwischen den Parteien ins Gespräch gekommen sei, habe der Beklagte zunächst den – allerdings vergeblichen – Versuch unternommen, durch die „Vereinbarung” vom 10. Oktober 1977 das Beteiligungsverhältnis rückwirkend zu ändern. Am 24. November 1977 habe sodann der Kläger auf Bitten des Beklagten hin schriftlich erklärt, er werde ihn im Falle des Obsiegens im Schadensersatzprozeß nur bis zur Höhe der zur Auszahlung kommenden Leistungen aus der Haftpflichtversicherung in Anspruch nehmen und erlasse im voraus darüber hinausgehende Beträge. Gleichzeitig habe der Beklagte dem Kläger auf dessen Verlangen ein Schreiben seiner Haftpflichtversicherung über den Umfang der Versicherungssummen übergeben. Damit habe der Beklagte beim Kläger den Eindruck erweckt, er werde den Schaden bei der Haftpflichtversicherung melden oder habe ihn bereits angezeigt und werde die Versicherung in Anspruch nehmen. Er habe ferner dem Kläger gegenüber nachdrücklich zum Ausdruck gebracht, daß die Rechtsauffassung des Finanzamtes nach seiner Überzeugung nicht zutreffe, und habe ihn veranlaßt, Einspruch einzulegen und Klage beim Finanzgericht zu erheben. Durch dieses Verhalten habe er dem Kläger Anlaß gegeben, von einer Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung abzusehen. Der Kläger habe aufgrund dieses Verhaltens darauf vertrauen dürfen, seine Ansprüche würden nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft werden, und der Beklagte sei mit einem Hinausschieben der Klageerhebung bis zum Abschluß des finanzgerichtlichen Verfahrens einverstanden.

Der Kläger habe auch mit der Einreichung der Klage bis zum 30. Dezember 1983 zuwarten dürfen. Das ergebe sich schon daraus, daß der Beklagte die Revision erst am 13. April 1984 zurückgenommen habe.

Diese tatrichterliche Würdigung hält sich im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 1. Februar 1977, VI ZR 43/75 = VersR 1977, 617, 619; BGHZ 71, 86, 96; Urt. v. 5. März 1981, IVa ZR 196/80 = VersR 1981, 471 und Urt. v. 20. Januar 1982, IVa ZR 293/80 = VersR 1982, 398). Der Einwand der Revision, die Empfehlung des Steuerberaters zu einem Einspruch und zur finanzgerichtlichen Klage führten nicht zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist, übersieht, daß hier der Tatrichter besondere Umstände feststellt, die einen Treueverstoß des Beklagten zu begründen geeignet sind. Dazu gehört insbesondere, daß der Kläger auf Bitten des Beklagten seine Ansprüche von vornherein auf das durch die Haftpflichtversicherung des Beklagten Gedeckte beschränkte. Insgesamt hält sich der Berufungsrichter insoweit im Rahmen möglicher tatrichterlicher Würdigung.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2073774

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