Leitsatz (amtlich)

Bei zivilprozessualen Leistungsklagen, denen ein materielles Recht zugrunde liegt, ist die Befugnis zur Klage grundsätzlich unverwirkbar.

Der auf Unterlassung der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen gerichtete Anspruch nach § 13 AGBG ist materiell-rechtlicher Natur im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB.

Die Klausel

„Solange wir unseren Verpflichtungen auf Behebung der Mängel nachkommen, hat der Kunde nicht das Recht, Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen, sofern nicht ein Fehlschlagen der Nachbesserung vorliegt” verstößt nicht gegen § 11 Nr. 10b AGBG.

Sind die Gewährleistungsansprüche des Käufers wirksam auf ein Recht auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung beschränkt worden, so hat der Käufer darzulegen und zu beweisen, daß die Nachbesserung oder Ersatzlieferung fehlgeschlagen ist. Deshalb verstößt eine Klausel, aus der sich diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast entnehmen läßt, nicht gegen § 11 Nr. 15 AGBG.

 

Normenkette

ZPO § 253; AGBG §§ 13, 11 Nr. 10b; ZPO § 282; AGBG § 11 Nr. 15

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.06.1989; Aktenzeichen 6 U 14/88)

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.10.1987)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main vom 1. Juni 1989 geändert.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. Oktober 1987 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt. Die Beklagte verkauft Wärmemeßgeräte und Kostenverteiler, die sie bei ihren Kunden installiert. Nach Nr. II 3 Satz 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie den mit den Kunden geschlossenen Verträgen zugrunde legt, erstreckt sich ihre Gewährleistung nur auf Änderung, Ausbesserung oder kostenlosen Ersatz aller durch Mängel im Material, in der Fabrikation oder bei der Montage unbrauchbar gewordenen Teile. Im Anschluß hieran heißt es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Nr. II 3 Satz 2):

„Solange wir unseren Verpflichtungen auf Behebung der Mängel nachkommen, hat der Kunde nicht das Recht, Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen, sofern nicht ein Fehlschlagen der Nachbesserung vorliegt.”

Mit etwas anderem Wortlaut war die Klausel bereits in den Jahren 1982/83 Gegenstand eines Schriftwechsels zwischen den Parteien gewesen. Der Kläger hatte von der Beklagten verlangt, die statt der jetzt in der Klausel enthaltenen Formulierung („Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages”) seinerzeit verwendeten Ausdrücke („Wandlung bzw. Minderung”) zu unterlassen. Die Beklagte hatte sich zu einer Änderung dieser Klausel – wie auch anderer beanstandeter Bestimmungen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen – bereit erklärt, dem Kläger mit Schreiben vom 4. Januar 1983 ein Exemplar ihrer neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Bezugnahme auf das von einem Mitarbeiter des Klägers telefonisch erklärte „Einverständnis” mit den umformulierten Klauseln übersandt und die von dem Kläger verlangte Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen abgegeben.

Nach erfolgloser Abmahnung verlangt der Kläger von der Beklagten mit der im Jahre 1987 erhobenen Verbandsklage gemäß § 13 AGBG, die Verwendung auch der neu formulierten Klausel im Rechtsverkehr gegenüber Nichtkaufleuten zu unterlassen. Er vertritt die Auffassung, die Klausel verstoße gegen die Vorschrift des § 11 Nr. 10 b AGBG, weil sie den Kunden nicht deutlich genug darauf hinweise, daß er bei einem Fehlschlagen der Nachbesserung auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte zurückgreifen könne; auch sei sie geeignet, einen unzutreffenden Eindruck darüber zu vermitteln, wann eine Nachbesserung fehlgeschlagen sei. Die Beklagte ist der Ansicht, die Geschäftsbedingung gebe den Inhalt des § 11 Nr. 10 b AGBG vollständig und richtig wieder; es fehle auch an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Unterlassungsklage, weil der Text der Klausel mit dem Kläger in dem 1982/83 geführten Schriftwechsel abgestimmt worden sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der – zugelassenen – Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die Klausel verstoße gegen § 11 Nr. 10 b AGBG. Nach dieser Vorschrift müsse der Verwender in die Geschäftsbedingung eine ganz bestimmte rechtliche Belehrung aufnehmen und so den Kunden in die Lage versetzen, sich über seine Rechte zu informieren. Zwar verlange das Gesetz nicht die Angabe, wann ein Fehlschlagen der Nachbesserung gegeben sei. Die von der Beklagten verwendete negative Formulierung erwecke im rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden aber den Eindruck, die Anzahl der zu duldenden Nachbesserungsversuche sei unbeschränkt oder allein von dem Willen der Beklagten abhängig. Die sich daraus ergebenden Unklarheiten oder Zweifel über die Tragweite der Klausel reichten aus, um ihre weitere Verwendung zu verbieten.

Daß die beanstandete Geschäftsbedingung schon einmal Gegenstand der Verhandlungen zwischen den Parteien gewesen sei, setze den Kläger nicht dem Vorwurf eines unredlichen Handelns (§ 242 BGB) aus. Denn es sei nicht seine Aufgabe, Klauseln zu „genehmigen”. Der Anspruch sei auch nicht verwirkt, weil es dem Kläger mit Rücksicht auf sich ändernde Anschauungen nicht generell verwehrt werden könne, Allgemeine Geschäftsbedingungen, die er möglicherweise einmal für zulässig gehalten habe, zu einem späteren Zeitpunkt zu beanstanden.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Zu Unrecht erhebt die Beklagte allerdings Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage wegen des Verhaltens des Klägers in den Jahren 1982/83. Obgleich der Unterlassungsanspruch, wie noch zu zeigen sein wird (unten II 2 und 3), unbegründet ist, können die Zweifel an der Zulässigkeit der Klage wegen der Rechtskraftwirkung des zu erlassenden Urteils (dazu z.B. Baumbach/Hartmann, ZPO, 48. Aufl., Grundz. § 253 Anm. 3 A b m.Nachw.) nicht dahingestellt bleiben.

a) Der Klage steht nicht der Einwand fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses entgegen. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse für eine Klage nach § 13 AGBG liegt regelmäßig ohne weiteres vor (z.B. Henken in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 6. Aufl., § 13 Rdnr. 33, § 15 Rdnr. 2; MünchKomm-Gerlach, BGB, 2. Aufl., § 15 AGBG Rdnr. 8; Erman/Werner, BGB, 8. Aufl., § 15 AGBG Rdnr. 6); eines besonderen Rechtsschutzinteresses für die Leistungsklage bedarf es nicht (z.B. Löwe in: Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, GroßKomm. z. AGB-Gesetz, Bd. II, 2. Aufl., § 15 Rdnr. 7; Lindacher in: Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 2. Aufl., § 13 Rdnr. 91). Besondere Umstände, aus denen das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses entnommen werden könnte (dazu z.B. Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Aufl., § 93 IV 1, S. 548; Wieser, Das Rechtsschutzinteresse des Klägers im Zivilprozeß, 1971, S. 238 ff), sind nicht gegeben: Der Kläger sucht ernsthaft und für rechtlich nicht mißbilligte Ziele ein Urteil zu erreichen; das Klageziel läßt sich durch ein stattgebendes Urteil auch erreichen und kann in zumutbarer Weise nur durch gerichtliche Hilfe erzielt werden; ein anderes Rechtsschutzmittel, das billiger oder schneller als die erhobene Klage die Wirkungen eines Urteils herbeiführen könnte, ist nicht ersichtlich.

b) Der Revision kann auch nicht eingeräumt werden, daß die Klageerhebung eine unzulässige Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen Treu und Glauben – etwa der Verwirkung – darstellt und die Klage deshalb als unzulässig abzuweisen ist.

aa) Jedenfalls bei zivilprozessualen Leistungsklagen, denen – wie hier (dazu unten bb) – ein materielles Recht zugrunde liegt, unterliegt die Befugnis zur Klage grundsätzlich nicht der Verwirkung (ebenso z.B. KG OLGZ 77, 427; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl., Einl. IV D vor § 1, Rdnr. 259; Baumgärtel ZZP 75, 385, 400; ders. ZZP 86, 353, 366 ff; Henckel, Prozeßrecht und materielles Recht, 1970, S. 114 ff; Konzen, Rechtsverhältnisse zwischen Prozeßparteien, 1976, S. 258 ff, 266; Zeiss, Die arglistige Prozeßpartei, 1967, S. 143 f). Liegen die Voraussetzungen des Verwirkungstatbestandes vor, so ist der materielle Anspruch und nicht die Klagebefugnis betroffen. Einen Vertrauensschutz des Gegners gegen eine Inanspruchnahme im Klagewege gibt es nicht. Sie könnte auch die Gegenmeinung, deren Folge lediglich die Abweisung der Klage als unzulässig wäre, nicht vermeiden. Es besteht daher kein Anlaß, die materiell-rechtliche Verwirkung mit einer prozessualen Verwirkung zu vermengen (zutreffend Stein/Jonas/Schumann a.a.O.).

Die von der Revision angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Januar 1966 (BGHZ 44, 367, 372) betrifft den besonderen – hier nicht vorliegenden – Fall der mißbräuchlichen Ausnutzung der Prozeßführungsbefugnis nach § 2038 BGB. Auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Januar 1972 (BVerfGE 32, 305, 308 f m. abl. Anm. Dütz NJW 1972, 1025) und des Bundesarbeitsgerichts vom 2. November 1961 (BAGE 11, 353 m. abl. Anm. Baumgärtel JZ 1963, 449 und Bötticher AP BGB § 242 – Prozeßverwirkung Nr. 1) haben nicht vergleichbare Sachverhalte zum Gegenstand, nämlich der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts die Feststellung der Unwirksamkeit einer Unterwerfung in einem finanzgerichtlichen Verfahren und das Urteil des Bundesarbeitsgerichts eine Feststellungsklage, bei der zudem ein besonderes prozessuales Erwartungsverhältnis aus der Beendigung eines früher angestrengten Prozesses erzeugt worden war (BAGE a.a.O. 356).

bb) Der auf Unterlassung der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen gerichtete Anspruch gemäß § 13 AGBG ist nach heute nahezu einhelliger Ansicht materiell-rechtlicher Natur im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB (so z.B. Palandt/Heinrichs, BGB, 49. Aufl., Vorbem. vor § 13 AGBG Anm. 2; Soergel/Stein, BGB, 11. Aufl., § 13 AGBG Rdnrn. 1, 9; Hensen a.a.O. § 13 Rdnr. 23; Löwe a.a.O. § 13 Rdnr. 4; Staudinger/Schlosser, BGB, 12. Aufl., § 13 AGBG Rdnr. 4; Erman/Werner a.a.O. § 13 Rdnr. 3; Stein, AGB-Gesetz, 1977, § 13 Rdnr. 8; Koch/Stübing, Allgemeine Geschäftsbedingungen, 1977, § 13 Rdnr. 22; Dietlein/Rebmann, AGB aktuell, § 13 Rdnr. 2; Wolf ZZP 94, 107, 109; MünchKomm-Gerlach aaO § 13 Rdnr. 10 m.w.Nachw. § 13 Rdnr. 7 Fußn. 6, § 13 Rdnr. 10 Fußn. 18). Dieser Meinung schließt sich der erkennende Senat an. Für sie sprechen nicht nur Wortlaut und Inhalt des § 13 Abs. 4 AGBG (vgl. dazu auch Begründung der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat, BT-Drucks. 7/5617 S. 1 f), sondern auch der Umstand, daß die Vorschrift des § 13 AGBG der Verbandsklage nach § 13 UWG nachgebildet ist (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/5422 S. 10), mit der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ebenfalls ein materiell-rechtlicher Unterlassungsanspruch geltend gemacht wird (BGHZ 41, 314, 318; BGH Urteile vom 5. Januar 1960 – I ZR 100/58 = GRUR 1960, 379 unter 2 und vom 1. Februar 1967 – Ib ZR 3/65 = GRUR 1967, 430, 432 unter II 2 a). Ein spezifisches prozessuales Rechtsinstitut (dazu Nachw. bei Münch-Komm-Gerlach a.a.O. § 13 Rdnr. 7 Fußn. 7), eine „Aufgreifzuständigkeit” (so z.B. Lindacher, AGB-Verbandsklage und Rechtsschutzsystem, in: Justiz und Recht, Festschrift aus Anlaß des 10jährigen Bestehens der Deutschen Richterakademie, 1983, S. 210, 213; ders. in: Wolf/Horn/Lindacher a.a.O. § 13 Rdnr. 3 f) oder eine „privatrechtliche Kontrollkompetenz” (so z.B. Reinel, Die Verbandsklage nach dem AGBG, 1979, S. 126 ff; Göbel, Prozeßzweck der AGB-Klage und herkömmlicher Zivilprozeß, 1980, S. 125 ff; Leipold, Die Verbandsklage zum Schutz allgemeiner und breitgestreuter Interessen in der Bundesrepublik Deutschland, in: Effektivität des Rechtsschutzes und verfassungsmäßige Ordnung, 1983, S. 57, 65 f) anzunehmen, besteht daher kein Bedürfnis.

2. Ob das vorprozessuale Verhalten des Klägers grundsätzlich geeignet wäre, eine materiell-rechtliche Verwirkung des Unterlassungsanspruchs, einen Anspruchsverzicht oder die allgemeine Einrede des Rechtsmißbrauchs zu begründen, bedarf ebensowenig der Prüfung wie die Frage, ob einer derartigen Annahme nicht bereits der Umstand entgegenstünde, daß es bei der Verfolgung des Unterlassungsanspruchs um vom Kläger wahrzunehmende Belange der Allgemeinheit geht (zu wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen vgl. BGH Urteil vom 14. März 1985 – I ZR 66/83 = GRUR 1985, 930 unter II 2; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 5. Aufl., Kap. 17 Rdnr. 18 und Kap. 19 Rdnr. 9, jeweils m.w.Nachw.). Denn ein Unterlassungsanspruch des Klägers hat nie bestanden, weil die beanstandete Klausel entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Inhaltskontrolle nach § 11 Nr. 10 b AGBG standhält.

a) Zwar geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß die Vorschrift des § 11 Nr. 10b AGBG als Wirksamkeitsvoraussetzung einer Klausel, mit der die Gewährleistungsansprüche des Kunden auf ein Nachbesserungsverlangen beschränkt werden, eine bestimmte rechtliche Belehrung verlangt. Soweit das Gesetz aber von „ausdrücklich” spricht, ist damit nicht „wörtlich” gemeint (ebenso z.B. Hensen a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 34; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 33; Schlosser a.a.O. § 11 Nr. 10 Rdnr. 52; MünchKomm-Kötz a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 94; Soergel/Stein a.a.O. § 11 Rdnr. 112). Etwas anderes ist auch nicht den Urteilen des erkennenden Senats vom 7. Oktober 1981 (VIII ZR 229/80 = WM 1982, 9 unter V 2, insoweit in BGHZ 82, 21 nicht abgedruckt) und vom 30. Juni 1982 (VIII ZR 259/81 = WM 1982, 1028 unter I 2) zu entnehmen: Wenn dort die Begriffe „Wandelung” und „Minderung” für einen verständlichen Hinweis auf die Käuferrechte als nicht ausreichend erachtet worden sind, so hatte dies seinen Grund darin, daß diese Begriffe dem nichtkaufmännischen Kunden nach Auffassung des Senats weithin unbekannt sind. Dies rechtfertigt nicht den Schluß, daß die Klausel den gesamten Inhalt des § 11 Nr. 10b AGBG wörtlich wiederholen muß.

b) Richtig ist allerdings, daß der vom Verwender geforderte ausdrückliche Hinweis auch dem nicht rechtskundigen Vertragspartner seine Rechte klar und verständlich vor Augen führen muß. Er darf nicht den Eindruck gewinnen, daß ihm nach fehlgeschlagener Nachbesserung keine Rechte mehr zustehen, und ihm muß auch verdeutlicht werden, welche Ansprüche ihm im Falle des Fehlschlagens der Nachbesserung zustehen (z.B. Coester-Waltjen in: Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, AGBG, 1977, § 11 Nr. 10 Rdnr. 48; Soergel/Stein a.a.O. § 11 Rdnr. 106). Denn die Fassung der Klausel soll es dem Kunden ermöglichen, seine subsidiären Rechte auch außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und ohne Inanspruchnahme von Rechtsauskunft auszuüben (Begr. RegEntw. BT-Drucks. 7/3919 S. 34 f). Diesen Anforderungen wird die fragliche Klausel indessen auch bei der – im Unterlassungsverfahren zugrunde zu legenden – sog. kundenfeindlichsten Auslegung (dazu BGH Urteil vom 31. Oktober 1984 – VIII ZR 226/83 = WM 1985, 24 unter I 2 b aa) gerecht.

aa) Die – in doppelter Hinsicht – negative Formulierung („… hat der Kunde nicht das Recht …, sofern nicht …”) wäre dem Verwender nur verwehrt, wenn sie in dem Kunden Unklarheit über seine Rechte zu erwecken geeignet wäre (a.A. offenbar Koch/Stübing a.a.O. § 11 Nr. 10 Rdnr. 38). Das ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht der Fall. Der Klausel unschwer zu entnehmende Gedankengang „Mängelbehebungsversuch – keine anderen Käuferrechte – es sei denn bei Fehlschlagen der Nachbesserung” überfordert beider im Rechtsverkehr auch einem Nichtkaufmann abzuverlangenden Aufmerksamkeit dessen Verständnismöglichkeiten nicht.

bb) Unschädlich ist nach ganz überwiegender Ansicht auch, daß die Klausel mit den Worten des Gesetzes lediglich vom „Fehlschlagen der Nachbesserung” spricht, ohne diesen Begriff zu erläutern und auch ohne anzugeben, wieviele Nachbesserungsversuche der Kunde hinnehmen muß (z.B. Palandt/Heinrichs a.a.O. § 11 Anm. 10b ks; Wolf a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 33; Schlosser a.a.O. § 11 Nr. 10 Rdnr. 52; Soorgehl/Stein a.a.O. § 11 Rdnr. 112; Münch-Komm-Kötz a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 94; Koch/Stübing a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 38; Hensen a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 35; a.A. Graf von Westphalen in: Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 15 f). Dem ist zuzustimmen: Die Erscheinungsformen des Fehlschlagens – nämlich bei objektiver oder subjektiver Unmöglichkeit, Unzulänglichkeit, unberechtigter Verweigerung, ungebührlicher Verzögerung oder dem mißlungenen Versuch der Nachbesserung (dazu z.B. BGHZ 22, 90, 96, 99; 37, 94, 98; 93, 29, 62; BGH Urteil vom 22. März 1979 – VII ZR 142/78 = WM 1979, 724 unter I 2 b aa) – sind so vielgestaltig, daß die Aufnahme aller in Betracht kommenden – ihrerseits wiederum teilweise erläuterungsbedürftigen – Möglichkeiten in die Klausel die an den Verwender zu stellenden Anforderungen überspannen und mit dem dann erforderlich werdenden Umfang der Allgemeinen Geschäftsbedingung dem Kunden auch keinen Dienst erweisen würde.

Nichts anderes gilt für die Zahl der Nachbesserungsversuche. Sie richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung des Gebots von Treu und Glauben (z.B. Hensen a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 38; vgl. auch BGHZ 46, 242, 245 und BGH Urteil vom 29. Oktober 1975 – VIII ZR 103/74 = WM 1975, 1257 unter II 4), etwa nach der Art des Mangels, den Gründen für das Scheitern eines vorangegangenen Nachbesserungsversuchs und den für den Kunden mit weiteren Versuchen verbundenen Nachteilen. Alle denkbaren Sachverhaltsgestaltungen in der Klausel zu erfassen, ist weder zweckmäßig (ebenso z.B. Wolf a.a.O. § 10 Nr. 10b Rdnr. 25) noch erforderlich (einschränkend Hensen a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 42).

cc) Schließlich wird auch durch den sprachlichen Aufbau der Klausel in dem Kunden kein unzutreffender Eindruck darüber hervorgerufen, wann ein Fehlschlagen der Nachbesserung anzunehmen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers legt weder die Einleitung der Klausel das Verständnis nahe, der Kunde müsse eine unbegrenzte Zahl von Nachbesserungsversuchen hinnehmen, noch läßt die Klausel die Feststellung des Fehlschlagens der Nachbesserung als alleinige Sache des Verwenders erscheinen; ebensowenig läßt ihre Formulierung die Auslegung zu, von einem Fehlschlagen der Nachbesserung könne nicht ausgegangen werden, solange der Verwender seiner Behebungspflicht nachzukommen versuche.

- Bei unbefangenem Verständnis des Klauselwortlauts stellt der Schlußhalbsatz („sofern nicht …”) eine Einschränkung der vorangegangenen Halbsätze dar. Das kann nur bedeuten, daß die Rechte des Kunden auf Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages im Falle des Fehlschlagens der Nachbesserung trotz weiterhin bestehender Nachbesserungsbereitschaft des Verwenders wiederaufleben. Daraus folgt zugleich, daß der Begriff des „Fehlschlagens” nach objektiven Kriterien zu bestimmen ist und weder seine Feststellung im Belieben des Verwenders steht noch der Kunde eine unbegrenzte Zahl von Nachbesserungsversuchen erdulden muß.

- Wäre in der Klausel vorgesehen, daß „die Käuferrechte bei Fehlschlagen der Nachbesserung wiederaufleben, solange nicht der Verwender seiner Mängelbehebungspflicht nachkommt”, so müßte sie in der Tat mit dem Kläger dahin verstanden werden, daß eine fortbestehende Nachbesserungsbereitschaft der Beklagten die Annahme eines Fehlschlagens der Nachbesserung ausschließt. Die Klausel lautet indessen gerade umgekehrt: Nach dem Satzbau ist nicht der erste Halbsatz eine Einschränkung des letzten, sondern – wie dargestellt – der letzte Halbsatz eine Einschränkung des ersten. Das stellt die Rechtslage zutreffend dar und schließt Mißverständnisse aus.

3. Der Revisionserwiderung kann auch nicht darin zugestimmt werden, daß die Klausel gegen § 11 Nr. 15 AGBG verstoße, weil sie dem Vertragspartner der Beklagten die Beweislast für das Fehlschlagen der Nachbesserung aufbürde. Es braucht nicht untersucht zu werden, ob der Klauselfassung („… sofern nicht …”) Rückschlüsse über die Beweislastverteilung in diesem Punkt zu entnehmen sind (bejahend wohl Baumgärtel/Rohmann, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 3, § 11 Nr. 15 AGBG Rdnr. 5 m.Nachw. Fußn. 11). Denn jedenfalls handelt es sich um keine. Änderung der Beweislastverteilung. Der Kunde, der trotz einer Beschränkung seiner Gewährleistungsrechte auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung Wandelung oder Minderung verlangt, muß darlegen und gegebenenfalls beweisen, daß die Nachbesserung oder Ersatzlieferung fehlgeschlagen ist (ebenso z.B. Baumgärtel/Rohmann a.a.O. § 11 Nr. 10 AGBG Rdnr. 4; Wolf a.a.O. § 11 Nr. 10b Rdnr. 35). Das folgt aus dem Verhältnis von Regel (Beschränkung der Gewährleistungsrechte auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung) und Ausnahme (Wiederaufleben der Gewährleistungsansprüche bei Fehlschlagen der Nachbesserung) und dem Satz, daß derjenige, der den ausnahmsweise Nichteintritt der regelmäßigen Wirkung behauptet, die Voraussetzungen des Ausnahmefalles dartun muß (zu Regeln des Gesetzes vgl. z.B. Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl., S. 124 ff, 130 f). Das gilt auch dann, wenn die Kaufsache schon vor Gefahrübergang als mangelhaft erkannt und Nachbesserung versucht worden ist (a.A. OLG Karlsruhe BB 1988, 1209 m. zust. Anm. Heinrichs EWiR § 11 Nr. 10 AGBG 1/88, 629; wie hier dagegen Wolf a.a.O.). Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen in dem Stadium vor Gefahrübergang Raum ist (zum Meinungsstand z.B. Münch-Komm-H.P. Westermann a.a.O. § 459 Rdnr. 4 f m.Nachw.). Ebenso kann ungeprüft bleiben, ob in diesem Fall – wie das OLG Karlsruhe (a.a.O.) meint – der Verkäufer die Beweislast für die Mangelfreiheit der Sache trägt oder ob das nur zutrifft, wenn der Verkäufer Abnahme und Erfüllung verlangt. Denn selbst wenn dem OLG Karlsruhe in diesem Ausgangspunkt zuzustimmen wäre, folgt daraus nicht, daß der Verkäufer auch die Erfolgsaussicht einer Nachbesserung zu beweisen hat (so aber Heinrichs a.a.O.). Das Gegenteil ergibt sich auch hier aus der bereits dargelegten Beweislastverteilung bei Regelsatz und Ausnahmefall (dazu BGHZ 34, 32, 34 f); insoweit zwischen der Zeit vor und nach Gefahrübergang zu differenzieren, besteht kein Anlaß.

III.

Nach allem war auf die Revision der Beklagten das klageabweisende erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen und der Kläger auch mit den Kosten der Rechtsmittel zu belasten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 749240

BB 1990, 950

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1990, 511

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