Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfändungsschutzkonto. Möglichkeit kontokorrentmäßiger Verrechnung pfändungsfreien Arbeitseinkommens

 

Leitsatz (amtlich)

§ 850k ZPO hindert die kontoführende Bank nicht an der kontokorrentmäßigen Verrechnung des auf das Girokonto ihres Kunden überwiesenen pfändungsfreien Arbeitseinkommens.

 

Normenkette

ZPO § 850k

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 14.07.2004; Aktenzeichen 22 S 102/04)

AG Minden

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des LG Bielefeld v. 14.7.2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die beklagte Volksbank auf Auszahlung eines seinem Girokonto gutgeschriebenen Überweisungsbetrages sowie auf Erstattung von Unkosten, die durch die Nichteinlösung einer Lastschrift entstanden sind, in Anspruch.

Er unterhielt bei der Beklagten ein als Kontokorrentkonto geführtes Girokonto, auf dem ihm die Beklagte einen Dispositionskredit i.H.v. 3.000 EUR eingeräumt hatte. Am 31.7.2003 schrieb sie dem Konto, das zu diesem Zeitpunkt einen Sollsaldo von 4.170,35 EUR aufwies, einen Betrag von 2.115,17 EUR gut. Nach der Gutschrift, bei der es sich um die Beamtenbesoldung des Klägers handelte, wies das Konto einen Sollsaldo von noch 2.055,18 EUR auf. Mit Schreiben v. 1.8.2003 kündigte die Beklagte den Dispositionskredit wegen erheblicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Klägers, der am 16.7.2003 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, fristlos.

Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die Auszahlung des nach seiner Berechnung unpfändbaren Teils seines Arbeitseinkommens i.H.v. 2.017,17 EUR sowie Erstattung einer Rücklastschriftgebühr i.H.v. 5,56 EUR und von Mahnspesen i.H.v. 10 EUR, die ihm ein Kaufhaus wegen einer mit seiner EC-Karte am 31.7.2003 erstellten und von der Beklagten nicht eingelösten Lastschrift in Rechnung gestellt hatte.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu. Die infolge der Überweisung v. 31.7.2003 in das Kontokorrent bei der Beklagten eingestellte Einzelposition sei durch die Kontokorrentabrede der selbstständigen Verfolgung entzogen. Der vereinzelt vertretenen Auffassung, die Bank könne sich hinsichtlich des gutgeschriebenen Arbeitseinkommens nicht auf die Kontokorrentabrede berufen, weil es sich dabei in analoger Anwendung des § 850k ZPO um eine unpfändbare und somit nicht kontokorrentfähige Forderung handele, sei nicht zu folgen. Für eine analoge Anwendung des § 850k ZPO fehle es bereits an einer unbewussten Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe sich bei der Abfassung des § 850k ZPO bewusst gegen eine der Bestimmung des § 55 SGB I entsprechende Regelung entschieden, welche einen Schutz der einzelnen Forderung aus der Gutschrift auch für den Fall vorsehe, dass das Konto nicht im Guthaben geführt werde.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Verpflichtung der Beklagten auf Auszahlung des auf dem Girokonto des Klägers gutgeschriebenen Arbeitseinkommens i.H.v. 2.017,17 EUR abgelehnt.

a) Da das Girokonto des Klägers als Kontokorrentkonto geführt wurde, scheidet - wie auch die Revision nicht verkennt - ein Zahlungsanspruch des Klägers bei einer wirksamen kontokorrentmäßigen Verrechnung der Gutschrift des Arbeitseinkommens aus. Ein aus der Gutschrift folgender Anspruch gem. § 780 oder § 781 BGB wäre kontokorrentgebunden und könnte nicht selbstständig geltend gemacht werden (RGZ 105, 233 [234]; BGH, v. 4.5.1979 - I ZR 127/77, BGHZ 74, 253 [254 f.] = MDR 1979, 821; v. 11.6.1980 - VIII ZR 164/79, BGHZ 77, 256 [261] = MDR 1980, 840; Urt. v. 19.12.1969 - I ZR 33/68, WM 1970, 184 [186]; Urt. v. 7.12.1995 - IX ZR 110/95, MDR 1996, 486 = WM 1996, 192 [193]; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 338/03, Umdruck S. 8).

b) Entgegen der Auffassung der Revision ist die von der Beklagten vorgenommene kontokorrentmäßige Verrechnung der Gutschrift des Arbeitseinkommens wirksam.

aa) Mit dem Einwand, es fehle an einer Vereinbarung der Parteien, dass mit der Gutschrift auf Grund des überwiesenen Arbeitseinkommens die Kreditschuld des Klägers bei der Beklagten habe zurückgeführt werden sollen, verkennt die Revision das Wesen des Kontokorrents. Durch die Kontokorrentabrede haben die Parteien alle erfassten Ansprüche schon während der Rechnungsperiode der selbstständigen Geltendmachung entzogen, da die kontokorrentpflichtige Einzelforderung mit der Einstellung in das bestehende Kontokorrent ihre rechtliche Selbstständigkeit verliert (RGZ 105, 233 [234]; BGHZ 58, 257 [260]; BGH, Urt. v. 19.12.1969 - I ZR 33/68, WM 1970, 184 [186]; Urt. v. 3.2.1998 - XI ZR 33/97, MDR 1998, 666 = WM 1998, 545 [547]). Die Zahlungen einer Partei erfolgen daher nicht zur Tilgung bestimmter Forderungen, sondern bilden Rechnungsposten, die bei der nächsten Saldierung und Abrechnung des Kontokorrents ihre Wirkung ausüben (BGH v. 4.2.1992 - XI ZR 32/91, BGHZ 117, 135 [140 f.] = MDR 1992, 472; Urt. v. 3.2.1998 - XI ZR 33/97, MDR 1998, 666 = WM 1998, 545 [547]).

bb) Der kontokorrentmäßigen Verrechnung der Gutschrift steht auch nicht entgegen, dass sie den zumindest teilweise unpfändbaren Arbeitslohn des Klägers betrifft. Dies nimmt der Gutschrift entgegen der Auffassung der Revision nicht die Kontokorrentfähigkeit.

(1) Der Revision ist allerdings darin zuzustimmen, dass unpfändbare Forderungen einer kontokorrentmäßigen Verrechnung nicht zugänglich sind (BGH v. 30.5.1988 - II ZR 373/87, BGHZ 104, 309 [311] = MDR 1988, 938; Urt. v. 12.10.1987 - II ZR 98/87, MDR 1988, 294 = WM 1987, 1418 [1419]). Zutreffend ist auch, dass gem. § 811 Nr. 8, §§ 850 ff. ZPO Arbeitseinkommen teilweise unpfändbar ist. Mit ihrem Einwand, die Gutschrift von pfändungsfreiem Arbeitseinkommen sei ihrerseits unpfändbar und der Verfügungsmacht des Klägers entzogen, verkennt die Revision jedoch, dass der für das Arbeitseinkommen bestehende Pfändungsschutz mit der Überweisung der Bezüge auf das Konto des Klägers untergegangen ist. Mit der Gutschrift des Arbeitseinkommens auf dem Girokonto bei einem Kreditinstitut erlischt der Lohn- und Gehaltsanspruch gem. § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung und mit ihm ein bis zu diesem Zeitpunkt bestehender Pfändungsschutz gem. den §§ 850 ff. ZPO (BGH v. 30.5.1988 - II ZR 373/87, BGHZ 104, 309 [313] = MDR 1988, 938; Beschl. v. 16.7.2004 - IXa ZB 287/03, BGHReport 2005, 61 = MDR 2005, 48 = WM 2004, 1928 [1930]). Gegen die Bank ist mit der Kontogutschrift ein neuer, auf einem selbstständigen Rechtsgrund beruhender Anspruch entstanden, dessen Pfändungsschutz in § 850k ZPO eigenständig geregelt ist (BGH v. 30.5.1988 - II ZR 373/87, BGHZ 104, 309 [313] = MDR 1988, 938; Beschl. v. 16.7.2004 - IXa ZB 287/03, BGHReport 2005, 61 = MDR 2005, 48 = WM 2004, 1928 [1930]).

(2) Ob § 850k ZPO einer kontokorrentmäßigen Verrechnung der Gutschrift entgegensteht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten und vom BGH bislang offen gelassen (BGH v. 30.5.1988 - II ZR 373/87, BGHZ 104, 309 [315] = MDR 1988, 938). Der erk. Senat entscheidet die Frage nunmehr dahin, dass § 850k ZPO eine kontokorrentmäßige Verrechnung des auf dem Konto gutgeschriebenen Arbeitseinkommens zulässt.

Er schließt sich insofern der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur an. Danach wirkt § 850k ZPO im Rechtsverhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunden nicht. Die Verfügungsbefugnis des Kunden über seine Forderung gegen das Geldinstitut ist nicht beschränkt (Smid in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 850k Rz. 14) und die Bank kann Überweisungen von unter §§ 850 ff. ZPO fallenden Einkünften in die kontokorrentmäßige Verrechnung einbeziehen, so dass ein Anspruch des Kunden auf Auszahlung des unpfändbaren Teils seines Arbeitseinkommens bei debitorischen Kontostand nicht besteht (LG Freiburg v. 17.12.1981 - 3 S 186/81, WM 1982, 726 [727]; LG Landshut v. 8.3.2001 - 13 S 189/01, MDR 2001, 1069 = WM 2001, 1151 [1152]; AG Bielefeld v. 17.9.1998 - 4 C 736/98, MDR 1999, 494 = WM 2000, 2244; Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., Rz. 197; Heymann/Horn, HGB, § 355 Rz. 16; Lwowski/Bitter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 33 Rz. 13; Smid in MünchKomm/Smid/ZPO, 2. Aufl., § 850k Rz. 14.; Becker in Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 850k Rz. 11; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 394 Rz. 3; Schimansky in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 47 Rz. 45; Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rz. 1284b; Bitter, WuB, VI E., § 850k ZPO 1.00, 1.01; Ehlenz/Diefenbach, Pfändung in Bankkonten und andere Vermögenswerte, Rz. 101; Fischer, InVo 2002, 213 [214 f.]; Peters/Tetzlaff, NZI 2001, 233 [235]; Scholz Löhnig, WM 2004, 1116 [1117]; Singer, MDR 2001, 1069 [1070]; differenzierend Schuschke/Walker, ZPO, 3. Aufl., § 850k Rz. 1; Jungmann, WuB VI E., § 850k ZPO 2.01; a.A. LG Heidelberg v. 28.1.1999 - 7 S 15/98, WM 2000, 241; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 850k Rz. 1b; Reifner, NZI 1999, 304 [305]).

Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 850k ZPO, der Schutz ausdrücklich nur gegen eine "Pfändung" des Guthabens gewährt, um die es im Verhältnis zwischen Bank und Kunde nicht geht (Bitter, WuB VI E., § 850k ZPO 1.00; Fischer, InVo 2002, S. 215; Scholz Löhnig, WM 2004, 1116 [1117]). Entscheidend ist aber insb. die Ausgestaltung des im Rahmen des § 850k ZPO gewährten Pfändungsschutzes als rein verfahrensrechtliche Regelung. Anders als die für Sozialleistungen geltende Vorschrift des § 55 Abs. 1 S. 1 SGB I, nach welcher die durch die Gutschrift entstehende Forderung für den Zeitraum von sieben Tagen unpfändbar gestellt und damit der kontokorrentmäßigen Verrechnung entzogen wird (BGH v. 30.5.1988 - II ZR 373/87, BGHZ 104, 309 [311] = MDR 1988, 938; Urt. v. 12.10.1987 - II ZR 98/87, MDR 1988, 294 = WM 1987, 1418 [1419]; Becker in Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 850i ZPO Rz. 28; Heymann/Horn, HGB, § 355 Rz. 16; Schimansky in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 47 Rz. 45; a.A. Terpitz, WuB IV A., § 394 BGB 1.88), ordnet § 850k Abs. 1 ZPO keine gesetzliche Unpfändbarkeit des Arbeitseinkommens unterhalb der Pfändungsgrenzen an. Pfändungsschutz hinsichtlich des überwiesenen Arbeitseinkommens kann der Kontoinhaber hier vielmehr nur dadurch erreichen, dass er beim Vollstreckungsgericht die Aufhebung der Pfändung des Guthabens bis zur Höhe des pfändungsfreien Betrages beantragt. Damit beschränkt sich § 850k Abs. 1 ZPO im Gegensatz zu § 55 Abs. 1 S. 1 SGB I darauf, dem Schuldner Kontenschutz gegen Vollstreckungszugriffe seines Gläubigers durch Herbeiführung einer konstitutiven Entscheidung des - im Verhältnis zwischen dem Kunden und der Bank nicht zuständigen - Vollstreckungsgerichts zu ermöglichen. Die an die Anordnung der gesetzlichen Unpfändbarkeit geknüpfte Folge, dass die Bank nach dem Rechtsgedanken der §§ 394, 400 BGB an einer Verrechnung der eingegangenen Beträge mit einer eigenen Forderung gehindert ist (BGH v. 30.5.1988 - II ZR 373/87, BGHZ 104, 309 [311] = MDR 1988, 938), tritt hier also nicht ein.

(3) Der auf dem Bankkonto gutgeschriebene pfändungsfreie Teil des Arbeitseinkommens ist auch entgegen einer vereinzelt in Rechtsprechung (LG Heidelberg v. 28.1.1999 - 7 S 15/98, WM 2000, 241 f.) und Literatur (Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 850k ZPO Rz. 1b) vertretenen Auffassung nicht in analoger Anwendung des § 850k ZPO als unpfändbare und damit im Verhältnis zur Bank als nicht kontokorrentfähige Forderung anzusehen.

(a) Es fehlt schon an einer gesetzlichen Regelungslücke.

Gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung des § 850k ZPO mögliche Zugriffe des Kreditinstituts im Rahmen der Verrechnung auf einem debitorisch geführten Konto nicht bedacht (so LG Heidelberg v. 28.1.1999 - 7 S 15/98, WM 2000, 241), spricht bereits, dass es bei der Schaffung der im Jahr 1969 in Kraft getretenen Vorläufernorm des § 55 SGB I erklärtes Ziel des Gesetzgebers war, die Abhebung eines der Leistung entsprechenden Betrages ausdrücklich auch im Fall eines debitorisch geführten Kontos zu gewährleisten (vgl. Bericht des Ausschusses für Arbeit des Deutschen Bundestages zu BT-Drucks. V/4110, 23). Da sich der Gesetzgeber bei der späteren Gestaltung des § 850k ZPO ausdrücklich mit der Vorschrift des § 55 SGB I und dem dort geregelten Pfändungsschutz auseinander gesetzt hat (BT-Drucks. 8/693, 49 f.; BT-Drucks. 8/1414, 41), spricht einiges dafür, dass ihm die Gesetzesmaterialien zu dieser und ihrer Vorläufernorm und damit auch das Problem der Verrechnung durch die Bank bei debitorisch geführtem Konto bekannt gewesen sind (Bitter, WuB VI E., § 850k ZPO 1.00; Scholz Löhnig, WM 2004, 1116 [1117 bei Fn. 22]; a.A. Jungmann, WuB VI E., § 850k ZPO 2.01).

Letztlich kann dies offen bleiben, da jedenfalls das Verhältnis der Kontenschutzregelungen des § 55 SGB I und des § 850k ZPO zueinander eine der Analogie zugängliche Regelungslücke ausschließt. Durch diese Vorschriften wird der Kontoschutz abschließend in der Weise geregelt, dass nur auf dem Konto gutgeschriebene Sozialleistungen i.S.d. Sozialgesetzbuches vorübergehend unpfändbar sind, für eingehende Gehälter und Löhne - um die es hier geht - Pfändungsschutz hingegen ausschließlich nach § 850k ZPO auf entsprechenden Antrag gewährt wird (BGH v. 30.5.1988 - II ZR 373/87, BGHZ 104, 309 [312 ff.] = MDR 1988, 938; Becker in Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 850k ZPO Rz. 1). Würde man den auf dem Bankkonto gutgeschriebenen pfändungsfreien Teil des Arbeitseinkommens in analoger Anwendung des § 850k ZPO als unpfändbare und damit im Verhältnis zur Bank nicht kontokorrentfähige Forderung behandeln, unterliefe man die gesetzgeberischen Entscheidungen, die zu der unterschiedlichen Behandlung von Sozialleistungen und Arbeitseinkommen geführt haben:

Der Gesetzgeber hat das auf dem Konto eingegangene Arbeitseinkommen im Rahmen des § 850k ZPO bewusst nicht - auch nicht teilweise - unpfändbar gestellt. Die zunächst vorgesehene und dem Wortlaut des § 55 SGB I entsprechende Fassung des § 850k ZPO (BT-Drucks. VI/2870, 8), mit der die vollständige materielle Unpfändbarkeit des Arbeitseinkommens für die Dauer von sieben Tagen angeordnet werden sollte, ist nicht Gesetz geworden. Mit Rücksicht darauf, dass die sozialrechtlichen Ansprüche auf laufende Geldleistungen nur unter erheblich engeren Voraussetzungen als die Ansprüche auf Arbeitsentgelt gepfändet werden können, hielt der Gesetzgeber einen der Regelung des § 55 SGB I entsprechenden Schutz für Arbeitseinkünfte ggü. den berechtigten Interessen der Gläubiger für zu weitgehend. Er sah deshalb davon ab, Lohn- und Gehaltskonten entsprechend der in § 55 SGB I getroffenen Regelung pfändungsfrei zu lassen und entschied sich im Rahmen des § 850k ZPO für eine rein verfahrensrechtliche Lösung (BT-Drucks. 8/693, 49 f.; BT-Drucks. 8/1414, 41; BGH v. 30.5.1988 - II ZR 373/87, BGHZ 104, 309 [313 f.] = MDR 1988, 938). Mit dieser wollte er zugleich den praktischen Schwierigkeiten der Geldinstitute Rechnung tragen, denen es im Regelfall nicht möglich ist, den jeweils pfändungsfreien Betrag des Guthabens zu ermitteln (BT-Drucks. 8/693, 49). Diese vom Gesetzgeber gewollte Differenzierung darf nicht durch eine analoge Anwendung des § 850k ZPO unterlaufen werden.

(b) Wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, fehlt es zudem an der hierfür erforderlichen vergleichbaren Interessenlage.

Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass der Inhaber einer unpfändbaren Forderung nach Überweisung auf sein Girokonto ein Interesse daran hat, Bargeld zur Finanzierung seiner Lebensführung in Höhe der unpfändbaren Beträge zu erhalten (so LG Heidelberg v. 28.1.1999 - 7 S 15/98, WM 2000, 241; Hintzen, Taktik in der Zwangsvollstreckung (II), 4. Aufl., Rz. 726). Dieses Interesse wird aber durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Dritter einerseits und durch die Verrechnung mit Forderungen der kontoführenden Bank andererseits in unterschiedlicher Weise berührt. Der Schutzzweck des § 850k ZPO, der es dem Schuldner ermöglichen soll, sein Arbeitseinkommen im Wege des bargeldlosen Zahlungsverkehrs erhalten zu können und dennoch gegen den zwangsweisen Vollstreckungszugriff dritter Gläubiger geschützt zu sein, trifft auf das Verhältnis von Bank und Kunden nicht zu, weil es hier an dem für den Schutz des § 850k ZPO typischen Zwangselement fehlt (LG Landshut v. 8.3.2001 - 13 S 189/01, MDR 2001, 1069 = WM 2001, 1151 [1152]; Bitter, WuB VI E., § 850k ZPO 1.00, 1.01; Fischer, InVo 2002, 213 [215]; Peters/Tetzlaff, NZI 2001, 233 [235]; Scholz Löhnig, WM 2004, 1116 [1118]; Singer, MDR 2001, 1069 [1070]; differenzierend Jungmann, WuB VI E., § 850k ZPO 2.01; a.A. LG Heidelberg v. 28.1.1999 - 7 S 15/98, WM 2000, 241). Anders als in den von § 850k ZPO geregelten Fällen des zwangsweisen Zugriffs von Gläubigern auf das Gehaltskonto, hat es der Schuldner ggü. der Bank selbst in der Hand, ob er sein Arbeitseinkommen auf ein debitorisch geführtes Konto überweisen lässt. Die Veranlassung der Überweisung seines Gehaltes auf ein zu dieser Zeit debitorisch geführtes Konto ist daher nicht anders als der Fall zu beurteilen, in dem ein Schuldner sein Entgelt persönlich vom Arbeitgeber in Empfang genommen und es anschließend auf sein debitorisches Konto eingezahlt hat (LG Landshut v. 8.3.2001 - 13 S 189/01, MDR 2001, 1069 = WM 2001, 1151 [1152]; Bitter, WuB VI E., § 850k ZPO 1.00, 1.01; Peters/Tetzlaff, NZI 2001, 233 [235]; krit. Jungmann, WuB VI E., § 850k ZPO 2.01). Auch dann wäre die Bank an einer kontokorrentmäßigen Verrechnung nicht gehindert.

Angesichts der fehlenden Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist es allein Sache des Gesetzgebers, ebenso wie für Sozialleistungen (§ 55 SGB I) auch bei dem Arbeitsentgelt die Unpfändbarkeit der durch die Gutschrift entstandenen Forderung anzuordnen, die dann entsprechend § 394 BGB auch der kontokorrentmäßigen Verrechnung entzogen wäre. Für eine im Wege der Analogie herbeigeführte Gleichbehandlung in Fällen, in denen es - wie in § 850k ZPO für die Arbeitseinkünfte - an einer derartigen gesetzgeberischen Entscheidung fehlt, ist hingegen kein Raum (Bitter, WuB VI E., § 850k ZPO 1.00; Singer, MDR 2001, 1069 [1070]).

2. Dem Kläger steht entgegen der Auffassung der Revision kein Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB in Höhe der durch ein Kaufhaus in Rechnung gestellten Rücklastschriftgebühr von 5,56 EUR und der Mahnspesen von 10 EUR zu. Aus seinem Vortrag ergeben sich weder Anhaltspunkte dafür, dass die Nichteinlösung der Lastschrift durch die Beklagte pflichtwidrig war noch dass diese ihren im Zusammenhang mit der Nichteinlösung der Lastschrift stehenden Informationspflichten (BGH, Urt. v. 28.2.1989 - XI ZR 80/88, MDR 1989, 737 = WM 1989, 625 [626]) nicht ausreichend nachgekommen ist.

III.

Die Revision war somit zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1349986

BGHZ 2005, 349

DB 2005, 1623

DStZ 2005, 463

NJW 2005, 1863

NWB 2005, 2183

BGHR 2005, 982

EBE/BGH 2005, 164

FamRZ 2005, 1171

EWiR 2005, 619

WM 2005, 1022

WuB 2005, 533

WuB 2005, 557

ZIP 2005, 941

DZWir 2005, 508

InVo 2005, 328

JA 2005, 833

JZ 2006, 46

MDR 2005, 1065

Rpfleger 2005, 452

VuR 2005, 237

BKR 2005, 288

ZBB 2005, 198

ZVI 2005, 257

ZVI 2006, 50

ProzRB 2005, 206

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