Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtiger Geschäftsbesorgungsvertrag. Handeln des Treuhänders. Zurechnung Anleger. Kenntnis nichtiger Vollmacht

 

Leitsatz (amtlich)

Das Handeln eines Geschäftsbesorgers/Treuhänders im Anschluss an einen wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrag mit umfassender Vollmacht kann dem Vollmachtgeber (Anleger) schon deshalb nach den allgemeinen Regeln der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht nicht zugerechnet werden, weil er die Nichtigkeit der Vollmacht nicht kannte oder kennen musste.

 

Normenkette

BGB §§ 167, 171-172; VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.02.2004; Aktenzeichen 9 U 77/03)

LG Darmstadt

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des OLG Frankfurt v. 25.2.2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger, ein damals 30 Jahre alter, unverheirateter Maschinenschlosser, wurde im Jahre 1992 von einem Vermittler geworben, ohne Einsatz von Eigenkapital ein noch zu errichtendes Studentenappartement im Rahmen eines Steuersparmodells in M. zu kaufen. Zu diesem Zweck beauftragte er am 3.4.1992 die H. Steuerberatungsgesellschaft mbH (nachfolgend: Geschäftsbesorgerin) mit dem Erwerb und erteilte ihr gleichzeitig eine unwiderrufliche notarielle Vollmacht zum Abschluss aller dazu erforderlichen Verträge, einschließlich der Bewilligung und Eintragung von Grundpfandrechten nebst dinglicher sowie persönlicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Am 3.6.1992 schloss die Geschäftsbesorgerin, die über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, im Namen des Klägers mit der Bauträgerin einen notariellen Kaufvertrag über die Eigentumswohnung und nahm für ihn mit Vertrag v. 5.6.1992 zur Finanzierung des Kaufpreises von 89.152 DM sowie der Nebenkosten bei der beklagten Bank einen Zwischenkredit über 138.930 DM auf. Mit Schreiben vom selben Tag wies die Beklagte den Kläger auf die Kontoeröffnung hin, ohne von ihm eine Antwort zu erhalten. Der endgültige Darlehensvertrag über 118.092 DM und 20.839 DM wurde am 29.9.1992 von der Geschäftsbesorgerin in Namen des Klägers geschlossen und von der Beklagten vereinbarungsgemäß erfüllt. Nach ihren Allgemeinen Vertragsbedingungen ist der Kläger als Darlehensnehmer verpflichtet, an dem finanzierten Objekt eine "fällige Grundschuld mit dinglicher und persönlicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung über 139.000 DM" zu bestellen.

Schon vorher hatte der Kläger, vertreten durch die Geschäftsbesorgerin, der Beklagten in notarieller Urkunde v. 3.6.1992 an dem Kaufgegenstand eine Grundschuld über 139.000 DM zzgl. Zinsen bestellt, für diesen Betrag die persönliche Haftung übernommen und eine dingliche sowie persönliche Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung abgegeben.

Nachdem der Kläger die Zahlung der vereinbarten Darlehensraten eingestellt hatte, kündigte die Beklagte den ausgereichten Kredit am 30.7.2001 fristlos. Wegen der nach Verwertung der zur Sicherheit abgetretenen Kapitallebensversicherung rechnerisch noch verbleibenden Darlehensrückzahlungsforderung über 49.547,08 EUR betreibt sie die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde v. 3.6.1992.

Der Kläger macht vor allem geltend, es fehle an einem wirksamen Titel, da die von der Geschäftsbesorgerin in seinem Namen abgegebene notarielle Vollstreckungsunterwerfungserklärung mangels wirksamer Vollmacht nichtig sei. Aus demselben Grund sei auch ein Darlehensvertrag nicht zu Stande gekommen; dieser sei überdies nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam widerrufen worden.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt er seinen Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen Urkunde v. 3.6.1992 als zulässig angesehen und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Ein wirksamer Titel gegen den Kläger liege allerdings nicht vor. Bei Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung in seinem Namen habe die Geschäftsbesorgerin ohne Vertretungsmacht gehandelt, weil der Geschäftsbesorgungsvertrag mitsamt der ihr erteilten umfassenden Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG i.V.m. § 134 BGB nichtig sei. Die auf Rechtsscheingesichtspunkten beruhenden §§ 171 ff. BGB fänden auf die prozessuale Vollmacht für die Vollstreckungsunterwerfung keine Anwendung, da die §§ 78 ff. ZPO insoweit ein abschließendes Sonderrecht bildeten.

Dem Kläger sei es aber nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung zu berufen. Nach dem formularmäßigen Darlehensvertrag v. 29.9.1992 sei er verpflichtet, ein abstraktes Schuldanerkenntnis in Höhe des Grundschuldbetrages abzugeben und sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Der Darlehensvertrag sei nach den allgemeinen Grundsätzen der Duldungsvollmacht wirksam. Die §§ 171 Abs. 1 und 172 Abs. 1 BGB sowie die Regeln über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht seien auch dann anwendbar, wenn die Vollmachtserteilung unmittelbar gegen Art. 1 § 1 RBerG verstoße und gem. § 134 BGB nichtig sei. Dabei könne offen bleiben, ob der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages entweder das Original oder eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde v. 3.4.1992 gem. § 172 Abs. 1 BGB vorgelegen habe. Der Kläger müsse sich das Handeln der Geschäftsbesorgerin jedenfalls nach der Rechtsfigur der Duldungsvollmacht zurechnen lassen. Da er auf die mit Schreiben der Beklagten v. 5.6.1992 mitgeteilte Kontoeröffnung geschwiegen habe, habe die Beklagte davon ausgehen müssen, dass die Geschäftsbesorgerin für den Abschluss des endgültigen Kreditvertrages bevollmächtigt worden sei. Dass sich das Schreiben möglicherweise nur auf die Zwischenfinanzierung beziehe, ändere nichts. Der Kläger handele daher treuwidrig, wenn er sich nunmehr auf die Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung berufe.

Ob der endgültige Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam widerrufen worden sei, könne dahinstehen, weil der Beklagten jedenfalls ein von der weiten Sicherungsabrede erfasster Anspruch auf Rückzahlung der ausgezahlten Valuta zzgl. marktüblicher Verzinsung zustehe (§ 3 HWiG). Ein verbundenes Geschäft i.S.d. § 9 VerbrKrG liege nicht vor, da der Kreditvertrag von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht und zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen geschlossen worden sei (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG).

II.

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Kläger bei Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung von der Geschäftsbesorgerin nicht wirksam vertreten worden und somit ein Titel nicht entstanden ist.

a) Nach der neueren Rechtsprechung des BGH bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs oder Fondsbeitritts im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag mit derartigen umfassenden Befugnissen ist nichtig. Die Nichtigkeit erfasst nach dem Schutzgedanken des Art. 1 § 1 RBerG i.V.m. § 134 BGB auch die der Geschäftsbesorgerin/Treuhänderin erteilte umfassende Abschlussvollmacht (st.Rspr., BGH v. 16.12.2002 - II ZR 109/01, BGHZ 153, 214 [220 f.] = BGHReport 2003, 225, m. Anm. Johnigk; Urt. v. 11.1.2005 - XI ZR 272/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 574 = WM 2005, 327 [328]; v. 15.2.2005 - XI ZR 396/03, Umdr. S. 8 f.; v. 22.2.2005 - XI ZR 41/04, MDR 2005, 763 = GmbHR 2005, 694 = WM 2005, 786 [787]; Urt. v. 8.10.2004 - V ZR 18/04, BGHReport 2005, 73, m. Anm. Lenz = MDR 2005, 259 = WM 2004, 2349 [2352]). Dies zieht auch die Revision nicht in Zweifel.

b) Die auf Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung gerichtete umfassende Vollmacht der Geschäftsbesorgerin stellt inhaltlich eine Prozessvollmacht dar, deren Nichtigkeit nicht mit Hilfe der §§ 171, 172 BGB überwunden werden kann. Nach der neueren Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des BGH (BGH v. 26.3.2003 - IV ZR 222/02, BGHZ 154, 283 [286 ff.] = BGHReport 2003, 764 = MDR 2003, 944; bestätigt durch BGH, Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 398/02, BGHReport 2004, 106 = MDR 2004, 221 = WM 2003, 2372 [2374]; v. 22.10.2003 - IV ZR 33/03, BGHReport 2004, 108, m. Anm. Grziwotz = MDR 2004, 222 = WM 2003, 2375 [2377]; s. auch bereits BGH, Beschl. v. 30.10.1986 - III ZR 262/85, WM 1987, 307 f.; Urt. v. 18.12.2002 - VIII ZR 72/02, MDR 2003, 451 = BGHReport 2003, 421, m. Anm. Lützenkirchen = NJW 2003, 963 [964]) finden die materiell-rechtlichen, dem Schutz des Geschäftsgegners und des Rechtsverkehrs dienenden Vorschriften der §§ 171 f. BGB auf die dem Geschäftsbesorger erteilte prozessuale Vollmacht zur Abgabe eines vollstreckbaren Schuldanerkenntnisses keine Anwendung. Die Zivilprozessordnung enthält vielmehr - wie auch das Berufungsgericht angenommen hat - in ihren §§ 80, 88 und 89 eigenständige und abschließende Spezialregelungen, die durch eine Anwendung der §§ 171, 172 BGB nicht ersetzt oder ergänzt werden dürfen. Der erkennende Senat hat sich dieser Auffassung bereits in seinem Urteil v. 18.11.2003 (BGH v. 18.11.2003 - XI ZR 332/02, MDR 2004, 591 = BGHReport 2004, 326 = WM 2004, 27 [30]) angeschlossen, sich mit den gegen sie erhobenen Einwendungen in seinen Entscheidungen v. 2.12.2003 (BGH v. 2.12.2003 - XI ZR 421/02, MDR 2004, 522 = BGHReport 2004, 535 = WM 2004, 372 [375]; XI ZR 428/02, Umdr. S. 13; XI ZR 429/02, Umdr., S. 13) auseinander gesetzt und hält daran weiterhin fest (BGH, Urt. v. 2.3.2004 - XI ZR 267/02, BGHReport 2004, 954 = BKR 2004, 236 [238]; v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828 [830]).

2. Dem Berufungsgericht kann aber nicht gefolgt werden, soweit es meint, dass es dem Kläger auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstands nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sei, sich ggü. der Beklagten auf die Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung zu berufen.

a) Richtig ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Kläger die schwebend unwirksame Vollstreckungsunterwerfungserklärung gem. § 242 BGB genehmigen und ihr damit rückwirkend Wirksamkeit verleihen muss, wenn die Darlehensverträge v. 29.9.1992 wirksam sind.

aa) Das Berufungsgericht hat die in den formularmäßigen Darlehensverträgen v. 5.6.und 29.9.1992 enthaltene Klausel über die Bestellung einer "fälligen Grundschuld mit dinglicher und persönlicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung über 139.000 DM" als eine Verpflichtung des Klägers gedeutet, ein Schuldanerkenntnis i.S.d. § 780 BGB in Höhe des Grundschuldbetrages abzugeben und sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Diese Auslegung wird durch den Wortlaut der Vertragsklausel ohne weiteres gedeckt und entspricht - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - der bei derartigen Bankgeschäften schon seit Jahrzehnten üblichen, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (s. z.B. BGH v. 18.12.1986 - IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274 [282] = MDR 1987, 402; v. 5.3.1991 - XI ZR 75/90, BGHZ 114, 9 [13] = MDR 1991, 841; v. 26.11.2002 - XI ZR 10/00, MDR 2003, 343 = BGHReport 2003, 184 = WM 2003, 64 [65 f.]; v. 28.10.2003 - XI ZR 263/02, BGHReport 2004, 170 = MDR 2004, 287 = WM 2003, 2410 [2411]; v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828 [830 f.]; v. 5.4.2005 - XI ZR 167/04, WM 2005, 1076 [1078]; Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 398/02, BGHReport 2004, 106 = MDR 2004, 221 = WM 2003, 2372 [2374]) gebilligten Praxis.

bb) Muss der Darlehensnehmer nach dem Inhalt des Darlehensvertrages ein derartiges selbstständiges Schuldversprechen mit einer Vollstreckungsunterwerfungserklärung als die Grundschuld verstärkende persönliche Sicherheit abgeben, so verhält er sich treuwidrig, wenn er versucht, aus der bisherigen Nichterfüllung seiner Verpflichtungen einen Vorteil zu ziehen. Dem Kläger ist es daher nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung zu berufen (st.Rspr., s. BGH, Beschl. v. 30.10.1986 - III ZR 262/85, WM 1987, 307 [308]; Beschl. v. 18.2.2003 - XI ZR 138/02, Umdr. S. 3; Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 398/02, BGHReport 2004, 106 = MDR 2004, 221 = WM 2003, 2372 [2374]; v. 22.10.2003 - IV ZR 33/03, BGHReport 2004, 108, m. Anm. Grziwotz = MDR 2004, 222 = WM 2003, 2376 [2378]; v. 10.3.2004 - IV ZR 143/03, BGHReport 2004, 1234 = MDR 2004, 1069 = WM 2004, 922 [923]; Urt. v. 18.11.2003 - XI ZR 332/02, MDR 2004, 591 = BGHReport 2004, 326 = WM 2004, 27 [30]; v. 2.12.2003 - XI ZR 421/02, MDR 2004, 522 = BGHReport 2004, 535 = WM 2004, 372 [375]; v. 2.3.2004 - XI ZR 267/02, BGHReport 2004, 954 = BKR 2004, 236 [239]; v. 15.2.2005 - XI ZR 396/03, Umdr. S. 11; v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828 [830]), wenn er an die Kreditverträge gebunden ist.

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Kläger bei Abschluss der Darlehensverträge von der Geschäftsbesorgerin aber nicht nach den allgemeinen Regeln über die Duldungsvollmacht wirksam vertreten worden.

aa) § 171 und § 172 BGB sowie die allgemeinen Grundsätze über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht sind allerdings auch dann anwendbar, wenn die umfassende Bevollmächtigung des Treuhänders unmittelbar gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und gem. § 134 BGB nichtig ist. Die §§ 171 bis 173 BGB sowie die Regeln der Duldungs- und Anscheinsvollmacht sind Anwendungsfälle des allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dass derjenige, der einem gutgläubigen Dritten gegenüber zurechenbar den Rechtsschein einer Bevollmächtigung eines anderen setzt, sich so behandeln lassen muss, als habe er dem anderen wirksam Vollmacht erteilt (vgl. BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60 [64] = MDR 1988, 124; Urt. v. 14.5.2002 - XI ZR 155/01, BGHReport 2002, 639, m. Anm. Palm = MDR 2002, 1133 = WM 2002, 1273 [1274 f.]). Dies gilt, soweit gesetzgeberische Wertungen nicht entgegenstehen, grundsätzlich ohne Rücksicht darauf, aus welchen Gründen sich die Bevollmächtigung eines anderen als nichtig erweist (vgl. BGH v. 2.5.2000 - XI ZR 150/99, BGHZ 144, 223 [230] = MDR 2000, 1121; v. 22.10.1996 - XI ZR 249/95, MDR 1997, 228 = WM 1996, 2230 [2232]). Nur so kann dem Schutz des Vertragsgegners und des Rechtsverkehrs, den die allgemeine Rechtsscheinhaftung bezweckt, ausreichend Rechnung getragen werden.

bb) Indessen liegen die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht, wie die Revision zu Recht rügt, hier nicht vor.

(1) Lässt der Vertretene es - in aller Regel in mehreren Fällen und über einen längeren Zeitraum - zu, dass ein anderer ohne eine Bevollmächtigung als sein Vertreter auftritt, so dass Dritte daraus berechtigterweise auf das Bestehen einer Vollmacht schließen können, so muss er sich so behandeln lassen, als habe er ihm Vollmacht erteilt. Voraussetzung dafür ist, dass der Vertretene das Verhalten des nicht von ihm bevollmächtigten Vertreters kannte und nicht dagegen eingeschritten ist, obgleich ihm das möglich gewesen wäre (st.Rspr., s. etwa BGHZ 5, 111 [116]; Urt. v. 10.3.1953 - I ZR 76/52, LM § 167 Nr. 4; v. 5.11.1962 - VII ZR 75/61, LM § 167 Nr. 13; v. 9.11.1989 - VII ZR 200/88, MDR 1990, 534 = BGHR § 167 - Duldungsvollmacht 1; v. 24.1.1991 - IX ZR 121/90, BRAK 1991, 111 = MDR 1991, 675 = NJW 1991, 1225; v. 13.5.1992 - IV ZR 79/91, VersR 1992, 989 [990]; Urt. v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709, m. Anm. Lenz = WM 2003, 1064 [1066], m.w.N.). Die Duldungsvollmacht stellt daher eine "bewusst hingenommene" Anscheinsvollmacht dar (Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl., § 48 Rz. 23), bei der der Vertretene das unbefugte Auftreten des Vertreters zwar nicht kannte, also auch nicht duldete, aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte bemerken und verhindern können (zu den Voraussetzungen der Anscheinsvollmacht s. z.B. BGH, Urt. v. 5.3.1998 - III ZR 183/96, MDR 1998, 638 = NJW 1998, 1854 [1855]; v. 15.2.2005 - XI ZR 396/03, Umdr. S. 10, m.w.N.).

(2) So ist es hier aber nicht: Dem steht entgegen, dass der Kläger nicht gewusst hat oder hätte wissen müssen, dass die Geschäftsbesorgerin für ihn als Vertreterin ohne Vollmacht auftritt. Vielmehr durfte er davon ausgehen, dass sie eine wirksame notarielle Vollmacht besitzt. Den vor dem Jahre 2000 ergangenen Entscheidungen des BGH ließ sich nämlich nichts entnehmen, was für einen Verstoß eines umfassenden Treuhand- oder Geschäftsbesorgungsvertrages und der mit ihm verbundenen Vollmacht des Geschäftsbesorgers gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V.m. § 134 BGB gesprochen hätte (st.Rspr., vgl. etwa die Nachweise im BGH, Urt. v. 9.11.2004 - XI ZR 315/03, MDR 2005, 460 = BGHReport 2005, 443 = WM 2005, 72 [75]). Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (s. jüngst BGH, Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828 [832]) kann der kreditgebenden Bank daher in Fällen der vorliegenden Art gewöhnlich keine Kenntnis oder ein Kennenmüssen der Nichtigkeit der Vollmachtserteilung gem. § 173 BGB zur Last gelegt werden. Es liegt daher fern, dem Kläger vorzuwerfen, die Vollmachtlosigkeit des Vertreterhandelns entsprechend den Regeln der Anscheins- oder Duldungsvollmacht nicht rechtzeitig erkannt oder gar bewusst geduldet zu haben. Dafür, dass die Geschäftsbesorgerin bereits vor Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages mit umfassender Vollmacht als vollmachtlose Vertreterin des Klägers im Rechtsverkehr aufgetreten ist und dadurch aus Sicht der Beklagten möglicherweise ein ihm zurechenbarer Anschein hinsichtlich einer im Innenverhältnis erteilten Vollmacht hervorgerufen wurde (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.1996 - XI ZR 249/95, MDR 1997, 228 = WM 1996, 2230 [2232]), ist nichts vorgetragen.

(3) Zudem hat das Berufungsgericht auch sonst an das Vorliegen einer Duldungsvollmacht zu geringe Anforderungen gestellt. Wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil v. 25.3.2003 (BGH v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709, m. Anm. Lenz = WM 2003, 1064 [1066]) in einem fast gleich gelagerten Fall entschieden hat, reicht ein bloßes Schweigen des Kreditnehmers auf die Mitteilung über die Einrichtung eines Kontos zur Vorfinanzierung des Kaufpreises für die Annahme einer Duldungsvollmacht hinsichtlich des zeitlich nachfolgenden endgültigen Darlehensvertrages nicht aus. Dass die Beklagte bei Abschluss des Darlehensvertrages v. 29.9.1992 nicht nur auf die notarielle Vollmachtsurkunde v. 3.4.1992 vertraut, sondern das Schweigen des Klägers auf ihr Schreiben v. 5.6.1992 für ein bewusstes "Dulden" des späteren Vertreterhandelns der Geschäftsbesorgerin gehalten und zur Grundlage ihrer Willensentscheidung gemacht hat, ist von ihr in den Tatsacheninstanzen auch nicht geltend gemacht worden.

3. Der Revision kann indes nicht gefolgt werden, soweit sie meint, dass die Darlehensverträge nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam widerrufen worden seien und infolgedessen die rechtliche Grundlage für den dolo-facit-Einwand der Beklagten entfallen sei. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass die beiden Darlehensverträge von der Geschäftsbesorgerin in einer Haustürsituation geschlossen worden sind. Ein Widerruf des notariell beurkundeten Geschäftsbesorgungsvertrags sowie der umfassenden Vollmacht scheidet nach dem eindeutigen und damit nicht auslegungsfähigen Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG aus, da insoweit eine notarielle Erklärung vorliegt (BGH, Urt. v. 29.4.2003 - XI ZR 201/02, WM 2004, 21 [23]; v. 2.12.2003 - XI ZR 421/02, MDR 2004, 522 = BGHReport 2004, 535 = WM 2004, 372 [376]).

III.

Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Entgegen der Ansicht der Revision ist eine Anwendung des § 172 BGB zu Gunsten der Beklagten allerdings nicht von vornherein ausgeschlossen.

a) Die §§ 171, 172 BGB knüpfen an die Kundgabe der Vollmachtserteilung als solche an und lassen sie nach dem Willen des Gesetzgebers unter bestimmten Voraussetzungen zum Schutz des Verhandlungspartners und des Rechtsverkehrs "als Bevollmächtigung" gelten (vgl. Protokolle I, S. 146). Ein in aller Regel erst durch eine gewisse Häufigkeit und Dauer des vollmachtlosen Vertreterhandelns erzeugter Rechtsschein und ein Verschulden des Vertretenen sind daher nicht erforderlich (Senatsurteil v. 15.2.2005, a.a.O., Umdruck S. 10, 11). Entscheidend ist nicht einmal, ob der Vertragsgegner den Inhalt der notariellen Vollmachtsurkunde i.S.d. § 172 BGB vor oder bei Vertragsschluss tatsächlich zur Kenntnis genommen hat (BGHZ 76, 76 [78 f.]; BGH, Urt. v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, MDR 1988, 124 = NJW 1988, 697 [698]; s. ferner Staudinger/Schilken, BGB, Neubearb. 2004, § 172 Rz. 3, m.w.N.).

b) Der Umstand, dass die Initiatoren des Anlagemodells die Geschäftsbesorgerin/Treuhänderin - nach Behauptung des Klägers mit Billigung der Beklagten - allein ausgesucht und deren umfassende Beauftragung den Anlegern vorgeschrieben haben, steht einer Anwendung der §§ 171, 172 BGB nicht entgegen. Diese setzen - wie das Vertretungsrecht überhaupt - kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Vertretenem und Vertreter voraus, sondern stellen allein auf die eigenverantwortliche Vollmachtskundgabe des Vertretenen ab. Für eine andere Betrachtungsweise besteht in den vorliegenden Fällen auch aus Billigkeitsgründen kein Bedürfnis, weil der einzelne Anleger nach den Regeln über den Vollmachtsmissbrauch vor schädigenden Handlungen des Vertreters hinreichend geschützt wird (BGH, Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = WM 2005, 127 [131]; v. 9.11.2004 - XI ZR 315/03, MDR 2005, 460 = BGHReport 2005, 443 = WM 2005, 72 [74]). Überdies kann ohne konkrete Feststellungen zu kollusiven Absprachen zwischen Bank, Initiatoren des Anlagemodells und Geschäftsbesorger/Treuhänder nicht ohne weiteres unterstellt werden, die kreditgebende Bank wisse, dass der Vertreter Teil einer den Erwerber benachteiligenden einheitlichen Vertriebsorganisation ist (BGH, Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = WM 2005, 127 [131]; v. 9.11.2004 - XI ZR 315/03, MDR 2005, 460 = BGHReport 2005, 443 = WM 2005, 72 [74]).

Die vom II. Zivilsenat des BGH in den Fällen strukturvertriebener Beteiligungen an einem Immobilienfonds entwickelten und davon zum Teil abweichenden Grundsätze stehen dem nicht entgegen. Sie beruhen auf der Annahme, dass Darlehensvertrag und Anteilserwerb auf Grund der Eingliederung der kreditgebenden Bank in die Vertriebsorganisation regelmäßig ein verbundenes Geschäft i.S.d. § 9 VerbrKrG darstellen (s. dazu jüngst BGH, Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 411/02, BGHReport 2005, 848, m. Anm. Veltmann = WM 2005, 843 [844], m.w.N.). Diese Voraussetzung war aber nach langjähriger Rechtsprechung des BGH (s. z.B. BGH, Urt. v. 9.11.2004 - XI ZR 315/03, MDR 2005, 460 = BGHReport 2005, 443 = WM 2005, 72 [73], m.w.N.) bei einem finanzierten Grundstücksgeschäft wie dem vorliegenden schon vor In-Kraft-Treten des Verbraucherkreditgesetzes grundsätzlich nicht erfüllt und ist im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausnahmslos nicht gegeben. Ob der Kläger die Grundschuld über 139.000 DM selbst bestellt hat, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ohne Belang (BGH, Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = WM 2005, 127 [130 f.]; v. 9.11.2004 - XI ZR 315/03, MDR 2005, 460 = BGHReport 2005, 443 = WM 2005, 72 [74]). Überdies ist die Behauptung des Klägers, es liege hier ein verbundenes Geschäft vor, substanz- und beweislos.

Eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen nach § 132 Abs. 2 oder 4 GVG ist entgegen der Ansicht der Revision nicht veranlasst. Der Senat weicht nicht von tragenden Gründen einer Entscheidung des II. Zivilsenats ab. Für die Kreditfinanzierung von Immobilien existieren, was auch der II. Zivilsenat, der in seinem Urteil v. 21.3.2005 (BGH v. 21.3.2005 - II ZR 411/02, BGHReport 2005, 848, m. Anm. Veltmann = WM 2005, 843 [845]) von einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen ausdrücklich abgesehen hat, nicht anders sieht, in der EU-Verbraucherkreditrichtlinie und im deutschen Verbraucherkreditrecht besondere Regelungen.

c) Eine Anwendung des § 172 BGB ist auch nicht nach § 173 BGB ausgeschlossen. Besondere Umstände, die dafür sprechen könnten, dass die Beklagte im Jahre 1992 die Nichtigkeit der Vollmachtserteilung ausnahmsweise hätte kennen müssen, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Dass die notariell beurkundete Vollmacht die Geschäftsbesorgerin auch zur Vertretung des Klägers ggü. Gerichten und Behörden ermächtigte, ist entgegen der Ansicht der Revision kein solcher Umstand (BGH, Urt. v. 11.1.2005 - XI ZR 272/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 574 = WM 2005, 327 [329]).

2. Zu der unter Beweis gestellten entscheidungserheblichen Behauptung der Beklagten, dass ihr spätestens bei Abschluss des Darlehensvertrages v. 29.9.1992 eine Ausfertigung der die Geschäftsbesorgerin als Vertreterin des Klägers ausweisenden notariellen Vollmachtsurkunde v. 3.4.1992 vorlag (zu dieser Voraussetzung s. etwa BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60 [63] = MDR 1988, 124; zuletzt BGH, Urt. v. 20.4.2004 - XI ZR 164/03, MDR 2004, 1011 = WM 2004, 1227 [1228]; v. 20.4.2004 - XI ZR 171/03, MDR 2004, 1011 = BGHReport 2004, 1165 = WM 2004, 1230 [1232]; v. 26.10.2004 - XI ZR 255/01, ZIP 2005, 69 [74]; v. 9.11.2004 - XI ZR 315/03, MDR 2005, 460 = BGHReport 2005, 443 = WM 2005, 72 [75]; v. 14.12.2004 - XI ZR 142/03, Umdr. S. 16; v. 22.2.2005 - XI ZR 41/04, MDR 2005, 763 = GmbHR 2005, 694 = WM 2005, 786 [787]), hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen. Nach dem für die Revision zu Grunde zu legenden Sachverhalt kann die nichtige Vollmacht der Geschäftsbesorgerin für den Abschluss der Darlehensverträge daher nicht gem. § 172 Abs. 1 BGB ggü. der Beklagten als wirksam angesehen werden.

IV.

Damit das Berufungsgericht die notwendige Beweisaufnahme vornehmen kann, war das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1392726

DB 2005, 2239

DStZ 2005, 614

NJW 2005, 2985

BGHR 2005, 1459

EWiR 2006, 39

MittBayNot 2006, 137

NZM 2005, 716

WM 2005, 1520

WuB 2005, 899

ZIP 2005, 1357

ZfIR 2005, 638

MDR 2005, 1239

VuR 2005, 437

ZBB 2005, 375

SJ 2005, 42

V&S 2005, 43

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