Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährungsbeginn eines Regreßanspruchs gegen Steuerberater

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verjährung eines Regreßanspruchs gegen den Steuerberater beginnt regelmäßig frühestens mit Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids (Bestätigung von BGHZ 119, 69).

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Vermögen des Mandanten wird frühestens dann verschlechtert, wenn die Finanzbehörde aufgrund des entstandenen Steuerschuldverhältnisses eine Steuer festsetzt. Vorher liegt allenfalls eine Vermögensgefährdung vor, die noch keinen Regreßanspruch gegen den Steuerberater auslöst. Bei einer Vorverlegung des Verjährungsbeginns auf die Verwirklichung des Steuertatbestandes wären die Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater vielfach bereits verjährt, bevor der Mandant den Beratungsfehler und dessen Folgen überhaupt erkennen kann.

2. Auch steuerliche Ermittlungsmaßnahme der Außenprüfung und die Schlußbesprechung über das Prüfergebnis lösen noch keine Vermögenseinbuße des Betroffenen und damit den Verjährungsbeginn für Schadensersatzforderungen aus.

 

Normenkette

StBerG § 68; BGB § 198; AO §§ 38, 193, 201

 

Verfahrensgang

LG Köln

OLG Köln

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 1. März 1993 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerinnen verlangen vom beklagten Steuerberater, der sie seit dem Jahre 1963 betreute, Schadensersatz, weil sie Steuern wegen gewerblichen Grundstückshandels zu zahlen hatten und dies auf einen Beratungsfehler des Beklagten zurückführen. Im Oktober 1979 erwarben die Klägerinnen für ihre bürgerlich-rechtliche „Vermietungsgesellschaft” ein Grundstück für 290.000 DM. Sie erwarteten, daß dieses Grundstück Bauland werde, und wollten in diesem Falle ein Wohngebäude errichten und vermieten.

Vor Abschluß des Kaufvertrages hatte die W. Immobilien GmbH, deren Geschäftsführer und Gesellschafter die Ehemänner der Klägerinnen sind, die Gemeinde gebeten, den Bebauungsplan auf das Kaufgrundstück zu erstrecken. Im Januar 1982 richteten die Klägerinnen eine Bauvoranfrage an die Gemeinde und erörterten mit dieser im April/Mai 1982 eine Ablösung der Erschließungsbeiträge. Im Juni 1982 übersandte die Gemeinde den Entwurf einer Ablösungsvereinbarung, der im Oktober 1982 an einen Makler weitergegeben und von den Klägerinnen Ende Dezember 1982 unterzeichnet wurde. Danach veräußerten die Klägerinnen bis zum 19. September 1983 sieben Teile des im Jahre 1979 erworbenen, noch unbebauten Grundstücks für insgesamt 1.098.120 DM. Im November 1983 wurde die Bauvoranfrage positiv beschieden.

Aufgrund einer Außenprüfung im Jahre 1986, deren Schlußbesprechung am 15. Januar 1987 stattfand, bewertete die Finanzbehörde die Veräußerung der Grundstücksteile als gewerblichen Grundstückshandel und setzte deswegen gegen die Klägerinnen mit – bestandskräftigen – Bescheiden von März und Mai 1987 Einkommen- und Gewerbesteuer fest. Der Haftpflichtversicherer des Beklagten verzichtete mit dessen Zustimmung auf die Verjährungseinrede für die Zeit vom 12. Januar 1990 bis Ende des Jahres 1990, soweit ein Ersatzanspruch der Klägerinnen nicht bereits verjährt war.

Die am 29. Dezember 1990 eingereichte und am 23. Januar 1991 zugestellte Ersatzklage haben Land- und Oberlandesgericht wegen Verjährung abgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Klägerinnen ihr Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache.

I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Ersatzanspruch der Klägerinnen gegen den Beklagten sei gemäß § 68 StBerG verjährt, und ausgeführt: Die Verjährungsfrist habe am 1. Januar 1984 begonnen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Schaden der Klägerinnen eingetreten, weil die Steuerschuld mit Ablauf des Veranlagungsjahres 1983 entstanden sei. Jedenfalls mit der letzten Veräußerung sei der Steuertatbestand unveränderbar erfüllt gewesen. Nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist sei auch der Sekundäranspruch Ende des Jahres 1989 verjährt. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Klageanspruch ist nicht verjährt.

1. Nach inzwischen fester Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGHZ 119, 69 WM 1992, 1738 = NJW 1992, 2766; Urt. v. 3. Dezember 1992 – IX ZR 61/92, WM 1993, 510, 513; v. 10. Dezember 1992 – IX ZR 54/92, WM 1993, 703, 704; v. 29. April 1993 – IX ZR 101/92, WM 1993, 1508, 1509; v. 29. April 1993 – IX ZR 109/92, WM 1993, 1511, 1513; v. 3. Juni 1993 – IX ZR 173/92, WM 1993, 1677, 1680) beginnt die Verjährung eines Ersatzanspruchs gegen einen Steuerberater, der steuerliche Nachteile seines Mandanten verschuldet hat, in der Regel frühestens mit Zugang – also mit Bekanntgabe gemäß §§ 122 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 2 AO – des belastenden Steuerbescheids. Der Klageanspruch wird auf einen fehlerhaften Rat in einer Steuersache gestützt. Nach dem Klagevortrag, der mangels anderweitiger tatrichterlicher Feststellungen im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist, hat der Beklagte die Klägerinnen Ende des Jahres 1982 aufgrund eines umfassenden Beratungsvertrages unzutreffend über die steuerlichen Folgen einer Veräußerung von Grundstücksteilen belehrt. Die Verjährung, die frühestens im März 1987 begonnen hatte, wurde durch die Klageerhebung rechtzeitig unterbrochen (§§ 209 Abs. 1, 211, 217 BGB, §§ 253 Abs. 1, 270 Abs. 3 ZPO). Da auf die Verjährungseinrede für die Zeit vom 12. Januar 1990 bis Ende des Jahres 1990 – ohne Beschränkung auf die damals geltend gemachte Schadenshöhe – verzichtet wurde, darf sich der Beklagte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf den Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist in diesem Zeitraum berufen (vgl. BGH, Urt. v. 6. Dezember 1990 – VII ZR 126/90, NJW 1991, 974, 975 m.w.N.). In einem solchen Falle ist § 270 Abs. 3 ZPO entsprechend anwendbar (BGH, Urt. v. 20. Februar 1986 – VII ZR 142/85, NJW 1986, 1861 m.w.N.). Danach trat die verjährungsunterbrechende Wirkung der am 23. Januar 1991 „demnächst” zugestellten Klage bereits mit deren Einreichung am 29. Dezember 1990 ein. Die Klägerinnen haben die Klagezustellung, wenn überhaupt, wegen der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses um weniger als 14 Tage verzögert; ein solcher Zeitraum ist im Rahmen des § 270 Abs. 3 ZPO unschädlich (BGH, Urt. v. 15. Januar 1992 – IV ZR 13/91, VersR 1992, 433, 434; v. 29. Juni 1993 – X ZR 6/93, NJW 1993, 2811, 2812; v. 1. Dezember 1993 – XII ZR 177/92, WM 1994, 439, 441). Der Kostenvorschuß mußte nicht schon mit der Einreichung der Klage eingezahlt werden (BGHZ 69, 361, 363f.; BGH, Urt. v. 29. Juni 1993 – X ZR 6/93 a.a.O.). Die gerichtliche Anforderung des Vorschusses ist am 4. Januar 1991 abgesandt worden; der Scheck der Klägerinnen, der vor seiner Einlösung die gerichtliche Verfügung der Klagezustellung veranlaßt hat, ist am 18. Januar 1991 bei Gericht eingegangen.

2. Die neue Rechtsprechung des Senats zum Verjährungsbeginn in Steuersachen hat neben Zustimmung (Giesen JR 1993, 284f.) auch Ablehnung erfahren.

a) Schultz (VersR 1994, 142, 147f.) und Gräfe (EWiR 1993, 959, 960) vertreten die – von den Vorderrichtern geteilte – Ansicht, ein Ersatzanspruch des Auftraggebers gegen seinen Steuerberater entstehe in dem Zeitpunkt, in dem der Steuertatbestand gemäß § 38 AO verwirklicht werde, so daß damit die Verjährungsfrist des § 68 StBerG zu laufen beginne. Dieser Meinung kann nicht zugestimmt werden (vgl. BHGZ 73, 363, 366, 368f.; 83, 17, 25f.; 119, 69, 71f.). Das Vermögen des Mandanten wird frühestens dann verschlechtert, wenn die Finanzbehörde aufgrund des entstandenen Steuerschuldverhältnisses eine Steuer festsetzt. Vorher liegt allenfalls eine Vermögensgefährdung vor, die noch keinen Regreßanspruch gegen den Steuerberater auslöst. Bei einer Vorverlegung des Verjährungsbeginns auf die Verwirklichung des Steuertatbestandes wären die schutzwürdigen Belange des geschädigten Mandanten nicht mehr angemessen gewahrt (Späth DStR 1993, 624, 628; Prütting/Berne StVj 1992, 224, 233). Die Verjährungsregelung des § 68 StBerG ergibt für den Steuerberater – ebenso wie § 51 BRAO für den Rechtsanwalt – eine haftungsrechtliche Vergünstigung. Abweichend von der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 195 BGB) verjährt ein vertraglicher Ersatzanspruch des Auftraggebers gegen den Steuerberater in drei Jahren; die Verjährung beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch entstanden ist, selbst wenn der geschädigte Mandant den Beratungsfehler und seinen sich daraus ergebenden Schaden nicht kennt. Da die Gestaltungsberatung in Steuerangelegenheiten zumeist „Langzeitwirkung” hat, werden ein Beratungsfehler und die daraus folgenden Steuernachteile häufig erst lange nach der Beratung erkennbar (vgl. BGH, Urt. v. 10. Dezember 1992 – IX ZR 54/92, a.a.O.; Späth a.a.O. 625, 627). Die fehlende Sachkunde hindert den betroffenen Mandanten in der Regel daran, diese Umstände alsbald festzustellen und die zur Wahrung seiner Rechte erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen; vielmehr pflegt er seinem Steuerberater zu vertrauen, dem er meistens einen Dauerauftrag erteilt hat (vgl. BGHZ 83, 17, 24f.; Späth a.a.O. 625). Deswegen wären, liefe die Verjährungsfrist schon ab Entstehung der Steuerschuld gemäß § 38 AO, Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater vielfach bereits verjährt, bevor der Mandant den Beratungsfehler und dessen Folgen überhaupt erkennen kann. Die vom Berufungsgericht herangezogene Rechtsprechung zur fehlerhaften Empfehlung einer nachteiligen Vermögensanlage, die einen Schaden und damit einen Verjährungsbeginn schon mit der rechtlichen Bindung an das Beteiligungsobjekt auslösen kann (BGHZ 83, 328, 333f.; 119, 69, 72; BGH, Urt. v. 7. Mai 1991 – IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1305; v. 27. Januar 1994 – IX ZR 195/93, WM 1994, 504, 506), betrifft eine Beratung in wirtschaftlicher – nicht in steuerlicher – Angelegenheit und damit einen anderen Sachverhalt.

b) Gräfe (EWiR 1993, 79, 80) und Spieß (DStR 1993, 35, 36) meinen, Schadensentstehung und Verjährungsbeginn im Sinne des § 68 StBerG seien bereits mit der Schlußbesprechung über das Ergebnis einer Außenprüfung anzunehmen, weil die Finanzverwaltung an die Feststellungen des Betriebsprüfers „faktisch gebunden” sei. Häufig ist es jedoch unsicher, ob die Auswertung des Prüfergebnisses durch die Veranlagungsstelle zu einer bestimmten, mit der Beurteilung des Prüfers übereinstimmenden Steuerfestsetzung führt, etwa bei Ermessensentscheidungen (§ 5 AO) oder bei wertender Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe aufgrund der Umstände des Einzelfalles, beispielsweise bei der Prüfung, ob bürgerlich-rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Umgehung des Steuergesetzes mißbraucht wurden (§ 42 AO). Der Senat hat in seinem grundlegenden Urteil vom 2. Juli 1992 (BGHZ 119, 69, 73f.) bereits ausgeführt, daß die steuerliche Ermittlungsmaßnahme der Außenprüfung (§§ 193ff. AO) und die Schlußbesprechung über das Prüfergebnis (§ 201 AO) noch keine Vermögenseinbuße des Betroffenen auslösen (so auch Prütting/Berne a.a.O. 230). Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist dem Steuerpflichtigen regelmäßig noch kein Schaden im zivilrechtlichen Sinne entstanden, solange ihm kein belastender Steuerbescheid bekanntgegeben ist; bis dahin besteht nur das Risiko, daß infolge des Fehlers des Steuerberaters ein Schaden eintritt (BGHZ 119, 69, 70ff.; Prütting/Berne a.a.O. 230, 232ff.). Erst der bekanntgegebene Steuerbescheid konkretisiert den öffentlich-rechtlichen Steueranspruch (§ 37 AO), der gemäß § 38 AO seinem Rechtsgrunde nach entstanden ist, sobald der Steuertatbestand verwirklicht wurde; dies gilt auch für eine volle oder teilweise Freistellung von einer Steuer (§ 155 Abs. 1 AO). Der Steuerbescheid ist die Grundlage für die Verwirklichung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 218 Abs. 1 AO). Deswegen hat der Mandant frühestens ab Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids ein schutzwürdiges Interesse an einem Rückgriff gegen seinen Steuerberater und einen fälligen, einklagbaren Ersatzanspruch (§ 198 BGB; vgl. BGHZ 113, 188, 193ff. m.w.N.). Der mit diesem Zeitpunkt verbundene Verjährungsbeginn führt nicht, wie Späth (a.a.O. 627) und Spieß (a.a.O.) meinen, zu einer unangemessenen Benachteiligung des Steuerberaters und zu einer Aushöhlung der gesetzgeberischen Zielsetzung, sondern ist bei Berücksichtigung der Belange beider Vertragspartner sachgerecht (Giesen a.a.O.). Der geschädigte Auftraggeber muß eine realistische Chance haben, seinen Ersatzanspruch gegen den Steuerberater durchzusetzen. Dies ist der Fall, wenn der Verjährungsbeginn an die Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids anknüpft. Dadurch werden die beachtenswerten Interessen des ersatzpflichtigen Steuerberaters nicht unangemessen vernachlässigt. Der vom Gesetzgeber gewollte Schutz der steuerlichen Berater vor einer unzumutbaren wirtschaftlichen Bedrohung durch berufstypische Risiken verlangt nicht, die berechtigten Belange des geschädigten Auftraggebers außer acht zu lassen, und bleibt bei einem regelmäßigen Verjährungsbeginn mit Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids gewährleistet.

II.

Das angefochtene Urteil ist nicht im Ergebnis aus einem anderen Grunde richtig (§ 563 ZPO).

1. Die Klägerinnen haben den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen Schlechterfüllung eines Beratungsvertrages schlüssig dargelegt (GA I 2ff., 202ff., 244ff.).

a) Danach ist davon auszugehen, daß der Beklagte seine vertragliche Beratungspflicht fahrlässig verletzt hat.

Ein Steuerberater muß seinen Auftraggeber auch ungefragt über die bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten, die bei der Erledigung des Auftrags auftauchen, und über ihre Folgen unterrichten, insbesondere über die Möglichkeit einer Steuerersparnis belehren (BGH, Urt. v. 7. November 1991 – IX ZR 288/90, WM 1992, 238, 239 m.w.N.). Die Klägerinnen haben behauptet, im Rahmen eines umfassenden Steuerberatungsvertrages sei mit dem Beklagten im Jahre 1982 mehrmals die Frage erörtert worden, welche steuerlichen Folgen es habe, wenn das im Oktober 1979 erworbene Grundstück als Ganzes oder in Teilflächen veräußert werde. Der Beklagte, der die Bauvoranfrage, die Gespräche mit der Gemeinde wegen einer Ablösung der Erschließungsbeiträge, das Ablösungsangebot der Gemeinde und dessen Weitergabe an einen Makler gekannt habe, habe erklärt, das unbebaute Grundstück könne drei Jahre nach seinem Erwerb steuerfrei in Teilflächen veräußert werden. Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Auskunft hätten sie – die Klägerinnen die Grundstücksteile verkauft. Bei Richtigkeit dieses Vorbringens hat der Beklagte gegen seine vertragliche Beratungspflicht verstoßen. Schon zur Beratungszeit waren Grundstücksgeschäfte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFHE 104, 178, 180 f = BStBl. II 1972, 291f.; BFHE 129, 177, 179 f = BStBl. II 1980, 106, 107; BStBl. II 1973, 661, 662; 1976, 152, 153) in der Regel eine Gewerbetätigkeit außerhalb privater Vermögensverwaltung, wenn mehr als drei Objekte verkauft wurden und zwischen Grundstückserwerb und Veräußerung ein enger zeitlicher Zusammenhang bestand. Der zeitliche Zusammenhang ist Anzeichen dafür, daß das Grundstück bereits in der Absicht der Veräußerung erworben wurde und damit auch ein innerer Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung besteht. Dabei genügt es, wenn beim Erwerb die Veräußerung des Vermögenswerts selbst nur in Erwägung gezogen wurde, gegebenenfalls neben der Absicht, das Grundstück z.B. durch Vermietung zu nutzen (vgl. BFHE 151, 399). Je kürzer der Zeitraum zwischen Erwerb und Veräußerung, um so eher ist davon auszugehen, daß der Erwerb zum Zwecke der Veräußerung erfolgte. Dabei hat der Bundesfinanzhof bereits bei einem Verkauf innerhalb von fünf Jahren nach Erwerb einen Zusammenhang zwischen diesem und dem Verkauf angenommen (vgl. BFHE 151, 399 = DB 1988, 585). An die Widerlegung der Vermutung, daß Anschaffung und Veräußerung zusammenhängen, sind bei kurzen Zeitabständen sehr strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BFHE 129, 177; BFH BStBl. II 1991, 844, 846). Schon hiernach mußte der Beklagte in Rechnung stellen, daß die Klägerinnen die Vermutung nicht würden widerlegen können, daß sie schon beim Erwerb beabsichtigt hätten, das Grundstück zu parzellieren und diese Parzellen zu verkaufen, so daß ein Gewerbebetrieb bereits ab Erwerb anzunehmen war. Hinzu kam, daß Bauvoranfrage, Abwälzung der Erschließungsbeiträge und die Weitergabe des dahingehenden Angebots an den Makler weitere objektive Anhaltspunkte für eine Veräußerungsabsicht und damit für die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit waren. Auch diese Tätigkeiten lagen innerhalb des Zeitraums von drei Jahren ab Kauf des Grundstücks, so daß das Grundstück, als es bei Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit als Einlage eingebracht wurde, gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG mit den niedrigen Anschaffungskosten anstatt mit dem höheren Teilwert zu bewerten war. Die Folge waren die Veräußerungsgewinne, die der Einkommen- und Gewerbesteuer unterlagen. Auf diese Gefahr einer Besteuerung hätte der Beklagte die Klägerinnen hinweisen müssen. Zugleich hätte er sie darüber aufklären müssen, daß eine solche Gefahr nicht bestand, wenn die Klägerinnen das Grundstück als Ganzes veräußerten. In diesem Falle fehlte eine nachhaltige, auf Wiederholung angelegte Gewerbetätigkeit (BFHE 104, 178, 180; 129, 177, 179). Die von den Klägerinnen dargelegte Pflichtverletzung des Beklagten beruht auf Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), da er nicht über die – zitierte – Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum gewerblichen Grundstückshandel bis zur Beratungszeit im Jahre 1982 belehrt hat. Der Beklagte hätte bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens erkennen und die sich daraus ergebenden Nachteile für die Klägerinnen verhindern können und müssen.

b) Die Klägerinnen haben auch den – vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO festzustellenden – Ursachenzusammenhang zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Beklagten und dem geltend gemachten Schaden schlüssig dargelegt. Sie haben behauptet, bei sachgerechter Beratung hätten sie entweder das Grundstück als Ganzes zu dem Preis veräußert, der als Gesamterlös aus dem Verkauf der Teilflächen erzielt worden sei, oder den Verkauf unterlassen, das Grundstück bebaut und zu Wohnzwecken vermietet (GA I 7, 43ff., 60ff., 99ff., 128, 134, 210ff., 247). In diesen Fällen wäre der Steuerschaden nicht entstanden. Weiterhin wird zu prüfen sein, ob eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, daß die Klägerinnen sich beratungsgemäß verhalten hätten (vgl. BGH, Urt. v. 30. September 1993 – IX ZR 73/93, NJW 1993, 3259, 3260).

c) Schließlich haben die Klägerinnen Art und Höhe des behaupteten, im Berufungsverfahren ermäßigten (GA I 188ff.) Schadens schlüssig dargelegt (GA I 6f., 74, 97ff., 214ff.).

2. Da der Beklagte das – unter Beweis gestellte – Klagevorbringen in rechtserheblicher Weise bestritten hat, sind tatrichterliche Feststellungen erforderlich.

III.

Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 ZPO).

 

Fundstellen

BB 1994, 1522

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