Leitsatz (amtlich)

a) Darauf, ob dem Markeninhaber auch nach den vor dem In-Kraft-Treten des Markengesetzes geltenden Bestimmungen Ansprüche wegen Markenverletzung gegen eine vor dem 1.1.1995 aufgenommene Zeichennutzung zustanden (§ 153 Abs. 1 MarkenG), kommt es nur an, wenn das angegriffene Zeichen auch vor dem 1.1.1995 in identischer Form oder in einer Weise benutzt worden ist, die den kennzeichnenden Charakter des Zeichens nicht verändert hat. Ist die neue Verwendungsform der früheren lediglich ähnlich, kommt es nur auf die Rechtslage nach In-Kraft-Treten des Markengesetzes an.

b) Der Lizenznehmer kann sich ggü. dem Lizenzgeber nicht darauf berufen, er hätte ohne Abschluss des Lizenzvertrages ein Recht an einem anderen als dem lizenzierten Zeichen erwerben können.

c) Schließen die Parteien einen Gestattungsvertrag über eine Zeichennutzung, ohne weiter gehende wechselseitige Pflichten zu vereinbaren, lässt sich dem regelmäßig nicht entnehmen, der Lizenznehmer habe für den Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses auf den Einwand verzichten wollen, die Voraussetzungen einer Schutzrechtsverletzung hätten bei Benutzungsaufnahme nicht vorgelegen.

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 21 Abs. 2, 4, § 26 Abs. 3, §§ 152-153

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 21.11.2002; Aktenzeichen 2 U 29/02)

LG Stuttgart (Urteil vom 29.01.2002)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Stuttgart v. 21.11.2002 aufgehoben, soweit nicht der Beseitigungsantrag der Klägerin (Beseitigungsantrag bezogen auf den Hauptantrag) abgewiesen worden ist.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin, die HUGO BOSS AG, stellt Damen- und Herrenbekleidung her. Sie ist Inhaberin der u.a. für "Bekleidungsstücke (einschließlich gewirkter und gestrickter) für Damen, Herren und Kinder" mit Priorität v. 7.12.1979 eingetragenen Marken Nr. 100 82 83 "BOSS" und Nr. 100 74 60 "HUGO BOSS".

Die Beklagte zu 2), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1) ist, betreibt seit 1986 in H. ein Tanzlokal mit der Bezeichnung "BOSS-Club". Vor der Aufnahme des Betriebs wandte sich der Bruder des Beklagten zu 1) in dessen und im eigenen Namen mit Schreiben v. 15.4.1985 an die Klägerin und bat um Mitteilung, ob sie den Namen "BOSS" mit Schriftzug für das Tanzlokal verwenden dürften. Daraufhin sandte die Klägerin dem Bruder des Beklagten zu 1) mit Schreiben v. 17.4.1985 eine reprofähige Vorlage des Schriftzugs mit der Bitte, diese nach Gebrauch zurückzusenden. Anfang März 1986 übersandte der Bruder des Beklagten zu 1) der Klägerin ein Foto von der Eingangstür des Lokals und unterrichtete sie von der bevorstehenden Eröffnung. Die Klägerin ließ die Geschäftsleitung des Lokals daraufhin Ende März 1986 wegen der Verwendung der Bezeichnung "BOSS-Club" abmahnen. An die Abmahnung schlossen sich in der Folgezeit Verhandlungen über den Abschluss eines schriftlichen Lizenzvertrags an, die von dem Beklagten zu 1) Ende des Jahres 1987 nicht mehr weiterverfolgt wurden.

Gegenüber einer am 18.9.1996 ausgesprochenen weiteren Abmahnung der Klägerin berief sich der Beklagte zu 1) darauf, in der Übersendung der reprofähigen Vorlage des "BOSS"-Schriftzugs habe eine ausdrückliche Gestattung der Verwendung der Bezeichnung für das Lokal gelegen. Daraufhin ließ die Klägerin mit Schreiben v. 23.12.1996 die dem Beklagten zu 1) "erteilte Lizenz zur Kennzeichnung seines Tanzlokals mit der Bezeichnung 'BOSS' zum 30.6.1997 kündigen". Im Juni 2001 wandte sich die Beklagte zu 2) an die Klägerin mit der Mitteilung, gegen Zahlung einer Entschädigung für die Werbungskosten in einer Größenordnung von 750.000 DM auf die Führung der Bezeichnung "BOSS-Club" zu verzichten. Die Klägerin nahm dies zum Anlass, die Beklagten am 6.8.2001 abzumahnen, kündigte Ende August 2001 die Gestattung zur Benutzung der Bezeichnung "BOSS" zur Kennzeichnung des Tanzlokals in H. fristlos und erhob am 6.9.2001 die vorliegende Klage.

Die Klägerin sieht in der Verwendung der Bezeichnung "BOSS-Club" einen Eingriff in ihre Markenrechte. Sie hat geltend gemacht, ihre Marken "BOSS" seien sehr bekannt. 1986 seien die Marken 64 % der Verkehrskreise bekannt gewesen. In den Jahren 1990 bis 1999 hätten die Marken einen Bekanntheitsgrad zwischen 81,9 % und 92 % erreicht. Die Beklagten nutzten den herausragenden Ruf der Marken der Klägerin zu einem Imagetransfer aus und schädigten die Wertschätzung dieser Marken auf Grund eines abträglichen Zustands des Lokals und durch die dort aufgeführten Programme.

Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung, Entfernung des Zeichens "BOSS" von dem Gelände des Tanzlokals und Auskunft in Anspruch genommen. Sie hat ferner die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten beantragt.

Das LG hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin beantragt,

1. a) die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen

...

zur Kennzeichnung von Tanzlokalen (Diskotheken) zu benutzen, auch mit Zusatz der Worte "Club" und/oder "Super" und/oder der Zahl "2000", insb. das Zeichen an solchen Lokalen, auf Hinweisschildern, Fahrzeugen, Aushängen, Zeitungsanzeigen, Prospekten oder anderen Werbemitteln anzubringen oder sonst im Geschäftsverkehr oder in der Werbung zu benutzen,

hilfsweise:

die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen

...

und/oder

...

in den nachstehend eingeblendeten Gestaltungen

aa)

...

bb)

...

cc)

...

dd)

...

zur Kennzeichnung von Tanzlokalen (Diskotheken) zu benutzen, insb. das Zeichen an solchen Lokalen, auf Hinweisschildern, Fahrzeugen, Aushängen, Zeitungsanzeigen, Prospekten oder anderen Werbemitteln anzubringen oder sonst im Geschäftsverkehr oder in der Werbung zu benutzen;

b) den Beklagten die gesetzlichen Ordnungsmittel anzudrohen;

2. die Beklagten zu verurteilen, das Zeichen "BOSS" und/oder "BOSS CLUB", auch in den in den Hilfsantrag Ziff. 1a) eingeblendeten Gestaltungen, von dem Lokal in der M. Straße in H. sowie von Hinweisschildern und/oder Fahrzeugen zu entfernen;

3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin über den Umfang der im Klageantrag Ziff. 1a) bezeichneten Handlungen seit dem 1.7.1997 Auskunft zu erteilen durch Vorlage eines Verzeichnisses, das enthält

- die monatlichen wertmäßigen Umsätze mit Eintrittskarten für das Lokal in der M. Straße in H. sowie die monatlichen Umsätze mit Speisen und Getränken und sonstigen Waren und Dienstleistungen in diesem Lokal sowie

- eine Zusammenstellung der Werbung mit Angabe der Art der Werbung und der Werbeträger, aufgeschlüsselt nach Kalendermonaten;

4. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin gesamtschuldnerisch allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin seit dem 1.7.1997 durch die in dem Klageantrag Ziff. 1a) bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben sich auf eine Verwirkung von Ansprüchen der Klägerin berufen.

Das Berufungsgericht hat die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln auf den Hilfsantrag verurteilt, es zu unterlassen, die Zeichen "BOSS" und/oder "BOSS CLUB" in den Gestaltungen 1a aa), 1a cc) und 1a dd) zur Kennzeichnung von Tanzlokalen (Diskotheken) zu benutzen. Bei der Gestaltung 1a aa) hat das Berufungsgericht den obersten Schriftzug "BOSS" von dem Verbot ausgenommen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten weiterhin verurteilt, die Zeichen "BOSS" und "BOSS CLUB" in den im Verbotstenor wiedergegebenen Gestaltungen von dem Lokal sowie Hinweisschildern und Fahrzeugen zu entfernen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung die Klage abgewiesen (OLG Stuttgart GRUR-RR 2004, 8).

Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin den Hauptantrag zu 1a, den Antrag zu 1b sowie die Anträge 3 und 4 der Berufungsinstanz weiter, wobei Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung ab 1.1.1998 geltend gemacht werden.

Die Beklagten haben Anschlussrevision eingelegt, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage begehren. Die Klägerin beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat den auf Unterlassung gerichteten Klageantrag zu 1) und den auf Beseitigung gerichteten Klageantrag zu 2) nur bezogen auf eine schriftzuggebundene Verwendung der Bezeichnung "BOSS" und "BOSS CLUB" nach § 1 UWG a.F. und § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG für begründet erachtet. Die weiter gehenden Anträge zu 1 und 2 sowie die Anträge zu 3 und 4 hat es abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Klägerin stünden keine marken- oder wettbewerbsrechtlichen Ansprüche gegen die Beklagten zu, soweit diese den Begriff "BOSS" nicht in der von der Klägerin speziell entwickelten und benutzten typografischen Schreibweise verwendeten. Beabsichtige ein Dritter die anlehnende Führung eines Begriffs und gestatte der Kennzeicheninhaber die Benutzung eines mit seinem Zeichen identischen Zeichens, so sei der Dritte nach Kündigung der identischen Zeichennutzung zu einer Verwendung in der anlehnenden allgemeineren Zeichenform berechtigt, wenn er diese von Anfang an auch ohne Ermächtigung des Kennzeicheninhabers hätte führen können und auf diese Weise ein eigenes Geschäftszeichen erworben hätte. Davon sei für die mit dem typischen Schriftzug, den die Klägerin verwende, nicht identischen Schreibweise von "BOSS" auszugehen. Unter der Geltung des Warenzeichengesetzes hätte die Klägerin im Jahre 1985 den Beklagten die Benutzung des Zeichens "BOSS" in beliebiger Schreibweise zur Kennzeichnung eines Tanzlokals nicht verbieten können. Auch wenn es sich bei der Klagemarke "BOSS" schon im Jahre 1985 um eine bekannte Marke gehandelt habe, habe der Begriff nicht über eine einzigartige Originalität verfügt, sondern sei in der Umgangssprache ein Synonym für das Wort "Chef" gewesen. Damit sei das Kennzeichen nicht derartig einmalig und einzigartig gewesen, dass es den Verkehr zwangsläufig an ein bestimmtes Unternehmen habe denken lassen. Zudem hätten schon 1985 weitere wortidentische Marken existiert, welche das Klagezeichen weiter verwässert und i.V.m. der Zugehörigkeit der Bezeichnung zum allgemeinen Wortschatz angesichts der großen Branchenferne eine verwerfliche Rufüberleitung ausgeschlossen hätten. Hätten die Beklagten im Jahre 1985 die Benutzung der Bezeichnung "BOSS" in allgemeiner Schreibweise aufgenommen, hätten sie ein eigenes Kennzeichen erworben, das sie nach wie vor hätten nutzen können. Auch die Voraussetzungen einer Rufschädigung durch den Betrieb der Beklagten seien nicht erfüllt.

Die Beklagten seien aber schon 1985 gem. § 1 UWG a.F. und ab 1995 nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG nicht berechtigt gewesen, eine mit dem charakteristischen Schriftzug der Zeichen der Klägerin identische Schreibweise zu verwenden.

Der entsprechende Unterlassungsanspruch sei nicht verwirkt. Der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum habe erst nach Beendigung des Gestattungsvertrags der Parteien zu laufen begonnen und der bis zur Klageerhebung reichende Zeitraum habe nicht ausgereicht, eine Verwirkung zu begründen. Ein untätiges Zuwarten i.S.v. § 21 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG oder § 21 Abs. 4 MarkenG i.V.m. § 242 BGB, das den markenrechtlichen oder den allgemeinen Verwirkungseinwand begründen könnte, sei nicht gegeben, solange die Zeichennutzung auf vertraglicher Grundlage erfolgt sei. Durch die Überlassung des reprofähigen Schriftzugs am 17.4.1985 sei ein unentgeltlicher Nutzungsgestattungsvertrag zwischen den Parteien zu Stande gekommen. Die Parteien hätten mit Rechtsbindungswillen gehandelt. Für die Klägerin sei erkennbar gewesen, dass das Benutzungsrecht für die Beklagtenseite von großer wirtschaftlicher Bedeutung gewesen sei. Neben dem Beklagten zu 1) sei der Nutzungsgestattungsvertrag nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts auch mit der Beklagten zu 2) zu Stande gekommen. Der Wille der Beteiligten eines Geschäfts gehe im Zweifel dahin, mit dem Unternehmensinhaber den Vertrag zu schließen. Diese Nutzungsvereinbarung habe über die schließlich gescheiterten Verhandlungen der Parteien über einen entgeltlichen Lizenzvertrag hinaus fortbestanden und sei erst durch die Kündigung v. 23.12.1996 zum 31.12.1997 beendet worden. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung habe die Klägerin den Gestattungsvertrag in entsprechender Anwendung der §§ 624, 723 BGB ordentlich kündigen können. Unter Berücksichtigung der Dauer der Nutzung von mehr als zehn Jahren einerseits und der unentgeltlichen Einräumung des Nutzungsrechts andererseits sei eine Kündigungsfrist von einem Jahr angemessen.

Der Zeitraum von fünf Jahren für die Verwirkung nach § 21 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG sei bei Klageeinreichung am 30.8.2001 selbst dann nicht abgelaufen gewesen, wenn die Frist für die Verwirkung ab 1.7.1997 zu rechnen sei, weil die Klägerin die Kündigung zum 30.6.1997 ausgesprochen habe.

Auch eine Verwirkung nach allgemeinen Vorschriften sei nicht gegeben (§ 21 Abs. 4 MarkenG i.V.m. § 242 BGB). Wie lange der Zeitraum für eine Verwirkung zu bemessen sei, ergebe sich aus den Umständen des Einzelfalls. Regelmäßig liege er oberhalb des in § 21 Abs. 1 MarkenG vorgesehenen Zeitraums von fünf Jahren. Die Klägerin habe von dem von ihr selbst gesetzten Kündigungszeitpunkt am 30.6.1997 einen Zeitraum von etwas mehr als vier Jahren zugewartet. Dass die Beklagten innerhalb des Zeitraums v. 1.7.1997 bis zur Klageerhebung einen nennenswerten zusätzlichen Besitzstand erworben hätten, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zudem hätten die Beklagten nach der Kündigung sich nicht in Sicherheit wiegen dürfen.

Der Beseitigungsanspruch sei ebenfalls nur im Umfang der schriftzuggebundenen Kennzeichennutzung erfolgreich.

Eine Pflicht, Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG zu leisten, bestehe nicht. Die Klägerin könne den Ersatz eines Schadens nur wegen einer schriftzuggebundenen Kennzeichenbenutzung beanspruchen, nicht aber wegen der Verwendung der Bezeichnung "BOSS" mit beliebigem Schriftzug. Zu der Wahrscheinlichkeit eines solchen Schadenseintritts habe die Klägerin nichts vorgetragen. Mangels Schadensersatzanspruchs bestehe auch kein Auskunftsanspruch.

II. Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit nicht der Beseitigungsanspruch der Klägerin (Beseitigungsantrag bezogen auf den Hauptantrag) abgewiesen worden ist.

Revision der Klägerin

1. Das Berufungsgericht hat den mit dem Hauptantrag verfolgten Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Verwendung der Zeichen "BOSS" und "BOSS CLUB" nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG, § 1 UWG a.F., § 153 Abs. 1 MarkenG mit der Begründung verneint, nach Kündigung des Gestattungsvertrags könnten die Beklagten das Zeichen "BOSS" in seiner allgemeinen, nicht schriftzuggebundenen Form benutzen, weil sie zu dieser Verwendung bei Aufnahme der Benutzung (1986) auch ohne Gestattung der Klägerin berechtigt gewesen wären und auf diese Weise ein Recht an einem eigenen Geschäftszeichen erworben hätten. Dem kann nicht zugestimmt werden. Für den mit dem Hauptantrag zu 1a geltend gemachten Unterlassungsanspruch, der sich gegen die Verwendung von "BOSS" mit beliebigem Schriftzug richtet, und die hierauf bezogenen Auskunfts- und Schadensersatzansprüche kommt es, soweit dieser Antrag in seiner allgemeinen Form nicht auch die schriftzuggebundene Zeichenbenutzung umfasst, nur darauf an, ob diese Ansprüche nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 und Abs. 6 MarkenG begründet sind. Soweit der umfassende Hauptantrag auch die schriftzuggebundene Verwendung von "BOSS" beinhaltet, gelten dagegen die Ausführungen zu II 5 entsprechend.

a) Nach dem In-Kraft-Treten des Markengesetzes mit Wirkung v. 1.1.1995 können die in die Zukunft gerichteten Unterlassungsansprüche und der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung auf Grund einer vor dem 1.1.1995 aufgenommenen Zeichenbenutzung nur dann bejaht werden, wenn sie der Klägerin nach §§ 14, 15 MarkenG zustehen und wenn sie ihr außerdem nach den bis dahin geltenden Vorschriften zugestanden haben (§§ 152, 153 Abs. 1 MarkenG). Danach, ob der Klägerin auch auf Grund der vor dem In-Kraft-Treten des Markengesetzes geltenden Bestimmungen die in Rede stehenden Ansprüche zustanden, ist nur zu fragen, wenn das angegriffene Zeichen vor dem 1.1.1995 in identischer Form oder in einer Weise benutzt worden ist, die den kennzeichnenden Charakter des Zeichens nicht verändert, während eine Benutzung eines darüber hinaus nur ähnlichen Zeichens keine Weiterbenutzung i.S.v. § 153 Abs. 1 MarkenG darstellt (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 153 Rz. 12; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 153 Rz. 14; v. Schultz/Zumbusch, Markenrecht, § 153 Rz. 10).

Von einer Benutzung, die den kennzeichnenden Charakter des Zeichens nicht verändert, ist auszugehen, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt (vgl. zu § 26 Abs. 3 S. 1 MarkenG: BGH, Beschl. v. 20.1.2005 - I ZB 31/03, BGHReport 2005, 853 = GRUR 2005, 515 = WRP 2005, 620 - FERROSIL, m.w.N.).

Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Die Beklagten haben das Zeichen "BOSS" in der besonderen grafischen Gestaltung des Schriftzugs, wie er von der Klägerin entwickelt worden ist, oder zumindest in einer sehr ähnlichen Weise benutzt, nicht aber in anderer nicht schriftzuggebundener Form. Dies gilt auch für das im Hilfsantrag zu 1a unter aa) angeführte oberste Zeichen "BOSS" und den unter bb) wiedergegebenen Zeichenbestandteil "BOSS", die eine dem typischen Schriftzug der Klägerin sehr ähnliche grafische Gestaltung aufweisen. Die Beklagten haben danach das Zeichen "BOSS" vor dem 1.1.1995 nur mit dem typischen von der Klägerin verwandten Schriftzug oder in einer dem sehr ähnlichen Weise benutzt. Die angegriffene nicht schriftzuggebundene Verwendung des Zeichens "BOSS" unterliegt als neue Benutzungsform nicht der Übergangsvorschrift des § 153 Abs. 1 MarkenG, sondern allein der Beurteilung der neuen Rechtslage nach dem Markengesetz.

Darauf, ob die Klägerin den Beklagten 1985/86 eine Verwendung von "BOSS" in nicht gebundenem Schriftzug nicht hätte verbieten und ob die Beklagten insoweit ein eigenes Kennzeichenrecht hätten erwerben können, kommt es nicht an. Denn § 153 Abs. 1 MarkenG soll nur verhindern, dass aus Altrechten über das Markengesetz gegen vor seinem In-Kraft-Treten rechtmäßige Benutzungshandlungen vorgegangen wird (vgl. Begründung zum RegE, BT-Drucks. 12/6581, 128 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 122). Der Sinn der Übergangsvorschrift besteht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aber nicht darin, eine bloße Möglichkeit zur Zeichennutzung, die unter Geltung des Warenzeichengesetzes bestand, für die Zeit nach In-Kraft-Treten des Markengesetzes fortzuschreiben.

b) Die Beklagten können ein Recht zur Benutzung des Zeichens "BOSS" mit beliebigem Schriftzug auch nicht daraus ableiten, dass sie das schriftzuggebundene Zeichen auf Grund eines mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrags nutzen durften. Nach Beendigung des Lizenz- oder Gestattungsvertrags, von dessen Abschluss und wirksamer Kündigung das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist (vgl. hierzu unter II 3a), kann der Lizenznehmer dem Lizenzgeber nicht entgegenhalten, während der Laufzeit des Lizenzvertrags eigene Kennzeichenrechte an dem lizenzierten Zeichen erworben zu haben (vgl. BGH, Urt. v. 27.2.1963 - Ib ZR 180/61, GRUR 1963, 485 [487 f.] - Micky-Maus-Orangen; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 30 Rz. 61). Entsprechend kann sich der Lizenznehmer ggü. dem Lizenzgeber auch nicht darauf berufen, er hätte bei Benutzung dieses oder eines ähnlichen Zeichens ohne Abschluss des Lizenzvertrags selbst ein Kennzeichenrecht erwerben können. Die Stellung des Lizenznehmers im Verhältnis zum Lizenzgeber nach Beendigung des Lizenzvertrags ist insoweit nicht besser als diejenige eines Dritten, der erstmals ein mit der lizenzierten Marke identisches oder ähnliches Zeichen benutzt.

2. Das Berufungsgericht hat zu der Frage, ob die Markenrechte der Klägerin nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG durch die Verwendung der Bezeichnung "BOSS" in beliebiger grafischer Gestaltung verletzt werden - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen. Mangels ausreichender Tatsachengrundlage ist der Senat zu einer eigenen Sachentscheidung nicht in der Lage.

a) Nach der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG liegt eine Markenverletzung vor, wenn ein mit der Marke identisches oder ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Marken der Klägerin seien im Jahre 1997 im Inland bekannte Marken i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gewesen. Dagegen wendet sich die Revisionserwiderung ohne Erfolg mit der Begründung, das Berufungsgericht habe zur Bekanntheit der Marken der Klägerin bei Beendigung des Lizenzvertrags 1997 keine ausreichenden und zum Teil widersprüchliche Feststellungen getroffen. Zwar hat das Berufungsgericht die Frage, ob es sich bei den "BOSS"-Marken im Jahre 1997 um bekannte Marken handelte, an einer Stelle der Entscheidungsgründe dahinstehen lassen. Es ist jedoch ansonsten in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass es sich bei den Klagemarken im Jahr 1997 um bekannte Marken handelte. Das war für diesen Zeitpunkt zwischen den Parteien auch nicht umstritten. Die Klägerin hat hierzu geltend gemacht, für Anzeigenwerbung im Inland in den Jahren 1983 bis 1989 zwischen 1,6 Mio. DM und 3,3 Mio. DM jährlich und in den Jahren 1990 bis 2000 zwischen 2,7 Mio. DM und 7,6 Mio. DM im Jahr aufgewandt zu haben. Sie hat unter Vorlage verschiedener Veröffentlichungen weiter vorgetragen, Marktführer im Bereich für Herrenbekleidung zu sein. Zudem hat sie sich auf Untersuchungen der GfK berufen, wonach die Marke "BOSS" 1994 87,9 % und 1999 81,9 % der Gesamtbevölkerung bekannt war. Die Beklagten haben diese Angaben nicht bestritten und sie sind auch sonst dem Vortrag der Klägerin nicht entgegengetreten, dass es sich bei der Marke "BOSS" 1997 und in der Folgezeit um eine bekannte Marke handelte. Danach konnte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die "BOSS"-Marken jedenfalls seit dem Jahre 1997 die Voraussetzungen erfüllten, die gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG an bekannte Marken zu stellen sind.

c) Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob eine Verwendung der Bezeichnung "BOSS" mit beliebigem Schriftzug für das von der Beklagten zu 2) betriebene Tanzcafé die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marken der Klägerin in den Jahren seit 1997 in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG).

3. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch nicht zu, erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend.

Ein Anspruch der Klägerin nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG ist weder gem. § 21 Abs. 2 MarkenG noch nach § 21 Abs. 4 MarkenG i.V.m. § 242 BGB verwirkt.

a) Nach § 21 Abs. 2 MarkenG hat der Inhaber einer Marke nicht das Recht, die Benutzung einer geschäftlichen Bezeichnung mit jüngerem Zeitrang zu untersagen, soweit er die Benutzung dieses Zeichens während eines Zeitraums von fünf aufeinander folgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat.

Das Berufungsgericht ist bei seinen Erwägungen zum Hilfsantrag zutreffend davon ausgegangen, dass der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum von fünf Jahren nicht vor dem 1.7.1997 zu laufen begann und eine Duldung der Nutzung des Zeichens "BOSS" seitens der Klägerin jedenfalls durch die Klageerhebung (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO) am 6.9.2001 endete.

aa) Durch die Anfrage des Bruders des Beklagten zu 1) v. 15.4.1985, "ob wir den Namen Boss (mit Schriftzug) für unser Abendlokal verwenden dürfen", und die mit Schreiben der Klägerin v. 17.4.1985 übersandte reprofähige Vorlage des Schriftzugs ist zwischen den Parteien ein Vertrag zu Stande gekommen, durch den die Klägerin den Beklagten gestattete, das Zeichen auf Zeit zu nutzen.

Dagegen wendet sich die Anschlussrevision ohne Erfolg mit der Begründung, den Parteien habe ein Rechtsbindungswillen gefehlt; über wesentliche Bestandteile eines solchen Vertrags, insb. über Art und Dauer der Gestattung, die Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts sowie die Übertragbarkeit der Nutzungsrechte, sei keine Einigung erzielt worden. Entsprechend seien auch die Verhandlungen über den Abschluss eines Lizenzvertrags in der Folgezeit ergebnislos geblieben.

Ob den Erklärungen der Parteien ein Wille zur rechtlichen Bindung zu entnehmen ist oder die Parteien nur auf Grund einer außerrechtlichen Gefälligkeit handeln, ist eine Sache tatrichterlicher Würdigung (vgl. BGHZ 56, 204 [209]). Das Berufungsgericht hat eine rechtliche Bindung der Parteien bejaht. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Ob bei einer Partei ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist danach zu beurteilen, ob die andere Partei unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Dies ist anhand objektiver Kriterien auf Grund der Erklärungen und des Verhaltens der Parteien zu ermitteln, wobei vor allem die wirtschaftliche sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, insb. für den Begünstigten, und die Interessenlage der Parteien heranzuziehen sind (st.Rspr.: vgl. BGH v. 20.9.1984 - III ZR 47/83, BGHZ 92, 164 [168] = MDR 1985, 298, m.w.N.).

Für die Beklagten hatte die Frage, unter welchem Namen sich ihr auf dem Gebiet der Unterhaltungsbranche tätiges Unternehmen auf dem Markt einführte, erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Das war für die Klägerin erkennbar. Denn auch nach Ablehnung eines zunächst von dem Beklagten zu 1) und seinem Bruder erstrebten Sponsorings durch die Klägerin versuchten diese mit Schreiben v. 15.4.1985, jedenfalls eine Erlaubnis zur Namensführung mit Schriftzug von der Klägerin einzuholen. Hierfür hätte ersichtlich kein Anlass bestanden, wenn die Gestattung - wie die Beklagten dies nunmehr geltend machen - wegen eines fehlenden Rechtsbindungswillens der Parteien allein dem außerrechtlichen Bereich zuzuordnen gewesen wäre.

Für die Auslegung, dass die Parteien mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben, kann als Indiz auch ihr nachträgliches Verhalten herangezogen werden (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.1997 - IX ZR 164/96, MDR 1998, 113 = NJW-RR 1998, 259). In der auf die Abmahnungen der Klägerin v. 24.3.1986 und v. 18.9.1996 folgenden Korrespondenz hat sich der Beklagte zu 1) auf die Gestattung der Zeichenführung durch die Klägerin berufen und Unterlassungsansprüche zurückgewiesen. Dagegen lässt sich aus dem Umstand, dass die Parteien keine Befristung und kein Entgelt für die Gestattung der Zeichennutzung vereinbart haben, nicht auf einen mangelnden Rechtsbindungswillen schließen. Ohne Vereinbarung dieser Punkte galt im Streitfall eine zeitlich unbefristete, für jede Seite mit angemessener Frist kündbare Gestattung der Zeichennutzung, die die Klägerin den Beklagten unentgeltlich einräumte. Schließlich spricht gegen einen Rechtsbindungswillen der Parteien auch nicht, dass diese in den Jahren 1986 und 1987 unter Beteiligung ihrer Rechtsanwälte Verhandlungen über den Abschluss eines entgeltlichen Lizenzvertrags aufgenommen haben, die nicht zu einem Vertragsschluss führten. Die Verhandlungen dienten ersichtlich nur dem Zweck, die vorhandene unentgeltliche Gestattung durch eine detaillierte, entgeltliche Regelung zu ersetzen.

Das Berufungsgericht hat angenommen, in die Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) v. 15./17.4.1985 über die Gestattung der Zeichennutzung sei auch die Beklagte zu 2) nach den Grundsätzen über unternehmensbezogene Geschäfte einbezogen worden. Diese Feststellungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und werden von der Revisionserwiderung auch nicht in Zweifel gezogen.

bb) Der für die Verwirkung nach § 21 Abs. 2 MarkenG maßgebliche Zeitraum von fünf Jahren, während dessen die Klägerin die Zeichennutzung durch die Beklagten geduldet haben muss, begann erst mit Beendigung des Gestattungsvertrags v. 15./17.4.1985. Dies war jedenfalls nicht vor dem 1.7.1997. Erstmals mit Schreiben v. 23.12.1996 hatte die Klägerin die Kündigung des Gestattungsvertrags und zwar zum 30.6.1997 erklärt. Diese Kündigung war als ordentliche Kündigung wirksam.

Bei dem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag handelte es sich um ein Dauerschuldverhältnis, das in entsprechender Anwendung der §§ 584, 624, 723 BGB ordentlich gekündigt werden konnte, weil das ordentliche Kündigungsrecht in dem Gestattungsvertrag nicht ausgeschlossen war und die Nutzungseinräumung unentgeltlich erfolgte (vgl. BGH, Urt. v. 17.9.1969 - I ZR 131/67, GRUR 1970, 528 [532] - Migrol; Urt. v. 25.5.1993 - X ZR 79/92, NJW-RR 1993, 1460; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 30 Rz. 52; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 30 Rz. 82). Ob die Kündigung entsprechend der Erklärung v. 23.12.1996 den Gestattungsvertrag mit Ablauf des 30.6.1997 beendete oder die angemessene Kündigungsfrist bis 31.12.1997 lief, wie das Berufungsgericht angenommen hat, kann dahinstehen. Zu Gunsten der Beklagten kann bei der Verwirkung von der Beendigung der Gestattung einer Zeichennutzung zum 30.6.1997 ausgegangen werden.

War die Kündigung zum 30.6.1997 wirksam, begann erst mit dem 1.7.1997 der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum. Denn zuvor war der Klägerin auf Grund des Gestattungsvertrags ein Vorgehen gegen die Beklagten rechtlich nicht möglich (vgl. BGH, Urt. v. 18.1.2001 - I ZR 175/98, BGHReport 2001, 711 = GRUR 2001, 1164 [1166] = WRP 2001, 931 - buendgens).

b) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen einer Verwirkung nach § 21 Abs. 4 MarkenG i.V.m. § 242 BGB mit der Begründung verneint, dass nach dem von der Klägerin gesetzten Zeitpunkt der Kündigung des Gestattungsvertrags (30.6.1997) ein nennenswerter Zuwachs des Besitzstandes der Beklagten nicht erfolgt sei. Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Verwirkung eines kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruchs nach § 21 Abs. 4 MarkenG i.V.m. § 242 BGB setzt voraus, dass durch eine länger andauernde redliche und ungestörte Benutzung einer Kennzeichnung ein Zustand geschaffen ist, der für den Benutzer einen beachtlichen Wert hat, ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben muss und den auch der Verletzte ihm nicht streitig machen kann, wenn er durch sein Verhalten diesen Zustand erst ermöglicht hat (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2001 - I ZR 232/98, BGHReport 2001, 706 = CR 2001, 664 = GRUR 2001, 1161 [1163] = WRP 2001, 1207 - CompuNet/ComNet I). Einen während des Laufs des Gestattungsvertrags begründeten Besitzstand hat das Berufungsgericht zu Recht außer Betracht gelassen. Zu einem nach der Beendigung des Gestattungsvertrags erfolgten Zuwachs des Besitzstands haben die Beklagten nichts vorgetragen.

4. Die Abweisung des Schadensersatz- und des Auskunftsanspruchs (Anträge zu 3 und 4) gem. § 14 Abs. 6 MarkenG und § 242 BGB kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil noch nicht feststeht, dass der Klägerin der Unterlassungsanspruch nach dem Hauptantrag nicht zusteht.

Anschlussrevision der Beklagten

5. Das Berufungsgericht hat dem auf Unterlassung gerichteten Hilfsantrag zu 1a gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG und § 1 UWG a.F., § 153 Abs. 1 MarkenG teilweise stattgegeben. Dagegen wendet sich die Anschlussrevision mit Erfolg.

Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass die Klagemarken im Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme des Zeichens der Beklagten im Jahre 1986 die Voraussetzungen einer bekannten Marke erfüllten, die vor Geltung des Markengesetzes gem. § 1 UWG a.F. gegen Rufausbeutung geschützt war (vgl. hierzu: BGH, Urt. v. 29.11.1984 - I ZR 158/82, MDR 1985, 552 = GRUR 1985, 550 [552] = WRP 1985, 399 - DIMPLE; v. 29.11.1984 - I ZR 158/82, BGHZ 93, 96 = MDR 1985, 552; v. 29.11.1990 - I ZR 13/89, BGHZ 113, 82 [84 f.] = MDR 1991, 747 - Salomon). Der zwischen den Parteien geführten Korrespondenz des Jahres 1985 und dem Artikel im Stadtmagazin "M." von November 2001, auf die das Berufungsgericht für die Bekanntheit der Klagemarken seit 1985 abgestellt hat, war dies nicht zu entnehmen. Die Schreiben des Jahres 1985 enthalten keine Angaben zum Bekanntheitsgrad der Klagemarken. In dem im November 2001 erschienenen Zeitungsartikel wird der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) - soweit in diesem Zusammenhang von Interesse - lediglich mit der Bemerkung zitiert, "die Nobelmarke war ja das Ausschlaggebende bei der Namenswahl". Allein daraus lässt sich nicht folgern, die als Nobelmarken bezeichneten Klagemarken seien bereits im Jahr 1986 bekannte Marken gewesen. Im Übrigen haben die Beklagten in den Tatsacheninstanzen bestritten, dass die Klagemarken schon seinerzeit die Voraussetzungen erfüllten, die an eine bekannte Marke zu stellen sind.

Entgegen der Ansicht der Revision ist die Feststellung, dass die Voraussetzungen des Schutzes einer bekannten Marke nach § 1 UWG a.F. im Jahre 1986 vorlagen, nicht entbehrlich. Die Beklagten hatten die Benutzung des schriftzuggebundenen Zeichens vor dem 1.1.1995i.S.d. § 153 Abs. 1 MarkenG aufgenommen. Die Anwendung dieser Vorschrift ist auch nicht im Hinblick auf den Gestattungsvertrag der Parteien ausgeschlossen. Diese Vereinbarung beschränkt sich auf die Gestattung der Zeichennutzung, ohne dass weiter gehende wechselseitige Pflichten der Parteien vereinbart worden wären. Ihr lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagten für den Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses auf den Einwand verzichten wollten, die Voraussetzungen einer Schutzrechtsverletzung hätten bei Benutzungsaufnahme im Jahr 1986 nicht vorgelegen.

Das Berufungsgericht wird daher die erforderlichen Feststellungen zur Bekanntheit der Klagemarken im Jahr 1986 nachzuholen haben.

Dabei reicht es für einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG a.F. wegen Ausnutzung des guten Rufs einer Kennzeichnung als Vorspann für die eigene Leistung aus, dass die Marke der Klägerin im Verkehr einen gewissen Ruf erlangt hat, also bekannt geworden ist, ohne bereits eine berühmte Marke zu sein, und weiterhin, dass diesem Ruf auch eine Werbewirkung und Ausstrahlung auf das in Frage stehende Waren- oder Dienstleistungsangebot zukommt (vgl. BGH v. 29.11.1990 - I ZR 13/89, BGHZ 113, 82 [85] = MDR 1991, 747 - Salomon). Sollte das Berufungsgericht bereits für das Jahr 1986 feststellen, dass die Klagemarken die Voraussetzungen erfüllten, die an bekannte Marken zu stellen sind, ist entgegen der Ansicht der Anschlussrevision die vom Berufungsgericht angenommene Rufausbeutung nach § 1 UWG a.F. nicht zu beanstanden. Denn der Werbewert der - unterstellt - bekannten Marken der Klägerin wird im Fall der identischen Übernahme des typischen Schriftzugs der Marken der Klägerin, die für Bekleidungsstücke geschützt sind, auf das von der Beklagten zu 2) betriebene Tanzlokal übertragen.

 

Fundstellen

BGHR 2006, 42

NJW-RR 2006, 117

GRUR 2006, 56

AfP 2006, 90

MDR 2006, 407

WRP 2006, 96

MarkenR 2005, 508

Mitt. 2006, 81

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