Verfahrensgang

OLG München

 

Tatbestand

Aufgrund eines Maklervertrages vom 20. Mai 1994 wies die Beklagte der Klägerin ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück in D. zum Kauf nach. Den Parteien war bekannt, daß das Grundstück mit Grundpfandrechten von nominell 460.586,05 DM belastet war und zur Zwangsversteigerung anstand. Die Klägerin kaufte daraufhin durch Vertrag vom 23. Juni 1994 das Grundstück zum Preise von 400.000 DM. Die Verkäufer verpflichteten sich, das Grundstück von sämtlichen auf ihm lastenden Grundpfandrechten, die in dem Vertrag im einzelnen bezeichnet werden, sowie von dem Zwangsversteigerungsvermerk freizustellen. Zugunsten der Klägerin wurde ein bis zum 30. November 1994 befristetes Rücktrittsrecht vereinbart, das unter anderem für den Fall galt, daß die Freigabe des Kaufpreises durch den Notar von einem Sperrkonto deshalb scheitern sollte, weil die Gläubiger die Lastenfreistellung des Grundstücks nicht erklärten. Die Freistellung des Grundstückes hatte bis spätestens zum 30. September 1994 zu erfolgen.

Die Klägerin leistete an die Beklagte die vereinbarte Maklerprovision von 13.800 DM. Mit Schreiben vom 14. Oktober 1994 erklärte sie jedoch den Rücktritt vom Kaufvertrag, da es den Verkäufern nicht gelungen war, die Lastenfreistellung rechtzeitig zu erwirken.

Die Klägerin verlangt nunmehr von der Beklagten Rückzahlung der Maklerprovision. Die Vorinstanzen haben die Beklagte insoweit antragsgemäß verurteilt. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Allerdings weist die Revision im Ansatz zutreffen darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Rücktritt des Auftraggebers/Maklerkunden von dem abgeschlossenen Hauptvertrag den Provisionsanspruch des Maklers grundsätzlich unberührt läßt. § 652 BGB macht die Entstehung des Provisionsanspruchs nur vom Zustandekommen des Hauptvertrages, nicht - wie § 87 a Abs. 1 Satz 1 HGB - von der Ausführung des Geschäfts abhängig. "Hauptvertrag" in diesem Sinne war hier der notarielle Vertrag vom 23. Juni 1994. Dafür ist es - entgegen den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung - ohne Bedeutung, daß sich die Beklagte in der schriftlichen "Provisions-Bestätigung" vom 20. Mai 1994 verpflichtet hatte, beim Erwerb eines der nachgewiesenen Objekte eine Maklerprovision zu zahlen. Der Begriff "Erwerb" bezeichnet in diesem Zusammenhang nicht etwa den dinglichen Vollzug des Kaufvertrages, nämlich Auflassung und Grundbucheintragung, sondern den schuldrechtlichen Kaufvertrag selbst. Dies hat auch die Klägerin selbst so gesehen; denn sie hat die Maklerprovision bereits nach Zustandekommen des Kaufvertrages, noch vor dem Eigentumserwerb, entrichtet. Demgemäß schließen Umstände, die das wirksame Zustandekommen dieses Kaufvertrages als des Hauptvertrages verhindern oder ihn als von Anfang an unwirksam erscheinen lassen, die Entstehung des Provisionsanspruchs aus. Umstände dagegen, die lediglich die Leistungspflicht aus dem wirksam zustande gekommenen Vertrag beseitigen - wie einverständliche Aufhebung des Vertrages, nachträgliche Unmöglichkeit, Kündigung -, lassen die Provisionspflicht unberührt. Auch der Rücktritt vom Vertrag macht den Vertragsschluß nicht ungeschehen, sondern hebt nur die vertragliche Leistungspflicht auf. Er hat deshalb grundsätzlich auf die Provisionspflicht keinen Einfluß. Die Rechtsprechung hat von dieser Regel für den Fall eine Ausnahme gemacht, daß sich eine Partei im Hauptvertrag ein zeitlich befristetes, aber sonst an keine Voraussetzung gebundenes Rücktrittsrecht ausbedungen hat. In einem solchen Fall entsteht die Provisionspflicht erst dann, wenn die Frist abgelaufen ist, ohne daß die rücktrittsberechtigte Partei ihr Recht ausgeübt hat. Diese Ausnahme wird durch die Überlegung gerechtfertigt, daß in einem solchen Fall eine echte vertragliche Bindung erst in dem Zeitpunkt begründet wird, in dem der Rücktrittsberechtigte sein Rücktrittsrecht nicht mehr ausüben kann. Dieser Fall ist deshalb ebenso zu behandeln wie der, in dem ein Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen wird. Hingegen muß es in anderen Fällen bei der aus dem Gesetz abgeleiteten Regel verbleiben, so insbesondere bei der Ausübung eines gesetzlichen, eines dem gesetzlichen nachgebildeten oder eines von bestimmten sachlichen Voraussetzungen abhängig gemachten vertraglichen Rücktrittsrechts (BGH, Urteil vom 6. März 1991 - IV ZR 53/90 = BGHR BGB § 652 Abs. 1 Satz 1 Rücktritt 1 = NJW-RR 1991, 820; Urteil vom 11. November 1992 - IV ZR 218/91 = NJW-RR 1993, 248 f; zusammenfassend Dehner, NJW 1997, 18, 21/22).

2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der im vorliegenden Fall vereinbarte Rücktrittsvorbehalt habe einer aufschiebenden Bedingung im vorbezeichneten Sinne gleichgestanden. Der Revision ist zuzugeben, daß die hierfür angeführten Gründe des Berufungsurteils auf Bedenken stoßen. Die beiden in diesem Zusammenhang vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteile des Bundesgerichtshofs vom 21. April 1971 (IV ZR 66/69 = WM 1971, 905) und vom 10. November 1976 (IV ZR 129/75 = WM 1977, 21) hatten jeweils Fälle betroffen, in denen dem Makler die Provision nur für den Nachweis von Baugelände versprochen worden war, die Bebauungsfähigkeit des nachgewiesenen Grundstücks jedoch nicht hergestellt werden konnte. Wird in einem solchen Fall ein Rücktrittsrecht von der Bebauungsfähigkeit des gekauften Grundstücks abhängig gemacht, so mag ein solcher Rücktrittsvorbehalt der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung gleichkommen, mit der Folge, daß die Maklerprovision erst dann verdient ist, wenn die Bebaubarkeit feststeht oder jedenfalls mit einem Rücktritt nicht mehr zu rechnen ist. Im vorliegenden Fall war der Rücktritt indessen davon abhängig gewesen, daß die Freistellung des Grundstücks von den Belastungen nicht erwirkt werden konnte. Dies aber war wiederum eine Vertragspflicht, die den Verkäufern gegenüber der Klägerin oblag. Im Ergebnis bedeutet dies, daß der Rücktritt die Sanktion dafür war, daß die Verkäufer ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin nicht erfüllt hatten. Ob unter diesen Umständen der Rücktrittsvorbehalt einer aufschiebenden Bedingung im Sinne des § 652 Abs. 1 Satz 2 BGB gleichzustellen ist, wie das Berufungsgericht meint, erscheint fraglich, braucht aber im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden.

3. Denn die Beklagte ist nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Falles zu Recht zur Rückzahlung der Provision verurteilt worden. Die vorstehend dargelegten Rechtsprechungsgrundsätze, an denen der Senat festhält, lassen nämlich gleichwohl Raum für solche Modifizierungen, die auf dem vertraglichen Konsens der Parteien des Maklervertrages beruhen. Das Berufungsgericht hat deshalb zu Recht angenommen, daß der Maklervertrag einer - sei es auch ergänzenden - Auslegung dahin fähig ist, daß er den Makler zur Rückzahlung der Provision verpflichtet, wenn der wirtschaftliche Zweck des Hauptvertrages verfehlt wird, auch ohne daß die Voraussetzungen für einen "gesetzlichen" Wegfall des Provisionsanspruchs eintreten. Insoweit bedarf es indessen jeweils einer auf die Besonderheiten des Einzelfalls abgestellten Prüfung, deren Ergebnisse unterschiedlich ausfallen können und sich nicht verallgemeinern lassen. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß beiden Parteien des Maklervertrages die gespannte finanzielle Lage der Verkäufer und der Umstand, daß das Grundstück zur Zwangsversteigerung anstand, bekannt waren. Ebenso war ihnen bewußt, daß der Kaufpreis wahrscheinlich nicht ausreichen werde, um die Belastungen abzulösen. Unter diesen Umständen war das Risiko eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Kaufvertrages mit der Folge, daß die von der Klägerin an die Beklagte entrichtete Maklerprovision völlig nutzlos aufgewendet sein werde, handgreiflich. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage in tatrichterlicher Würdigung der Gesamtumstände angenommen hat, die Beklagte habe nach Treu und Glauben nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen dürfen, die Maklerprovision endgültig vereinnahmen zu können, sie habe sich vielmehr redlicherweise auf das Ansinnen der Klägerin einlassen müssen, ihr für den Fall, daß sich dieses offen zutage liegende Risiko verwirklichte, die Maklerprovision zurückzuerstatten, so ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993460

BB 1997, 1014

NJW 1997, 1583

BGHR BGB § 652 Abs. 1 S. 1 Provisionsanspruch 1

BGHR BGB § 652 Abs. 1 S. 1 Rücktritt 3

DRsp I(138)842c

WM 1997, 1303

JZ 1997, 1119

JuS 1997, 753

VersR 1997, 1233

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge