Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 17.05.1984)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Mai 1984 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der von der beklagten Zusatzversorgungsanstalt nach ihrer Satzung (VBLS) zu zahlenden Versorgungsrente.

Der Kläger hatte befreiende Lebensversicherungen gemäß Art. 2 § 1 AnVNG abgeschlossen. Dafür leistete sein Arbeitgeber, der Beteiligter der Beklagten ist, in der Zeit vom 1. März 1957 bis zum 31. März 1967 einen Zuschuß von 14.520,10 DM. Zudem war der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig weiterversichert. Vom 1. Januar 1960 bis 31. Dezember 1967 wurden dazu Beiträge in Höhe von insgesamt 11.487,– DM gezahlt. Davon übernahm der Arbeitgeber des Klägers 3.906 DM.

Nach Erreichen der Altersgrenze schied der Kläger aus seinem Arbeitsverhältnis aus. Die Beklagte rechnete bei der Ermittlung seiner Versorgungsrente (§ 40 VBLS) auf die dem Kläger gemäß §§ 41 ff VBLS zustehende Gesamtversorgung dessen Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie 1,25 v. H. der doppelten Summe der Arbeitgeberbeiträge zu der befreienden Lebensversicherung an (§ 40 Abs. 2 d) VBLS). Dies ergab ab 1. April 1981 folgende Rentenberechnung:

a)

Gesamtversorgung pro Monat

4.055,19 DM

darauf anzurechnen:

b)

Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung

1.515,60 DM

c)

anrechenbare Leistungen aus den befreienden Lebensversicherungen

358,97 DM

2.180,62 DM

d)

Erhöhung wegen Beiträgen zur freiwilligen weiter Versicherung

6,45 DM

Versorgungsrente des Klägers

2.187,07 DM

Die Parteien streiten um die Anrechenbarkeit der Leistungen aus den befreienden Lebensversicherungen. Diese errechnet die Beklagte wie folgt:

Zuschuß des Arbeitgebers zu den befreienden Lebensversicherungen

14.520,10 DM

doppelte Summe dieses Zuschusses

29.040,20 DM

Gesamtbeiträge während der Beteiligung des Arbeitgebers

29.459,54 DM

davon der niedrigere Betrag, also

29.040,20 DM

abzüglich Beitragsleistung des Klägers zur freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Beteiligung seines Arbeitsgebers

322,– DM

verbleibt

28.718,20 DM

anrechenbarer Betrag aus den befreienden Lebensversicherungen somit 1,25 % aus 28.718,20 DM

358,97 DM

Der Kläger, der die Rentenermittlung im übrigen nicht beanstandet, vertritt die Auffassung, der Anrechnungsbetrag sei zu hoch bemessen. Nach § 97 Satz 1 VBLS seien hiervon nämlich die Beiträge abzuziehen, die der Kläger zur freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Beteiligung seines Arbeitgebers geleistet habe. Da der Arbeitgeber mit 3.906,– DM die Hälfte des monatlichen Höchstbetrags gezahlt habe, seien die vom Kläger im gleichen Zeitraum entrichteten 7.581 DM nur in Höhe von 3.906 DM mit „Beteiligung” des Arbeitgebers geleistet. Der Restbetrag von 3.675 DM sei dagegen vom Kläger allein „ohne Beteiligung des Arbeitgebers” erbracht, wolle man § 97 Satz 1 VBLS anders auslegen, so sei der überschießende Betrag nach § 97 Satz 3 VBLS als Beitrag zur Höherversicherung anzusehen mit der Folge, daß ihm eine um 45,97 DM höhere Versorgungsrente zustehe.

Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von 688,95 DM und Feststellung der Verpflichtung, die Versorgungsrente unter Anrechnung weiterer 3.675 DM im Rahmen des § 97 Satz 1 VBLS zu berechnen, stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die – zugelassene – Revision des Klägers, der die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Entgegen der Ansicht der Revision ordnet § 97 Satz 1 VBLS die Berücksichtigung der zur freiwilligen Weiterversicherung geleisteten überschießenden Beiträge in Höhe von 3.675 DM bei der Ermittlung des Anrechnungsbetrages nach § 40 Abs. 2 d VBLS nicht an.

1. Zu Recht versteht das Berufungsgericht § 97 Satz 1 seinem Wortlaut nach dahin, daß nur solche Leistungen zur freiwilligen Weiter Versicherung vom Anrechnungsbetrag abzuziehen sind, zu denen allein der Arbeitnehmer beigetragen hat. Die Satzung spricht nämlich nur von Beteiligung und stellt damit gerade nicht auf einen bestimmten Anteil am Beitragsaufkommen ab. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß dem Satzungsgeber die Möglichkeit sich der Höhe nach nicht deckender Beitragsanteile von Arbeitnehmer und Arbeitgeber durchaus bewußt war. Dies zeigen die gleichzeitig mit § 97 VBLS eingefügte Regelung des § 40 Abs. 2 c und d VBLS sowie §§ 8, 9 des Tarifvertrages TdL i.d.F. vom 14.6.1958. Die letztgenannten Vorschriften sind ein Beispiel für tarifvertragliche Regelungen, auf die die Satzung in §§ 40, 97 VBLS inhaltlich Bezug nimmt.

Die Auslegung, § 97 Satz 1 VBLS knüpfe allein an das Merkmal einer Beteiligung des Arbeitgebers an und unterscheide nicht nach bestimmten Beitragsanteilen, liegt daher schon dem Wortlaut der Bestimmung nach sehr nahe.

2. Diesem Verständnis entsprechen auch Sinn und Zweck der Regelung. § 97 Satz 1 VBLS ist wie § 40 VBLS Bestandteil der grundsätzlichen Neuregelung, welche die von der Beklagten zu gewährende Zusatzversorgung mit der Satzungsänderung zum 1. Januar 1967 erfahren hat. Zu diesem Zeitpunkt wurde das überkommene Versicherungssystem durch ein Gesamtversorgungssystem nach beamtenähnlichen Grundsätzen ersetzt und der Kreis der beteiligten Arbeitgeber erweitert (vgl. Berger/Kiefer, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, Einführung XX). Für die betroffenen Arbeitnehmer war damit weitgehend eine deutliche Verbesserung ihrer Altersvorsorge verbunden. Gleichzeitig stand der Satzungsgeber aber vor der Aufgabe, den bis dahin teilweise recht unterschiedlichen Versorgungssystemen, aus denen die Pflichtversicherten auch in Zukunft Versorgungsleistungen zu erwarten hatten, durch Anpassungsregelungen Rechnung zu tragen. Die Aufgabe, ein neues einheitliches Zusatzversorgungssystem zu begründen, erforderte notwendigerweise pauschalierende Regelungen. Diese waren umso eher zu rechtfertigen, als damit generell eine Besserstellung der einzelnen Arbeitnehmer angestrebt wurde.

a) Eine derartige Anpassung war insbesondere notwendig für Arbeitnehmer, für die wie beim Kläger aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen eine befreiende Lebensversicherung bestand, zu der der Arbeitgeber Zuschüsse leistete. Bezüge aus solchen Lebensversicherungen können bei der Berechnung der Versorgungsrente nicht unberücksichtigt bleiben. Ansonsten wäre bei solchen Versicherten von vorneherein eine nicht zu rechtfertigende Überversorgung zu erwarten. Andererseits schließt die Vielfalt der Lebensversicherungssysteme einen Rückgriff auf die Anrechnung der tatsächlich gezahlten Bezüge aus. Satzungsgemäß wurden deshalb nicht die Leistungen der Lebensversicherung, sondern die dazu erbrachten Beitrage der Arbeitgeber als einheitliche Berechnungsgrundlage herangezogen (Berger/Kiefer a.a.O. § 40 B 82, 5). Damit erreicht die Satzung eine Vereinfachung bei der Rentenermittlung. Eine solche erscheint schon deshalb als sachangemessen, weil die Altersversorgung durch befreiende Lebensversicherung nur einen Übergangstatbestand darstellt, nachdem inzwischen alle Arbeitnehmer von den beteiligten Arbeitgebern in der Sozialversicherung pflichtversichert sind (Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes § 40 B 139).

b) § 97 VBLS enthält eine Übergangsregelung zu § 40 Abs. 2 d VBLS. Die Bestimmung betrifft einen Teil der Fälle, in denen neben einer befreienden Lebensversicherung, zu der der Arbeitgeber Beiträge leistete, eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bestand. Zeit und Umfang der freiwilligen Weiterversicherung bestimmen in der Regel die Höhe des dynamischen gesetzlichen Altersruhegeldes mit (§§ 31, 32, 32 b Abs. 1 AVG). Letzteres ist aber gemäß § 40 Abs. 2 a VBLS auch neben den Beiträgen zu der befreienden Lebensversicherung auf die Gesamtversorgung anzurechnen. Höhere Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung können daher die von der Beklagten zu zahlende (Zusatz-)Versorgungsrente schmälern. Im Rahmen des Gesamtversorgungssystems ist das jedoch kein außergewöhnliches Ergebnis. Die Beklagte gewährt nur eine beamtenähnliche Gesamt Versorgung und stockt die übrigen Versorgungsbezüge der Pflichtversicherten nur bis zu dieser Bezugsgröße auf. Es entspricht daher einem Grundsatz der Satzung, daß Bezüge, zu denen ein öffentlicher oder bei der Beklagten beteiligter Arbeitgeber beigetragen hat oder die von einem solchen geleistet werden, die Ansprüche gegen die Beklagte schmälern. Dagegen ist die Anrechnung einer Altersversorgung, die ohne Beteiligung eines derartigen Arbeitgebers allein vom Pflichtversicherten geschaffen wurde, dem Gesamtversorgungssystem wegen dessen Anknüpfung an das beamtenrechtliche Herkunftsprinzip fremd. Aus diesem Grund sieht § 97 Satz 1 VBLS bei der Bemessung des Anrechnungsbetrages nach § 40 Abs. 2 d VBLS eine Berücksichtigung der Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung vor, sofern diese allein vom Arbeitgeber erbracht wurden. Eine Aufspaltung in dem Arbeitgeberanteil kongruente und überschießende Beiträge steht dagegen mit Zielsetzung und Grundprinzipien der Satzung nicht im Einklang.

II.

Ob § 97 Satz 3 VBLS dem vom Kläger verfolgten Begehren überhaupt zum Erfolg verhelfen könnte, kann dahingestellt bleiben. Entgegen der Ansicht der Revision können jedenfalls die überschießenden Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung auch nicht als Beiträge zur Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung behandelt werden. § 97 Satz 3 VBLS ist einer ausdehnenden Anwendung nicht zugänglich. Insbesondere enthält diese Bestimmung keine von der Satzung vorgenommene Umdeutung von Beiträgen zur Weiterversicherung in solche der Höherversicherung. § 97 Satz 3 VBLS vollzieht vielmehr lediglich eine Vorgabe aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach und bestimmt im Anschluß daran, daß § 97 Satz 1 und 2 VBLS keine Anwendung finden auf „Beiträge, die nach … § 32 b Abs. 2 AVG als Beiträge der Höherversicherung gelten”. Einer Analogie steht schon der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand entgegen, daß § 32 b Abs. 2 AVG nur für freiwillige Beiträge gilt, die nach dem 31. Dezember 1978 entrichtet sind, und nur für Versicherungsfälle, die nach dem 31. Dezember 1980 eingetreten sind.

III.

§ 97 Satz 1 VBLS verstößt nicht gegen Art. 3 GG. Die Beschränkung auf Fälle einer freiwilligen Weiterversicherung, zu welcher der Arbeitgeber nichts beigetragen hat, steht nicht im Widerspruch zum allgemeinen Gleichheitssatz. Die Bestimmung ist Bestandteil einer Gesamtregelung, die die Anpassung unterschiedlicher Versorgungssysteme an das neue System der Gesamt Versorgung anstrebt. Dabei knüpft die Satzung durchaus an sachliche Unterscheidungsmerkmale an. Daß eine andere Regelung, die den Gegebenheiten ebenfalls oder gar besser Rechnung tragen würde, denkbar ist, vermag einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu begründen. Die Prüfung hat sich nämlich darauf zu beschränken, ob der Satzungsgeber gegen das Willkürverbot verstoßen hat.

Dagegen ist nicht zu entscheiden, ob die gegenwärtige Regelung die gerechteste und zweckmäßigste Lösung darstellt (BVerfGE 34, 118, 131 = NJW 1973, 502; BVerfGE 66, 235, 247).

 

Unterschriften

Dr. Hoegen, Rottmüller, Dr. Lang, Dr. Zopfs, Dr. Ritter

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1372859

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