Leitsatz (amtlich)

Auch ein finanziertes Immobiliengeschäft kann mit dem der Finanzierung dienenden Verbraucherkreditvertrag ein verbundenes Geschäft i. S. d. § 9 VerbrKrG bilden, sofern der Kreditvertrag dem Verbraucherkreditgesetz unterfällt und die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht greift.

 

Normenkette

VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2, § 9 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

OLG Braunschweig (Urteil vom 14.03.2002)

LG Braunschweig

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Braunschweig v. 14.3.2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit einem Darlehen, das die Beklagten im Jahr 1998 bei der klagenden Bank aufnahmen. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Durch notariellen Vertrag v. 15.10./11.11.1998 erwarben die Beklagten im Rahmen eines Steuersparmodells von der A. AG in V. eine Eigentumswohnung in einem Sanierungsobjekt in Au. (Sachsen) zu einem Kaufpreis von 201.932,50 DM. Diesen finanzierten sie i. H. v. 165.000 DM über ein grundpfandrechtlich gesichertes Annuitätendarlehen der R-bank, i. H. v. 40.000 DM über einen grundpfandrechtlich nicht gesicherten Kredit der Klägerin, der bereits im August 1998 auf einem Formular der Klägerin beantragt wurde. Der Abschluss der Kreditverträge erfolgte, ohne dass die Klägerin selbst Kreditverhandlungen mit den Beklagten führte, über den für die M. GmbH auftretenden Vermittler L., der auch den Verkauf der Immobilie vermittelt hatte. Die Klägerin zahlte die Darlehensvaluta auf das im Kreditantrag benannte Konto des Beklagten zu 1) aus.

Nachdem die Beklagten Ende Mai 1999 die Zins- und Tilgungsleistungen an die Klägerin eingestellt hatten, kündigte diese das Darlehen. Mit der Klage über 41.199,52 DM verlangt sie dessen Rückzahlung zzgl. Zinsen und Bearbeitungsgebühr sowie Kontoführungsgebühren. Die Beklagten begehren im Wege der Widerklage die Freistellung von sämtlichen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag mit der R-bank sowie die Rückzahlung der von ihnen an die Klägerin geleisteten Darlehensraten i. H. v. 2.075 DM nebst Zinsen. Sie machen geltend, es sei kein wirksamer Darlehensvertrag zu Stande gekommen, weil die Klägerin das Vertragsangebot der Beklagten mit Schreiben v. 4.12.1998 lediglich gegenüber dem Beklagten zu 1) angenommen habe. Die Klägerin sei ihnen ferner aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden zum Schadensersatz verpflichtet und hafte für Falschangaben des Vermittlers. Schließlich könnten sie der Klägerin gem. § 9 Abs. 3 VerbrKrG auch Einwendungen aus dem Grundstückskaufvertrag entgegen halten, der formnichtig, wirksam angefochten und zudem sittenwidrig sei.

Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgen sie ihr Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

A.

Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

1. Das Berufungsgericht hat zwar die Zulassung der Revision im Urteilstenor auf die Entscheidungen über die mit Klage und Widerklage geltend gemachten Zahlungsanträge beschränkt, da es nur bei ihnen - nicht aber bei dem ebenfalls von den Beklagten verfolgten Freistellungsantrag - auf die klärungsbedürftige Rechtsfrage ankomme, ob § 9 Abs. 1 VerbrKrG auf derartige Immobilienanlagegeschäfte Anwendung finde. Diese Beschränkung der Zulassung ist aber unzulässig und damit wirkungslos.

Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des BGH nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden. Unzulässig ist es, die Zulassung auf Einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGH v. 3.6.1987 - IVa ZR 292/85, BGHZ 101, 276 [278] = MDR 1987, 917; v. 20.4.1990 - V ZR 282/88, BGHZ 111, 158 [166] = MDR 1990, 909; Urt. v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1371]; Urt. v. 4.6.2003 - VIII ZR 91/02, BGHReport 2003, 1165 = ZIP 2003, 1399 [1400 f.]). Der Teil des Prozess-Stoffs, für den die Zulassung ausgesprochen wird, muss vom restlichen Prozess-Stoff teilbar sein. Im Falle einer Zurückverweisung darf die Änderung dieses Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil geraten (BGH, v. 4.6.2003 - VIII ZR 91/02, BGHReport 2003, 1165 = ZIP 2003, 1399 [1401]; Wenzel in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Aktualisierungsbd., § 543 Rz. 33).

Das aber wäre hier der Fall. Die Beklagten berufen sich über § 9 VerbrKrG hinaus sowohl gegenüber der Klage als auch im Rahmen beider Widerklageanträge auf eine Haftung der Klägerin aus eigenem oder zugerechnetem (§ 278 BGB) Aufklärungsverschulden. Bei einer Beschränkung der Revisionszulassung auf einzelne Anträge bestünde daher im Hinblick auf die Frage einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung die Gefahr widersprechender Entscheidungen.

2. Ist die Beschränkung der Revisionszulassung unzulässig, muss das angefochtene Urteil in vollem Umfang überprüft werden (BGH, Urt. v. 7.7.1983 - III ZR 119/82, MDR 1984, 207 = WM 1984, 279 [280] m. w. N., insoweit in BGHZ 88, 85 ff. nicht abgedr.). An diesem Grundsatz ist auch nach der Änderung des Rechtsmittelrechts festzuhalten. Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (BGH, Urt. v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1371]; Urt. v. 4.6.2003 - VIII ZR 91/02, BGHReport 2003, 1165 = ZIP 2003, 1399 [1408 f.]).

B.

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Der Darlehensvertrag sei wirksam zwischen den Parteien zu Stande gekommen. Die schriftliche Annahmeerklärung der Klägerin sei dahin auszulegen, dass die Annahme auch gegenüber der Beklagten zu 2) habe erklärt werden sollen. Eine Haftung der Klägerin aus eigenem oder zugerechnetem vorvertraglichen Aufklärungsverschulden bestehe nicht. Die Beklagten könnten sich auch nicht mit Erfolg auf einen Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG berufen. Ein verbundenes Geschäft i. S. d. § 9 VerbrKrG liege nicht vor. Entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht, die § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG als unwiderlegliche Vermutung und den Begriff des Sichbedienens im Sinne dieser Vorschrift objektiv-technisch verstehe, sei der Begriff aus der Sicht der beteiligten Verkehrskreise und nach Art des in Rede stehenden Geschäfts wertend auszulegen. Danach komme in den Fällen des Erwerbs von Immobilien/Anteilen im Rahmen eines Anlage- oder Steuersparmodells die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit i. S. d. § 9 VerbrKrG nicht in Betracht, weil selbst der rechtsunkundige Laie wisse, dass die kreditgebende Bank und der Grundstücksveräußerer regelmäßig verschiedene Rechtsträger seien, die ihre eigenen, jeweils verschiedenen Interessen wahrnähmen. Abgesehen davon fehle es im vorliegenden Fall für die Annahme eines verbundenen Geschäfts an der von der ganz überwiegenden Meinung verlangten Zweckbindung des Darlehens.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht allerdings im Wege der Auslegung der Erklärungen der Parteien zu dem Ergebnis gelangt, dass beide Beklagte Vertragspartner des Darlehensvertrags mit der Klägerin waren. Die tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (BGH, Urt. v. 29.3.2000 - VIII ZR 297/98, MDR 2000, 968 = WM 2000, 1289 [1291 f.]; v. 3.4.2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195 [1196]; Urt. v. 25.6.2002 - XI ZR 239/01, BGHReport 2002, 928 = MDR 2002, 1386 = WM 2002, 1687 [1688]). Das ist hier nicht der Fall.

Entgegen der Auffassung der Revision widerspricht die Auslegung des Berufungsgerichts insbesondere nicht dem ausdrücklichen Wortlaut der Vertragserklärungen. Die Kreditzusage der Klägerin v. 4.12.1998 enthält keine ausdrückliche und eindeutige Erklärung, dass der von den Beklagten beantragte Kredit nur dem Beklagten zu 1) gewährt werden sollte. Den Umstand, dass dieses Schreiben ausschließlich an den Beklagten zu 1) adressiert und nur dessen Name in der Anrede enthalten ist, hat das Berufungsgericht bei der Auslegung der Vertragserklärungen berücksichtigt, ohne dass ihm hierbei revisionsrechtlich beachtliche Fehler unterlaufen wären.

2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der von den Beklagten geltend gemachte Einwendungsdurchgriff gem. § 9 Abs. 3 VerbrKrG scheide aus, hält rechtlicher Überprüfung hingegen nicht stand.

a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auch ein finanziertes Immobiliengeschäft mit dem der Finanzierung dienenden Verbraucherkreditvertrag ein verbundenes Geschäft i. S. d. § 9 VerbrKrG bilden, sofern der Kreditvertrag dem Verbraucherkreditgesetz unterfällt und - wie hier mangels grundpfandrechtlicher Absicherung des Kredits - die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht greift.

Zwar hat der BGH zur Rechtslage vor In-Kraft-Treten des Verbraucherkreditgesetzes die Auffassung vertreten, Immobilienkredite und das jew. finanzierte Grundstücksgeschäft seien grundsätzlich nicht als zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundene Geschäfte anzusehen, weil bei einem Immobilienkauf auch der rechtsunkundige und geschäftsunerfahrene Laie wisse, dass Kreditgeber und Immobilienverkäufer i. d. R. verschiedene Personen seien (BGH, Urt. v. 18.9.1970 - V ZR 174/67, WM 1970, 1362 [1363]; v. 12.7.1979 - III ZR 18/78, WM 1979, 1054; v. 13.11.1980 - III ZR 96/79, WM 1980, 1446 [1447 f.]; v. 9.10.1986 - III ZR 127/85, MDR 1987, 297 = WM 1986, 1561 [1562]; v. 31.3.1992 - XI ZR 70/91, MDR 1992, 767 = WM 1992, 901 [906]; ebenso für einen nicht dem Verbraucherkreditgesetz unterfallenden Immobilienkredit: Urt. v. 19.5.2000 - V ZR 322/98, MDR 2000, 945 = WM 2000, 1287 [1288]).

Diese Grundsätze gelten auch nach In-Kraft-Treten des Verbraucherkreditgesetzes fort, soweit es um Realkreditverträge i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG geht. Auf diese finden nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG die Regelungen über verbundene Geschäfte (§ 9 VerbrKrG) keine Anwendung (BGH v. 9.4.2002 - CI ZR 91/99, BGHZ 150, 248 [263]; Urt. v. 10.9.2002 - XI ZR 151/99, MDR 2003, 101 = BGHReport 2003, 130 = WM 2002, 2409 [2410]; v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, MDR 2003, 225 = BGHReport 2003, 235 = WM 2003, 61 [63 f.]).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lassen sich die genannten Grundsätze auf den vorliegenden Fall aber nicht ohne weiteres übertragen. Hier wurde ein Verbraucherkredit zum Erwerb einer Immobilie gewährt, bei dem es sich mangels grundpfandrechtlicher Absicherung nicht um einen Realkredit i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG handelt. In einem solchen Fall bleibt § 9 VerbrKrG angesichts der gesetzlichen Regelung der §§ 3, 9 VerbrKrG anwendbar.

Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes in den §§ 1-3 VerbrKrG ausdrücklich geregelt. Obwohl es ihm nach Art. 11 der Richtlinie des Rates v. 22.12.1986 - 87/102/EWG, Abl. Nr. L 42/48v. 12.2.1987i. d. F. der Änderungsrichtlinien des Rates v. 22.2.1990 - 90/88/EWG, Abl. Nr. L 61/14v. 10.3.1990 und des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.2.1998 - 98/7/EG, Abl. Nr. L 101/17v. 1.4.1998 (Verbraucherkreditrichtlinie) offen gestanden hätte, eine Durchgriffsregelung nur für Kredite, die für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen vereinbart werden, vorzusehen und sämtliche Immobilienkredite auszunehmen (Ott in Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG, 2. Aufl., § 9 Rz. 35), hat er von einer generellen Ausnahme für sämtliche Immobilienkredite abgesehen. Er hat vielmehr in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG lediglich die sog. Realkredite vom Anwendungsbereich des § 9 VerbrKrG ausgenommen, zu denen der hier zu beurteilende - grundpfandrechtlich nicht gesicherte - Kredit nicht gehört. Seine Entscheidung, nicht alle zur Finanzierung von Grundstücksgeschäften dienenden Verbraucherkredite von der Anwendung des § 9 VerbrKrG auszunehmen, sondern nur die Realkredite i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, hat der Gesetzgeber dabei ausdrücklich auch in Kenntnis der Rechtsprechung des BGH (BT-Drucks. 11/5462, 12, 23) getroffen. Damit hat er eine bewusste und abschließende, von der Rechtsprechung zu respektierende Regelung darüber geschaffen, auf welche Verbraucherimmobilienkredite § 9 VerbrKrG nicht anwendbar sein soll. Für die Auffassung des Berufungsgerichts, die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit i. S. d. § 9 VerbrKrG scheide über § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG hinaus bei Immobilienkrediten generell aus, ist deshalb kein Raum mehr (in diesem Sinne auch bereits BGH, Urt. v. 18.4.2000 - XI ZR 193/99, MDR 2000, 893 = WM 2000, 1245 [1247]; v. 18.3.2003 - XI ZR 422/01, MDR 2003, 820 = BGHReport 2003, 749 = WM 2003, 916 [917]).

b) Nach dem Vorbringen der Beklagten bilden Kauf- und Kreditvertrag hier ein verbundenes Geschäft i. S. d. § 9 Abs. 1 VerbrKrG.

aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings für zweifelhaft gehalten, ob Kreditvertrag und Kaufvertrag hier nach § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind.

Dazu müssten die Verträge eine so enge Verbindung aufweisen, dass sich beide als Teilstücke einer rechtlichen oder wenigstens wirtschaftlich-tatsächlichen Einheit eng ergänzten (BT-Drucks. 11/5462, 23; BGH, Urt. v. 6.12.1979 - III ZR 46/78, MDR 1980, 383 = WM 1980, 159 [160]). Hiergegen bestehen Bedenken. Weder sind Kauf- und Kreditvertrag zeitgleich abgeschlossen (zu diesem Indiz: BGH, Urt. v. 18.3.2003 - XI ZR 422/01, MDR 2003, 820 = BGHReport 2003, 749 = WM 2003, 916 [917]) noch formularmäßig einheitlich ausgestaltet. Konkrete wechselseitige Hinweise auf den jeweils anderen Vertrag fehlen. Der bloße Umstand, dass die in dem Kreditvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung eine Belehrung über verbundene Geschäfte enthält, genügt hierfür schon deshalb nicht, weil es sich um einen Formularvertrag handelt, der für unterschiedliche Vertragsgestaltungen offen sein muss. Insbesondere sieht der Darlehensvertrag keine Zweckbindung der Darlehensvaluta vor, die den Darlehensnehmern folgerichtig auf einem Konto zur Verfügung gestellt wurde, über das sie frei verfügen konnten. Soweit der Überschrift des Begleitschreibens der Klägerin zur Kreditzusage "Finanzierung der von Ihnen erworbenen Immobilie..." und dem nachfolgenden Text zu entnehmen ist, dass das Darlehen zur Finanzierung des Kaufpreises aus einem bestimmten Grundstücksgeschäft aufgenommen worden ist, geht dies nicht über die regelmäßig einem Kreditgeschäft innewohnende Zweckbestimmung hinaus.

bb) Letztlich kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG vorliegen. Die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit folgt hier nämlich aus § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG, da sich die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten bei Abschluss des Kreditvertrages jedenfalls der Mitwirkung der Vertriebsbeauftragten der Verkäuferin bedient hat.

Wie der BGH mit Urt. v. 21.7.2003 (BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, MDR 2003, 1188 = WM 2003, [1762] 1763) entschieden hat, wird die wirtschaftliche Einheit nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG unwiderleglich vermutet, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus eine Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers dem Interessenten zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte.

Diese Voraussetzungen sind hier nach dem Vorbringen der Beklagten gegeben. Danach war die M. GmbH, für die der Vermittler L. tätig geworden ist, von der Verkäuferin der Eigentumswohnungen mit deren Vertrieb beauftragt. Dies soll der Klägerin bekannt gewesen sein. Zudem sollen zwischen der Klägerin und der Verkäuferin bzw. der M. GmbH ständige Geschäftsbeziehungen bestanden haben, in deren Rahmen die Klägerin eine allgemeine Zusage zur Finanzierung der Wohnungskäufe erteilt habe. Die M. GmbH war gleichzeitig auf Provisionsbasis für die Klägerin als Kreditvermittlerin tätig und besaß deren Kreditantragsformulare. Unter Verwendung eines solchen Formulars hat sie bzw. der für sie handelnde Vermittler L. schon vor Abschluss des Wohnungskaufvertrages den Kreditantrag aufgenommen und der Klägerin, die keinerlei eigene Verhandlungen mit den Beklagten geführt hat, zugeleitet. Dabei ist der Kreditantrag, wie im Antragsformular der Klägerin vorgesehen, auch für die "Verkäuferfirma" unterzeichnet worden. Die M. GmbH ist danach nicht auf Initiative der Beklagten tätig geworden. Vielmehr liegt ein arbeitsteiliges Zusammenwirken zwischen der Klägerin und der Vertriebsbeauftragten der Verkäuferin vor.

Da die Parteien zu den Kontakten zwischen der Klägerin und der M. GmbH bzw. dem Vermittler L. streitig und unter Beweisantritt vorgetragen haben, bedarf es noch Feststellungen des Berufungsgerichts zum Vorliegen eines verbundenen Geschäfts i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG.

III.

Das angefochtene Urteil war daher in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1058762

BB 2003, 2535

DB 2003, 2643

NJW 2003, 3703

BGHR 2003, 1413

EWiR 2004, 145

MittBayNot 2004, 122

NZM 2003, 992

WM 2003, 2232

ZAP 2004, 231

ZIP 2003, 2111

ZfIR 2003, 1029

MDR 2004, 105

VuR 2004, 23

BKR 2003, 893

ZBB 2003, 451

ZGS 2003, 472

Bank 2004, 5

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