Leitsatz (amtlich)

a) Eine nicht wirksam erteilte Vollmacht kann über §§ 171 und 172 BGB hinaus aus allgemeinen Rechtsscheingesichtspunkten dem Geschäftspartner ggü. als wirksam zu behandeln sein, wenn dessen Vertrauen auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände als an die Vollmachtsurkunde anknüpft und nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint.

b) Die Vorlage einer von einem Immobilienerwerber unterzeichneten Selbstauskunft, einer Einzugsermächtigung sowie einer "Notarbestätigung" durch den Geschäftsbesorger ggü. der Bank vermag das Vorliegen einer Duldungsvollmacht zum Abschluss von Darlehensverträgen nicht zu begründen.

c) Im Falle einer unwirksamen Zahlungsanweisung durch den Geschäftsbesorger ist der bereicherungsrechtliche Ausgleich zwischen der Bank und dem Zuwendungsempfänger nach den Regeln der Nichtleistungskondiktion vorzunehmen.

 

Normenkette

BGB § 167; BGB vor 171; BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2

 

Verfahrensgang

OLG Bamberg (Urteil vom 17.04.2003)

LG Würzburg

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des OLG Bamberg v. 17.4.2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt Schadensersatz im Zusammenhang mit einem durch die beklagte Bank finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung. Hilfsweise begehrt er die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen sowie die Feststellung, dass der Beklagten aus den geschlossenen Darlehensverträgen keine Ansprüche mehr zustehen. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger, ein Pharmareferent, wurde im Dezember 1995 von einem Anlagevermittler geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in L. zu erwerben. Am 22.12.1995 unterzeichnete er einen entsprechenden Vermittlungsauftrag, eine Selbstauskunft zur Beantragung der Finanzierung des Objekts sowie eine Einzugsermächtigung, die noch keinen Zahlungsempfänger auswies. Noch am selben Tag gab der Kläger ein an die K. GmbH (im Folgenden: Geschäftsbesorgerin) gerichtetes notariell beurkundetes Angebot zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages ab. Zugleich erteilte er der Geschäftsbesorgerin eine umfassende Vollmacht, ihn bei der Vorbereitung, Durchführung und ggf. Rückabwicklung des Erwerbs zu vertreten. Unter anderem sollte die Geschäftsbesorgerin den Kaufvertrag, Darlehensverträge und alle für die Bestellung von Sicherheiten erforderlichen Verträge abschließen.

Mit Schreiben v. 23.12.1995 beantragte die Geschäftsbesorgerin bei der Beklagten unter Beifügung u. a. der Selbstauskunft, der Einzugsermächtigung, einer Lebensversicherungspolice in Kopie und einer "Notarbestätigung" die Finanzierung des Wohnungskaufs. Unter dem 27./28.12.1995 schloss sie im Namen des Klägers mit der Beklagten zwei Darlehensverträge über zusammen 160.454 DM. Mit notariellem Vertrag v. 28.12.1995 erwarb sie namens des Klägers die Eigentumswohnung, trat dessen Anspruch gegen die Beklagte auf Auszahlung des Darlehens bis zur Höhe des Kaufpreises an die Verkäuferin ab und wies die Beklagte in derselben Klausel an, die Valuta mit schuldbefreiender Wirkung an die Verkäuferin zu zahlen.

Die Darlehen wurden in der Folgezeit teils an die Verkäuferin direkt, teils auf ein von der Geschäftsbesorgerin für den Kläger bei der Beklagten eingerichtetes Erwerbersonderkonto ausgezahlt. Bis zum Jahre 2000 erbrachte der Kläger Zins- und Tilgungsleistungen i. H. v. insgesamt 62.677,55 DM.

Der Kläger nimmt die Beklagte in erster Linie wegen unterlassener Aufklärung auf Schadensersatz i. H. v. 66.150,94 DM nebst Zinsen sowie auf Freistellung von sämtlichen Darlehensverbindlichkeiten in Anspruch. Hilfsweise begehrt er die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung der Darlehensverträge Zug um Zug gegen Übertragung der Eigentumswohnung sowie die Feststellung, aus den Darlehensverträgen zu keinen Leistungen verpflichtet zu sein. Insoweit macht er geltend, der Geschäftsbesorgungsvertrag, die Vollmacht und die Darlehensverträge seien wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig. Die Kreditverträge hätten auch nicht unter Rechtsscheingesichtspunkten Wirksamkeit erlangt, insb. habe eine Duldungsvollmacht nicht vorgelegen. Die Beklagte tritt dem entgegen und rechnet in zweiter Instanz hilfsweise mit einem Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung der ausgereichten Darlehensvaluta auf.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG die Beklagte zur Zahlung von 32.046,52 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte an der Eigentumswohnung verurteilt und festgestellt, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen keine Ansprüche gegenüber dem Kläger mehr zustehen. Mit der vom Berufungsgericht nur beschränkt zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

A.

Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

1. Zwar hat das Berufungsgericht im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen die Zulassung der Revision auf die Fragen beschränkt, ob die mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Rechtsberatungsgesetz einhergehende Rückwirkung gerichtlicher Urteile hinzunehmen ist und ob Großbanken wie die Beklagte die Nichtigkeit der Treuhändervollmacht kennen mussten (§ 173 BGB). Diese Beschränkung der Zulassung ist aber unzulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des BGH nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Unzulässig ist es, die Zulassung auf Einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGH v. 3.6.1987 - IVa ZR 292/85, BGHZ 101, 276 [278] = MDR 1987, 917; v. 20.4.1990 - V ZR 282/88, BGHZ 111, 158 [166] = MDR 1990, 909; Urt. v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1371]; v. 23.9.2003 - XI ZR 135/02, BGHReport 2003, 1413 = MDR 2004, 105 = WM 2003, 2232; Urt. v. 4.6.2003 - VIII ZR 91/02, BGHReport 2003, 1165 = MDR 2003, 1248 = WM 2003, 2139 [2141]). Danach scheidet hier die Beschränkung der Zulassung auf Fragen zum Rechtsberatungsgesetz aus, da es sich insoweit nur um Vorfragen für den geltend gemachten Zahlungs- und Feststellungsanspruch handelt.

2. Bei einer unzulässigen Beschränkung der Revisionszulassung muss das angefochtene Urteil in vollem Umfang überprüft werden (BGH, Urt. v. 7.7.1983 - III ZR 119/82, MDR 1984, 207 = WM 1984, 279 [280]). An diesem Grundsatz ist auch nach der Änderung des Rechtsmittelrechts festzuhalten. Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (BGH, Urt. v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1371]; v. 23.9.2003 - XI ZR 135/02, BGHReport 2003, 1413 = MDR 2004, 105 = WM 2003, 2232 [2233]; Urt. v. 4.6.2003 - VIII ZR 91/02, BGHReport 2003, 1165 = MDR 2003, 1248 = WM 2003, 2139 [2141]; jeweils m. w. N.).

B.

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Der in erster Linie geltend gemachte Schadensersatzanspruch stehe dem Kläger nicht zu, weil er die Höhe des ihm angeblich entstandenen Schadens nicht schlüssig dargelegt habe. Der Kläger könne aber die Erstattung der auf die Darlehensverträge erbrachten Leistungen i. H. v. 32.046,52 EUR gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB verlangen, weil die Darlehensverträge unwirksam und die Leistungen auf diese Verträge mithin ohne Rechtsgrund erbracht worden seien. Die Geschäftsbesorgerin habe nämlich den Kläger nicht wirksam verpflichten können, weil die ihr erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Eine Rechtsscheinhaftung nach den §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 BGB komme nicht in Betracht, weil die Beklagte nicht vorgetragen habe, dass ihr bei Abschluss der Darlehensverträge eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vorgelegen habe. Auch die Grundsätze über die Duldungsvollmacht griffen zu Gunsten der Beklagten nicht ein. Aus der Übersendung der Selbstauskunft, einer Kopie der Lebensversicherungspolice, einer Einzugsermächtigung sowie der Notarbestätigung durch die Geschäftsbesorgerin habe die Beklagte nicht entnehmen dürfen, dass der Kläger das Auftreten der Geschäftsbesorgerin als seine Vertreterin erkannt und geduldet habe. Eine Genehmigung der von der Geschäftsbesorgerin als vollmachtlose Vertreterin geschlossenen Darlehensverträge scheide aus, weil der Kläger mit der Unwirksamkeit der Darlehensverträge nicht gerechnet habe. Die Beklagte müsse deshalb die vom Kläger erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zurückzahlen. Da die ausgezahlte Darlehensvaluta dem Kläger nicht zugeflossen sei, komme eine entsprechende Saldierung nicht in Betracht. Die hilfsweise erklärte Aufrechnung der Beklagten sei bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht zuzulassen. Auf Grund der Unwirksamkeit der Darlehensverträge sei auch das Feststellungsbegehren begründet.

II.

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

1. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers scheitert, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revisionserwiderung unbeanstandet angenommen hat, schon daran, dass der Kläger zur Schadenshöhe nicht hinreichend substanziiert vorgetragen hat.

2. Rechtlich nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Bereicherungsanspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB begründet hat.

a) Die der Geschäftsbesorgerin erteilte Vollmacht ist wegen Verstoßes des Geschäftsbesorgungsvertrages gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksam.

aa) Nach der neueren ständigen Rechtsprechung des BGH bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträger- oder Bauherrenmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener umfassender Geschäftsbesorgungsvertrag ist, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, nichtig (st. Rspr., vgl. BGH v. 28.9.2000 - IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265 [269 ff.] = MDR 2001, 178; zuletzt Urt. v. 18.11.2003 - XI ZR 332/02, MDR 2004, 591 = BGHReport 2004, 326 = WM 2004, 27 [30]; v. 2.12.2003 - XI ZR 53/02, BGHReport 2004, 601 = MDR 2004, 583 = WM 2004, 417 [421]; v. 2.12.2003 - XI ZR 421/02, MDR 2004, 522 = BGHReport 2004, 535 = WM 2004, 372 [374]; v. 2.3.2004 - XI ZR 267/02, Umdr. S. 6; v. 16.3.2004 - XI ZR 60/03, Umd. S. 6; v. 23.3.2004 - XI ZR 194/02, Umdr. S. 10; jeweils m. w. N.).

bb) Die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages erfasst auch die der Geschäftsbesorgerin erteilte umfassende Abschlussvollmacht, ohne dass es darauf ankommt, ob sie und das Grundgeschäft nach dem erkennbaren Willen der Vertragsparteien zu einem einheitlichen Rechtsgeschäft gem. § 139 BGB verbunden sind. Nur so kann das Ziel des Gesetzgebers, den Rechtsuchenden möglichst umfassend vor unsachgemäßer Rechtsbesorgung sowie deren häufig nachteiligen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen zu schützen, erreicht werden (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2001 - III ZR 182/00, MDR 2002, 23 = BGHReport 2002, 7 = WM 2001, 2260 [2261]; v. 10.3.2004 - IV ZR 143/03, Umdr. S. 9; Urt. v. 18.3.2003 - XI ZR 188/02, MDR 2003, 819 = BGHReport 2003, 747 = WM 2003, 918 [920]; v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709 = WM 2003, 1064 [1065]; v. 2.12.2003 - XI ZR 53/02, BGHReport 2004, 601 = MDR 2004, 583 = WM 2004, 417 [421]; v. 2.12.2003 - XI ZR 421/02, MDR 2004, 522 = BGHReport 2004, 535 = WM 2004, 372 [375]; v. 2.3.2004 - XI ZR 267/02, Umdr. S. 8; v. 16.3.2004 - XI ZR 60/03, Umdr. S. 6; v. 23.3.2004 - XI ZR 194/02, Umdr. S. 10).

cc) Die vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel, ob eine Rückwirkung der zum Rechtsberatungsgesetz ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auf weithin abgeschlossene Vorgänge verfassungskonform ist, teilt der erk. Senat nicht. Es liegt in der Natur der Sache, dass gerichtliche Entscheidungen, die die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts betreffen, als Akt wertender Erkenntnis auf einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt einwirken. Eine solche unechte Rückwirkung ist grundsätzlich rechtlich unbedenklich (BVerfG v. 14.1.1987 - 1 BvR 1052/79, BVerfGE 74, 129 [155]), zumal höchstrichterliche Urteile Gesetzen nicht gleichzustellen sind und keine damit vergleichbare Rechtsbindung erzeugen (BGH v. 29.2.1996 - IX ZR 153/95, BGHZ 132, 119 [129] = MDR 1996, 810). Abgesehen davon stellt das Urteil des III. Zivilsenats v. 11.10.2001 (BGH v. 11.10.2001 - III ZR 182/00, MDR 2002, 23 = BGHReport 2002, 7 = WM 2001, 2260) entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, sondern lediglich eine Fortentwicklung der Grundsatzentscheidung BGHZ 145, 265 ff. (BGH v. 28.9.2000 - IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265 = MDR 2001, 178) dar.

b) Die Vollmacht der Geschäftsbesorgerin ist auch nicht nach § 172 Abs. 1 BGB oder nach den allgemeinen Regeln über die Duldungsvollmacht ggü. der Beklagten als wirksam zu behandeln.

aa) Zwar kann sich eine Wirksamkeit der Abschlussvollmacht der Geschäftsbesorgerin und damit der streitgegenständlichen Darlehensverträge grundsätzlich aus § 172 Abs. 1 BGB ergeben. §§ 171 und 172 BGB sowie die allgemeinen Grundsätze über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht sind nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BGH auch dann anwendbar, wenn die umfassende Bevollmächtigung des Geschäftsbesorgers - wie hier - unmittelbar gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und gem. § 134 BGB nichtig ist (BGH, Urt. v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709 = WM 2003, 1064 [1065 f.]; Urt. v. 3.6.2003 - XI ZR 289/02, BGHReport 2003, 1077 = MDR 2003, 1244 = WM 2003, 1710 [1711]; Urt. v. 16.9.2003 - XI ZR 74/02, BGHReport 2004, 33 = BKR 2003, 942 [945]; Urt. v. 14.10.2003 - XI ZR 134/02, BGHReport 2004, 110 = WM 2003, 2328 [2333]; v. 2.12.2003 - XI ZR 53/02, BGHReport 2004, 601 = MDR 2004, 583 = WM 2004, 417 [421]; Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 60/03, Umdr. S. 7; Urt. v. 23.3.2004 - XI ZR 194/02, Umdr. S. 11; Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 33/03, BGHReport 2004, 108 = MDR 2004, 222 = WM 2003, 2375 [2379]). Die Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 BGB liegen hier aber nicht vor:

Die Anwendung des § 172 Abs. 1 BGB erfordert, dass der Beklagten spätestens bei Abschluss der Darlehensverträge eine Ausfertigung der die Geschäftsbesorgerin als Vertreterin des Klägers ausweisenden notariellen Vollmachtsurkunde vorlag (vgl. BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60 [63] = MDR 1988, 124; s. zuletzt die Nachweise in den Senatsurteilen Urt. v. 2.12.2003 - XI ZR 53/02, BGHReport 2004, 601 = MDR 2004, 583 = WM 2004, 417 [421]; v. 16.3.2004 - XI ZR 60/03, Umdr. S. 10 f.). Das ist nicht der Fall. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagten vor Abschluss der Darlehensverträge am 27./28.12.1995 nur eine "Notarbestätigung", nicht aber eine notarielle Ausfertigung vorgelegen.

bb) Allerdings kann eine nicht wirksam erteilte Vollmacht über §§ 171 und 172 BGB hinaus aus allgemeinen Rechtsscheingesichtspunkten dem Geschäftspartner ggü. als wirksam zu behandeln sein (vgl. BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60 [62, 64 ff.] = MDR 1988, 124; Urt. v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709 = WM 2003, 1064 [1066]). Das ist der Fall, wenn das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände als an die Vollmachtsurkunde anknüpft und nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint (BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60, 62 [64] = MDR 1988, 124; Urt. v. 22.10.1996 - XI ZR 249/95, MDR 1997, 228 = WM 1996, 2230 [2232]; v. 14.5.2002 - XI ZR 155/01, BGHReport 2002, 639 = MDR 2002, 1133 = WM 2002, 1273 [1274 f.]; Urt. v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709 = WM 2003, 1064 [1066]; v. 2.3.2004 - XI ZR 267/02, Umdr. S. 10). In Betracht kommen dabei ausschließlich bei oder vor Vertragsschluss vorliegende Umstände. Denn eine Duldungsvollmacht ist nur gegeben, wenn der Vertretene es - in der Regel über einen längeren Zeitraum - wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn ohne eine Bevollmächtigung als Vertreter auftritt, und der Vertragspartner dieses bewusste Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (st. Rspr., s. etwa BGH, Urt. v. 10.3.1953 - I ZR 76/52, LM § 167 BGB Nr. 4; v. 15.12.1955 - II ZR 181/54, WM 1956, 154 [155]; v. 9.11.1989 - VII ZR 200/88, MDR 1990, 534 = WM 1990, 481 [482]; v. 13.5.1992 - IV ZR 79/91, VersR 1992, 989 [990]; Urt. v. 14.5.2002 - XI ZR 155/01, BGHReport 2002, 639 = MDR 2002, 1133 = WM 2002, 1273 [1274 f.]; Urt. v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709 = WM 2003, 1064 [1066]; v. 2.3.2004 - XI ZR 267/02, Umdr. S. 10).

So ist es hier aber - wie vom Berufungsgericht zutreffend dargelegt - nicht.

(1) Die vom Kläger unterzeichnete Selbstauskunft und die von ihm erteilte Einzugsermächtigung vermögen das Vorliegen einer Duldungsvollmacht nicht zu begründen. Dies ergibt sich hier bereits aus dem zeitlichen Ablauf:

Selbstauskunft und Einzugsermächtigung wurden am 22.12.1995 ggü. dem Vermittler erteilt. Erst im Anschluss daran hat der Kläger das notarielle Angebot auf Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages nebst Erteilung einer Vollmacht abgegeben. Die Beklagte, der diese zeitlichen Abläufe nach den Feststellungen des Berufungsurteils bekannt waren, konnte nicht schon die Erteilung der Selbstauskunft und einer Einzugsermächtigung gegenüber dem Vermittler als Bevollmächtigung der Geschäftsbesorgerin werten, da sie wusste, dass eine Vollmachtserteilung in notarieller Form erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollte.

Darüber hinaus kann auch aus dem Inhalt der von dem Kläger am 22.12.1995 ggü. dem Vermittler abgegebenen Erklärungen, die keinen Bezug zu der späteren Geschäftsbesorgerin erkennen lassen, nicht auf eine Duldungsvollmacht zum Abschluss von Darlehensverträgen geschlossen werden. Wie vom Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, dient die Erteilung einer Selbstauskunft lediglich der Vorprüfung, ob jemand überhaupt als kreditwürdig erscheint und als Darlehensnehmer in Betracht kommt, mithin der Vorbereitung, nicht aber dem Abschluss eines Darlehensvertrages. Gleiches gilt für die Vorlage der Kopie einer Lebensversicherungspolice. Die Erteilung einer Einzugsermächtigung, in der der Einzugsberechtigte noch nicht erwähnt ist, betrifft nur die technische Abwicklung eines noch zu schließenden Darlehensvertrages und lässt nicht den Schluss zu, deren Inhaber sei ohne jede Einschränkung und Bindung an den Willen des Vertretenen zum beliebigen Abschluss von Darlehensverträgen gleich mit wem und in welcher Höhe bevollmächtigt.

Schließlich ist nicht dargetan, dass der Kläger in den fünf Tagen zwischen notarieller Vollmachtserteilung und Abschluss der Darlehensverträge von irgendeinem Vertreterhandeln der Geschäftsbesorgerin auch nur erfahren, geschweige denn ein solches über einen gewissen Zeitraum geduldet hätte. Vielmehr handelt es sich bei den von der Geschäftsbesorgerin geschlossenen Finanzierungsverträgen um das "Erstgeschäft", dem kein tatsächliches Vertreterhandeln vorausgegangen war.

(2) Für eine Haftung des Klägers aus wissentlich veranlasstem Rechtsschein kann auch nicht auf die der Beklagten von der Geschäftsbesorgerin übersandte "Notarbestätigung" abgestellt werden. Diese Bestätigung über die Abgabe des notariellen Angebots auf Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages nebst Erteilung der Vollmacht ist inhaltlich weitgehend nichts sagend. Aus ihr ergeben sich weder die Person des Geschäftsbesorgers noch Umfang und Grenzen von dessen Bevollmächtigung, die im Geschäftsbesorgungsvertrag auf zwei eng bedruckten Seiten ausführlich dargestellt sind. Damit kann eine "Notarbestätigung" die Vorlage der beurkundeten Vollmacht in Ausfertigung nicht ersetzen. Dieses Ergebnis steht - entgegen nicht näher ausgeführten Behauptungen der Revision - nicht im Widerspruch zu der Entscheidung BGHZ 102, 60 (65) (BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60 [65] = MDR 1988, 124)die einen anderen Lebenssachverhalt betraf und der eine vergleichbare "Notarbestätigung" nicht zu Grunde lag.

cc) Da nach alledem Rechtsscheingesichtspunkte nicht zum Tragen kommen, ist die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob Großbanken wie die Beklagte die Nichtigkeit der Treuhändervollmacht erkennen mussten (§ 173 BGB), nicht entscheidungserheblich.

c) Die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Darlehensverträge v. 27./28.12.1995 seien auch nicht durch eine Genehmigung des Klägers (§ 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1 BGB) nachträglich wirksam geworden, sind ebenfalls nicht zu beanstanden. In Betracht kommt allenfalls eine Genehmigung durch konkludentes Verhalten, indem der Kläger über mehrere Jahre hinweg Zins- und Tilgungsleistungen auf die Darlehen erbracht hat. Eine Genehmigung schwebend unwirksamer Geschäfte durch schlüssiges Verhalten setzt jedoch regelmäßig voraus, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich zu machen (BGH, Urt. v. 22.10.1996 - XI ZR 249/95, MDR 1997, 228 = WM 1996, 2230 [2232]; Urt. v. 14.5.2002 - XI ZR 155/01, BGHReport 2002, 639 = MDR 2002, 1133 = WM 2002, 1273 [1275]; Urt. v. 29.4.2003 - XI ZR 201/02, WM 2004, 21 [24]; Urt. v. 16.9.2003 - XI ZR 74/02, BGHReport 2004, 33 = BKR 2003, 942 ]944]; Urt. v. 2.12.2003 - XI ZR 421/02, MDR 2004, 522 = BGHReport 2004, 535 = WM 2004, 373 [375]). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor; alle Beteiligten gingen von der Wirksamkeit der erteilten Vollmacht und somit auch der Darlehensverträge aus.

d) Da die Darlehensverträge nach alledem unwirksam sind, steht dem Kläger gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der rechtsgrundlos auf die Darlehensverträge erbrachten Leistungen i. H. v. 32.046,42 EUR zu.

aa) Der von der Beklagten auf das Erwerbersonderkonto ausgezahlte Teil der Darlehensvaluta ist nicht zu berücksichtigen, weil dieses Konto mangels wirksamer Vollmacht der Geschäftsbesorgerin für den Kläger nicht wirksam eingerichtet worden ist und dieser das Geld niemals erhalten hat. Die Darlehenssumme ist auf Grund der - unwirksamen - Anweisungen der Geschäftsbesorgerin nicht an den Kläger, sondern letztlich an andere Beteiligte ausgezahlt worden. Nur diese Zuwendungsempfänger kann die Beklagte auf Rückerstattung der Darlehensvaluta in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urt. v. 20.3.2001 - XI ZR 157/00, BGHZ 147, 145 [150 f.] = MDR 2001, 703 = BGHReport 2001, 467; Urt. v. 5.11.2002 - XI ZR 381/01, BGHZ 152, 307 [311 f.] = MDR 2003, 328 = BGHReport 2003, 189; Urt. v. 14.5.2002 - XI ZR 148/01, Umdr. S. 13; Urt. v. 3.2.2004 - XI ZR 125/03, BGHReport 2004, 755 = WM 2004, 671 [672]; und Urt. v. 30.3.2004 - XI ZR 145/03, Umdr. S. 7).

bb) Nichts anderes gilt für den von der Beklagten direkt an die Verkäuferin überwiesenen Teil der Darlehensvaluta. Dabei kann dahinstehen, ob im Falle einer wirksamen Weisung im notariellen Kaufvertrag die Beklagte die an die Verkäuferin ausgezahlte Darlehensvaluta von dem Kläger kondizieren könnte, oder ob sie sich auf Grund des infolge der Unwirksamkeit der Darlehensverträge nicht bestehenden Deckungsverhältnisses unmittelbar an die Verkäuferin halten müsste (vgl. BGH v. 2.11.1988 - IVb ZR 102/87, BGHZ 105, 365 [373] = MDR 1989, 239). Das Berufungsgericht ist nämlich in Auslegung des ersichtlich formularmäßigen notariellen Kaufvertrages zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auszahlungsanweisung unter dem Vorbehalt der - hier nicht gegebenen - wirksamen Abtretung eines ggü. der Beklagten bestehenden Darlehensauszahlungsanspruches stand.

Der Wortlaut der Vertragsklausel - die Abtretung und die Auszahlungsanweisung sind gemeinsam unter einem Gliederungspunkt verbunden mit einem "und" geregelt - spricht eindeutig dafür, dass die Anweisung zur Auszahlung an die Verkäuferin nur für den Fall der Wirksamkeit der Abtretung des Darlehensauszahlungsanspruchs gelten sollte. Dies entspricht auch dem Grundsatz beiderseits interessengerechter Interpretation (vgl. BGH v. 26.11.1999 - V ZR 432/98, BGHZ 143, 175 [178] = MDR 2000, 384; Urt. v. 9.7.2001 - II ZR 228/99, MDR 2001, 1254 = BGHReport 2001, 621 = WM 2001, 1525). Für die Verkäuferin erkennbar konnte und wollte sich der Kläger ihr ggü. nur dazu verpflichten, die Beklagte auf Grund eines wirksamen Darlehensverhältnisses zu Zahlungen anzuweisen. Weder war es zwischen den Vertragsparteien beabsichtigt, noch war es dem Kläger rechtlich möglich, die Beklagte auf Grund des hier nichtigen Darlehensvertrages zu irgendwelchen Zahlungen an die Verkäuferin anzuweisen.

Ohne eine gültige Anweisung kann die Zahlung der Beklagten an die Verkäuferin aber dem Kläger nicht als seine Leistung zugerechnet werden. Der bereicherungsrechtliche Ausgleich zwischen der Beklagten als Angewiesenen und der Verkäuferin als Zuwendungsempfängerin ist nach den Regeln der Nichtleistungskondiktion vorzunehmen (vgl. BGH v. 20.6.1990 - XII ZR 98/89, BGHZ 111, 382 [386] = MDR 1990, 1110; Urt. v. 20.3.2001 - XI ZR 157/00, BGHZ 147, 145 [149] = MDR 2001, 703 = BGHReport 2001, 467; v. 5.11.2002 - XI ZR 381/01, BGHZ 152, 307 [311] = MDR 2003, 328 = BGHReport 2003, 189; v. 3.2.2004 - XI ZR 125/03, BGHReport 2004, 755 = WM 2004, 671 [672]; v. 30.3.2004 - XI ZR 145/03, Umdr. S. 7).

Mit dieser Rechtsprechung weicht der erk. Senat nicht von Entscheidungen eines anderen Zivilsenats des BGH ab. Den Urteilen des IVb. Zivilsenats v. 2.11.1988 (BGH v. 2.11.1988 - IVb ZR 102/87, BGHZ 105, 365 = MDR 1989, 239) und des XII. Zivilsenats v. 10.3.1993 (BGH v. 10.3.1993 - XII ZR 253/91, BGHZ 122, 46 = MDR 1993, 624), denen zufolge bei Zahlungen des Scheinschuldners an den Zessionar der Scheinforderung der Scheinschuldner einen Bereicherungsanspruch gegen den Zedenten hat, lag eine andere Fallgestaltung zu Grunde. In jenen Fällen resultierte der abgetretene Scheinanspruch aus einem Versicherungsvertrag zwischen Zedentem und Leistendem, mithin aus einem grundsätzlich intakten Deckungsverhältnis. Hier hingegen bestand zwischen dem Kläger als Zedenten und der angewiesenen Bank auf Grund der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages kein Deckungsverhältnis, aus dem Ansprüche hätten abgetreten werden können (vgl. BGH v. 2.11.1988 - IVb ZR 102/87, BGHZ 105, 365 [373] = MDR 1989, 239).

cc) Da der Beklagten nach alledem keine Bereicherungsansprüche gegen den Kläger zustehen, kommt es auf die von der Revision angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts zur Unzulässigkeit der hilfsweise geltend gemachten Aufrechnung nicht an.

3. Infolge der Unwirksamkeit der Darlehensverträge ist auch der Feststellungsantrag des Klägers, aus diesen Verträgen zu keinen Leistungen verpflichtet zu sein, begründet.

III.

Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1162575

DStZ 2004, 503

BGHR 2004, 1165

DNotI-Report 2004, 114

EWiR 2005, 61

JurBüro 2004, 677

WM 2004, 1230

WuB 2004, 687

WuB 2004, 717

ZIP 2004, 1492

ZfIR 2004, 518

DNotZ 2004, 787

MDR 2004, 1011

BKR 2004, 447

RÜ 2004, 399

ZBB 2004, 317

JWO-VerbrR 2004, 193

LL 2004, 728

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