Leitsatz (amtlich)

›1. Das Recht auf abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung gegen den Versicherer kann durch unmittelbare Klage auf Zahlung gegen den Konkursverwalter, beschränkt auf Leistung aus der Versicherungsforderung, geltend gemacht werden.

"2. Der für einen Gesamtschuldner eintretende Versicherer kann von einem anderen Gesamtschuldner keine (anteilige) Freistellung für künftig zu leistenden Schadensersatz verlangen.

"3. Zum gesamtschuldnerischen Innenausgleich nach einem Verkehrsunfall infolge Mängeln der Absicherung einer Straßenbaustelle, für die sowohl die öffentliche Hand als auch die Bauunternehmung und deren örtlicher Bauleiter, letztere in einer Haftungseinheit verbunden, jeweils unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht einzustehen haben.‹

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn

OLG Frankfurt am Main

 

Tatbestand

Der Kläger, der als Haftpflichtversicherer des Landes Hessen Schadensersatzleistungen an N. erbracht hat, begehrt von den Beklagten Erstattung im gesamtschuldnerischen Innenausgleich. N. ist im Jahre 1974 mit seinem Pkw in einer Baustelle verunglückt, welche zum Ausbau einer Landesstraße eingerichtet war. Mit der Baumaßnahme war die F.-GmbH beauftragt. Zugleich war ihr die Verkehrssicherungspflicht übertragen. Der bei ihr angestellte Erstbeklagte war der verantwortliche Bauleiter. Der Zweitbeklagte ist der Konkursverwalter des später - im Jahre 1984 - in Konkurs gefallenen Unternehmens.

Die Baumaßnahme diente im Bereich der Unfallstelle der Entschärfung einer Kurve durch Verbreiterung der Fahrbahn. Die Straße verläuft dort, aus Fahrtrichtung des N. gesehen, in einer Linkskurve über eine Kuppe. In ihrem früheren Zustand verengte sie sich zugleich. Die Fahrbahn sollte im Bereich der Kurve nach rechts verbreitert werden. Die Baustelle betraf allein das Verbreiterungsstück. Die vorhandene Fahrbahn wurde durch sie nicht direkt berührt.

N. geriet mit seinem Pkw bei Dunkelheit nach rechts in das 1,2 m tiefer gelegene im Bau befindliche neue Straßenbett und erlitt schwere Schädelverletzungen und eine Querschnittslähmung. Das Land Hessen, die F.-GmbH und der Erstbeklagte sind in einem vorangegangenen von N. angestrengten Rechtsstreit vom Landgericht gesamtschuldnerisch zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 100.000 DM verurteilt worden. Zugleich hat das Landgericht die Feststellung getroffen, daß die Genannten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, N. die Hälfte seines sonstigen Schadens zu ersetzen, soweit kein Rechtsübergang stattfinde. Nach Zurückverweisung der Berufungen der (damaligen) Beklagten durch das Oberlandesgericht hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch Urteil vom 14. Januar 1982 (III ZR 58/80, VersR 1982, 576 = NJW 1982, 2187) die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit dorthin zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht hat sodann durch rechtskräftig gewordenes Teilurteil die Berufung des Landes Hessen erneut zurückgewiesen. Im übrigen hat der damalige Rechtsstreit dadurch seine Erledigung gefunden, daß N. in einem gerichtlichen Vergleich auf die weitere Inanspruchnahme der F.-GmbH und des Erstbeklagten verzichtete und die Hauptsache darauf insoweit für erledigt erklärt wurde. In der Folge hat der Kläger für das Land Hessen an N. Zahlungen in Höhe von bisher 130.755,56 DM geleistet.

Mit der hier zugrundeliegenden Klage begehrt der Kläger von den Beklagten im Wege des gesamtschuldnerischen Innenausgleichs Erstattung von 2/3 seiner Aufwendungen. Dabei nimmt er die Beklagten in erster Linie als Gesamtschuldner, hilfsweise zu gleichen Anteilen, d.h. auf je 1/3, in Anspruch. Dementsprechend begehrt er wegen seiner bisheriger Aufwendungen von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von 87.170,37 DM, hilfsweise von jedem von ihnen 43.585,19 DM. Darüber hinaus verlangt er von den Beklagten in demselben Umfange - 2/3 bzw. je 1/3 - Freistellung für die Zukunft. Er hat darauf verwiesen, daß zugunsten der F.-GmbH eine Haftpflichtversicherung bestehe und er den Zweitbeklagten demgemäß auf abgesonderte Befriedigung nach § 157 VVG in Anspruch nehme.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagten auf die Berufung des Klägers entsprechend dem Hilfsantrag verurteilt. Mit ihrer Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

A.

Der Zulässigkeit der gegen den zweitbeklagten Konkursverwalter erhobenen Klage steht nicht entgegen, daß es sich bei der von dem Kläger geltend gemachten Ausgleichsforderung nach § 426 BGB an sich um eine Konkursforderung handelt (vgl. etwa Jaeger/Henckel KO 9. Aufl. § 3 Rdn. 54 sowie - jeweils für das Rückgriffsrecht "des Bürgen oder sonstigen Mitverpflichteten" - Böhle-Stammschräder/Kilger KO 13. Aufl. § 3 Anm. 4 h und Kuhn/Uhlenbruck KO 10. Aufl. § 3 Rdn. 37) und daher der Gläubiger grundsätzlich auf den Weg der Anmeldung zur Konkurstabelle nach §§ 138 ff. KO verwiesen ist (s. Hess/Kropshofer KO 2. Aufl. § 12 Rdn. 12; Jaeger/Henckel aaO § 12 Rdn. 2). Denn der Kläger nimmt den Zweitbeklagten ausdrücklich auf abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung gegen den Haftpflichtversicherer der F.-GmbH in Anspruch, die ihm § 157 VVG in derartigen Fällen eröffnet und welche ggfls. unabhängig vom Konkursverfahren erfolgt (§ 4 Abs. 2 KO). Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, daß der Geschädigte das Recht auf abgesonderte Befriedigung aus der Versicherungsforderung ohne den Umweg über das konkursrechtliche Prüfungsverfahren durch unmittelbare Klage auf Zahlung gegen den Konkursverwalter geltend machen kann, freilich beschränkt auf Leistung aus der Entschädigungsforderung gegen den Versicherer (Senatsurteile vom 13. Juli 1956 - VI ZR 223/54 - VersR 1956, 625, 626 und vom 30. Juni 1964 - VI ZR 108/63 - VersR 1964, 906; zust. Bruck/Möller/Johannsen VVG 8. Aufl. Bd. IV Anm. B 103). Mit dieser Maßgabe bestehen hier gegen die Inanspruchnahme des Zweitbeklagten keine durchgreifenden Bedenken.

B.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger könne aus übergegangenem Recht des Landes Hessen gesamtschuldnerischen Ausgleich beanspruchen, da neben dem Land Hessen auch die F.-GmbH und der Erstbeklagte als ihr Bauleiter verkehrssicherungspflichtig gewesen seien und ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hätten. Sie seien ebenfalls gehalten gewesen, Vorkehrungen auch gegen solche Gefahren zu treffen, die von der Baustelle für die Benutzer der daran vorbeiführenden Landesstraße ausgingen. Innerhalb des N. nach Abzug seines Mitverschuldensanteils zustehenden Ersatzanspruchs sei die Schadensverantwortlichkeit des Landes Hessen mit einem Drittel, wie es sich der Kläger anrechnen lasse, jedenfalls nicht zu niedrig bemessen. Wegen der restlichen 2/3 hafteten die F.-GmbH und der Erstbeklagte nicht, wie von dem Kläger in erster Linie geltend gemacht wiederum als Gesamtschuldner, sondern nach Kopfteilen, und zwar, weil ihre Schadensverantwortlichkeit in etwa gleich wiege, je auf die Hälfte des von dem Kläger geltend gemachten 2/3-Anteils, d.h. auf je 1/3 des an N. zu leistenden Schadensersatzes. Folglich hätten sie von den bisherigen Aufwendungen des Klägers je 43.585,19 DM zu erstatten und den Kläger in Höhe von je 1/3 von den künftig an N. zu erbringenden Schadensersatzleistungen freizustellen.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfange stand.

1. Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht freilich davon aus, daß außer dem Land Hessen auch der F.-GmbH und dem Erstbeklagten eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zur Last fällt und sie daher als Gesamtschuldner neben dem Land Hessen gegenüber N. zum Schadensersatz verpflichtet sind. Wie in dem vorangegangenen von N. angestrengten Rechtsstreit bereits der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs näher dargelegt hat, konnte die Verkehrssicherungspflicht, wenn auch jeweils ohne vollständige Entlastung, von dem Land Hessen auf die F.-GmbH und von dieser weiter auf den Erstbeklagten als den örtlichen Bauleiter übertragen werden (BGH Urteil vom 14. Januar 1982 aaO VersR 1982, 577). Die Verkehrssicherungspflicht der F.-GmbH und des Erstbeklagten ergibt sich zugleich aus ihrer faktischen Verantwortungszuständigkeit für die Baustelle, die es ihnen auch unabhängig von der vertraglichen Delegierung auferlegte, für die den Umständen nach gebotenen Vorkehrungen zum Schutze Dritter Sorge zu tragen (vgl. allgemein Senatsurteil vom 17. Januar 1989 - VI ZR 186/88 zur Veröffentlichung bestimmt). Die praktischen Auswirkungen stimmen indes unbeschadet der rechtlichen Herleitung überein. Entsprechend den Erwägungen, die der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs aaO zu dem hier zugrundeliegenden Unfall angestellt hat und denen der erkennende Senat beitritt, entfällt die Haftung auch der Beklagten wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht etwa im Hinblick darauf, daß die Baustelle die Straße, auf der N daherkam, nicht direkt berührte. Vielmehr waren ebenso wie seitens des Landes Hessen auch seitens der F.-GmbH und des Erstbeklagten als des örtlich verantwortlichen Bauleiters Vorkehrungen auch gegen solche Gefahren zu treffen, die den Verkehrsteilnehmern von der Baustelle neben der Straße wegen des Verlaufs der Straße drohten (BGH aaO S. 577 und 578; Voraussetzung für eine Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ist allerdings, daß sie, wie der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs formuliert hat, mit einer solchen Gefährdung "ernstlich rechnen mußten" (BGH aaO S. 578) bzw. diese Gefährdung "bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ... hätten erkennen müssen" (S. 13 des Urteilsumdrucks, insoweit aaO nicht mit abgedruckt). Eben dies hat das Berufungsgericht nunmehr näher geprüft und bejaht. Es hat dabei rechtsfehlerfrei darauf abgehoben, daß die Fahrbahn von der Baustelle aus nur auf eine kurze Strecke einsehbar war, weil sie in einer Kurve und zugleich über eine leichte Kuppe verlief. Dies habe, so das Berufungsgericht weiter, auch von der Baustelle her gesehen, also sozusagen aus dem Blickwinkel der F.-GmbH und des Erstbeklagten, den Schluß nahegelegt, daß ein aus Gegenrichtung - der Fahrtrichtung des N. - herannahender Kraftfahrer den Straßenverlauf und die Baustelle ebenfalls nicht schon von weitem erkennen konnte. Dies aber war um so gefährlicher, als sich die Baustelle, aus Fahrtrichtung des N. gesehen, geradeaus erstreckte und dem Auge als ebenes Band darbot (s. insoweit in dem vorangegangenen Rechtsstreit BGH aaO S. 577 f.), während die vorhandene Straße nach links abwich und sich zugleich verengte. Darüber hinaus waren, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, auf einer Länge von fast 90 m jedenfalls keine ausreichenden Orientierungshilfen für den Fahrbahnverlauf vorhanden. Unter diesen Umständen konnte für Kraftfahrer aus der Fahrtrichtung des N. bei schlechten Sichtverhältnissen, wie sie zur Zeit des Unfalls gegeben waren, Unsicherheit über den Verlauf der Strecke aufkommen. Nach alledem ist die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, daß (auch) die F.-GmbH und der Erstbeklagte hätten erkennen müssen, daß die Baustelle für Kraftfahrer auf der vorbei führenden Landesstraße eine Gefahr bedeutete und daher Sicherungsmaßnahmen, nämlich die Kennzeichnung der Baustelle mit einem rot-weißen "Flatterband" (Trassierband) und die Aufstellung einer rot-weißschraffierten Richtungstafel (Zeichen 625 zur StVO) an der Straße, geboten waren. Das Fehlen dieser Sicherungsmaßnahmen bedeutet eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auch durch die F.-GmbH und den Erstbeklagten.

Soweit die Revision darauf verweist, daß über die Aufstellung einer Richtungstafel allein die Straßenbaubehörde zu entscheiden gehabt habe, vermag dies die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gegenüber N. nicht in Frage zu stellen. Zum einen würde insoweit bereits genügen, daß nicht für eine Kennzeichnung der Baustelle durch ein Trassierband gesorgt war und jedenfalls auf diese Weise ein Ursachenbeitrag für den Unfall des N. gesetzt worden ist. Zum anderen sind die F.-GmbH und über diese auch der Erstbeklagte für das Fehlen der Richtungstafel mit verantwortlich. Zwar unterliegt die Aufstellung einer solchen Richtungstafel, wie die Revision unter Hinweis auf § 45 Abs. 2 StVO insoweit zu Recht geltend macht, der Entscheidung der zuständigen Straßenbaubehörde bzw. der Straßenverkehrsbehörde. Jedoch darf sich der für die Baustelle Verantwortliche bei dieser Zuständigkeitsregelung nicht beruhigen. Vielmehr bleibt die Sorge dafür, daß Verkehr von der Baustelle drohende Gefahren ggfls. durch entsprechende Verkehrszeichen abgewehrt werden, auch seine Sache. Er hat, wenn er in dieser Beziehung Mängel erkennen muß, bei der zuständigen Behörde auf Abhilfe hinzuwirke, unter Umständen sogar die Arbeiten einzustellen (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1976 - VI ZR 217/74 - VersP 1977, 543, 544 f.). In diesem Sinne waren die F.-GmbH und der Erstbeklagte als ihr Bauleiter gemäß § 45 Abs. 6 StVO gehalten, im Hinblick auf die Bauarbeiten Anordnungen der Behörde unter anderem darüber einzuholen, wie der Verkehr zu regeln und zu leiten sei, in dieser Frage also gegebenenfalls mit Hinweisen und Anregungen bei der Behörde vorstellig zu werden. Auch insoweit steht nicht entgegen, daß die Baustelle die Fahrbahn nicht berührte. § 45 Abs. 6 StVO setzt lediglich voraus, daß sich die Arbeiten auf den Straßenverkehr "auswirken". Das aber war hier nach den tatrichterlichen Feststellungen der Fall.

Die weiteren Einwendungen der Revision vermögen die Annahme des Berufungsgerichts, daß (auch) die F.-GmbH der Erstbeklagte schuldhaft ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt und dadurch zu dem Unfall beigetragen haben, gleichfalls nicht zu erschüttern. Soweit die Revision eine die Verkehrsteilnehmer irritierende Beschaffenheit des Unfallbereichs und damit die Notwendigkeit einer zusätzlichen Kennzeichnung der Baustelle verneint, begibt sie sich auf das ihr verschlossene Gebiet der tatrichterlichen Würdigung. Das Nämliche gilt für die Erwägungen, mit denen die Revision in Frage stellt, daß das Bild, welches die Baustelle dem N. bot, für den Unfall ursächlich geworden sei. Soweit die Revision hierzu Verfahrensrügen erhebt, insbesondere Prozeßstoff übergangen sieht, hat der Senat diese Rügen geprüft, sie jedoch im Ergebnis nicht als durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).

Schließlich macht die Revision auch ohne Erfolg geltend, daß eine Schadensersatzpflicht gegenüber N. entfalle, weil dieser seine Fahrweise den Straßen- und Sichtverhältnissen nicht angepaßt und Warn- und Gefahrenzeichen unbeachtet gelassen habe. Die Frage des Mitverschuldens des N. ist in dem vorangegangenen Rechtsstreit im Verhältnis zu dem Land Hessen geprüft und dahin entschieden worden, daß sich N. ein hälftiges Mitverschulden anrechnen zu lassen habe. Nach Lage des Falles ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken dagegen, daß das Berufungsgericht dieselbe Mitverschuldensquote auch im Verhältnis zu dem Erstbeklagten zugrundegelegt hat. Die Revision zeigt insoweit keinen Rechtsfehler auf, sondern sucht lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen.

2. Soweit der Kläger als Versicherer des Landes Hessen in der Zeit vor dem in dem vorangegangenen Prozeß zwischen N. und den Beklagten zustandegekommenen Vergleich (S. hierzu nachfolgend zu 3.) Leistungen an N. erbracht hat, steht ihm zufolge § 67 VVG der gemäß § 426 Abs. 2 BGB im Umfang der Ausgleichsberechtigung auf das Land Hessen übergegangene Schadensersatzanspruch des N. zu. Ferner wird auch der Anspruch des Landes Hessen auf gesamtschuldnerischen Ausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB von dem Rechtsübergang auf den Kläger nach § 67 VVG erfaßt (s. insoweit etwa BGHZ 20, 371, 374 SDwiC Senatsurteile vom 9. November 1965 - VI ZR 122/64 - VersR 1966, 64, 65 und vom 16. Februar 1971 - VI ZR 125/69 - VersR 1971, 476, 477).

3. Das Berufungsgericht hat sich weiter zutreffend auf den Standpunkt gestellt, daß der in dem vorangegangenen Rechtsstreit von N. in einem gerichtlichen Vergleich erklärte Verzicht auf eine Inanspruchnahme der F.-GmbH und des Erstbeklagten dem Kläger nicht mit Erfolg entgegengehalten werden kann, nachdem eine Aufhebung des gesamten Schuldverhältnisses (s. § 423 BGB) aus der Sicht des N. erkennbar nicht gewollt war (s. hierzu BGH Urteil vom 19. Dezember 1985 - III ZR 90/84 - NJW 1986, 1096, 1097). Sofern der Kläger Leistungen an N. noch nach diesem Verzicht erbracht hat, kann sich der Kläger für das Klagebegehren lediglich nicht mehr auf § 426 Abs. 2 BGB (vgl. § 404 BGB), sondern nurmehr auf § 426 Abs. 1 BGB stützen.

4. Das Berufungsgericht geht indes zu Unrecht davon aus, daß die F.-GmbH und der Erstbeklagte dem Kläger im Rahmen des Gesamtschuldnerinnenausgleichs nach Kopfteilen haften und jeweils für die unzulängliche Absicherung der Baustelle einzustehen haben. Insoweit hat das Berufungsgericht verkannt, daß die F.-GmbH und der Erstbeklagte dem Land Hessen für den gesamtschuldnerischen Innenausgleich als Haftungseinheit gegenüberstehen, weil die zu ihrer Außenhaftung führenden Umstände (Verkehrssicherungspflichtverletzung des Erstbeklagten einerseits und Haftung der F.-GmbH nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen eines Auswahl-, Anleitungs- und Überwachungsverschuldens in Bezug auf ihre Leute einschließlich des Erstbeklagten und wegen unzureichender Maßnahmen zur Sicherung des Straßenverkehrs vor den Gefahren der Baustelle andererseits) zu ein und demselben Unfallbeitrag zusammenfließen (vgl. zur Haftungseinheit allgemein etwa Senatsurteil vom 5. Oktober 1982 - VI ZR 72/80 - VersR 1983, 131 m.w.N.), wie dies vielfach bei gleichzeitiger Haftung von Geschäftsherrn und Verrichtungsgehilfen der Fall ist (s. BGHZ 6, 3, 27 f.; 54, 283, 285; BGB-RGRK/Nüßgens 12. Aufl. § 840 Rdn. 36 f.). Das gilt auch für den Ursachenanteil, der der F.-GmbH und dem Erstbeklagten im Verhältnis zu dem Land Hessen zuzurechnen ist. Soweit baustellenseitig Vorkehrungen zum Schutz des Verkehrs auf der Straße zu treffen waren, war dies Suche sowohl des Erstbeklagten als des verantwortlichen Bauleiters als zugleich auch der F.-GmbH als der Bauunternehmerin, die den Erstbeklagten entsprechend zu kontrollieren und anzuweisen hatte. Für Ursachenbeiträge des Erstbeklagten und der F.-GmbH, die nicht in dieser Weise miteinander verklammert gewesen wären, ist nichts ersichtlich.

Besteht mithin zwischen dem Erstbeklagten und der F.-GmbH eine Haftungseinheit, so darf der von ihnen zu verantwortende Verursachungsbeitrag nicht additiv - und damit im Ergebnis doppelt - ins Gewicht fallen. Vielmehr sind die in einer Haftungseinheit verbundenen Gesamtschuldner zusammen wie ein Verursacher zu behandeln (s. etwa BGHZ 6, 3, 27 f.; 55, 344, 349; 61, 213, 219, 220). Darüber hinaus kann im Verhältnis zu in einer Haftungseinheit verbundenen Gesamtschuldnern der ansonsten den Gesamtschuldnerausgleich beherrschende Grundsatz der anteiligen Haftung keine Anwendung finden. Vielmehr haften die in einer Haftungseinheit verbundenen Gesamtschuldner im Innenausgleich dem außerhalb der Haftungseinheit stehenden Mitschuldner in Höhe des auf die Haftungseinheit entfallenden Anteils wiederum nur als Gesamtschuldner (BGHZ 6, 3, 27; 55, 344, 349) und haben sie sich ihrerseits auf einer zweiten Stufe unabhängig von den übrigen Mitschädigern auseinanderzusetzen (BGHZ 61, 213, 219).

Hiernach durfte das Berufungsgericht die unzulängliche Absicherung der Baustelle seitens der F.-GmbH und des Erstbeklagten als ihres verantwortlichen Bauleiters nicht sowohl in einer der F.-GmbH als auch in einer dem Erstbeklagten zugeordneten Haftungsquote veranschlagen. Vielmehr gereicht der darin liegende Unfallverursachungsbeitrag diesen beiden Beteiligten zusammen im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs nur einmal zum Nachteil. Die dies berücksichtigende Gewichtung der Verursachungsbeiträge ist an sich Sache des Tatrichters. Einer Zurückverweisung des Rechtsstreits aus diesem Grunde bedarf es hier jedoch aus folgender Erwägung nicht: Außer in der vorstehend erörterten Hinsicht ist die in dem Berufungsurteil vorgenommene Verteilung des Schadens auf die Gesamtschuldner rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere kann die Mitverantwortlichkeit der F.-GmbH und des Erstbeklagten entgegen der Auffassung der Revision nicht etwa als durch die dem Land Hessen zur Last fallende Verkehrssicherungspflichtverletzung verdrängt angesehen werden. Eine derartige Beurteilung wäre nicht damit zu vereinbaren, daß hier die Verkehrssicherungspflicht des Landes Hessen einerseits und der F.-GmbH und des Erstbeklagten andererseits unbeschadet der teilweise abweichenden rechtlichen Herleitung, wie bereits ausgeführt, in den praktischen Auswirkungen im wesentlichen übereinstimmt. Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht, insoweit rechtsfehlerfrei, den jeweiligen Ursachenbeiträgen dasselbe Gewicht beigemessen. Von daher ergibt sich, wenn die der F.-GmbH und dem Erstbeklagten zusammen zur Last fallenden Versäumnisse nur einmal veranschlagt werden, daß das Land Hessen einerseits und die aus der F.-GmbH und dem Erstbeklagten bestehende Haftungseinheit andererseits zu gleichen Anteilen für den an N. zu zahlenden Schadensersatz aufzukommen haben. Insofern kann es bei der Heranziehung der Beklagten zur Erstattung von (zusammen) 1/2 (statt der von dem Berufungsgericht insgesamt zugesprochenen 2/3) der Aufwendungen des Klägers sein Bewenden haben. Demgemäß sind die Beklagten, nachdem der Kläger bisher 130.755,56 DM an N. gezahlt hat, als Gesamtschuldner in Höhe von 65.377,78 DM zum Ausgleich verpflichtet.

Da aber allein die Beklagten Revision eingelegt haben, kommt wegen des Verbots der reformatio in peius bei jedem von ihnen eine Inanspruchnahme über den ihnen von dem Berufungsgericht jeweils angelasteten Betrag von 43.585,19 DM hinaus nicht in Betracht. Das bedeutet, daß der Kläger, wenn er einen der Beklagten in Höhe von 43.585,19 DM in Anspruch nimmt, an den anderen nur noch in Höhe der verbleibenden Differenz zu 65.377,78 DM herantreten kann. Das Berufungsurteil war in diesem Sinne dahin abzuändern, daß die Beklagten als Gesamtschuldner an den Kläger 65.377,78 DM zu erstatten haben, jedoch keiner von ihnen auf mehr als 43.585,19 DM in Anspruch genommen werden kann.

5. Keinen Bestand hat das Berufungsurteil, soweit es dem Kläger einen Freistellungsanspruch hinsichtlich der künftig an N. zu erbringenden Schadensersatzleistungen zu erkannt hat. Zwar kann der Gesamtschuldner selbst von dem oder den anderen Gesamtschuldnern im Umfange seines Ausgleichsanspruchs gegebenenfalls Freistellung auch für die Zukunft verlangen. Der Rechtsübergang nach § 67 Abs. 1 VVG, auf den sich hier der Kläger stützt, findet jedoch nach dem Wortlaut des Gesetzes nur statt, soweit der Versicherer "den Schaden ersetzt". Das bedeutet, daß der Versicherer nur insoweit in die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers einrückt, als er Versicherungsleistungen tatsächlich erbracht hat (BGH Urteil vom 13. Juni 1966 - III ZR 258/64 - VersR 1966, 875, 876; Prölss/Martin VVG 24. Aufl. § 67 Anm. 4; Bruck/Möller/Sieg VVG 8. Aufl. § 67 Anm. 47). Soweit der Kläger Freistellung für künftig zu leistenden Schadensersatz begehrt, ist seine Klage daher abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993654

BGHR BGB § 426 Abs. 1 Satz 1 Ausgleichung 3

BGHR BGB § 823 Abs. 1 Verkehrssicherungspflicht 25

BGHR StVO § 45 Abs. 6 Verantwortlichkeit 1

BGHR VVG § 157 Anspruchsinhalt 1

BGHR VVG § 67 Abs. 1 Satz 1 Freistellung 1

BGHR VVG § 67 Abs. 1 Satz 1 Gesamtschuldnerausgleich 1

DRsp II(229)249b-c

ZIP 1989, 857

MDR 1989, 901

VRS 77, 103

VersR 1989, 730

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