Leitsatz (amtlich)

Ist eine Versorgungsanwartschaft unverfallbar geworden, so können im aktiven Dienst begangene Pflichtverletzungen den Anspruch auf eine versprochene Altersversorgung nur noch dann ausschließen, wenn sie besonders schwer wiegen, insbesondere wenn sie einen auf andere Weise nicht wiedergutzumachenden Schaden angerichtet haben (im Anschluß an BAG, Urt. v. 18.10.1979 – 3 AZR 550/78, NJW 1980, 1127). Als Altersversorgung in diesem Sinne gilt jedoch in der Regel erst eine mit der Vollendung des 63. Lebensjahres zu zahlende Rente.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 242; BetrAVG § 1

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 03.07.1980)

LG Mönchengladbach

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. Juli 1980 wird zurückgewiesen, soweit sie verurteilt worden ist, an den Kläger vom 6. Oktober 1990 an bis zu seinem Tode jeweils monatlich nachträglich eine Rente von 4.380 DM zu zahlen.

Im übrigen wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Revisionsinstanz fallen zur Hälfte der Beklagten zur Last. Die Entscheidung über die weiteren Kosten bleibt dem Berufungsgericht vorbehalten.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich zum zweiten Mal in der Revisionsinstanz.

Der am 6. Oktober 1927 geborene Kläger war vom 1. September 1966 bis zum Ablauf seines Anstellungsvertrages am 31. August 1976 Vorstandsmitglied der beklagten Aktiengesellschaft, eines gemeinnützigen Wohnungsunternehmens. Er verlangt von der Beklagten seit dem 1. September 1976 eine monatliche Rente von z.Zt. 4.380 DM. Nach dem Anstellungsvertrag (§ 5) steht ihm eine solche Rente bis zu seinem Tode bei schuldloser Entlassung oder Nichterneuerung der Bestellung zu; „schuldlose” Entlassung soll gegeben sein, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Geschäftsführung ausgesprochen wird, oder ohne daß eine zur Aberkennung des akademischen Grades führende strafbare Handlung vorliegt. Die Beklagte verweigert die Ruhegeldzahlung unter anderem mit der Begründung, der Kläger habe, wie sie nachträglich erfahren habe, seine Pflichten als Vorstandsmitglied grob verletzt, indem er ihr namentlich durch ein eigenes Bauvorhaben unerlaubt Konkurrenz gemacht habe.

Nach Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsurteil vom 9. Juli 1979 – II ZR 125/77 (WM 1979, 1328) hat das Berufungsgericht die Beklagte in Übereinstimmung mit dem Landgericht nach dem Klageantrag verurteilt.

Mit der Revision, die der Kläger zurückzuweisen beantragt, möchte die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.

 

Entscheidungsgründe

Im ersten Revisionsurteil ist der Senat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts davon ausgegangen, daß die Weigerung des Klägers, den am 31. August 1976 auslaufenden Anstellungsvertrag zu schlechteren als den bisherigen Bedingungen fortzusetzen, nicht als „freiwilliges Ausscheiden” zu werten ist, bei dem nach dem Anstellungsvertrag die Versorgungszusage hinfällig geworden wäre. Deshalb hat er das klagabweisende Berufungsurteil aufgehoben und wegen der Möglichkeit, daß es sich aus anderen Gründen als richtig erweisen könnte, die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Solche anderen Gründe hat er in dem Berufungsvorbringen der Beklagten gesehen, der Kläger habe ihr, wie sie erst nachträglich erfahren habe, durch eigene, über den privaten Bereich hinausgehende Bautätigkeit unter Ausnutzung ihrer Geschäftsverbindungen unerlaubt Konkurrenz gemacht. Darin könnte, so hat der Senat ausgeführt, eine Pflichtverletzung liegen, die einem Versorgungsanspruch des Klägers möglicherweise entgegenstehe, weil sie es ihm nicht erlauben würde, sich darauf zu berufen, er sei „schuldlos” aus den Diensten der Beklagten ausgeschieden.

Nach der erneuten Verhandlung hat das Berufungsgericht, ohne über das Vorbringen der Beklagten Beweis erhoben zu haben, in den behaupteten Pflichtverletzungen des Klägers keinen hinreichenden Grund gesehen, seinen Rentenanspruch zu verneinen.

Es meint unter Berufung auf die Urteile des Senats vom 7. Januar 1971 (BGHZ 55, 274) und des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 1979 (3 AZR 550/78, NJW 1980, 1127 = WM 1980, 1017), nach Eintritt der Pensionsvoraussetzungen könnten, zumal unter der Geltung des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974, nur noch ungewöhnlich schwerwiegende Verstöße die Versagung von Ruhegeldansprüchen rechtfertigen. Hierunter fielen namentlich ein ruinöser, die wirtschaftliche Grundlage des Pensionsschuldners gefährdender Wettbewerb, aber auch der Fall, daß die mit dem Ruhegeld vergütete Betriebstreue, z.B. wegen jahrelanger Schädigung des Dienstberechtigten, rückblickend wertlos erscheine. So schwere Verfehlungen des Klägers habe die Beklagte nicht behauptet; sie habe nicht einmal dargelegt, daß er sie durch das gerügte Verhalten überhaupt geschädigt oder in ihrer wirtschaftlichen Grundlage gefährdet habe.

Dieser rechtlichen Beurteilung vermag sich der Senat nicht in vollem Umfang anzuschließen.

1. Unbegründet ist allerdings die Revisionsrüge, das Berufungsgericht habe sich unter Verletzung des § 565 Abs. 2 ZPO in Widerspruch zum ersten Revisionsurteil gesetzt, weil dieses, wie die Zurückverweisung zum Zwecke weiterer Tatsachenfeststellungen erkennen lasse, den Vortrag der Beklagten über das Bauvorhaben des Klägers für erheblich und deshalb eine Beweisaufnahme für erforderlich gehalten habe. Nach § 565 Abs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt. Das bedeutet, daß der Berufungsrichter die vom Revisionsgericht gerügten Fehler, die unmittelbar zur Aufhebung geführt haben, nicht wiederholen darf, sonst aber in der sachlich-rechtlichen Beurteilung frei ist (BGHZ 3, 321; 22, 370, 374). Eine Bindung des Berufungsgerichts an den Teil des ersten Revisionsurteils, der sich mit etwaigen Verfehlungen des Klägers und daraus abzuleitenden Einwendungen gegen seinen Pensionsanspruch befaßt, entfiel hier aber nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts schon deshalb, weil es den Sachverhalt unter diesem Gesichtspunkt noch gar nicht geprüft hatte und darum das Ergebnis einer solchen Prüfung auch kein Aufhebungsgrund sein konnte. Es handelte sich vielmehr nur um Fingerzeige für die weitere Sachbehandlung, die an der Wirkung des § 565 Abs. 2 ZPO nicht teilnehmen. Ob der Senat, wenn er den heutigen Standpunkt des Berufungsgerichts geteilt hätte, bereits abschließend, und zwar im Sinne des Klägers, hätte entscheiden können und müssen, ist hierbei gleichgültig.

2. Die sehr strengen Anforderungen, die das Berufungsgericht an den Einwand unzulässiger Rechtsausübung gegenüber dem Rentenanspruch des Klägers stellt, lassen sich aber nur teilweise auf die zur Begründung herangezogene Rechtsprechung des Senats und des Bundesarbeitsgerichts stützen.

Das Urteil vom 7. Januar 1971 (BGHZ 55, 274) betrifft die Frage, ob einem Pensionsberechtigten ein Ruhegehalt mit reinem Entgeltcharakter wegen einer nach Eintritt in den Ruhestand begangenen Verfehlung entzogen werden kann. Im vorliegenden Fall geht es dagegen um Verstöße, die der Kläger vor seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten, also noch bei voller Bindung an die Pflichten eines aktiven Vorstandsmitglieds, begangen haben soll und die Beklagte erst nachträglich entdeckt haben will.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 1979 (aaO; vgl. ferner Urteil vom 19.6.1980 – 3 AZR 137/79, ZIP 1980, 1018) behandelt den Fall eines Angestellten, der nach Erwerb einer Versorgungsanwartschaft gemäß § 1 Abs. 1 BetrAVG im Alter von 47 Jahren aus den Diensten der Arbeitgeberin ausgeschieden war und festgestellt wissen wollte, daß ihm und seinen Angehörigen bei Erreichen der Altersgrenze, Invalidität oder Tod Versorgungsleistungen zustünden. Demgegenüber hatte die Beklagte sich auf Vertragsbrüche des Klägers berufen, die ihr nachträglich bekannt geworden seien. Dazu führt das Bundesarbeitsgericht aus, die frühere Rechtsprechung, wonach ein Arbeitgeber seine Versorgungszusage auch gegenüber einem bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmer widerrufen könne, wenn dieser seine Treuepflicht gröblich verletzt und dies bislang mit Erfolg verheimlicht habe, lasse sich unter der Geltung des Betriebsrentengesetzes nicht mehr uneingeschränkt aufrechterhalten. Obwohl in diesem Gesetz der Widerruf von Versorgungszusagen bewußt nicht ausdrücklich geregelt worden sei, habe die Unverfallbarkeitsregelung des § 1 dem Argument, auch aktive Arbeitnehmer verlören regelmäßig bei groben Treuepflichtverletzungen mit ihrem Arbeitsplatz zugleich ihre Versorgungsanwartschaft, weitgehend die Grundlage entzogen. Diese Regelung in Verbindung mit dem Auszehrungsverbot (§ 5 BetrAVG), der Insolvenzsicherung (§§ 7 ff BetrAVG) und der Einbeziehung von Versorgungsanwartschaften in den Versorgungsausgleich (§§ 1587 a ff BGB) hätten zu einer starken Verfestigung der Anwartschaften geführt, die als kalkulierbarer Gegenwert für erbrachte Betriebstreue verstanden werden könnten. Das bedeute allerdings nicht, daß Versorgungsrechte selbst bei schwersten Verfehlungen nicht erlöschen könnten; jedoch sei der Einwand des Rechtsmißbrauchs nur bei ungewöhnlich schwerwiegenden Verstößen gerechtfertigt.

Im Unterschied zum Sachverhalt dieser Entscheidung betrifft der vorliegende Rechtsstreit nicht allein eine nach § 1 BetrAVG unverfallbar gewordene Versorgungsanwartschaft. Zwar hatte der Kläger nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts aufgrund der auch für ihn geltenden gesetzlichen Regelung (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG) bei Beendigung seines Dienstverhältnisses nach über 10 jähriger Dienstzeit eine solche Anwartschaft erworben. Er verlangt aber mit seiner Klage die vereinbarte Rente nicht erst bei Erreichen der normalen Altersgrenze oder Invalidität, sondern aufgrund besonderer vertraglicher Regelung bereits mit seinem Ausscheiden bei der Beklagten. Insoweit kann er sich nicht schon auf den vom Bundesarbeitsgericht als maßgebend betrachteten Schutz des Betriebsrentengesetzes berufen. Denn dieser Schutz erfaßt, wie der Senat in seinem zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 16. März 1981 – II ZR 222/79 – dargelegt hat, nur Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Dazu rechnen nicht solche Versorgungsbezüge, die nach dem Anstellungsvertrag einem vorzeitig Ausscheidenden zu gewähren sind, ehe er das gewöhnliche Pensionsalter erreicht hat oder arbeitsunfähig geworden ist. In diesem Fall greifen das Betriebsrentengesetz und damit auch seine Vorschriften über die Unverfallbarkeit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1: „Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze …”) erst mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Berechtigte frühestens ein echtes Altersruhegeld verlangen kann; das ist unter Berücksichtigung des § 6 BetrAVG (vorgezogenes Altersruhegeld) in der Regel die Vollendung des 63. Lebensjahres.

3. Hieraus folgt, daß ein verstärkter Schutz des Klägers gegen die Versagung von Pensionsansprüchen wegen pflichtwidrigen Verhaltens unter dem Gesichtspunkt der gesetzlichen Unverfallbarkeit erst mit der Vollendung seines 63. Lebensjahres am 6. Oktober 1990 (oder gegebenenfalls bei früherer Invalidität) in Betracht kommt. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts an. Es widerspräche in der Tat dem Schutzgedanken des Betriebsrentengesetzes, wenn einem Pensionsberechtigten die durch langjährige Betriebszugehörigkeit verdiente und deshalb gesetzlich gesicherte Versorgungsanwartschaft wegen Verletzung der vertraglichen Treuepflicht auch dann entzogen werden könnte, wenn durch sie weder ein auf andere Weise, insbesondere durch Ersatzleistung, nicht wiedergutzumachender schwerer Schaden entstanden ist (vgl. BGHZ 55, 274, 279 ff) noch die vergüteten Dienste nachträglich entwertet erscheinen. Das gilt selbst dann, wenn eine rechtzeitige Aufdeckung der Verstöße eine fristlose Kündigung hätte auslösen können, bevor die Versorgungsanwartschaft unverfallbar geworden war, wie es hier nach dem Vortrag der Beklagten möglicherweise der Fall gewesen ist (BAG, Urteil vom 18.10.1979 aaO, zu III 1 b).

Das führt hier dazu, daß die Entscheidung der Vorinstanzen insoweit aufrechtzuerhalten ist, als diese dem Kläger die vereinbarte Versorgungsrente vom 6. Oktober 1990 an zugebilligt haben. Denn nach den im Ergebnis zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts erfüllt der Vortrag der Beklagten, auch wenn man ihn in vollem Umfang als wahr unterstellt, nicht die verschärften Anforderungen, unter denen Pflichtverletzungen selbst einer unverfallbar gewordenen Versorgungsanwartschaft entgegengesetzt werden können.

Es handelt sich hierbei in erster Linie um den Vorwurf, der Kläger habe parallel zu einem Bauvorhaben der Beklagten an demselben Ort für eigene Rechnung 24 Altenwohnungen gebaut und ihr hierdurch Konkurrenz gemacht; dabei habe er durch die Beauftragung von Fachkräften, die zugleich für die Beklagte tätig gewesen seien, Vorzugspreise heraushandeln können. Hierzu weist das Berufungsgericht darauf hin, daß die Beklagte in den Jahren 1974 und 1975 mit insgesamt 568 neu errichteten Einheiten einen Bestand von 3.010 Mietwohnungen erreicht habe und demgegenüber die eigene Bautätigkeit des Klägers nicht einmal 1 % dieses Bestandes ausmache. Auch habe die Beklagte ihre Behauptung, der Kläger habe sich auf ihre Kosten unangemessene Preisvorteile verschafft, durch keine nachprüfbaren Tatsachen belegt, abgesehen von einem nicht sehr bedeutsamen Einzelfall. Hiergegen erhebt die Revision eine Reihe von Rügen, mit denen sie jedenfalls insoweit nicht durchdringen kann, als es um den vom Schutz des Betriebsrentengesetzes erfaßten Teil des Klageanspruchs geht. So mag es zutreffen, daß ein falsches Bild entstehen kann, wenn man das Bauvorhaben des i Klägers allein mit dem gesamten Wohnungsbestand der Beklagten und nicht mit den nach Rückgang der Bautätigkeit im Jahre 1975 von ihr errichteten Wohnungen (113) vergleicht. Aber selbst wenn man noch das unter Beweis gestellte Vorbringen der Beklagten über Preisvorteile des Klägers hinzunimmt und die Ansicht der Revision, das Berufungsgericht habe die damit behaupteten Verfehlungen des Klägers zu leicht bewertet, für richtig hält, ergibt sich noch keine so nachhaltige Schädigung der Beklagten, daß ein angemessener Ausgleich nur in einem völligen Wegfall der Versorgung zu finden wäre, auch soweit der Kläger auf sie eine nach dem Gesetz unentziehbare Anwartschaft erworben hat. Ebenso verhält es sich mit dem erst im erneuten Berufungsverfahren von der Beklagten behaupteten Fehlen ausreichender Belege über Reise- und Bewirtungsspesen des Klägers.

Die Revision ist daher zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Rentenzahlung vom 6. Oktober 1990 an richtet.

4. Dagegen bleibt es für die Zeit, für die das Betriebsrentengesetz noch nicht zum Zuge kommt, bei dem, was der Senat in seinem ersten Revisionsurteil ausgesprochen hat: Sollte dem Kläger ein schuldhaftes Verhalten zur Last zu legen sein, das den Vorwurf nicht ordnungsgemäßer Geschäftsführung begründen und deshalb nach dem Wortlaut und Sinn der Pensionszusage auch bei Berücksichtigung ihrer erheblichen Bedeutung für den Kläger einen sofortigen Versorgungsanspruch ausschließen würde, so dürfte er keinen Vorteil daraus ziehen, daß die Beklagte in Unkenntnis seiner Verstöße den Entschluß, das Anstellungsverhältnis nicht zu verlängern, auf andere Gründe gestützt hat. Sein Verlangen nach alsbaldiger Versorgung könnte dann vielmehr ebenso unbegründet sein, wie es der Fall wäre, wenn die Beklagte das Dienstverhältnis wegen pflichtwidriger Geschäftsführung gekündigt oder nicht erneuert und daraufhin Pensionszahlungen berechtigterweise verweigert hätte. Das gilt um so mehr, als der Anstellungsvertrag den Rentenanspruch nicht, wie es vielfach vereinbart wird, erst bei fristloser Kündigung aus einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB entfallen läßt, sondern ihn daran knüpft, daß der Kläger „trotz ordnungsgemäßer Geschäftsführung” entlassen oder nicht wieder bestellt worden ist.

Allerdings kann auch bei einer solchen Vertragslage die Vorenthaltung der versprochenen Rente einen früheren Betriebsangehörigen, der sich nach Eintritt in den Ruhestand auf den endgültigen Erwerb einer Versorgungsberechtigung eingestellt oder sogar schon Versorgungsleistungen bezogen hat, schwerer treffen, als wenn er noch im aktiven Dienst wäre und mit einer Entlassung unter Verlust seiner Versorgung rechnen müßte. Dies kann, je länger das Vertragsende zurückliegt, eine um so sorgfältigere Abwägung notwendig machen, inwieweit Pflichtverletzungen, die als Grund für die Beendigung des Dienstverhältnisses in Betracht gekommen wären, noch nachträglich dem Rentenanspruch entgegengehalten werden dürfen; dabei werden vor allem die Schwere und etwaige Folgen der Verstöße einerseits, Alter und anderweitige Erwerbsaussichten des Ausgeschiedenen andererseits eine Rolle spielen. Im vorliegenden Fall hat dieser Gesichtspunkt jedoch nur eine geringe Bedeutung, weil die Beklagte einen Versorgungsanspruch des Klägers von Anfang an, wenn auch zunächst mit anderer Begründung, in Abrede gestellt hat.

5. In seinem ersten Revisionsurteil ist der Senat von der Möglichkeit ausgegangen, daß der Kläger durch den Bau von 24 Altenwohnungen eine nicht mehr nur als private Kapitalanlage zu wertende gewerbsmäßige Tätigkeit entfaltet hat (vgl. BGH, Urteil vom 12.3.1981 – VII ZR 117/80, WM 1981, 588) und dadurch in Wettbewerb zur Beklagten getreten ist, der sie wegen ordnungswidriger Geschäftsführung im Sinne der Erläuterung zu § 5 Buchst. c des Anstellungsvertrages zur Ablehnung von Rentenzahlungen berechtigen könnte. Das Berufungsgericht hat einen solchen Verstoß unterstellt, aber von seinem abweichenden Rechtsstandpunkt aus den Sachverhalt in dieser Hinsicht nicht abschließend geklärt und gewürdigt. Ohne weitere tatrichterliche Feststellungen, in die gegebenenfalls auch die sonstigen, von der Revision aufgegriffenen Vorwürfe gegen den Kläger einzubeziehen sein werden, läßt sich daher nicht ausschließen, daß der Klageanspruch in dem vorbezeichneten Umfang unbegründet ist.

6. Das Berufungsurteil läßt sich insoweit auch nicht mit anderer Begründung halten. Die von der Revisionserwiderung angeführte Tatsache, daß die Hauptversammlung der Beklagten dem Kläger am 28. Juni 1977 auf Antrag des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 1976 Entlastung erteilt hat, schließt Einwendungen der Beklagten gegen seinen Versorgungsanspruch nicht aus. Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG enthält die Entlastung ebensowenig wie die Billigung durch den Aufsichtsrat (§ 93 Abs. 4 Satz 2 AktG) einen Verzicht auf Ersatzansprüche. Mit dem Grundgedanken dieser Vorschrift, der Entlastung keine vermögensrechtliche Wirkung zu Lasten der Gesellschaft beizumessen, vertrüge es sich nicht, wenn ein Entlastungsbeschluß die Folge hätte, daß die Gesellschaft einer Ruhegeldforderung nicht mehr die Behauptung pflichtwidriger Amtsführung entgegenhalten dürfte. Auch ist zweifelhaft, ob der Kläger angesichts des schwebenden und ohne Rücksicht auf den Entlastungsbeschluß fortgeführten Rechtsstreits den Antrag des Aufsichtsrats, den Vorstand und damit auch ihn zu entlasten, als Vertrauenserweis in dem Sinne verstehen konnte, daß sein im Prozeß gerügtes Verhalten nicht mehr als ausreichender Grund für die Vorenthaltung seiner Rente betrachtet werde. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits werden die Parteien Gelegenheit haben, auf diesen Punkt, soweit nötig, noch näher einzugehen.

7. Die Sache ist daher wegen der bis zum 5. Oktober 1990 geforderten Rente erneut an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses nunmehr abschließend feststellt, ob die Vorwürfe der Beklagten gegen den Kläger objektiv wie subjektiv begründet und nach Art und Gewicht geeignet sind, unter den gesamten Umständen die Ablehnung oder auch eine Kürzung (vgl. BAG, Urteil vom 19.6.1980 aaO) der versprochenen Rentenleistungen zu rechtfertigen, bevor der volle Schutz des Betriebsrentengesetzes eingreift.

 

Unterschriften

Stimpel, Fleck, Dr. Bauer, Dr. Kellermann, Brandes

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502372

NJW 1981, 2407

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