Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die persönlich haftende Gesellschafterin und die von ihr vertretenen Gesellschafter einer Publikums-Kommanditgesellschaft beim Abschluß von Aufnahmeverträgen Erklärungen des Beitrittswilligen gegenüber den Kapitalanlagevermittlern gegen sich gelten lassen müssen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Publikums-Kommanditgesellschaft. Nach § 6 des Gesellschaftsvertrages sind ihre persönlich haftenden Gesellschafter ermächtigt, „Kommanditisten durch Abschluß entsprechender Verträge aufzunehmen”. Am 27. Oktober 1980 führten der Kaufmann H und sein Angestellter F mit dem Beklagten und einem Herrn F ein Werbegespräch. Dabei unterzeichnete der Beklagte, der damals, wie er auch zum Ausdruck brachte, nur 20.000 DM zur Verfügung hatte, zunächst ein Beitrittsformular über 100.000 DM, in dem zu der Erklärung „Die Einlage leiste ich wie folgt” lediglich vermerkt wurde: „Wird finanziert”. Nach weiteren Verhandlungen unterzeichnete er eine zweite Beitrittserklärung. Sie lautet auf 400.000 DM und trägt den Vermerk: „Bis 31. Dezember 1981”.

Die Klägerin nimmt den Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit aus dieser zweiten Beitrittserklärung auf einen Teilbetrag von 100.000 DM in Anspruch. Der Beklagte wendet ein, er sei der Klägerin, wie mit H abgesprochen, nur unter der aufschiebenden Bedingung beigetreten, daß – von 20.000 DM abgesehen – die Finanzierung seiner gesamten Einlagen durch ein Kreditinstitut gelingen werde.

Im Urkundenprozeß ist der Beklagte verurteilt worden, 100.000 DM an die Klägerin zu zahlen. Im Nachverfahren hat das Landgericht die Klage abgewiesen und das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin den Antrag weiter, das Vorbehaltsurteil unter Wegfall des Vorbehalts aufrechtzuerhalten.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hält den Anspruch der Klägerin für unbegründet, weil der Beitrittsvertrag mit dem Beklagten nur unter der aufschiebenden Bedingung einer 100 %igen Finanzierung seiner Einlageverpflichtung zustande gekommen und diese Bedingung nicht eingetreten sei.

Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

1. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte seine Zahlungsverpflichtung und damit seinen Beitritt unter den „Vorbehalt voller Finanzierung” gestellt. Allerdings hat dieser Vorbehalt in dem schriftlichen Beitrittsvertrag keinen Ausdruck gefunden. Er wurde nur mündlich erklärt und auch nicht unmittelbar gegenüber der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin, die die Beitrittserklärung aufgrund der ihr erteilten Ermächtigung im Namen aller Gesellschafter angenommen hat, sondern nur gegenüber dem Inhaber der mit dem Vertrieb der Kommanditeinlagen beauftragten Firma G, dem Zeugen H. Entgegen der Auffassung der Revision steht dies jedoch bei den hier gegebenen Verhältnissen der Annahme eines aufschiebend bedingten Beitritts nicht entgegen. Die Kenntnis des Zeugen H, daß der Beklagte seinen Beitritt von der vollen Finanzierung seiner Einlageverpflichtung abhängig machte, ist der persönlich haftenden Gesellschafterin und damit den übrigen Gesellschaftern der Klägerin zuzurechnen.

a) Die persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin war nach § 6 des Gesellschaftsvertrages ermächtigt, weitere Kommanditisten aufzunehmen. Sie hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und sich zur Beschaffung des notwendigen Eigenkapitals des Vertriebs- und Vermittlungsunternehmens G bedient. Hierbei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, welches Rechtsverhältnis zwischen ihnen bestanden hat. Die G und H hatten zwar keine Abschlußvollmacht; ihre Tätigkeit war auf die Vermittlung der Beitrittsverträge beschränkt. Sie waren aber ermächtigt, Beitrittsangebote der an einer Kapitalanlage Interessierten entgegenzunehmen. Das Berufungsgericht stellt darüber hinaus unangefochten fest, daß H „als Inhaber der von der Klägerin vertriebsbeauftragten Firma G … bei der Anwerbung von Kommanditanteilen in enger organisatorischer Verbindung mit der Klägerin” stand, „so daß der Beklagte nach Sachlage von der Maßgeblichkeit seiner gegenüber Hartwig abgegebenen Erklärung für und gegen die Klägerin ausgehen durfte”.

Die Revision rügt allerdings zu Recht, daß das Berufungsgericht, soweit es auf die Beziehungen zwischen der Klägerin und der G (sowie H) abstellt, rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, der Aufnahmevertrag sei zwischen den neu Beitretenden und der Klägerin zustande gekommen. Die Gesellschafterstellung kann nur durch einen Aufnahmevertrag zwischen dem Beitretenden und den der Gesellschaft bereits angehörenden Gesellschaftern erlangt werden. Dementsprechend hat die persönlich haftende Gesellschafterin auch die Beitrittserklärungen des Beklagten „im Namen aller Gesellschafter angenommen”. Aus den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts und dem Vorbringen der Parteien ergibt sich jedoch, daß die getroffenen Feststellungen auch unmittelbar auf die persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin zu beziehen sind. Diese hat das Vertriebssystem mit der G und H als Ansprechpartner der Einlageinteressenten auch in Erfüllung ihrer Verpflichtung gegenüber den Mitgesellschaftern aufgezogen und die Aufnahmeverträge – zugleich für ihre Mitgesellschafter – abgeschlossen.

b) Hiernach hatten die GOW und Hartwig gegenüber der persönlich haftenden Gesellschafterin die Stellung eines Vermittlers der Kommanditeinlagen und waren von ihr ermächtigt, Beitrittserklärungen entgegenzunehmen. Sie hatten dementsprechend von ihr auch die gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Beitrittsformulare erhalten und bereiteten diese unterschriftsreif vor. Überdies war in den Beitrittserklärungen selbst ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß „Vertriebsbeauftragte” tätig sind. Es heißt dort unter anderem: „Es ist mir bekannt, daß der Vertriebsbeauftragte ausschließlich aufgrund des ihm von der Kommanditgesellschaft erteilten Auftrages handelt und daher von dieser die dafür vereinbarte Vergütung erhält.”

Unter diesen Umständen erscheint es ausgeschlossen, die G und H – wie die Revision meint – als Erklärungsboten des Beklagten anzusehen und diesem das Risiko aufzuerlegen, wenn die seinem Aufnahmegesuch beigefügte aufschiebende Bedingung nicht der den Vertrag schließenden persönlich haftenden Gesellschafterin mitgeteilt wurde. Bei der gegebenen Sachlage durfte der Beklagte vielmehr darauf vertrauen, daß die G und H für die persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin tätig wurden und seine Erklärungen für diese entgegennahmen. Sie sind demgemäß als deren Empfangsboten anzusehen, so daß die Erklärungen des Beklagten gegenüber H als ihr gegenüber abgegeben zu gelten haben. Die persönlich haftende Gesellschafterin hat damit die Gefahr einer unrichtigen Übermittlung zu tragen. Es stünde auch mit der engen Zusammenarbeit zwischen der persönlich haftenden Gesellschafterin und dem Vertriebsbeauftragten in Widerspruch, wenn H zwar für die schriftlichen Beitrittsangebote als ihr Empfangsbote, für mündliche Einschränkungen und Ergänzungen dagegen als Erklärungsbote des Beitrittswilligen anzusehen wäre.

§ 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages steht dieser Würdigung nicht entgegen. Der Revision kann insbesondere nicht in der Auffassung gefolgt werden, daß aus der auf die persönlich haftende Gesellschafterin beschränkten Ermächtigung folge, Erklärungen und Handlungen Dritter könnten den übrigen Gesellschaftern der Klägerin nicht zugerechnet werden. Schon angesichts des Umfanges des zu beschaffenden Kommanditkapitals muß angenommen werden, daß die persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt sein sollte, Dritte beim Vertrieb der Kommanditeinlagen einzuschalten und insbesondere Kapitalanlagevermittlungsunternehmen damit zu betrauen. Dies hat auch – wie dargelegt – in der formularmäßigen Beitrittserklärung selbst Ausdruck gefunden. Dann aber geht es auch zu ihren Lasten, wenn der Vermittler es unterläßt, ihm gegenüber abgegebene Erklärungen weiterzuleiten.

c) Nach § 24 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages bedurften allerdings „Znderungen und Ergänzungen … zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform”. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, auch Beitrittsangebote müßten vollen Umfanges schriftlich niedergelegt sein, wenn sie Vertragsinhalt werden sollten; denn nach dem Sinn und Zweck dieser Schriftformklausel werden davon nur Znderungen und Ergänzungen des Gesellschaftsvertrages selbst erfaßt, nicht aber Verträge, durch die die Gesellschafterstellung erst begründet werden soll (vgl. auch Sen.Urt. v. 6.12.1982 – II ZR 70/82, WM 1983, 118, 120 unter I 3).

d) Gilt danach auch das Beitrittsangebot des Beklagten über 400.000 DM als der persönlich haftenden Gesellschafterin mit der aufschiebenden Bedingung zugegangen, daß es nur im Falle der vollständigen Finanzierung wirksam werden sollte, ist mit der Annahme dieses Angebots nur ein aufschiebend bedingter Beitrittsvertrag zustandegekommen.

2. Hilfsweise beruft sich die Revision auf die Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe am 9. Dezember 1981 erklärt, er wolle, obwohl die Finanzierung durch die Reuschel-Bank nicht zustande gekommen sei, seine Beteiligung aufrechterhalten und sich selbst um eine Finanzierung durch die Bayerische Landesbank bemühen. In dieser Erklärung allein konnte jedoch noch kein Verzicht auf den Eintritt der aufschiebenden Bedingung erblickt werden.

Die Revision verweist weiter auf die fernmündliche Erklärung des Beklagten vom 25. Januar 1982, er wolle 100.000 DM der Beteiligung behalten und innerhalb vier Wochen einzahlen, die restlichen 400.000 DM dagegen zur Veräußerung an Dritte freigeben. Damit hätte der Beklagte jedoch allenfalls auf eine Finanzierung der zuerst gezeichneten 100.000 DM verzichtet, während er sich von den restlichen 400.000 DM, die in Höhe von 100.000 DM den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bilden, gerade trennen wollte.

Das Berufungsurteil läßt auch keinen Rechtsfehler erkennen, soweit dort ausgeführt ist, die Teilnahme des Beklagten an der Gesellschafterversammlung im Dezember 1982 und an der schriftlichen Abstimmung im Januar 1983 habe keinen Verzicht auf die aufschiebende Bedingung zum Ausdruck gebracht. Machte die Klägerin geltend, daß der Beklagte Gesellschafter sei, dann durfte er vorsorglich auch mitstimmen.

3. Unter dem 27. April 1983 hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin namens einer M Management GmbH dem Beklagten zur Finanzierung seines Beitritts ein Darlehen in Höhe von 400.000 DM angeboten. Das Berufungsgericht meint, der Beklagte habe dieses Angebot nicht mehr anzunehmen brauchen, weil sich aus dem Vermerk in der Beitrittserklärung „Bis 31. Dezember 1981” ergebe, daß die Finanzierung bis zu diesem Tage hätte erfolgt sein müssen. Der Revision ist einzuräumen, daß diese Frist durch die Erklärung des Beklagten vom 9. Dezember 1981, sich selbst bei der Bayerischen Landesbank um die Finanzierung bemühen zu wollen, verlängert worden sein könnte. Ob sie dann wenigstens mit dem Anruf des Beklagten am 25. Januar 1982 geendet hätte, mag ebenfalls zweifelhaft sein. Möglicherweise wäre der Beklagte mit Rücksicht auf sein vorheriges Verhalten verpflichtet gewesen, der M GmbH eine gewisse Nachfrist für erneute Finanzierungsbemühungen einzuräumen. Dem Berufungsgericht ist aber jedenfalls darin zuzustimmen, daß dem Beklagten nicht zuzumuten war, den Schwebezustand noch mehr als ein weiteres Jahr – von Januar 1982 bis April 1983 – hinzunehmen.

4. Damit erweist sich die Revision als unbegründet, ohne daß es noch auf die vom Beklagten erklärte Anfechtung ankommt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 649141

NJW 1985, 1080

WM 1985, 125

ZIP 1985, 611

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