Leitsatz (amtlich)

Eine rechtskräftige Verurteilung zur Herausgabe kann Bindungswirkung in einem Folgeprozess entfalten, für den es als Vorfrage darauf ankommt, ob die zur Herausgabe verurteilte Partei die Herausgabe verweigern darf. Das Herausgabeurteil stellt für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bindend fest, dass der herausgabepflichtigen Partei kein gesetzliches oder vertragliches Recht zur Verweigerung der Herausgabe zustand. Das Gleiche gilt für den Zeitraum zwischen Rechtshängigkeit der Herausgabeklage und Schluss der mündlichen Verhandlung, in der über sie entschieden wurde, sofern in diesem Zeitraum keine relevanten Änderungen eingetreten sind und geltend gemacht werden (Fortentwicklung von: BGH, Urt. v. 20.2.1998 - V ZR 319/96, NJW 1998, 1709; Urt. v. 9.7.1982 - V ZR 64/81, MDR 1983, 42 = NJW 1983, 164; Urt. v. 20.6.1984 - IVa ZR 34/83, MDR 1985, 126 = NJW 1985, 1553).

 

Normenkette

ZPO § 322

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 02.07.2003; Aktenzeichen 13 U 95/02)

LG Aachen

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 26.01.2012; Aktenzeichen IX ZB 52/10)

BGH (Beschluss vom 26.01.2012; Aktenzeichen IX ZB 51/10)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Revision im Übrigen wird das am 2.7.2003 verkündete Urteil des 13. Zivilsenats des OLG Köln im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagte i.H.v. 22.041,52 EUR nebst Zinsen abgewiesen worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 88,15 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 13.5.2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz, weil ihm nach erfolglosen Reparaturversuchen über einen Zeitraum von rund eineinhalb Jahren sein Geländewagen Chevrolet Blazer nicht herausgegeben worden sei. Außerdem verlangt er Ersatz für Mängelbeseitigungskosten.

Nachdem die Beklagte 1997 und 1998 bereits mehrere Reparatur- und Wartungsarbeiten an dem Fahrzeug durchgeführt hatte, ließ es der Kläger am 31.3.1998 erneut zu der Beklagten schleppen, die sodann weitere Arbeiten vornahm und darüber am 20. und 22.5.1998 Rechnungen ausstellte. In der Folgezeit weigerte sich die Beklagte, das Fahrzeug an den Kläger herauszugeben, und berief sich auf ein Werkunternehmerpfandrecht wegen verschiedener Forderungen, die sich nach ihrer Auffassung auf 3.309,95 DM sowie 630,61 DM beliefen. Als Ergebnis eines im April 2001 in der Berufungsinstanz durch Vergleich beendeten Rechtsstreits (LG Aachen - 6 S 269/99) hat der Kläger mehr als die Hälfte des Gesamtbetrags dieser Forderungen an die Beklagte gezahlt.

Das LG Aachen hat den Beklagten im Verfahren 12 O 535/98 verurteilt, das Fahrzeug an den Kläger herauszugeben. Gegen dieses am 21.9.1999 verkündete Urteil wurden keine Rechtsmittel eingelegt. Das Gericht ging davon aus, dass der Beklagten gegen den Kläger wegen der ersten Forderung von 3.309,95 DM kein Werkunternehmerpfandrecht zugestanden habe. Denn das Fahrzeug sei nach den ihr zu Grunde liegenden Arbeiten an den Kläger herausgegeben worden und es fehle an einem treuwidrigen oder betrügerischen Verhalten des Klägers bezüglich eines von ihm vor Aushändigung des Fahrzeugs im Februar 1998 der Beklagten übergebenen Schecks, da die Nichteinlösung eines nicht verfrüht hingegebenen Schecks hierfür nicht ausreichend sei. Aus der restlichen Forderung von 630,61 DM beziehe sich ein Teilbetrag von 108,61 DM auf Abschleppkosten der K. GmbH, so dass es insoweit an einer Forderung der jetzigen Beklagten fehle. Wegen der restlichen 522 DM scheide ein Werkunternehmerpfandrecht jedenfalls nach Treu und Glauben aus. Denn der Kläger habe die mit der Beklagten vereinbarte Bedingung für die Herausgabe des Fahrzeugs durch Hinterlegung der Forderungsbeträge erfüllt. Nach Rechtskraft der Entscheidung 12 O 535/98 wurde das Fahrzeug im November 1999 an den Kläger herausgegeben.

Der Kläger verlangt Erstattung von monatlich 2.436 DM einschließlich Mehrwertsteuer für die behauptete Anmietung eines Astra Kombi von Mai 1998 bis November 1999, insgesamt also 46.284 DM. Er sei seit Juni 1998 ständig von einer baldigen Herausgabe des Fahrzeugs ausgegangen. Außerdem fordert der Kläger Erstattung der von ihm behaupteten Aufwendungen zur Instandsetzung und Wiederherstellung des vor April 1998 bestandenen Zustandes des Fahrzeugs, die sich aus zahlreichen Positionen zusammensetzen.

Das LG hat die Klage nach umfangreicher Beweisaufnahme überwiegend abgewiesen. Gegen das Urteil des LG haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte über den vom LG zuerkannten Betrag i.H.v. 3.660,80 EUR zur Zahlung weiterer 21.120,39 EUR zu verurteilen.

Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat weitgehend Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht Ansprüche des Klägers wegen verspäteter Herausgabe seines Fahrzeugs durch die Beklagte abgelehnt.

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, Schadensersatzansprüche des Klägers ergäben sich nicht aus den §§ 631 Abs. 1, 284, 286 Abs. 1 BGB a.F., weil sich die Beklagte mit ihrer Pflicht zur Herausgabe des Fahrzeugs nicht in Verzug befunden habe. Die Beklagte sei nicht zur Herausgabe verpflichtet gewesen, weil der Kläger die Forderungsbeträge für die von der Beklagten erbrachten Leistungen nicht entsprechend den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen hinterlegt habe. An dieser Beurteilung sieht sich das Berufungsgericht nicht durch die Rechtskraft des Urteils im Verfahren LG Aachen 12 O 535/98 gehindert, in dem die Beklagte zur Herausgabe des Fahrzeugs an den Kläger verurteilt worden ist. Denn die Entscheidung über Einreden gegen den Klageanspruch erwachse nicht in Rechtskraft. Die Rechtskraft eines Herausgabeurteils entfalte materiell-rechtliche Wirkungen lediglich für Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen und auf Schadensersatz nach den §§ 987, 989 BGB. Ansprüche des Klägers aus den §§ 990, 989 BGB schieden aus, weil die Beklagte - anders als vom LG im Herausgabeprozess angenommen - zum Besitz berechtigt gewesen sei.

Bei § 989 BGB sieht sich das Berufungsgericht zwar an das Herausgabeurteil des LG Aachen gebunden. Im Rahmen dieser Vorschrift dürfe also nicht mehr erneut überprüft werden, ob der Beklagten tatsächlich kein Recht zum Besitz zustand. Nach § 989 BGB könne der Ersatz des Vorenthaltungsschadens aber nicht verlangt werden.

2. Mit diesen Ausführungen verkennt das Berufungsgericht die Bindungswirkung des rechtskräftigen Herausgabeurteils im Verfahren LG Aachen 12 O 535/98.

Entsprechend den Feststellungen von LG und Berufungsgericht kommt ein Verzug der Beklagten ab Anfang Oktober 1998 in Betracht. Denn ab diesem Zeitpunkt hatte der Kläger eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er die Herausgabe seines Fahrzeugs verlangt (BGH, Urt. v. 10.3.1998 - X ZR 70/96, CR 1998, 393 = MDR 1998, 1021 = NJW 1998, 2132). Ein Verzug der Beklagten wäre zu diesem Zeitpunkt zwar nicht eingetreten, wenn dieser ein Zurückbehaltungsrecht, ein Werkunternehmerpfandrecht oder ein vertraglich vereinbartes Besitzrecht an dem Fahrzeug zugestanden hätte. Der Annahme eines solchen Besitzrechts steht aber für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Herausgabeklage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in jener Sache das Urteil des LG Aachen 12 O 535/98 entgegen. Die Klägerin hat weder geltend gemacht, dass sich für sie ein derartiges Recht erst aus nach Rechtshängigkeit eingetretenen Umständen ergeben hätte noch ist das dem Herausgabeurteil zu entnehmen. Mit der Rechtskraft des Herausgabeurteils steht daher fest, dass der Beklagten ab Rechtshängigkeit der Herausgabeklage, dem 25.11.1998, bis zum 12.8.1999, der mündlichen Verhandlung im Herausgabeprozess, kein Recht zum Besitz zustand (BGH, Urt. v. 20.2.1998 - V ZR 319/96, NJW 1998, 1709; Urt. v. 9.7.1982 - V ZR 64/81, MDR 1983, 42 = NJW 1983, 164; Urt. v. 20.6.1984 - IVa ZR 34/83, MDR 1985, 126 = NJW 1985, 1553). Eine andere zeitliche Abgrenzung der Bindungswirkung ist nur geboten, wenn sich der für ein Recht zur Verweigerung der Hauptsache relevante Sachverhalt zwischen Eintritt der Rechtshängigkeit und mündlicher Verhandlung ändert. Zwar behandeln die zitierten Urteile sachenrechtliche Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen gem. § 987 BGB. Die dort getroffenen Aussagen zu den zeitlichen Grenzen der Rechtskraft des Herausgabeurteils gelten jedoch davon unabhängig allgemein und erfassen insb. alle vertraglichen Besitzrechte. Daher hätte das Berufungsgericht jedenfalls für den Zeitraum v. 25.11.1998 bis zum 12.8.1999 von einem Verzug der Beklagten mit der Herausgabe des klägerischen Fahrzeugs ausgehen müssen.

Der Herausgabeanspruch war im Vorprozess ausgeurteilter Streitgegenstand und keine Einrede. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Rechtskraft des Herausgabeurteils im Folgeprozess nur für Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen und auf Schadensersatz nach den §§ 987, 989 BGB Bedeutung haben soll. Der rechtskräftig zuerkannte Anspruch auf Herausgabe beinhaltet, dass dem Beklagten kein Recht zur Verweigerung der Herausgabe zustehen kann. Ließe man ein anderes Ergebnis zu, könnte die Entscheidung in einem Folgeprozess der Sache nach auf eine Verweigerung der Herausgabepflicht und damit auf das kontradiktorische Gegenteil des im Vorprozess zuerkannten Anspruchs gestützt werden. Das wäre mit der Rechtskraft des im Vorprozess ergangenen Urteils unvereinbar (BGH v. 7.7.1993 - VIII ZR 103/92, BGHZ 123, 137 = MDR 1993, 1117; Urt. v. 13.11.1998 - V ZR 29/98, MDR 1999, 218 = NJW-RR 1999, 376).

Alle rechtlichen Gesichtspunkte, die das Berufungsgericht zur Verneinung eines Verzugs der Beklagten heranzieht, stünden dem rechtskräftig festgestellten Herausgabeanspruch des Klägers entgegen. Sowohl das Werkunternehmerpfandrecht des § 647 BGB, dessen Vorliegen das Berufungsgericht dahinstehen lässt, wie auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB und eine Vereinbarung der Parteien würden die Beklagte zur Verweigerung der Herausgabe berechtigen, was mit der rechtskräftig festgestellten Pflicht zur Herausgabe unvereinbar wäre. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass sich dem Herausgabeurteil nicht entnehmen lässt, ob es auf einen vertraglichen oder gesetzlichen Herausgabeanspruch gestützt ist.

Die Rechtskraft des Herausgabeurteils schließt zwar nicht aus, dass die zur Herausgabe verurteilte Partei zu einem späteren Zeitpunkt ein Recht zur Verweigerung der Herausgabe erwirbt. Fehlen jedoch in diesem Zeitraum eingetretene, dafür relevante Änderungen, die geltend gemacht werden, stellt das Herausgabeurteil aber rechtskräftig fest, dass ihr ab Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs und bis zu dem für das Urteil maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 12.8.1999, kein solches Recht zustand. Dafür, dass die Beklagte es danach erworben haben könnte, ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts keinerlei Anhaltspunkte; es wird von ihr auch nicht behauptet.

Keine Rechtskraftwirkung des Urteils im Vorprozess besteht allerdings für die Zeit von Anfang Oktober 1998, dem ersten eindeutigen Herausgabeverlangen, bis zur Rechtshängigkeit der Herausgabeklage am 25.11.1998. Das Berufungsgericht ist insoweit durch das Herausgabeurteil nicht gehindert, einen Verzug der Beklagten zu verneinen. Allerdings sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte ersichtlich, die für die Zeit vor und nach Rechtshängigkeit diesbezüglich eine unterschiedliche Bewertung nahe legen.

3. Auf dieser rechtlichen Grundlage ergibt sich für die einzelnen vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen Folgendes:

a) Mietwagenkosten

Soweit die Beklagte die Herausgabe des Fahrzeugs unberechtigt verweigert hat, haftet sie gem. §§ 631, 286 BGB a.F. für die Kosten der Anmietung eines mit dem klägerischen Fahrzeug gleichwertigen Ersatzwagens. Dieser Anspruch ist, anders als das LG entschieden hat, nicht auf drei Monate beschränkt. Die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs war dem Kläger schon deshalb nicht unter dem Aspekt der Schadensminderungspflicht zuzumuten, weil er jederzeit erwarten konnte, dass die Klägerin ihrer Herausgabepflicht nachkommen werde. Auf den Zeitwert des Fahrzeugs des Klägers kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Feststellungen zur ersatzfähigen Höhe der Mietwagenkosten hat das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend nicht getroffen; dies wird nachzuholen sein.

b) TÜV-Prüfung und Abgasuntersuchung

Die Kosten der TÜV-Prüfung und Abgasuntersuchung sind nicht als Verzugsschaden ersatzfähig. Sie hat jeder Fahrzeugeigentümer regelmäßig zu tragen. Der Kläger kann sie nicht zusätzlich zu den Mietwagenkosten verlangen.

c) Batteriearbeiten, Ölwechsel, Kerzen, Klemmen, Abschleppkosten

Die Revision meint, die Beklagte hafte für diese Positionen unter dem Gesichtspunkt des Verzugs und der in § 287 S. 2 BGB a.F. angeordneten Zufallshaftung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist jedoch nicht ersichtlich, dass diese Arbeiten auf Grund des Verzugs der Beklagten erforderlich wurden. Selbst wenn man einen Eintritt des Verzugs bereits ab Anfang Oktober 1998 annehmen würde, hätte das Fahrzeug zuvor bereits seit dem 31.3.1998, also mindestens sechs Monate, auf dem Gelände der Beklagten gestanden. Damit können die Ursachen der fraglichen Arbeiten nicht sicher dem Zeitraum ab Eintritt des Verzugs zugeordnet werden. § 287 S. 2 BGB a.F. ordnete eine Zufallshaftung nur für während des Verzugs eingetretene Schäden an. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht ferner berücksichtigt, dass Öl- und Kerzenwechsel auch bei regulärer Nutzung regelmäßig erforderlich werden. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu diesen Schadenspositionen sind daher im Ergebnis richtig, auch wenn sie unzutreffend an den Eintritt der Rechtshängigkeit statt an den Eintritt des Verzugs anknüpfen.

Die geltend gemachten Abschleppkosten sind, wie sich aus der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Rechnung (GA 45) ergibt, im Zusammenhang mit dem Transport des Fahrzeugs zur Durchführung der vorstehenden Arbeiten entstanden. Sie sind damit kein Folgeschaden der verzögerten Herausgabe.

d) Kabel, Scheinwerfereinsatz (Nebellampen)

Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass bei den Positionen "Kabel" und "Scheinwerfereinsatz" kein Zusammenhang mit der langen Standzeit des Fahrzeugs bei der Beklagten dargelegt sei, ist nicht zu beanstanden; die tatsächlichen Feststellungen tragen insoweit keine Verzugshaftung der Beklagten.

e) Chromfelgen, Frontgrill, Dichtungen, Wischerblätter

Eine Haftung der Beklagten für diese Positionen lehnt das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ab.

Danach sei der Rost an Chromfelgen und Frontgrill auf eine schon vor dem Abstellen des Fahrzeugs bei der Beklagten bestehende Beschädigung zurückzuführen. Damit scheidet eine Verzugshaftung der Beklagten für diese Schäden aus. Die Revision verkennt erneut, dass es hier nicht um eine Zufallshaftung für während des Verzugs eingetretene Schäden geht.

Die Scheibenwischer hätten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch bei Benutzung des Fahrzeugs infolge normalen Verschleißes erneuert werden müssen; hinsichtlich der festgestellten Vermoosungen an den Dichtungen schließlich habe die Möglichkeit einer Reinigung mittels Hochdruckreiniger bestanden. Auf der Basis dieser sachverständigen Ausführungen hat das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfrei eine Haftung der Beklagten verneint.

f) Hagelschaden

Hinsichtlich des Hagelschadens dürfte es zwar an einem Verschulden der Beklagten fehlen, weil sie nicht gehalten war, das Fahrzeug des Klägers in einer Garage abzustellen. Allerdings kommt hier eine Zufallshaftung gem. § 287 BGB a.F. in Frage, falls der Hagelschaden während des Verzugs der Beklagten eingetreten sein sollte. Dazu wird das Berufungsgericht Feststellungen nachholen müssen.

g) Aufbereitung/Politur sowie Glühbirnen

Das Berufungsgericht lehnt einen Anspruch des Klägers auf Ersatz dieser Positionen ab, weil eine dem Zeitraum ab Rechtshängigkeit zuzuordnende Verschlechterung insoweit ebenfalls nicht feststellbar sei und Pflegearbeiten grundsätzlich auch bei regulärer Benutzung des Fahrzeugs durchgeführt werden müssten. Die Revision erhebt hiergegen keine substantiierten Einwände. Zwar kommt es wiederum nicht auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit, sondern auf denjenigen des Verzugseintritts an. Die Ausführungen des Berufungsgerichts gelten dafür aber entsprechend und sind nicht zu beanstanden.

h) Rechnung des Parteigutachters

Im Hinblick auf die Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils LG Aachen 12 O 535/98 steht fest, dass die Beklagte dem Kläger das Fahrzeug jedenfalls v. 25.11.1998 bis November 1999, also mindestens etwa ein Jahr, unberechtigt vorenthielt. Die Begutachtung des Fahrzeugs zur Feststellung eventueller Ansprüche gegen die Beklagte ist daher als angemessene Rechtsverfolgung unter dem Aspekt des Verzugsschadens von der Beklagten zu ersetzen.

i) Nockenwelle

Die Kosten der Arbeiten an der Nockenwelle hält das Berufungsgericht schon deshalb nicht für ersatzfähig, weil sie von der vergleichsweisen Regelung im Verfahren AG Geilenkirchen 10 C 564/98 (LG Aachen 6 S 269/99) erfasst würden. Die Revision greift diese Beurteilung nicht an. Sie lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.

j) Kosten der Arbeiten am Getriebe

Den Ersatz der Kosten der Getriebereparatur will das Berufungsgericht dem Kläger nicht zusprechen, weil er es versäumt habe, sich die Aussage des Zeugen R. zu Eigen zu machen. Dieser hatte bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet, bei den früheren Arbeiten der Beklagten am Getriebe sei zwar das Getriebe, nicht jedoch auch der Ölkühler erneuert worden, so dass das Getriebe wieder habe kaputtgehen müssen. Danach war nahe liegend, dem Kläger einen werkvertraglichen Anspruch auf Beseitigung des Getriebeschadens zuzubilligen. Dies hat das Berufungsgericht abgelehnt, weil der Kläger versäumt habe, sich die Aussage des Zeugen R. zu eigen zu machen. Insbesondere habe er im Rahmen eines Schriftsatzes v. 27.11.2002 ausführlich zur Beweisaufnahme Stellung genommen, ohne sich zum Inhalt der Aussage des Zeugen R. zu äußern.

Diese Würdigung ist verfehlt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist davon auszugehen, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zu Tage tretenden Umstände, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind, hilfsweise zu Eigen macht (BGH, Urt. v. 3.4.2001 - VI ZR 203/00, MDR 2001, 887 = BGHReport 2001, 753 = NJW 2001, 2177 [2178]; Urt. v. 8.1.1991 - VI ZR 102/90, MDR 1991, 730 = NJW 1991, 1541 [1542]). Entgegen dem Berufungsgericht sind Gründe, die zu einer anderen Beurteilung führen, nicht ersichtlich. Darüber hinaus trifft die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht nicht zu, dass dann, wenn eine Partei zu einer ihr günstigen Zeugenaussage in einer ausführlichen Stellungnahme zum Beweisergebnis schweigt, die zitierte Rechtsprechung keine Anwendung findet. Sie gilt auch für solche Fälle.

Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe in einem Schriftsatz v. 27.11.2002 (richtig: 2001, Bl. 300 ff. der Akte) ausführlich zur Beweisaufnahme Stellung genommen, ist durch den Akteninhalt nicht gedeckt. Bl. 300 ff. der Akte enthalten einen Schriftsatz des Klägers, in dem ausschließlich zum Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Stellung genommen wird. Die fragliche Aussage des Zeugen R. findet sich auf Bl. 212 f. Auf Bl. 267 ff. folgt dann die Stellungnahme der Beklagten zum Ergebnis der Beweisaufnahme. Damit fehlt bereits die tatsächliche Grundlage für die rechtliche Argumentation des Berufungsgerichts.

II. Im Ergebnis ist das Berufungsurteil somit aufzuheben hinsichtlich der Entscheidung über die Mietwagenkosten (20.374,50 EUR), des Hagelschadens (945,89 EUR), des Honorars des privaten Sachverständigen (88,15 EUR) sowie der Getriebearbeiten (632,98 EUR). Von diesen Positionen ist allein das Honorar des Sachverständigen zur Endentscheidung reif. Die Beklagte hat es dem Kläger zu ersetzen. Im Übrigen ist der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens überlassen bleibt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1445188

NJW 2006, 63

BGHR 2006, 53

WM 2006, 1124

JuS 2006, 269

MDR 2006, 348

GuT 2005, 261

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