Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmungsbedürftigkeit der Verfügung eines Ehegatten über sein Gesamtvermögen

 

Leitsatz (amtlich)

a) Die infolge der Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung dem Käufer erwachsene Rechtsposition (Anwartschaftsrecht) kann einen Vermögenswert darstellen, der nur mit Zustimmung des Ehegatten veräußert werden darf.

b) Bei der Bemessung des Werts des Anwartschaftsrechts ist der Wert des Kaufgegenstands um den Betrag zu mindern, der (noch) aufgebracht werden muß, um das Anwartschaftsrecht zum Vollrecht erstarken zu lassen.

c) Zur Frage, inwieweit Rechtsgeschäfte, die zur Sicherung des Erwerbs eines nahezu das gesamte Vermögen ausmachenden Gegenstands vorgenommen werden, der Zustimmung des Ehegatten bedürfen.

 

Normenkette

BGB §§ 161, 1365-1366, 1365 Abs. 1, § 1366 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Naumburg

LG Halle (Saale)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 21. März 1995 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist Geschäftsführer der T. GmbH, die in M. eine Tankstellen- und Waschanlage betreibt. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 11. März 1991 (Übernahme-Stichtag:

1. März 1991) verkaufte die Treuhandanstalt, Niederlassung H., die Geschäftsanteile an der T. GmbH an den Kläger und zwei weitere Erwerber, L. und P., zu einem Gesamtkaufpreis von 885.000 DM. Hiervon entfiel ein Teilbetrag von 285.000 DM auf den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundbesitz. Bezüglich dieses Grundbesitzes sollte zum Stichtag 31. Dezember 1993 eine Neubewertung stattfinden, die gegebenenfalls zu einer nachträglichen Anpassung des Kaufpreises führen sollte. In Erfüllung des Kaufvertrags trat die Treuhandanstalt die Geschäftsanteile an die Erwerber unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung des (vorläufigen) Kaufpreises in Höhe von 885.000 DM ab.

Die Erwerber waren nicht in der Lage, das vertraglich vereinbarte Zahlungsziel (31. Mai 1991) einzuhalten, nach der Behauptung des Klägers deshalb, weil die D. Bank, Filiale M., eine zunächst erteilte Kreditzusage nicht eingehalten hatte. Um die von der Treuhandanstalt eingeräumte weitere Zahlungsfrist (Dezember 1991) wahren zu können, ging der Kläger Anfang Dezember 1991 auf ein nach seiner Darstellung als „Vorfinanzierungsangebot” zu verstehendes Angebot des damaligen Geschäftsführers der Beklagten, E., ein, der auch Geschäftsführer der M. GmbH war (die M. GmbH und die Beklagte sind Mineralöl-Handelsgesellschaften, die die T. GmbH mit Kraft- und Schmierstoffen belieferten bzw. noch beliefern).

Am 11. Dezember 1991 schlossen die Beklagte auf der einen sowie der Kläger und L., für die jeweils ein vollmachtloser Vertreter auftrat, auf der anderen Seite einen notariell beurkundeten „Treuhandvertrag” ab. In diesem Vertrage erklärten der Kläger und L., ihre Geschäftsanteile an der T. GmbH treuhänderisch für die Beklagte als Treugeberin zu halten. Die Beklagte verpflichtete sich im Gegenzuge, alle zur Erfüllung des mit der Treuhandanstalt abgeschlossenen Kaufvertrags erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Am 16. Dezember 1991 genehmigte der Kläger den Treuhandvertrag.

Noch im Dezember 1991 überwies die M. GmbH den Betrag von 885.000 DM an die Treuhandanstalt. Anfang Februar 1992 gewährte die D. Bank, Filiale M., der T. GmbH ein „Investitionsdarlehen” von 885.000 DM. Nach Überweisung der Darlehenssumme auf das Konto der T. GmbH zog die M. GmbH im Rahmen des mit der Firma T. GmbH gehandhabten Lastschriftverfahrens den Betrag von 885.000 DM ein; nach der Behauptung des Klägers in der vorgefaßten Absicht, sich auf diese Weise den verauslagten Kaufpreis wieder zu beschaffen.

Am 19. Juli 1993 nahm die Beklagte das in § 10 des Treuhandvertrags von dem Kläger und L. abgegebene Angebot auf Abschluß eines Vertrags über die Abtretung der Geschäftsanteile an der T. GmbH an.

Der Kläger hält den Treuhandvertrag für unwirksam, weil zu seiner Wirksamkeit nach §§ 1365 Abs. 1, 1366 Abs. 1 BGB die Genehmigung seiner Ehefrau notwendig gewesen wäre, die diese Genehmigung verweigert hat. Darüber hinaus hat er den Treuhandvertrag bzw. seine Genehmigungserklärung vom 16. Dezember 1991 wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten.

Der Kläger begehrt festzustellen, daß er Geschäftsanteile in Höhe von insgesamt 25.500 DM am Stammkapital der T. GmbH halte.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hält die Feststellungsklage für begründet. Es führt aus, der Kläger habe mit Zahlung des Kaufpreises durch die M. GmbH an die Treuhandanstalt, wie im Kaufvertrag vom 11. März 1991 vorgesehen, seinen Geschäftsanteil zum „Vollrecht” erworben. Diese Rechtsstellung habe er nach wie vor inne, weil der zwischen den Parteien am 11.116. Dezember 1991 abgeschlossene Treuhandvertrag nach 55 1365, 1366 Abs. 4 BGB unwirksam sei. Mit diesem Vertrag bzw. mit der Genehmigung dieses durch einen vollmachtlosen Vertreter abgeschlossenen Vertrags habe der Kläger, was die Beklagte auch gewußt habe, Ober nahezu sein gesamtes Vermögen verfügt. Die deswegen nach § 1366 Abs. 1 BGB zur Wirksamkeit des Treuhandvertrags erforderliche Genehmigung habe die Ehefrau verweigert.

Diese Ausführungen halten im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.

II.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedürfen nach § 1365 Abs. 1 BGB nicht nur solche Geschäfte eines Ehegatten der Einwilligung des anderen, die auf die Übertragung seines gesamten Vermögens als solchen gerichtet sind. sondern auch Verträge Ober die Veräußerung eines einzelnen Vermögensgegenstandes, sofern das Objekt der Veräußerung im wesentlichen das ganze Vermögen des Veräußerers darstellt und der Vertragspartner dies weiß oder zumindest die Verhältnisse kennt, aus denen sich dies ergibt (vgl. nur BGHZ 77. 293, 295 und 123. 93, 95).

1. In Anwendung dieses Grundsatzes hat sich das Berufungsgericht auf den Standpunkt gestellt, der Kläger habe bereits aufgrund des Kaufvertrags mit der Treuhandanstalt ein Vermögensgut von erheblichem Wert erlangt, das nahezu sein gesamtes Vermögen ausgemacht habe.

Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

a) Gegen die Anwendung des § 1365 BGB bringt die Revision zunächst vor. diese Bestimmung erfasse nur das gegenwärtige Aktivvermögen des Verfügenden. Der Kläger habe jedoch bei Abschluß des Treuhandvertrags eine bloße Anwartschaft auf Erwerb des Geschäftsanteils an der T. GmbH innegehabt. Diese Anwartschaft unterfalle ebensowenig wie künftiges Arbeits- oder Renteneinkommen dem Anwendungsbereich des § 1365 BGB. Dem ist nicht zu folgen.

Richtig ist, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die auf einem sicheren Arbeitsverhältnis beruhende Erwartung künftigen Arbeitseinkommens weder als Vermögen im Sinne von § 1365 Abs. 1 BGB angesehen noch sonst in den nach dieser Vorschrift vorzunehmenden Wertvergleich einbezogen werden kann (BGHZ 101U 225, 227 f). Gleiches gilt für künftiges Renteneinkommen (BGH. Urteil vom 12. Juli 1989 – IV b ZR 79188 – NJW 1990. 112, 113 f). In den genannten Entscheidungen wird maßgeblich auf den Gesetzeszweck abgestellt. § 1365 BGB soll die Vermögensgrundlage der Familie sichern und verhindern. daß ein Ehegatte ohne Zustimmung des anderen der Familie diejenige wirtschaftliche Grundlage entzieht. die sie bisher im Vermögen des Ehegatten besaß. Daneben bezweckt die Bestimmung, den anderen Ehegatten vor einer Gefährdung seines künftigen Anspruchs auf Zugewinnausgleich bei Beendigung des Güterstandes zu schützen (BGHZ 77, 293, 296 und BGHZ 101, 225, 228). Die Anwendung des § 1365 BGB hat sich danach am gegenwärtigen Vermögen zu orientieren, nicht an der Erwartung künftiger Arbeits- und Renteneinkünfte. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß Ansprüche auf Arbeitsentgelt oder Rente auch bei der Zugewinnausgleichsberechnung keinen gegenwärtigen Vermögenswert darstellen und weder bei der Berechnung des Anfangs- noch der des Endvermögens Berücksichtigung finden (BGHZ 101, 225, 228 f).

Die Rechtsstellung, die der Kläger bei Abschluß des Treuhandvertrags innehatte, kann indes nicht mit der eines Beziehers von (künftigen) Lohn- oder Rentenzahlungen verglichen werden. Die dem Kläger aufgrund des Vertrags vom 11. März 1991 zukommende Rechtsposition ist vielmehr so beschaffen, daß sie bereits als zum gegenwärtigen Vermögen im Sinne des § 1365 BGB gehörend anzusehen ist. In dieser Vertragsurkunde sind in der erforderlichen Form (vgl. § 15 Abs. 3 und 4 Satz 1 GmbHG) schuldrechtliches Verpflichtungs – und dingliches Erfüllungsgeschäft – letzteres unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung – enthalten. Damit haben die Erwerber bereits durch diesen Vertrag, vergleichbar der Situation beim Kauf einer beweglichen Sache unter Eigentumsvorbehalt, bezüglich der Geschäftsanteile eine gesicherte Rechtsposition erlangt, die ihrerseits veräußerlich und vererblich ist (Anwartschaftsrecht; vgl. speziell zum Anwartschaftsrecht an GmbH-Geschäftsanteilen Wolf, Anm. zum Urteil des BGH vom 21. September 1994 – VIII ZR 257/93 – in LM § 15 GmbHG Nr. 28).

Darüber hinaus konnte der Kläger bereits ab dem Übernahme-Stichtag 1. März 1991 als Geschäftsführer und „wirtschaftlicher” (Mit-) Gesellschafter unternehmerisch tätig werden und die anfallenden Gewinne für sich (mit) verwenden (2.2 i.V.m. 7.2. des Kaufvertrags). Damit sollte die Unternehmensbeteiligung des Klägers bereits im Stadium des Anwartschaftsrechts eine ständige Erwerbsquelle sein und die wesentliche Existenzgrundlage des Klägers und seiner Familie bilden.

Aufgrund dessen stellte die Rechtsposition des Klägers nach dem 11. März 1991 bereits einen gegenwärtigen Vermögenswert im Sinne des § 1365 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, der auch im Falle eines Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen gewesen wäre: Daß Unternehmensbeteiligungen, auch soweit es um GntbH-Geschäftsanteile geht, beim Anfangs- oder Endvermögen im Sinne der §§ 1374 ff BGB zu Buche schlagen, unterliegt keinem Zweifel (vgl. nur BGH. Urteil vom 1. Oktober 1986 – IV b ZR 69185 – NJW 1987 321). Der Umstand, daß diese Unternehmensbeteiligung nur in Form eines Anwartschaftsrechts Bestand hatte, kann insoweit keinen Unterschied machen (vgl. Staudinger/Thiele, BGB, 13. Aufl., 5 1374, Rn. 3; vgl. auch BGHZ 67, 262, 268. wo zum Ausdruck gebracht wird, daß die verschiedenen im Rechtsleben mit Anwartschaft bezeichneten Positionen im Rahmen der §§ 1365 ff, 1374 ff BGB keine einheitliche Beurteilung erfahren müssen).

b) Vergeblich versucht die Revision die Werthaltigkeit des Anwartschaftsrechts mit dem Argument in Abrede zu stellen, der Kläger habe bis zum Abschluß des Treuhandvertrags keinerlei Anzahlungen auf den Kaufpreis geleistet und sei auch zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen, mit eigenen Mitteln den Geschäftsanteil zum „Vollrecht” erstarken zu lassen.

Das Berufungsgericht hat das Anwartschaftsrecht des Klägers ungeachtet des Umstands, daß der (vorläufige) Kaufpreis von 885.000 DM noch vollständig offengestanden hat, deshalb für besonders wertvoll erachtet, weil zum Betriebsvermögen der T. GmbH ein unbelastetes Grundstück im Werte von 4.3 Mio. DM gehört habe; dies ergebe unter Berücksichtigung des Umstands, daß auf den Kläger wertmäßig die Hälfte der Geschäftsanteile und des zu zahlenden Kaufpreises entfalle, zu seinen Gunsten einen „überschießenden” Wert zwischen Gesellschafts (Grund-) Vermögen und Kaufpreisverbindlichkeit von Ober 1,7 Mio. DM. Auch diese Ausführungen halten im Ergebnis der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

aa) Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verkehrswert des Betriebsgrundstücks beruhen auf der Behauptung des Klägers, bereits bei Abschluß des Kaufvertrags habe dieses Grundstück einen Wert von 4,3 Mio. DM gehabt; der erhebliche Wert dieses Grundstücks werde im übrigen auch dadurch belegt, daß die T. GmbH aus der gewerblichen Vermietung von Nebengebäuden und Grundstücksteilen einen Betrag von jährlich ca. 120.000 DM erwirtschafte. Diesem tatsächlichen Vorbringen ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Sie hat demgegenüber die Wertlosigkeit des Anwartschaftsrechts des Klägers damit begründet, dieser sei infolge des, aus welchen Gründen auch immer, gescheiterten Kreditgeschäfts mit der D. Bank Filiale M. nicht in der Lage gewesen, aus eigenen Kräften das Anwartschaftsrecht an den Geschäftsanteilen noch innerhalb der von der Treuhandanstalt eingeräumten (letzten) Zahlungsfrist zum Vollrecht erstarken zu lassen. In dieser ganz auf die persönliche Situation des Klägers abgestellten Argumentation kann kein ausreichendes Bestreiten des klägerischen Vorbringens zur Vermögenslage der Gesellschaft gesehen werden. Daß die Vermögenslage der GmbH als solche einer Kreditierung des Kaufpreises entgegengestanden hätte, hat die Beklagte nicht behauptet und hatte sie auch ernsthaft nicht behaupten können, nachdem der T. GmbH unstreitig kurze Zeit nach Abschluß des Treuhandvertrags – ohne daß von seiten der M. GmbH bzw. der Beklagten irgendwelche (weitere) Sicherheiten gestellt wurden – von eben dieser Bank ein „Investitionsdarlehen” Ober 885.000 DM bewilligt worden war.

Das Berufungsgericht durfte daher von einem unstreitigen Verkehrswert des Grundstücks der GmbH von 4,3 Mio. DM ausgehen. Die von der Revision gegen die Feststellung des Verkehrswerts des Grundstücks erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Weder mußte der Kläger weitere Ausführungen zum Verkehrswert des Betriebsgrundstücks machen oder gar ein im Bestreitensfalle als Beweismittel angebotenes Verkehrswertgutachten vorlegen, noch hat für das Berufungsgericht Veranlassung bestanden, der Frage nachzugehen, warum der ursprüngliche Miterwerber P. in der Folgezeit sein Interesse an dem Erwerb eines Geschäftsanteils verloren und zu welchen Bedingungen er seine Rechte auf den Kläger und L. übertragen hatte.

bb) Vor allem rügt die Revision als rechtsfehlerhaft, das Berufungsgericht habe bei seiner Bewertung des Anwartschaftsrechts übersehen, daß der vereinbarte Kaufpreis von 885.000 DM nur ein vorläufiger gewesen sei und aufgrund der Anpassunasklausel in Ziffer 4 des Kaufvertrags ein (wirklicher) Grundstückswert von 4,3 Mio. DM notwendigerweise eine entsprechende Erhöhung der Kaufpreisschuld zur Folge habe.

Auch dieser Angriff der Revision dringt nicht durch. Ungeachtet der Anpassungsklausel in der Ziffer 4 des Vertrags sollte nach den im Kaufvertrag getroffenen Abreden bereits mit Zahlung von nur 885.000 DM das Anwartschaftsrecht der Erwerber an den gekauften Geschäftsanteilen zum Vollrecht erstarken. Aus diesem Grunde ist bei der Bestimmung des Werts des Anwartschaftsrechts auch nur dieser Betrag vom (wirklichen) Wert der Geschäftsanteile bzw. des Gesellschaftsvermögens der GmbH in Abzug zu bringen. Das ergibt sich aus folgendem:

Vermögen im Sinne des § 1365 BGB ist allein das Aktivvermögen. Persönliche Verbindlichkeiten bleiben daher bei der Prüfung, ob das Vermögen im ganzen übertragen worden ist, außer Betracht. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung für dingliche Belastungen von Vermögensgegenständen: hier ist im Rahmen des § 1365 BGB bei der Veräußerung eines belasteten Gegenstands der Wert des veräußerten Vermögensguts um die auf ihm ruhenden dinglichen (valutierten) Belastungen zu vermindern (BGHZ 77, 293, 295 ff).

Überträgt man die Grundsätze dieser Entscheidung auf die Situation beim „Anwartschaftsrecht aus Vorbehaltskauf”, so bedeutet das: Indem sich der Verkäufer das Vollrecht an dem veräußerten Gegenstand bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises vorbehält, will er zum einen seine für den Fall der Nichtzahlung bestehenden Rückabwicklungsrechte (§ 455, § 326 BGB) vor unberechtigten Verfügungen des Käufers schützen (vgl. BGHZ 54, 214, 215 f). Gleichzeitig stellt der Vorbehalt des Verkäufers auch eine Sicherung gegen das Ausbleiben der Kaufpreiszahlung dar (vgl. BGHZ 70, 96, 101 zur analogen Anwendung des § 223 BGB). Dem Sicherungszweck bzw. dem Sicherungsinteresse des Verkäufers, das mit fortschreitender Tilgung der Kaufpreisforderung immer geringer wird, ist dadurch Rechnung zu tragen, daß der Wert des Kaufgegenstandes um den – ähnlich einer dinglichen Belastung auf dem „Erwerbsrecht” des Käufers ruhenden – Kaufpreisrest vermindert wird und sich daraus der für die Anwendung des § 1365 BGB maßgebliche Wert des Anwartschaftsrechts ergibt. Erstreckt sich wie hier die Vorbehaltsabrede nur auf einen vorläufigen Kaufpreis, der sich möglicherweise im nachhinein erhöhen kann, so ist bei der Bewertung des Anwartschaftsrechts entgegen der Auffassung der Revision nur dieser vorläufige Kaufpreis (bzw. Kaufpreisrest) als Abzugsposten zu berücksichtigen. Denn mit Zahlung der 885.000 DM durch die M. GmbH erstarkte in der Hand des Klägers das Anwartschaftsrecht an dem erworbenen GmbH-Geschäftsanteil zum Vollrecht. Damit konnte der Kläger wirksam über diesen Geschäftsanteil verfügen, ohne daran durch ein etwaiges (mit Blick auf § 454 BGB möglicherweise gar nicht mehr vorhandenes) Rückabwicklungsinteresse” der Treuhandanstalt gehindert zu sein. Mit Zahlung der 885.000 DM – den Abschluß des Treuhandvertrags hinweggedacht – stand dieser Geschäftsanteil auch dem Zugriff etwaiger Gläubiger des Klägers offen; die Treuhandanstalt hätte insbesondere nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg eine Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO erheben können. Im Falle eines solchen Gläubigerzugriffs hätte auch eine noch ausstehende „Nachforderung” der Treuhandanstalt den Wert des Geschäftsanteils als Zugriffsobjekt in keiner Weise gemindert (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGHZ 77, 293, 297).

Hat aber mit der Zahlung der 885.000 DM durch die M. GmbH die im Vertrag vom 11. März 1991 enthaltene Vorbehalts („Sicherungs-”)Abrede ihre Erledigung gefunden, fehlt jede Rechtfertigung dafür, eine etwaige Kaufpreisnachforderung ebenfalls wie eine dingliche Belastung vom Wert des Kaufgegenstandes in Abzug zu bringen. Der bezüglich einer solchen Nachforderung nicht mehr durch eine Vorbehaltsabrede gesicherte Verkäufer befindet sich insoweit in der gleichen Situation wie der Verkäufer, der von vornherein auf einen Vorbehalt verzichtet. Auch in diesem Falle kann nicht zweifelhaft sein, daß bei der Frage, ob eine Verfügung über den gleich zu „Voll-Eigentum” erworbenen Kaufgegenstand die Rechtsfolgen der §§ 1365, 1366 BGB auszulösen vermag, die noch offene (Rest-)Kaufpreisforderung wie jede andere persönliche Forderung auch außer Betracht zu bleiben hat. Das Berufungsgericht hat somit im Ergebnis zu Recht bei der Bewertung des Anwartschaftsrechts den Wert des Gesellschafts(Grund-)Vermögens nur um den (vorläufigen) Kaufpreis von 885.000 DM gemindert.

cc) Dem steht nicht entgegen, daß bei einer nachträglichen Erhöhung des Kaufpreises sich auch der Finanzierungsbedarf auf seiten des Käufers erhöht und gerade in den Fällen, in denen der erworbene bzw. noch zu erwerbende Gegenstand nahezu das gesamte Vermögen des Käufers darstellt, als werthaltige Kreditunterlage regelmäßig nur der Kaufgegenstand zur Verfügung steht, vorliegend also der GmbH-Geschäftsanteil bzw. das Anwartschaftsrecht daran oder das Gesellschaftsvermögen (vgl. zur Frage der Besicherung von Gesellschafterkrediten mit dem GmbH-Vermögen Peltzer/Bell, ZIP 1993, 1757). Eine Erhöhung des Kaufpreises infolge einer Neubewertung des Betriebsgrundstücks macht daher nahezu zwangsläufig eine (weitere) Belastung des Geschäftsanteils bzw. des im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstücks notwendig. Diese Erwägung ändert indessen nichts an der Beurteilung der Werthaltigkeit des betroffenen Vermögensgegenstands als solcher, sondern wirkt sich allenfalls dahin aus, daß solche im Zusammenhang mit der Finanzierung des Gesamtkaufpreises stehenden (Sicherungs-)Geschäfte nach Sinn und Zweck der §§ 1365, 1366 BGB von der Zustimmung des anderen Ehegatten freizustellen sind (vgl. dazu nachfolgend unter 2).

dd) Ohne Belang bei der Prüfung der Frage, ob dem Anwartschaftsrecht des Klägers überhaupt ein erheblicher Vermögenswert zugesprochen werden kann, ist im übrigen, ob der Kläger – ungeachtet des objektiven Werts des Anwartschaftsrechts – aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse und Eigenschaften, etwa wegen seiner Unerfahrenheit im Geschäftsleben, in der Lage war, den vorhandenen beträchtlichen „Erwerbswert” zu realisieren. Das Bedürfnis nach Rechtssicherheit gebietet es, bei der Anwendung des § 1365 BGB allein auf die objektiven Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen. Eine Berücksichtigung des „individuellen” Werts, den ein Vermögensgegenstand gerade in der Hand des verfügenden Ehegatten hat, würde in die rechtliche Beurteilung erhebliche Unsicherheiten hineintragen und in vielen Fällen gar nicht überzeugend möglich sein (vgl. BGHZ 77, 293, 298). Es ist daher vorliegend nicht entscheidungserheblich, aus welchen Gründen die D. Bank, Filiale M., zunächst dem Kläger den – später der GmbH ohne Umstände gewährten – Kredit nicht einräumen wollte und ob der Kläger sich auch ohne die Mithilfe der Beklagten bzw. der M. GmbH gegebenenfalls auf andere Weise die erforderlichen Geldmittel hätte beschaffen können.

2. Ausgehend davon. daß der Kläger bereits aufgrund des Vertrags vom 11. März 1991 ein werthaltiges Vermögensgut erlangt hatte, stellt sich die von der Revision weiter aufgeworfene und ihrer Auffassung nach zu verneinende Frage, ob auch treuhänderisch erworbenes Vermögen von § 1365 BGB erfaßt werde, so nicht. Zu fragen ist vielmehr, ob nach Sinn und Zweck des § 1365 BGB bestimmte Rechtsgeschäfte, die darauf abzielen. dem Ehegatten die zum Erwerb des Vermögensguts notwendigen Mittel zu verschaffen, von der Einwilligung des anderen Ehegatten freigestellt sind. Vorliegend hat sich der Kläger auf den Treuhandvertrag nur eingelassen, um auf diese Weise den Kaufpreis zahlen zu können, die Beklagte wiederum hat geltend gemacht, sie habe sich mit dem Treuhandvertrag nur „eine den wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechende Sicherung” verschaffen wollen. Insoweit gilt:

a) § 1365 BGB bezweckt die Erhaltung wirtschaftlicher Werte, nicht aber Erschwerungen des Rechtserwerbs. Daher geht die herrschende Meinung in der Literatur davon aus, daß etwa der Erwerber eines nahezu sein ganzes Vermögen bildenden Grundstücks auch ohne Einwilligung seines Ehegatten dem Veräußerer eine Restkaufgeldhypothek oder auch eine Grundschuld zur Sicherung der Restforderung bestellen kann. Des weiteren wird in Fortentwicklung dieses Gedankens angenommen, daß die Sicherung eines für den Grundstückserwerb aufgenommenen Kredits aus dritter Hand durch Belastung des erworbenen Grundstücks mit einem sichernden Grundpfandrecht § 1365 BGB entzogen ist. Dabei wird angesichts der Beliebigkeit, mit der die zeitliche Reihenfolge von Erwerb und Belastung gestreut werden kann, kein Unterschied gemacht, ob im Vorgriff auf das Erwerbsgeschäft das Grundstück belastet und als belastetes – nach § 1365 BGB genehmigungsfrei – erworben oder das zunächst erworbene Grundstück im nachhinein belastet wird, um so den Kaufpreis finanzieren zu können. Auch im letzteren Falle handelt es sich – trotz Sonderung des Erwerbs und der Belastung in den rechtsgeschäftlichen Akten – um eine bloße Erwerbsmodalität, die der Einwilligung des Ehegatten nicht bedarf (vgl. nur MünchKomm/Gernhuber, BGB, 3. Aufl., 5 1365, In. 57, 58; Staudinger/Thiele, aao, 5 1365, In. 56; Soergel/Lange, BGB, 12. Aufl., 5 1365, In. 36; jeweils m.w.N.).

b) Ausgehend von dieser Literaturmeinung hätte der Treuhandvertrag vom 11./16. Dezember 1991 dann nicht der Genehmigung der Ehefrau des Klägers bedurft, wenn er als typisches Sicherungstreuhandgeschäft ausgestaltet gewesen wäre, also insbesondere der Kläger unter Beachtung der Sicherungsinteressen der Beklagten wirtschaftlich den Geschäftsanteil behalten und einen endgültigen Verlust dieses Geschäftsanteils nur im Sicherungsfalle zu befürchten gehabt hätte (vgl. eingehend zur sicherungsweisen Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils Mütil, in: Hadding/Schneider, Gesellschaftsanteile als Kreditsicherheit, 1979, 5. 129 ff, sowie Serick, GmbH-Rundschau 1967, 133 ff). Das ist, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, indes nicht der Fall.

In § 1 des Treuhandvertrags vom 11.116. Dezember 1991 erklären die Treuhänder (der Kläger und L.) und die Treugeberin (die Beklagte) ausdrücklich, daß der Vertrag über den Verkauf und die Abtretung der GmbH-Geschäftsanteile für die Treugeberin abzuschließen und zu erfüllen sei. Die Treuhänder treten ihre Ansprüche gegen die GmbH auf Gewinn, Auseinandersetzungsguthaben und Liquidationserlös an die Treugeberin ab (§ 2 Nr. 2 des Vertrags) und verpflichten sich, alles aus der Treuhandstellung Erlangte an die Treugeberin herauszugeben (§ 3 Nr. 1 des Vertrags). Nach § 4 des Vertrags hat die Treugeberin den Treuhändern die zur Erfüllung des Vertrags vom 11. März 1991 erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Vertrag sieht jedoch keine Verpflichtung der Treuhänder vor, der Treugeberin diese Mittel später wieder zu erstatten, und demzufolge auch keine Verpflichtung der Treugeberin, die Treuhänder für diesen Fall aus dem Treuhandvertrag mit der Maßgabe zu entlassen, nunmehr die Geschäftsanteile ohne treuhänderische Bindung zu halten. In § 11 des Vertrags ist lediglich eine Verpflichtung begründet, in Jahresabständen Ober eine solche Aufhebung zugunsten der Treuhänder, unter Regelung der finanziellen Ansprüche der Treugeberin, zu entscheiden. Diese Pflicht ist indes eine bloße, „ergebnisoffene” Verhandlungspflicht.

Eine nach § 7 des Vertrags unter Einhaltung bestimmter Fristen mögliche Kündigung des Treuhandverhältnisses durch einen der Treuhänder hat zur Folge, daß er seinen Geschäftsanteil an die Treugeberin abtreten muß. Diese wiederum ist – obwohl für sie formal in gleicher Weise wie für die Treuhänder § 7 gilt – auf eine Kündigung nicht angewiesen. Denn ihr wird in § 10 des Vertrags ein unbefristetes und unwiderrufliches Angebot auf Abschluß eines Vertrags Ober die Abtretung sämtlicher Geschäftsanteile unterbreitet, das sie, wie geschehen, jederzeit annehmen konnte mit der Folge, daß das Treuhandverhältnis erlischt.

Aufgrund der genannten Bestimmungen des Treuhandvertrags hatte es die Beklagte jederzeit nach Gutdünken in der Hand, den Geschäftsanteil des Klägers an sich zu ziehen. während umgekehrt der Kläger, wenn er sich unter Wegfall der treuhänderischen Bindung den Geschäftsanteil hätte erhalten wollen, völlig auf das Wohlwollen der Beklagten angewiesen war. Danach begegnet die Gesamtwürdigung des Berufungsgerichts. die dem Kläger eingeräumte Treuhänderstellung laufe auf eine Aushöhlung seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Position hinaus, keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Ein bloßes. lediglich der (Zwischen-)Finanzierung des Kaufpreises dienendes Sicherungsgeschäft liegt nicht vor.

3. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellung des Verkehrswerts des Betriebsgrundstücks bildete das dem Kläger zustehende Anwartschaftsrecht nahezu sein gesamtes Vermögen, auch wenn das Berufungsgericht den genauen Wert des (geringen) Restvermögens hat dahinstehen lassen. Dies wird im übrigen von der Revision ebensowenig angegriffen, wie die Feststellung, die Beklagte habe positive Kenntnis davon gehabt, daß der Kläger nahezu sein gesamtes Vermögen in den Treuhandvertrag eingebracht habe, ohne sich hierbei auf die Zustimmung seiner Ehefrau stützen zu können.

 

Unterschriften

Richter am Bundesgerichtshof Dr. Wurm hat Urlaub und kann deshalb nicht unterschreiben Werp, Werp, Dressler, Streck, Schlick

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 21.03.1996 durch Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 604883

BGHZ

BGHZ, 218

BB 1996, 1130

NJW 1996, 1740

BGHR

JR 1997, 64

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1996, 834

GmbHR 1996, 612

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