Leitsatz (amtlich)

Wenn es die Vorsorge für die Zukunft des Gesellschaftsunternehmens erfordert, kann der Gesellschafter einer OHG aus dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Treuepflicht gehalten sein, dem Verlangen seines Mitgesellschafters zuzustimmen, daß dieser seine Stellung als persönlich haftender Gesellschafter schon bei Lebzeiten auf seinen zur Nachfolge berufenen Erben überträgt. Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag vorsieht, daß die Erben eines persönlich haftenden Gesellschafters, die nicht schon persönlich haftende Gesellschafter sind, als Kommanditisten mit dem Kapitalanteil ihres Erblassers eintreten.

 

Normenkette

HGB § 139

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 19.11.1984)

LG Bielefeld

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. November 1984 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger, ein zur Zeit der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht 71jähriger Kaufmann, und der Beklagte, ein zum gleichen Zeitpunkt 67jähriger Ingenieur, sind die einzigen Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft Fr. J. Söhne, die in P. ein Rohrwerk betreibt. Sie erzielte in den Jahren 1982 und 1983 Umsätze in der Größenordnung zwischen 18 und 16 Mio DM und beschäftigte 160 bis 180 Mitarbeiter. Der am 21. Juni 1948 geschlossene Gesellschaftsvertrag, der dadurch zustande gekommen ist, daß der inzwischen verstorbene Vater der Parteien diese und einen weiteren, später wieder ausgeschiedenen Sohn in sein bis dahin als Einzelkaufmann betriebenes Handelsgeschäft aufnahm, sieht in Nr. 12 und 13 vor, daß die Gesellschaft nur durch einstimmigen Beschluß der Gesellschafter, durch Konkurs der Gesellschaft oder durch gerichtliche Entscheidung aufgelöst wird, und daß eine Kündigung der Gesellschaft ausgeschlossen ist. In Nr. 15 des Gesellschaftsvertrages ist bestimmt, daß beim Tode eines Gesellschafters die Gesellschaft fortgesetzt wird. Dabei sollen die Erben des verstorbenen Gesellschafters, die nicht schon persönlich haftende Gesellschafter sind, als Kommanditisten mit dem Kapitalanteil ihres Erblassers eintreten.

Der Kläger fordert mit seinen gegenüber der ersten Instanz geänderten Berufungsanträgen von dem Beklagten in erster Linie die Einwilligung, daß der Kläger seinen Geschäftsanteil ganz oder teilweise seinem Sohn überträgt, hilfsweise, daß er zum angestellten Geschäftsführer und Prokuristen bestellt wird; äußerst hilfsweise verlangt er von dem Beklagten Zustimmung zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrages, wonach jeder persönlich haftende Gesellschafter seine Stellung zu Lebzeiten auf einen zum Eintritt in das Unternehmen geeigneten Abkömmling übertragen oder einen solchen durch Verfügung von Todes wegen zu seinem Nachfolger bestimmen darf. Für die Nachfolge stehen der Sohn des Klägers und die Tochter des Beklagten, die beide eine kaufmännische Ausbildung genossen haben, zur Verfügung. Der Kläger hat vorgetragen, die Regelung der Nachfolge dulde angesichts des Alters der Parteien keinen Aufschub. Das Unternehmen sei in der Vergangenheit konkurrenzlos gewesen. Inzwischen seien jedoch mehrere Konkurrenzfirmen entstanden. Dies mache sich durch rückläufige Umsätze und Gewinne bemerkbar. Die Parteien seien angesichts ihres Alters den erhöhten unternehmerischen Aufgaben nicht mehr gewachsen. Die Verpflichtung des Beklagten, einer Regelung der Nachfolge in dem begehrten Sinne zuzustimmen, ergebe sich – mindestens bei ergänzender Vertragsauslegung – bereits aus dem gegenwärtigen Gesellschaftsvertrag. Jedenfalls aber sei der Beklagte aufgrund seiner Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft gehalten, der beantragten Ergänzung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen.

Nach Ansicht des Beklagten geben weder der Gesellschaftsvertrag noch der Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Treuepflicht dem Kläger die Berechtigung, den Eintritt seines Sohnes zu Lebzeiten der persönlich haftenden Gesellschafter zu verlangen. Auch in tatsächlicher Hinsicht bestehe dazu kein Anlaß. Beide Gesellschafter seien gesundheitlich bisher in der Lage, ihren Aufgaben gerecht zu werden. Die Entwicklung der Aufträge, Umsätze und Gewinne sei bei Berücksichtigung der schwierigen konjunkturellen Lage zufriedenstellend.

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Zurückverweisung.

I. Das Berufungsgericht hat aus den Vertragsbestimmungen über die Unkündbarkeit des Gesellschaftsvertrages (Nr. 13), die Auflösung der Gesellschaft nur durch einstimmigen Beschluß, Konkurs oder Gerichtsentscheid (Nr. 12) sowie aus der Regelung der Nachfolge im Todesfall (Nr. 15) gefolgert, daß kein Gesellschafter ohne seine Zustimmung einen Wechsel im Gesellschafterbestand hinzunehmen brauche. Auch wenn es in Nr. 15 des Gesellschaftsvertrages u. a. heiße, Erben des Gesellschafters, die „nicht schon persönlich haftende Gesellschafter sind”, treten als Kommanditisten in die Gesellschaft ein, so berechtige dies nicht zu dem Schluß, daß dadurch die Einzelrechtsnachfolge unter Lebenden ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter statuiert werde. Die gegen diese Auslegung des Gesellschaftsvertrages gerichteten Angriffe der Revision bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Nr. 15 des Gesellschaftsvertrages regelt entgegen der Ansicht der Revision ausschließlich die Nachfolge im Falle des Todes eines Gesellschafters. Die Absicht, zugleich den Gesellschafterwechsel unter Lebenden zu behandeln, ist dieser Bestimmung nicht zu entnehmen. Sie bezweckt allein, die Erben, die nicht schon als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt sind, auf die Stellung eines Kommanditisten zu beschränken. Dabei trägt sie zugleich dem Umstand Rechnung, daß dies wegen der Einheit der Mitgliedschaft nicht in Betracht kommen konnte, wenn der Erbe schon vorher persönlich haftender Gesellschafter geworden war. Dies zeigt zwar, daß es die Gesellschafter für denkbar erachtet haben, daß einer oder mehrere ihrer Erben schon vor dem Erbfall in die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters einrücken könnten. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß dies nach der Vorstellung der Gründungsgesellschafter auch ohne Zustimmung aller Mitgesellschafter möglich sein sollte.

2. Dagegen könnte dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden, wenn seine Ausführungen, die Gesellschaft sei für die Lebenszeit der Gesellschafter geschlossen, so zu verstehen wären, daß beim Tode einer der Parteien der andere Gesellschafter die Geschäftsführung alleine übernimmt und nach dessen Tod die Gesellschaft in Ermangelung eines persönlich haftenden Gesellschafters liquidiert wird. Die Tatsache, daß der Gesellschaftsvertrag keine Regelung hinsichtlich der Nachfolge in die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters für den Zeitpunkt enthält, in dem beide Parteien ausscheiden, würde diese Folgerung nicht rechtfertigen. Es widerspricht der Lebenserfahrung und hätte einer besonderen Begründung bedurft, weshalb die Gesellschaft als Trägerin eines Unternehmens mit 160 bis 180 Beschäftigten mit dem Tode des letzten persönlich haftenden Gesellschafters aufgelöst werden soll, obwohl der Gesellschaftsvertrag festlegt, daß die Gesellschaft im Falle des Todes eines Gesellschafters fortgesetzt wird. Das Fehlen einer Regelung hinsichtlich der Nachfolge in die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters begründet unter den gegebenen Umständen lediglich eine Vertragslücke, die nach § 157 BGB zu schließen ist. Es liegt nahe anzunehmen, daß diese Lücke in der Weise auszufüllen wäre, daß die nach dem Tode des letztversterbenden Gründungsgesellschafters vorhandenen Kommanditisten zusammenwirken müssen, um sich auf die Person eines oder mehrerer persönlich haftender Gesellschafter zu einigen. Ein solcher Einigungszwang ist vom Senat auch in dem Falle angenommen worden, daß der einzige persönlich haftende Gesellschafter auf andere Weise, nämlich durch Ausscheiden aus der Gesellschaft, fortgefallen war (Urt. v. 28. Mai 1979 – II ZR 172/78, DB 1979, 1836). Vorliegend entspricht diese Form der Lückenausfüllung dem Charakter der Gesellschaft als einem auf vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Mitglieder angelegten Familienunternehmen. Die sich aus dem damit verbundenen Einigungszwang möglicherweise ergebende Zustimmungspflicht kann der Revision jedoch nicht zum Erfolg verhelfen. Sie betrifft allein die Verhältnisse nach dem Ableben sämtlicher persönlich haftender Gesellschafter. Zu Lebzeiten der persönlich haftenden Gesellschafter ist dagegen keine nach § 157 BGB auszufüllende Vertragslücke vorhanden, die einen Gesellschafter berechtigen könnte, von dem anderen Zustimmung zur Aufnahme eines weiteren persönlich haftenden Gesellschafters zu fordern.

II. Das Berufungsgericht erwägt weiter, daß die gesellschaftliche Treuepflicht einem Gesellschafter gebieten kann, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen. Dies sei jedoch nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen und zwar dann anzunehmen, wenn sich die Zustimmung als dringend erforderlich erweise und dem anderen Gesellschafter zumutbar sei. Diese Voraussetzungen sieht das Berufungsgericht im vorliegenden Fall als nicht gegeben an, weil der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz 71 Jahre alte Kläger noch leistungsfähig, zur Erfüllung seiner Geschäftsführungspflicht im Stande sei und das Unternehmen zuletzt noch „achtbare” Ergebnisse erzielt habe. Den dagegen gerichteten Angriffen der Revision ist der Erfolg nicht zu versagen.

1. Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, kann sich aus der gesellschaftlichen Treuepflicht des einzelnen Gesellschafters in besonders gelagerten Ausnahmefällen die Verpflichtung ergeben, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen. Dies gilt auch für einen Wechsel im Gesellschafterbestand. Voraussetzung dafür ist stets, daß die Änderung mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis oder im Hinblick auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zueinander, etwa zum Zwecke der Erhaltung wesentlicher Werte, die die Gesellschafter in gemeinsamer Arbeit geschaffen haben, oder zur Vermeidung erheblicher Verluste, die die Gesellschaft oder einer der Gesellschafter erleiden könnte, erforderlich ist (vgl. insb. BGHZ 64, 253, 257; Urt. v. 26. Januar 1961 – II ZR 240/59, LM Nr. 8 zu § 138 HGB = WM 1961, 301; v. 24. April 1954 – II ZR 35/53, LM Nr. 8 zu § 105 HGB; v. 17. Dezember 1959 – II ZR 81/59, LM Nr. 13 zu § 161 HGB = WM 1960, 105). Von dieser Rechtsprechung geht zwar auch das Berufungsgericht aus. Die Ausführungen, mit denen es das Vorliegen der genannten Voraussetzungen im konkreten Fall verneint, überspannen jedoch die Anforderungen an die Zustimmungspflicht des Gesellschafters. Überdies verkennen sie den Kern des Vorbringens des Klägers und lassen wesentlichen von ihm vorgetragenen Prozeßstoff unberücksichtigt.

So kann es für die Entscheidung der Frage, ob die Aufnahme des Sohnes des Klägers als persönlich haftender Gesellschafter zum Zwecke der Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens erforderlich ist, nicht darauf ankommen, ob der inzwischen im 72. Lebensjahr stehende Kläger bislang seine Pflicht zur Geschäftsführung noch hat wahrnehmen können und die Gesellschaft in den zurückliegenden Jahren noch „achtbare” Ergebnisse erzielt hat. Die Frage lautet unter den gegebenen Umständen nicht, ob der Kläger seine Aufgabe in der Vergangenheit noch bewältigt hat, sondern ob es der Unternehmenszweck gebietet, im gegenwärtigen Zeitpunkt eine Vertragsänderung herbeizuführen, um die in gemeinsamer Arbeit geschaffenen, in dem Unternehmen verkörperten Werte auch weiterhin zu erhalten. Das Gebot, Vorsorge für die Zukunft zu treffen, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, ist Bestandteil der Pflicht zur verantwortungsbewußten Unternehmensführung. Angesichts des fortgeschrittenen Alters des Klägers wird ein Wechsel in der Unternehmensführung in den nächsten Jahren unumgänglich sein. Er muß schon jetzt vorbereitet werden. Ein Nachfolger in der Geschäftsleitung eines Unternehmens von der Größe des von den Parteien betriebenen muß über einen gewissen Zeitraum hinweg eingearbeitet werden. Er muß sich mit den Unternehmensprodukten und den besonderen Verhältnissen in dem betreffenden Geschäftszweig vertraut machen. Insbesondere müssen die bei mittelständischen Unternehmen oftmals in erheblichem Umfang auf persönlichen Kontakten beruhenden Beziehungen zu den Kunden auf ihn übergeleitet werden. Die Feststellung des Oberlandesgerichts, „derzeit” sei ein Wechsel der Mitgliedschaft und damit der Geschäftsführung „offenbar nicht dringend erforderlich”, läßt sich bei dieser Sachlage mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht halten, da sie die notwendige umfassende Auseinandersetzung mit den vorstehend bezeichneten Gesichtspunkten vermissen läßt. Bei der nachzuholenden Gesamtwürdigung wird das Oberlandesgericht auch den Vortrag des Klägers, zur Sicherstellung der weiteren Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens sei die Erweiterung des Geschäfts auf ausländische Märkte, die er nicht mehr zu leisten vermöge, erforderlich, sowie sein unter Beweis gestelltes Vorbringen, wegen der Ungeklärtheit der Nachfolge hätten bereits mehrere wichtige leitende Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, zu berücksichtigen haben. Auf beide Behauptungen ist das Berufungsgericht bisher nicht eingegangen.

Sollte das Berufungsgericht bei der erneuten Verhandlung unter Berücksichtigung der vorstehend aufgezeigten Gesichtspunkte zu der Feststellung gelangen, daß in Anbetracht des fortgeschrittenen Alters beider Parteien eine Regelung der Nachfolge bereits im gegenwärtigen Zeitpunkt geboten ist, so könnte desweiteren nicht zweifelhaft sein, daß auch der Beklagte aufgrund seiner gesellschaftlichen Treuepflicht gehalten ist, an ihr mitzuwirken. Die Sicherung der Kontinuität der Führung des Gesellschaftsunternehmens liegt innerhalb des Vertragszwecks und ist nicht nur eine Zweckmäßigkeitsfrage, die jeder Gesellschafter nach seinem eigenen Ermessen entscheiden und bei der er deshalb seine Mitwirkung unter Umständen auch ganz versagen kann. Sie ist vielmehr eine Maßnahme, die zur Erhaltung des Unternehmens und damit zur Erreichung des Vertragszwecks dringend geboten ist. Die Unterlassung jeglicher Vorsorge durch untätiges Zuwarten bis zum Ausfall des Klägers oder beider Parteien kann aus den oben aufgezeigten Gründen den Bestand des Unternehmens ernstlich gefährden. Angesichts des Vertrauens, das der Gesellschaftsvertrag damit in eine loyale Zusammenarbeit und Einigung der Parteien über die Nachfolge in der persönlichen Haftung setzt, gebietet es deshalb die gesellschaftliche Treuepflicht, daß sich der Beklagte nicht einer durch das Gesellschaftsinteresse gebotenen rechtzeitigen Regelung der Nachfolge in das Unternehmen widersetzt.

2. Wie der Senat bereits verschiedentlich ausgesprochen hat, kann die Zustimmung eines Gesellschafters zu einer für die Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks gebotenen Vertragsänderung nur dann verlangt werden, wenn sie ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zuzumuten ist (BGHZ 64, 253, 257 f; Urt. v. 26. Januar 1961 – II ZR 240/59; Urt. v. 24. April 1954 – II ZR 35/53, jeweils aaO). Ist dies nicht der Fall, so kann er sich darauf berufen, daß er der Gesellschaft unter anderen Bedingungen nicht beigetreten wäre. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist im Einzelfall durch Abwägung der widerstreitenden Interessen festzustellen. Für die Unzumutbarkeit der dem Beklagten angesonnenen Vertragsänderung kann es sicher nicht ausreichen, daß er sich bei Eintritt seines Neffen in die Gesellschafterstellung des Klägers an die Zusammenarbeit mit einem neuen Partner gewöhnen müßte. Mit diesem Vorbringen kann der Beklagte auch bei Berücksichtigung seines Alters um so weniger Gehör finden, als beide für verschiedene Bereiche des Unternehmens zuständig sind und auch die bisherige Zusammenarbeit mit dem Kläger, wie beide Parteien nicht in Abrede stellen, mit erheblichen Spannungen belastet war. Gegen die Eignung des Sohnes des Klägers, der eine kaufmännische Ausbildung genossen hat und in verantwortlicher Stellung in der Wirtschaft tätig ist, hat auch der Beklagte nichts vorgebracht.

Schwerer wiegt dagegen der Gesichtspunkt, daß eine vorweggenommene Nachfolge des Sohnes des Klägers in die Stellung seines Vaters den durch Nr. 15 des Gesellschaftsvertrages, der die Erben zunächst nur als Kommanditisten eintreten läßt, nach dem Ableben beider Parteien begründeten Einigungszwang auf die Person eines persönlich haftenden Gesellschafters beseitigen würde und damit den möglichen Eintritt der Tochter des Beklagten in diese Stellung erschweren könnte. Beim Eintritt des Sohnes des Klägers neben seinem Vater käme für den Beklagten noch die Schwierigkeit hinzu, daß er sich künftig mit zwei Vertretern des anderen Familienstammes auseinanderzusetzen hätte. Diese Besorgnis bestünde auch dann, wenn der Sohn des Klägers entsprechend dem ersten Hilfsantrag der Klage nur als Prokurist in das Unternehmen einträte, ganz davon abgesehen, daß ihm auch diese Lösung bei der späteren Entscheidung, wer persönlich haftender Gesellschafter werden soll, einen Vorsprung vor der nicht eingearbeiteten Tochter des Beklagten gäbe. Diese Gesichtspunkte dürften jedoch letztlich einer zur Sicherung der Fortführung des Unternehmens gebotenen Lösung der Nachfolgefrage nicht zwingend entgegenstehen. Es wird Aufgabe des Berufungsgerichtes sein, falls es dies zur Vermeidung der Benachteiligung eines Familienstammes für erforderlich hält, bei der erneuten Verhandlung auf sachgerechte, die Interessen des Beklagten angemessen berücksichtigende Klaganträge hinzuwirken. Eine mögliche Lösung könnte jedoch schon im Rahmen der bisherigen Formulierung des Klagebegehrens der von dem Kläger in der Berufungsinstanz gestellte zweite Hilfsantrag bieten. Die darin begehrte Ergänzung des Gesellschaftsvertrages in der Weise, daß jeder persönlich haftende Gesellschafter seine Gesellschafterstellung durch Verfügung von Todes wegen oder durch Übertragung unter Lebenden auf einen geeigneten Nachkömmling übertragen darf, fügt sich ohne Bruch in den bisherigen Gesellschaftsvertrag ein. Der Erbe wird dann nur Kommanditist, wenn sein Erblasser nicht von dem ihm nach dem geänderten Gesellschaftsvertrag zustehenden Bestimmungsrecht Gebrauch gemacht hat. Zugleich würde diese Änderung die Besorgnis des Beklagten beseitigen, daß ein vorzeitiges Aufrücken des Sohnes des Klägers die für möglich gehaltene spätere Nachfolge seiner Tochter in die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters nachteilig präjudizieren könnte. Denn es stünde dem Beklagten damit frei, jederzeit von dem damit auch ihm eingeräumten Recht zur Bestimmung eines Nachfolgers in seine Stellung zugunsten seiner Tochter Gebrauch zu machen. Auch dies wird das Berufungsgericht bei seiner erneuten Entscheidung in Betracht zu ziehen haben.

 

Unterschriften

Dr. Kellermann, Bundschuh, Brandes, Hesselberger, Röhricht

 

Fundstellen

BB 1987, 20

NJW 1987, 952

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1987, 166

DNotZ 1987, 239

JZ 1987, 95

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