Entscheidungsstichwort (Thema)

Unmittelbarer Bereicherungsanspruch der einen Überweisungsvordruck fälschenden Bank gegen Zahlungsempfänger

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Überweisungsbank, die einen Überweisungsauftrag verfälscht, indem sie das vom Auftraggeber angegebene Empfängerkonto durch ein anderes ersetzt, erlangt durch die Ausführung des verfälschten Auftrags einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Zahlungsempfänger.

 

Normenkette

BGB § 812

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 23.04.2004; Aktenzeichen 10 U 18/01)

LG Karlsruhe (Urteil vom 12.12.2000)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 10. Zivilsenats des OLG Karlsruhe v. 23.4.2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung zurückgewiesen worden ist, und das Urteil der 7. Zivilkammer des LG Karlsruhe v. 12.12.2000 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten sowie die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten sowie die Hälfte der Gerichtskosten und ihrer außergerichtlichen Kosten.

Von den Kosten des Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten, 56 % der Gerichtskosten und 62 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Der Beklagten, die nach dem Senatsbeschluss v. 25.1.2005 die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten zu tragen hat, fallen außerdem 44 % der Gerichtskosten und 38 % ihrer außergerichtlichen Kosten zur Last.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. GmbH & Co. KG (im Folgenden: F.) die beklagte Bank auf Auszahlung eines Kontoguthabens in Anspruch.

F. und K. GmbH & Co. KG (im Folgenden: K.) schädigten in betrügerischem Zusammenwirken Leasinggesellschaften. K. verkaufte in großem Umfang Horizontalbohrsysteme, deren Existenz nur vorgetäuscht war, an Leasinggesellschaften, die sie an F. verleasten. Die Leasinggesellschaften überwiesen die Kaufpreise i.d.R. auf ein Konto der K. bei der Beklagten. K. überwies die Gelder teilweise an F., die damit u.a. Teile der Leasingraten bezahlte.

Am 4.2.2000 beauftragte K. die Beklagte, 27 Mio. DM auf ein beim Bankhaus ... geführtes Konto der F. zu überweisen. Nachdem die betrügerischen Machenschaften von F. und K. in der Öffentlichkeit bekannt geworden waren, änderte die Beklagte in der Absicht, sich eine Aufrechnungsmöglichkeit zu verschaffen, den schriftlichen Überweisungsauftrag der K. ohne Rücksprache eigenmächtig ab, indem sie den Namen und die Bankleitzahl der Empfängerbank sowie die Kontonummer des Empfängers strich und durch die entsprechenden Daten eines bei ihr geführten Kontos der F. ersetzte. Außerdem änderte sie den Überweisungsbetrag in 18.640.000 DM ab, weil das Konto der K. nur in dieser Höhe ein Guthaben aufwies. Diesen Betrag belastete die Beklagte dem Konto der K. und schrieb ihn dem bei ihr geführten Konto der F. am 7.2.2000 gut. Nachdem dem Konto der K. neue Deckung zugeflossen war, erstellte die Beklagte am 8.2.2000 eigenmächtig einen schriftlichen Überweisungsauftrag i.H.v. 879.000 DM zu Gunsten des bei ihr geführten Kontos der F. . Als Überweisende gab sie die K. und als Verwendungszweck die Teilausführung des Überweisungsauftrages v. 4.2.2000 an. Den Betrag von 879.000 DM belastete sie dem Konto der K. und schrieb ihn dem Konto der F. am 8.2.2000 gut. Dieses wies daraufhin ein Guthaben von 19.518.891,62 DM auf.

Der Kläger, der am 9.2.2000 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. bestellt wurde, forderte die Beklagte zur Überweisung des Guthabens auf ein Insolvenzverwalter-Anderkonto auf. Daraufhin erklärte die Beklagte, wie von Anfang an beabsichtigt, die Aufrechnung mit Forderungen, die ihr von Leasinggesellschaften zur Refinanzierung verkauft und abgetreten worden waren, und buchte das Guthaben auf ein eigenes Konto um. Nachdem der Kläger auf die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung hingewiesen hat, erhebt die Beklagte keine eigenen Ansprüche auf das Guthaben mehr. Sie wendet sich gegen eine doppelte Inanspruchnahme durch den Kläger und den Drittwiderbeklagten, der am 1.6.2000 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der K. bestellt wurde und die Beklagte auf Rückzahlung der Überweisungsbeträge in Anspruch nimmt.

Mit der Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von 19.518.891,62 DM nebst Zinsen. Die Beklagte hat mit der Widerklage die Feststellung begehrt, dass dem Drittwiderbeklagten kein Rückzahlungsanspruch i.H.v. 18.640.000 DM und 879.000 DM gegen sie zusteht, wenn sie zur Zahlung an den Kläger verurteilt wird. Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage gem. § 145 Abs. 2 ZPO abgetrennt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und ihre in der Berufungsinstanz hilfsweise für den Fall des Misserfolges ihrer Berufung erhobene Widerklage als unzulässig abgewiesen. Die Beklagte hat mit der Revision ihren Klageabweisungs- und Widerklageantrag weiterverfolgt und hinsichtlich der Abweisung der Widerklage vorsorglich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat durch Beschluss v. 25.1.2005 die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen und die Revision als unzulässig verworfen, soweit das Berufungsurteil die Widerklage betrifft.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist, soweit sie nicht durch Beschluss v. 25.1.2005 als unzulässig verworfen worden ist, begründet. Sie führt in diesem Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

I.

Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten im Wesentlichen wie folgt begründet:

Dem Kläger stehe ein Anspruch gem. §§ 780, 781 BGB auf Zahlung der dem Konto der F. gutgeschriebenen 19.518.891,62 DM (= 9.979.850,82 EUR) zu. Die Gutschriften hätten nicht unter einem Vorbehalt gestanden. Die Aufrechnungsabsicht der Beklagten sei im Zeitpunkt der Gutschriften nicht erkennbar gewesen. Das durch die Aufrechnung bewirkte Erlöschen der Forderungen hätten die Parteien durch eine vertragliche Neubegründung rückgängig gemacht.

Die Beklagte könne ggü. dem Anspruch des Klägers aus dem Saldoanerkenntnis keine Bereicherungseinrede gem. § 821 BGB erheben. Ihr stehe als Bank des Überweisenden kein unmittelbarer Bereicherungsanspruch gegen den Kläger als Überweisungsempfänger zu. Bei fehlerhaften Banküberweisungen erfolge der Bereicherungsausgleich grundsätzlich im jeweiligen Leistungsverhältnis, nämlich im Deckungsverhältnis zwischen dem Überweisenden und der von ihm beauftragten Bank und im Valutaverhältnis zwischen dem Überweisenden und dem Überweisungsempfänger. Ein direkter Bereicherungsanspruch der Bank gegen den Überweisungsempfänger bestehe nur, wenn die fehlerhafte Überweisung dem Überweisenden nicht als Leistung zugerechnet werden könne. Dies sei der Fall, wenn der Bankkunde überhaupt keinen wirksamen Überweisungsauftrag erteilt habe oder wenn die Bank einen wirksam erteilten Überweisungsauftrag weisungswidrig erledige und dem Überweisungsempfänger dies bekannt sei. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Die K. habe einen wirksamen Auftrag erteilt. Die weisungswidrige Abänderung dieses Auftrages durch die Beklagte rechtfertige keine Direktkondiktion, weil die Abänderung unerheblich und die Kenntnis des Überweisungsempfängers von der Abänderung nicht erwiesen sei.

Die Abänderung des Empfängerkontos sei keine erhebliche Abweichung von dem erteilten Auftrag. Entscheidend sei, dass K. an F. habe überweisen wollen und dieses Ziel erreicht worden sei. Die Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, dass K. ein überragendes Interesse an einer Überweisung gerade auf das von ihr angegebene Konto gehabt habe. F. habe über den auf ihrem kreditorisch geführten Konto bei der Beklagten gutgeschriebenen Überweisungsbetrag ebenso verfügen können wie bei einer Überweisung auf das im Überweisungsauftrag angegebene Konto. Die Berufung des Überweisenden auf eine weisungswidrige Durchführung des Auftrages sei auch treuwidrig, wenn derjenige das Geld erhalte, der es nach dem Willen des Überweisenden erhalten sollte.

Zur Abänderung des Überweisungsbetrages sei die Beklagte gem. § 665 BGB berechtigt gewesen, weil das Konto der K. nur begrenzte Deckung aufgewiesen habe.

Die Überweisung könne der K. auch dann zugerechnet werden, wenn die Beklagte das Empfängerkonto zum Zweck der Verrechnung abgeändert habe. Die Beklagte habe ihre mit der Kontoauswechslung verfolgten Absichten jedenfalls nicht offen gelegt.

Ein Bereicherungsanspruch der Beklagten scheitere auch daran, dass die Beklagte nicht bewiesen habe, dass dem Überweisungsempfänger die weisungswidrige Erledigung des Überweisungsauftrags bei der Gutschrift bekannt war. F. habe einen Geldeingang von Seiten der K. erwartet und durch die Überweisung Deckung auf ihrem Konto erhalten.

Der Überweisungsauftrag der K. sei auch nicht gem. § 138 BGB nichtig gewesen. Die etwaige Sittenwidrigkeit des Valutaverhältnisses zwischen K. und F. wegen betrügerischen Zusammenwirkens habe sich nicht auf das Deckungsverhältnis zwischen der K. und der Beklagten ausgewirkt.

Ein Recht der Empfängerbank, die Auszahlung zu verweigern, komme allenfalls in Betracht, wenn sie der Überweisungsbank die erlangte Deckung zurückgeben müsse. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil ein wirksamer Überweisungsauftrag vorliege und ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Überweisenden bestehe.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Die Klageforderung ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gem. §§ 780, 781 BGB begründet. Die Gutschriften v. 7. und 8.2.2000i.H.v. 18.640.000 DM und 879.000 DM sind zwar als Schuldversprechen bzw. -anerkenntnisse anzusehen. Die daraus resultierenden Ansprüche gem. §§ 780, 781 BGB sind aber kontokorrentgebunden und können nicht selbstständig geltend gemacht werden (BGH BGHZ 74, 253 [254 f.]; v. 11.6.1980 - VIII ZR 164/79, BGHZ 77, 256 [261] = MDR 1980, 840; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 338/03, ZIP 2005, 894 [895]). Das Kontokorrentverhältnis ist zwar durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der F. am 1.4.2000 beendet worden. Der damit fällig gewordene Anspruch auf einen etwaigen Überschuss, den sog. kausalen Saldo (BGH BGHZ 70, 86 [93]), wird aber mit der Klage nicht geltend gemacht.

2. Auch ein Saldoanerkenntnis kommt, anders als das Berufungsgericht meint, als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Parteivortrag ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte auf Grund eines entsprechenden Rechnungsabschlusses ein Saldoanerkenntnis in Höhe der Klageforderung abgegeben hat. Das in dem Kontoauszug v. 8.2.2000 ausgewiesene Guthaben in Höhe der Klageforderung beruht nicht auf einer Saldierung im kontokorrentrechtlichen Sinn, sondern stellt lediglich einen Tagessaldo dar (Schimansky in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 47 Rz. 27).

III.

Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Klage ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gem. § 700 Abs. 1 S. 1, § 607 Abs. 1 BGB a.F. (BGH, Urt. v. 6.5.2003 - XI ZR 283/02, ZIP 2003, 2021 [2022]; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 338/03, ZIP 2005, 894 [895]) auf Auszahlung des in dem Kontoauszug v. 8.2.2000 ausgewiesenen Guthabens in Höhe der Klageforderung. Dieses Guthaben besteht nicht, weil die Beklagte ggü. den in das Kontokorrent eingestellten Ansprüchen gem. §§ 780, 781 BGB i.H.v. 18.640.000 DM und 879.000 DM zu Recht die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 821 BGB) erhoben hat.

a) Die Ansprüche gem. §§ 780, 781 BGB sind, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, wirksam begründet worden. Die Beklagte hat bei der Erteilung der Gutschriften weder auf den Kontoauszügen noch in sonstiger Weise einen Vorbehalt zum Ausdruck gebracht. Die Ansprüche sind nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Beklagte hat nicht gegenüber diesen Ansprüchen, sondern ggü. der Forderung gem. § 700 Abs. 1 S. 1, § 607 Abs. 1 BGB a.F. auf Auszahlung des Guthabens die Aufrechnung erklärt. Eine Aufrechnung ggü. den Ansprüchen gem. §§ 780, 781 BGB wäre auch rechtlich nicht zulässig gewesen. Diese Ansprüche waren auf Grund ihrer Kontokorrentbindung einer selbstständigen Erfüllung entzogen (BGH v. 4.2.1992 - XI ZR 32/91, BGHZ 117, 135 [141] = MDR 1992, 472). Deshalb konnte gegen sie nicht aufgerechnet werden (Staub/Canaris, HGB, 4. Aufl., § 355 Rz. 105).

b) Die Beklagte kann als Überweisungsbank entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Schuldversprechen bzw. -anerkenntnisse, die in den Gutschriften i.H.v. 18.640.000 DM und 879.000 DM liegen, gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB kondizieren, weil sie ohne Rechtsgrund erfolgt sind.

aa) (1) Der Bereicherungsausgleich vollzieht sich zwar in Fällen der Leistung kraft Anweisung, etwa auf Grund eines Überweisungsauftrages, grundsätzlich innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses, also zum einen zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen und zum anderen zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (st.Rspr.: BGH v. 24.4.2001 - VI ZR 36/00, BGHZ 147, 269 [273] = MDR 2001, 1126 = BGHReport 2001, 643, m.w.N.). Dies gilt aber nicht ausnahmslos. Der Angewiesene hat einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger, wenn eine wirksame Anweisung fehlt. Dies gilt nicht nur, wenn der Anweisungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung im Zeitpunkt der Zuwendung kannte (BGH BGHZ 66, 362 [364 f.]; BGHZ 66, 372 [374 f.]; BGHZ 67, 75 [78]; v. 24.4.2001 - VI ZR 36/00, BGHZ 147, 269 [274] = MDR 2001, 1126 = BGHReport 2001, 643), sondern auch ohne diese Kenntnis (BGH v. 20.6.1990 - XII ZR 98/89, BGHZ 111, 382 [386 f.] = MDR 1990, 1110; v. 20.3.2001 - XI ZR 157/00, BGHZ 147, 145 [151] = MDR 2001, 703 = BGHReport 2001, 467 m. Anm. Kemper; v. 5.11.2002 - XI ZR 381/01, BGHZ 152, 307 [311 f.] = MDR 2003, 328 = BGHReport 2003, 189; Urt. v. 3.2.2004 - XI ZR 125/03, BGHReport 2004, 755 m. Anm. Haertlein = WM 2004, 671 [672]). Ohne gültige Anweisung kann die Zahlung dem vermeintlich Anweisenden nicht als seine Leistung zugerechnet werden. Der sog. Empfängerhorizont des Anweisungsempfängers vermag die fehlende Zweckbestimmung des vermeintlich Anweisenden nicht zu ersetzen, wenn dieser nicht in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer der Zahlung entsprechenden Anweisung hervorgerufen hat (BGH v. 20.3.2001 - XI ZR 157/00, BGHZ 147, 145 [151] = MDR 2001, 703 = BGHReport 2001, 467 m. Anm. Kemper; v. 5.11.2002 - XI ZR 381/01, BGHZ 152, 307 [312] = MDR 2003, 328 = BGHReport 2003, 189; Urt. v. 3.2.2004 - XI ZR 125/03, BGHReport 2004, 755 m. Anm. Haertlein = WM 2004, 671 [672]).

(2) Im vorliegenden Fall hat die Beklagte als Überweisungsbank einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Kläger erlangt, weil der K. die Zuwendung der Ansprüche gem. §§ 780, 781 BGB gegen die Beklagte, die F. durch die Gutschriften der Überweisungsbeträge i.H.v. 18.640.000 DM und 879.000 DM auf ihrem bei der Beklagten geführten Konto erlangt hat, nicht als Leistung zugerechnet werden kann. Die K. hat der Beklagten keinen Überweisungsauftrag zu Gunsten des Kontos der F. bei der Beklagten erteilt und auch keinen dahingehenden Rechtsschein hervorgerufen. Der Auftrag der K. v. 4.2.2000, 27 Mio. DM auf das Konto der F. bei dem Bankhaus ... zu überweisen, ist keine ausreichende Zurechnungsgrundlage.

(a) Dies gilt zunächst für die Gutschrift v. 8.2.2000i.H.v. 879.000 DM. Diese hat die Beklagte nicht auf Grund des Überweisungsauftrages der K. v. 4.2.2000, sondern auf Grund des von ihr selbst eigenmächtig erstellten Überweisungsauftrages v. 8.2.2000 vorgenommen. Mit der Gutschrift auf dem bei ihr geführten Konto der F. hat sich die Beklagte vorsätzlich über den erklärten Willen der K. als Überweisungsauftraggeberin hinweggesetzt. In der Absicht, sich eine ihr nicht zustehende Aufrechnungsmöglichkeit zu verschaffen, ist sie eigenmächtig und unberechtigt an die Stelle der Überweisungsauftraggeberin getreten und hat einen anderen als den von dieser erteilten Überweisungsauftrag erstellt und ausgeführt. Dies schließt es aus, die von der Beklagten am 8.2.2000 auf dem bei ihr geführten Konto der F. eigenmächtig vorgenommene Gutschrift der K. als Leistung zuzurechnen.

(b) Auch die Gutschrift v. 7.2.2000i.H.v. 18.640.000 DM kann der K. nicht als Leistung zugerechnet werden. In dieser Gutschrift liegt nicht die irrtümlich weisungswidrige Erledigung des Überweisungsauftrages der K. v. 4.2.2000 (vgl. hierzu: Nobbe, WM 2001, Sonderbeilage 4 S. 26 f.; Schimansky in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 50 Rz. 6; zur Abweichung vom Empfängerkonto: BGH, Urt. v. 13.5.1997 - IX ZR 129/96, MDR 1997, 878 = WM 1997, 1324 [1325]), sondern die vorsätzliche Ausführung einer anderen als der von der K. am 4.2.2000 in Auftrag gegebenen Überweisung. Die Beklagte hat den schriftlichen Überweisungsauftrag der K. verfälscht, indem sie den Namen und die Bankleitzahl der Empfängerbank, die Kontonummer des Empfängers sowie den Überweisungsbetrag eigenmächtig gestrichen und durch von ihr selbst bestimmte Angaben ersetzt hat. Dadurch hat sie einen neuen Überweisungsauftrag erstellt, der sich von dem Auftrag der K. grundlegend unterschied. Dies wird insb. daran deutlich, dass F. durch die tatsächlich ausgeführte Überweisung nicht die Forderung gem. §§ 780, 781 BGB gegen das Bankhaus ..., die die K. ihr zuwenden wollte, sondern stattdessen eine Forderung gegen die Beklagte erlangt hat, die diese in der Absicht begründete, sich eine Aufrechnungsmöglichkeit zu verschaffen. Die Auswechselung des Schuldners war wirtschaftlich von entscheidender Bedeutung, weil F. bzw. der Kläger über ein Guthaben bei dem Bankhaus ... sofort frei hätte verfügen können, während die Beklagte den Überweisungsauftrag des Klägers zu Gunsten seines Insolvenzverwalter-Anderkontos bislang, anfangs wegen ihrer Aufrechnungsabsicht, später im Hinblick auf den vom Drittwiderbeklagten erhobenen Rückerstattungsanspruch, nicht ausgeführt hat.

Anders als in den Fällen, die den Urteilen des BGH v. 18.4.1985 (BGH, Urt. v. 18.4.1985 - VII ZR 309/84, MDR 1986, 311 = WM 1985, 826) und v. 5.5.1986 (BGH, Urt. v. 5.5.1986 - II ZR 150/85, BGHZ 98, 24 ff. = MDR 1986, 824) zu Grunde lagen, hat die Beklagte die Überweisung nicht im Vertrauen auf die Wirksamkeit einer im Überweisungsvordruck enthaltenen Fakultativklausel: "oder ein anderes Konto des Empfängers" auf das bei ihr geführte Konto der F. ausgeführt. Sie hat vielmehr den Überweisungsauftrag, der die vom BGH (BGH v. 5.5.1986 - II ZR 150/85, BGHZ 98, 24 [28] = MDR 1986, 824) für unwirksam erklärte Fakultativklausel nicht enthielt, zur Herbeiführung einer Aufrechnungslage unbefugt abgeändert, indem sie die Kontonummer des Empfängers sowie den Namen und die Bankleitzahl seiner Bank strich und durch die Daten des bei ihr geführten Kontos ersetzte. Die anschließende Überweisung auf dieses Konto entspricht zwar dem von der Beklagten selbst durch die eigenmächtigen Veränderungen erstellten Überweisungsauftrag, nicht aber dem von der K. erteilten Auftrag. Deren Überweisungsauftrag v. 4.2.2000 zu Gunsten des Kontos der F. bei dem Bankhaus ... ist keine ausreichende Grundlage, ihr die von ihr nicht in Auftrag gegebene Überweisung auf ein Konto bei der Beklagten zuzurechnen.

Das Berufungsgericht beruft sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf das Senatsurteil v. 6.12.(nicht: 12. Juni) 1994 (BGH, Urt. v. 6.12.1994 - XI ZR 173/94, BGHZ 128, 135 [136] = MDR 1995, 490 = NJW 1995, 520). In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte die Überweisungsbank die Überweisung nicht - wie hier - auf ein anderes als das im Überweisungsauftrag angegebene Konto ausgeführt. Vielmehr hatte der Überweisungsauftraggeber in den Überweisungsauftrag ein anderes als das vom Überweisungsempfänger gewünschte Konto eingetragen. Dass die Überweisung in diesem Fall als Leistung des Überweisungsauftraggebers an den Überweisungsempfänger angesehen worden ist (BGH v. 6.12.1994 - XI ZR 173/94, BGHZ 128, 135 [137] = MDR 1995, 490), besagt nichts für die Beurteilung des vorliegenden Falles, in dem die Überweisung gerade nicht auf das vom Überweisungsauftraggeber angegebene Konto erfolgt ist.

Hinzu kommt noch, dass die Beklagte auf dem Überweisungsträger auch den Überweisungsbetrag geändert und nur einen Teilbetrag überwiesen hat. Ein Kreditinstitut kann zwar bei unzureichender Deckung zur Teilausführung eines Überweisungsauftrages verpflichtet sein, wenn dies dem erkennbaren Willen und Interesse des Auftraggebers entspricht (BGH, Urt. v. 25.5.1959 - II ZR 152/58, WM 1959, 1002 [1003]). Dafür fehlten aber im vorliegenden Fall hinreichende Anhaltspunkte. Außerdem bestand nach der Unterrichtung der K. über die ungenügende Deckung durch das Schreiben der Beklagten v. 7.2.2000 ausreichend Zeit, die weitere Entschließung der K. abzuwarten (§ 665 S. 2 BGB).

bb) F. hat die Ansprüche aus den Schuldversprechen bzw. -anerkenntnissen der Beklagten gem. §§ 780, 781 BGB ohne Rechtsgrund erlangt. Ein solcher kann sich nicht aus dem Rechtsverhältnis zwischen F. und K. ergeben, weil die Zuwendung der Ansprüche, wie dargelegt, der K. nicht als Leistung zugerechnet werden kann.

Auch auf Grund des Girovertrages mit der Beklagten hatte F. keinen Anspruch gem. §§ 667, 675 Abs. 1 BGB auf Gutschrift der Überweisungsbeträge, weil die Beklagte durch die Belastungsbuchungen auf dem Konto der K. keine Deckung erlangt hat. Da die Beklagte vorsätzlich nicht den von K. am 4.2.2000 erteilten, sondern andere, eigenmächtig von ihr selbst erstellte Überweisungsaufträge ausgeführt hat, steht ihr ein Aufwendungsersatzanspruch gem. § 670 BGB gegen K. nicht zu. Die Beklagte ist daher verpflichtet, die Belastungsbuchungen, die als Realakte zu qualifizieren sind, rückgängig zu machen. Die Geltendmachung des Anspruchs auf Rückgängigmachung der Kontobelastungen verstößt entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dies ist nur dann der Fall, wenn eine weisungswidrige Erledigung eines Überweisungsauftrages das Interesse des Überweisungsauftraggebers nicht verletzt (BGH, Urt. v. 8.10.1991 - XI ZR 207/90, MDR 1992, 152 = WM 1991, 1912 [1913]; OLG Hamm v. 27.3.1985 - 20 U 315/84, WM 1985, 1065 [1066]; OLG Köln v. 10.2.2000 - 1 U 53/99, OLGReport Köln 2000, 201 = WM 2001, 2003 [2005]). So liegt es hier nicht. Die Beklagte hat nicht den von K. erteilten Überweisungsauftrag weisungswidrig, sondern andere Überweisungsaufträge, die sie eigenmächtig selbst erstellt hatte, ausgeführt. Dadurch hat sie das Interesse der K. verletzt. Diese wollte F., wie dargelegt, ein Guthaben bei dem Bankhaus ... zuwenden, über das F. sofort frei hätte verfügen können. Anstelle dieses frei verfügbaren Guthabens hat F. auf Grund des eigenmächtigen Verhaltens der Beklagten Ansprüche gegen die Beklagte erlangt, über die diese bislang keine Verfügungen zugelassen hat.

cc) Der Bereicherungsanspruch der Beklagten als Überweisungsbank ist nicht gem. § 814 BGB ausgeschlossen. Diese Vorschrift ist auf Nichtleistungskondiktionen nicht anwendbar (BGH, Urt. v. 20.3.1986 - II ZR 75/85, MDR 1986, 734 = WM 1986, 1324 [1325]; Urt. v. 31.5.1994 - VI ZR 12/94, MDR 1994, 1004 = WM 1994, 1420 [1421 f.]). Um eine solche handelt es sich hier, weil die Beklagte als Überweisungsbank keine eigene Leistung an F. erbringen wollte.

2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch gem. § 826 BGB zu. Die Beklagte hat F. dadurch, dass sie den Überweisungsbetrag nicht an das im Überweisungsauftrag der K. angegebene Bankhaus ... weiterleitete, nicht sittenwidrig geschädigt. F., die in betrügerischem Zusammenwirken mit K. Leasinggesellschaften in großem Umfang geschädigt hat, hatte keinen Anspruch gegen K. auf den angewiesenen Betrag von 27 Mio. DM, da das Valutaverhältnis nach dem Sachvortrag der Parteien wegen Sittenwidrigkeit als nichtig anzusehen ist (§ 138 Abs. 1 BGB).

Die Beklagte hatte auch nicht den Vorsatz, F. zu schädigen. Es ist weder festgestellt noch vorgetragen, dass die Beklagte davon ausging, F. könne ihrem Konto beim Bankhaus ... gutgeschriebene Beträge endgültig behalten und müsse sie nicht an K. herausgeben.

IV.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Klage abweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1397874

DB 2005, 2351

NJW 2005, 3213

BGHR 2005, 1392

EWiR 2005, 755

WM 2005, 1564

WuB 2005, 819

ZIP 2005, 1448

JA 2006, 82

MDR 2005, 1361

BKR 2005, 372

RÜ 2005, 579

ZBB 2005, 375

ZGS 2005, 326

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