Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung von Schadensersatzansprüchen aus einem Werkvertrag mit einem Steuerberater

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen einen Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten richtet sich auch dann nach § 68 StBerG, wenn der Vertrag zwischen dem steuerlichen Berater und seinem Mandanten als Werkvertrag anzusehen ist.

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 68 StBerG unterscheidet nicht zwischen Dienst- und Werkvertrag; die Vorschrift stellt es auch nicht darauf ab, ob der Vertrag eine Geschäftsbesorgung i.S. des § 675 BGB zum Gegenstand hatte. Sie findet deshalb auf alle Verträge Anwendung, durch die Steuerberater und Steuerbevollmächtigte mit der Erledigung der in § 1 StBerG umschriebenen beruflichen Aufgaben betraut werden.

 

Normenkette

StBerG § 68; BGB § 675

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 16.09.1980; Aktenzeichen 25 U 18/80)

LG Münster (Urteil vom 16.11.1979; Aktenzeichen 10 O 254/79)

 

Tatbestand

Der Beklagte war für die Klägerin seit 1966 als Steuerberater tätig; er kündigte das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 8. Februar 1976. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Steuerberatung.

Im Jahre 1975 nahm das Finanzamt bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 1969 bis 1972 vor. Die Abschlußbesprechung fand am 3. Juni 1975 statt; der Prüfungsbericht vom 24. Juni 1975 wurde der Klägerin mit Schreiben vom 18. Juli 1975 zugesandt. In verschiedenen Punkten wurden fehlerhafte Angaben und Buchungen festgestellt, die zu erheblichen Steuernachforderungen in Höhe von rund 80.000,– DM führten. Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe sie nicht genügend auf die mangelhafte Buchführung hingewiesen. Er habe es unterlassen, ca. 9.000,– DM Umsatzsteuer abzuführen, er habe in der Bilanz Unkosten falsch angesetzt, er habe es unterlassen, bei dem Finanzamt Erlaßanträge zu stellen. Durch die Fehler des Beklagten sei ihr, der Klägerin, ein Schaden in Höhe von mindestens 50.000,– DM entstanden, von dem sie zunächst einen Teilbetrag von 35.000,– DM geltend machte, den sie in der Berufungsinstanz auf 70.000,– DM erhöhte.

Der Beklagte hat u.a. die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihren Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Rüge, daß das Berufungsgericht den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Vertagungsantrag zu Unrecht abgelehnt habe, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung fallengelassen; sie bedarf daher keiner Bescheidung.

II.

1. Die Revision versteht die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verjährung eines Schadensersatzanspruchs gegen Steuerberater dahin, daß die Verjährungsfrist erst in dem Zeitpunkt zu laufen beginne, in dem der Mandant Kenntnis von der Vertragsverletzung erlangt hat. Diese Ansicht ist unzutreffend (BGHZ 73, 363, 365 unter Ziff. 2; Senatsurteil vom 20. Januar 1982 – IVa ZR 293/80 – WM 1982, 371 = ZIP 1982, 318 = VersR 1982, 398).

2. Die Revision macht geltend, daß im Werkvertragsrecht Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung, die nicht nur aus einer mangelhaften Erfüllung des Vertrages hergeleitet werden, in 30 Jahren verjähren.

Dies ist zwar zutreffend, für die Entscheidung des vorliegenden Falles aber ohne Bedeutung. § 68 StBerG unterscheidet nicht zwischen Dienst- und Werkvertrag; die Vorschrift stellt es auch nicht darauf ab, ob der Vertrag eine Geschäftsbesorgung i.S. des § 675 BGB zum Gegenstand hatte. Sie findet deshalb auf alle Verträge Anwendung, durch die Steuerberater und Steuerbevollmächtigte mit der Erledigung der in § 1 StBerG umschriebenen beruflichen Aufgaben betraut werden (Senatsurteil vom 20. Januar 1982 – IVa ZR 293/80 aaO.). Das hat auch seinen guten Sinn. Ob ein Steuerberatungsvertrag als Dienst- oder Werkvertrag anzusehen ist, kann im Einzelfall zweifelhaft sein; es müßte eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge haben, wenn die Dauer der Verjährungsfrist von schwierigen Überlegungen über die rechtliche Einordnung des zwischen den Parteien bestehenden Steuerberatungsvertrages abhängig wäre. Für eine Differenzierung zwischen Dienst- und Werkvertrag besteht auch kein sachlicher Grund.

3. Die Revision stellt zur Nachprüfung, ob der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, daß ein Rechtsanwalt seinen Auftraggeber auf das Bestehen eines Regreßanspruchs und die kurze Verjährungsfrist hinweisen muß, auch auf Steuerberater anzuwenden ist. Diese Frage ist inzwischen vom Bundesgerichtshof im Sinne der Klägerin entschieden worden (Urteil vom 20. Januar 1982 – IVa ZR 314/80 – VersR 1982, 468 = WM 1982, 367 = ZIP 1982, 451). Da das Berufungsgericht dies noch nicht berücksichtigt hat, muß das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

NJW 1982, 2256

ZIP 1982, 841

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