Leitsatz (amtlich)

a) Zur Frage, wann die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt, wenn der Aufsichtsrat kündigungsberechtigt ist.

b) Zur Anwendung des § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG auf den Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds, der schon vor Beginn der Amtszeit des Vorstandsmitglieds in Kraft trat und eine Verlängerungsklausel enthält.

 

Normenkette

BGB § 626; AktG § 84

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.06.1979)

LG Wiesbaden (Urteil vom 21.07.1978)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main vom 8. Juni 1979 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es unter I. feststellt, daß dem Kläger gegen die Beklagte für die Zeit vom 1. Oktober 1978 bis 30. Juni 1980 keine Gehalts- und Tantiemeansprüche zustehen, und unter III. feststellt, daß der Kläger gegen die Beklagte keine Versorgungsansprüche hat.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 21. Juli 1978 wird zurückgewiesen, soweit es die Feststellungswiderklage, daß die Beklagte dem Kläger ab Juni 1978 keine Gehaltsansprüche mehr zu bezahlen hat, für die Zeit bis zum 30. Juni 1979 abgewiesen hat.

Im übrigen Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

1/12 der Kosten des Revisionsrechtszuges werden der Beklagten auferlegt; im übrigen wird die Kostenentscheidung dem Berufungsgericht übertragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien schlössen am 2./12. August 1973 einen Dienstvertrag, wonach der Kläger ab 1. Oktober 1973 als Mitarbeiter bei der verklagten Versicherungsgesellschaft a.G. eintrat und mit Wirkung vom 1. Juli 1974 zu deren Vorstandsmitglied bestellt wurde (§ 1). Der Dienstvertrag hatte eine feste Laufzeit bis zum 30. September 1978 und enthält im übrigen eine Verlängerungsklausel (§ 10).

Die Beklagte übertrug dem Kläger die Leitung der Ressorts EDV (elektronische Datenverarbeitung) und zunächst auch Betriebsorganisation. Hierbei hatte der Kläger noch andere Versicherungsunternehmen in der Gruppe der Beklagten zu betreuen. Etwa ab 1977 kam es zunehmend zu erheblichen Unstimmigkeiten zwischen dem Kläger und anderen Vorstandsmitgliedern der Beklagten sowie der Übrigen zur Gruppe gehörenden Unternehmen. Aufgrund der Unstimmigkeiten, deren Ursachen und Beurteilung zwischen den Parteien weitgehend streitig sind, stellte sich eine Vertrauenskrise ein, über die der Vorstandsvorsitzende im Aufsichtsrat der Beklagten in der Sitzung am 8. Februar 1978 berichtete. Der Aufsichtsrat beschloß, einen Sonderausschuß mit der Prüfung der Angelegenheit zu beauftragen. Dieser tagte am 2. Mai 1978, hörte hierbei den Kläger an und unterrichtete sodann den Aufsichtsrat. Nach schriftlicher Zustimmung aller Aufsichtsratsmitglieder kündigte der Vorsitzende des Aufsichtsrats in dessen Namen mit Schreiben vom 11. Mai 1978 den Dienstvertrag aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung und widerrief zugleich die Bestellung des Klägers zum Vorstandsmitglied.

Der Kläger hat sein – hier nicht mehr interessierendes – restliches Gehalt für Mai 1978 eingeklagt. Die Beklagte hat Widerklage erhoben mit dem Antrag festzustellen, daß sie dem Kläger auch für die Zeit ab Juni 1978 keine Vergütungs- oder Tantiemeansprüche mehr zu bezahlen habe. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dies hat die Beklagte mit der Berufung angegriffen und widerklagend den weiteren Feststellungsantrag geltend gemacht, daß der Kläger keinerlei Versorgungsansprüche gegen sie habe. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung festgestellt, daß dem Kläger gegen die Beklagte für die Zeit ab 1. Oktober 1978 keine Gehalts- und Tantiemeansprüche zustehen (I.) und weiter, daß der Kläger gegen die Beklagte keine Versorgungsansprüche hat (III.). Mit der Revision bekämpft der Kläger den Ausspruch zu I., soweit festgestellt worden ist, daß er für die Zeit bis zum 30. Juni 1980 keine Gehalts- und Tantiemeansprüche gegen die Beklagte hat, und zu III. in vollem Umfang. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers hat Erfolg.

I. Die Feststellung, daß dem Kläger gegen die Beklagte für die Zeit ab 1. Oktober 1978 keine Gehaltsund Tantiemeansprüche zustehen, kann nicht bestehenbleiben.

1. Für die Gehaltsansprüche ergibt sich das zunächst daraus, daß sich das bis zum 30. September 1978 fest abgeschlossene Dienstverhältnis aufgrund des § 10 des Dienstvertrags bis zum 30. Juni 1979 verlängert hat. Dort war eine Verlängerung um fünf Jahre bestimmt worden, falls der Vertrag nicht 1 Jahr vor dem 30. September 1978 gekündigt werden sollte. Bis zum 30. September 1977 hat die Beklagte nicht gekündigt. Die später erklärte fristlose Kündigung war, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat, als solche unwirksam, weil die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden war, und sie war in eine ordentliche Kündigung nicht umzudeuten, weil sie erst am 11. Mai 1978, also nach Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist, ausgesprochen wurde. Den Rügen der Revisionsbeantwortung, daß die Kündigung als wirksam angesehen werden müsse, ist ebensowenig zu folgen wie der Ansicht des Berufungsgerichts, der Verlängerungsklausel des Dienstvertrages komme wegen § 84 AktG keinerlei Bedeutung zu.

a) Zum Kündigungssachverhalt hat das Berufungsgericht im Anschluß an das landgerichtliche Urteil festgestellt, daß der Aufsichtsrat der Beklagten in seiner Sitzung am 23. Januar 1978 von dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Wessel über die schwerwiegenden, seit Jahresfrist weiter verschärften Spannungen zwischen dem Kläger und der Mehrheit des Gesamtvorstandes unterrichtet worden sei und damit die Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erworben habe. Diese Feststellung ist verfahrensrechtlich einwandfrei, von Rechtsfehlern nicht beeinflußt und für das Revisionsgericht bindend. Ob damit die Frist schon angelaufen war, binnen deren nach § 626 BGB hätte gekündigt werden müssen, mag vielleicht zweifelhaft sein, weil sich mit der Revisionsbeantwortung die Ansicht vertreten läßt, bei einem so schwer zuverlässig zu beurteilenden Sachverhalt müsse dem Aufsichtsrat – auch im Interesse des Betroffenen – zunächst etwas Zeit zugebilligt werden, um die tatsächlichen Vorfälle wertend zu überprüfen und alsdann erneut zusammenzutreten (vgl. SenUrt. v. 24.11.75 – II ZR 104/73, LM BGB § 626 Nr. 18 = NJW 1976, 797). Es ginge aber zu weit, mit der Revisionsbeantwortung für den Anlauf der Zweiwochenfrist darauf abzustellen, daß die vom Aufsichtsrat am 8. Februar 1978 eingesetzte Sonderkommission ihre Tätigkeit erst mit Anhörung des Klägers am 2. Mai 1978 beendet und erst deren Bericht dem Aufsichtsrat ein klares Bild von den mit dem Kläger aufgetretenen Schwierigkeiten vermittelt habe. Sind die Tatsachen im wesentlichen bekannt, deretwegen eine Kündigung in Betracht kommt, müssen etwa noch erforderlich erscheinende Nachprüfungsmaßnahmen zügig durchgeführt werden, wenn die Kündigungsfrist gewahrt bleiben soll. Konkrete Gründe dafür, daß die Tätigkeit der Kommission trotz der gebotenen Beschleunigung fast drei Monate erforderte, sind aber von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Hierzu genügen allgemeine Hinweise auf die Probleme der Kontaktnahme in einem größeren Gremium und mit vielbeschäftigten Auskunftspersonen nicht. Denn mit Rücksicht auf den Zweck der Zweiwochenfrist, alsbald – wenngleich auf möglichst zuverlässiger Beurteilungsgrundlage – Klarheit darüber zu schaffen, ob der Dienstberechtigte vom Kündigungsrecht Gebrauch macht, müssen auch Terminschwierigkeiten in Kauf genommen werden, die sich generell aus der starken zeitlichen Inanspruchnahme von Vorstandsund Aufsichtsratsmitgliedern ergeben.

Dem Berufungsgericht ist daher zuzustimmen, daß unter den gegebenen Verhältnissen die Kündigungsfrist nicht mehr gewahrt war, als sich der Aufsichtsrat am 11. Mai 1978 zur Kündigung entschloß. Seine weitere Auffassung, daß im Verhalten des Klägers bei seiner Anhörung durch die Sonderkommission am 2. Mai 1978 kein selbständiger Kündigungsgrund zu sehen sei, der eine neue Frist in Lauf gesetzt haben würde, läßt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revisionsbeantwortung nicht angegriffen.

Aus dem Umstand, daß in der Sitzung am 8. Februar 1978 zwei Aufsichtsratsmitglieder fehlten, kann die Beklagte nichts herleiten. Zwar wird der Ansicht des Berufungsgerichtsnicht zu folgen sein, daß es bei einer Aktiengesellschaft oder – wie hier – bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit für die „Kenntnis” des Dienstherrn von den Kündigungstatsachen ohne weiteres genüge, wenn nur ein Aufsichtsratsmitglied davon wisse. Ausreichend ist aber jedenfalls, wenn der maßgebliche Sachverhalt in einer Aufsichtsratssitzung vorgetragen wird, zu der die Mitglieder ordnungsgemäß geladen worden und in einer die Beschlußfähigkeit begründenden Zahl und Zusammensetzung zusammengetreten sind. Dafür, daß dies hier nicht der Fall gewesen sei, bietet der Parteivortrag keinen Anhaltspunkt.

b) Steht danach den Gehaltsansprüchen des Klägers keine vorzeitige Kündigung des Dienstverhältnisses entgegen, so kommt es nur darauf an, welche zeitliche Schranke der in § 10 des Vertrages vorgesehenen Verlängerung des Dienstverhältnisses durch § 84 Abs. 1 AktG, § 34 VAG gesetzt war. Das Berufungsgericht hat gemeint, eine Verlängerung sei überhaupt nicht möglich gewesen, weil nach § 84 Abs. 1 Satz 5 der Anstellungsvertrag (nur) vorsehen könne, daß er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit weitergelte, die Amtszeit des Klägers aber gerade nicht verlängert, sondern durch Widerruf der Bestellung verkürzt worden sei. Damit hat es aber die Vorschrift zu eng ausgelegt und auch dem Umstand, daß der Anstellungsvertrag zwar am 1. Oktober 1973 zu laufen begann, der Kläger aber erst nach einer neunmonatigen „Mitarbeiter”-Tätigkeit, nämlich mit Wirkung vom 1. Juli 1974 zum Vorstand mitglied bestellt worden ist, zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen.

Nach § 84 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 1 AktG gelten für den Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds die Vorschriften über die Bestellung sinngemäß. Da Vorstandsmitglieder nach den Sätzen 1 bis 3 des § 84 Abs. 1 auf (höchstens) 5 Jahre bestellt werden können und nach Satz 4 bei einer Bestellung auf weniger als 5 Jahre eine Verlängerung der Amtszeit ohne erneuten Aufsichtsratsbeschluß vorgesehen werden kann, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nicht mehr als 5 Jahre beträgt, bedeutet die sinngemäße Anwendung dieser Vorschriften auf den Anstellungsvertrag, daß dieser zwar auch nur zeitlich begrenzt abgeschlossen, aber – sei es von vornherein durch Vereinbarung einer festen Vertragszeit, sei es mit Hilfe einer Verlängerungsklausel – insgesamt auf einen Zeitraum von 5 Jahren seit Beginn der Amtszeit erstreckt werden kann; auf den Fortbestand oder die Erneuerung der Bestellung kommt es bis zum Ende der 5 Jahre für die Geltung des Anstellungsvertrags nicht an. § 84 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 AktG, wonach der Anstellungsvertrag seine Weitergeltung (nur) für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit vorsehen kann, hat nur Bedeutung für die Zeit nach Ablauf einer fünfjährigen Amtszeit. Da der Kläger mit Wirkung vom 1. Juli 1974 zum Vorstandsmitglied bestellt worden ist, hat sich daher der zunächst bis zum 30. Septem ber 1978 abgeschlossene Vertrag nach seinem § 10 bis zum 30. Juni 1979 verlängern können; nur eine Verlängerung über diesen Zeitpunkt hinaus scheitert an § 84 Abs. 1 AktG. Daß dieses Ergebnis dem Gesetz entspricht und auch die Zeit vom 1. Oktober 1973 bis zum 1. Juli 1974, in der der Anstellungsvertrag schon galt, der Kläger aber noch nicht dem Vorstand angehörte, für die Bestimmung der Höchstdauer des Vertrages keine Bedeutung hat, ergibt sich auch aus dem Zweck der erörterten Vorschriften: Wegen der weitgehenden Kompetenzen und Unabhängigkeit des Vorstands bei der Leitung der Geschäfte der Gesellschaft soll der Aufsichtsrat in regelmäßigen Abständen die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds und dessen Eignung zur Leitung des Gesellschaftsunternehmens zusammenfassend würdigen und erforderlichenfalls ohne rechtliche Hinderungsgründe die Konsequenz ziehen können, sich von ihm zu trennen. Die gesetzliche Begrenzung der Dauer des Anstellungsvertrages hat daher auch nur den Sinn, den Aufsichtsrat in dieser seiner Entschließungsfreiheit nicht zu hemmen. Da aber der Gesetzgeber eine jeweils neue Entschließung nach spätestens 5 Jahren für erforderlich, diesen Zeitraum aber auch für ausreichend angesehen hat, kann folgerichtig der Anstellungsvertrag so gestaltet werden, daß er sich auf eine mögliche Amtszeit von fünf Jahren erstreckt. Innerhalb dieser Grenze kommt es nicht darauf an, ob das Dienstverhältnis – wie im vorliegenden Falle – schon vor der Amtszeit als Vorstandsmitglied begründet wird, ob es von Anfang an für eine Bestellung auf fünf Jahre abgeschlossen oder ob es bei Abschluß auf kürzere Zeit durch eine Verlängerungsklausel automatisch für einen Zeitraum bis zu fünf Jahren ausgedehnt wird.

c) Da auch der Widerruf der Bestellung, den der Aufsichtsrat am 11. Mai 1978 ausgesprochen und den der Kläger nicht angegriffen hat, das Dienstverhältnis nicht beendet hat, bestand es nach alledem bis einschließlich Juni 1979 fort, so daß der Kläger jedenfalls bis dahin Gehaltsansprüche hat; die auf Leugnung dieser Ansprüche gerichtete Widerklage ist unbegründet.

2. Die dem Kläger in § 4 des Dienstvertrages eingeräumten Tantiemeansprüche können, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, für die Zeit bis zum 30. Juni 1979 ebenfalls nicht daran scheitern, daß das Dienstverhältnis schon vor diesem Zeitpunkt beendet worden wäre. Nach § 4 besteht aber kein Anspruch auf eine bestimmte Tantieme, diese wird vielmehr „vom Arbeitsausschuß der Aufsichtsräte nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Jahresergebnisses und des persönlichen Einsatzes jeweils festgesetzt”. Wie und mit welchem Ergebnis diese Bestimmung unter den gegebenen besonderen Umständen des vorliegenden Falles anzuwenden ist, kann in der Revisionsinstanz nicht entschieden werden, sondern bedarf zunächst einer tatrichterlichen Würdigung durch das Berufungsgericht, das sich bislang hiermit nicht auseinandergesetzt hat.

3. Weitere Gehalts-, möglicherweise auch Tantiemeansprüche des Klägers können sich für die Zeit bis zum 30. Juni 1980 aus § 8 des Dienstvertrages ergeben, der – soweit hier von Interesse – wie folgt lautet:

  1. „Findet aus Anlaß einer Fusion, einer völligen oder teilweisen Bestandsübertragung oder Bestandsübernahme, einer Auflösung der Gesellschaft, einer Entkleidung des Vertragsverhältnisses von seinem privatwirtschaftlichen Charakter oder aus sonstigen, nicht in der Person des Herrn Dr. K. liegenden Gründen eine wesentliche Verschlechterung seiner Position statt, ist Herr Dr. K. berechtigt, seinen Übertritt in den vorübergehenden Ruhestand zu erklären.
  2. Das gleiche gilt, wenn in einem der in Ziff. 1 genannten Fälle der Vertrag seitens der Gesellschaft oder ihrer Rechtsnachfolger aus einem nicht in der Person des Herrn Dr. K. liegenden Grund nicht bei Ablauf um weitere fünf Jahre, höchstens jedoch bis zur Erreichung des 65. Lebensjahres, verlängert wird.
  3. In den Fällen der Ziff. 1 und 2 erhält Herr Dr. K. für ein Jahr vom Ende des Monats an gerechnet, in welchem der Übertritt in den vorübergehenden Ruhestand erfolgte, sein volles Diensteinkommen weiter. Im Anschluß hieran ist das in § 7 vorgesehene Ruhegehalt zu leisten.”

Das Berufungsgericht meint, den §§ 7 (Invaliditätsund Altersversorgung) sowie 8 des Dienstvertrags „klar und deutlich” entnehmen zu können, daß letzterer nur zum Zug kommen würde, wenn sich die Position des Klägers aus – hier unstreitig nicht gegebenen – betriebsbedingten Gründen wesentlich verschlechtert hätte. Die dagegen von der Revision aus § 286 ZPO erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe § 8 Ziffer 2 übergangen, greift durch. Den Entscheidungsgründen ist jedenfalls kein Anhaltspunkt für die Beachtung des wesentlichem Umstands zu entnehmen, daß in Ziffer 2 der gerade hier interessierende Fall der Nichtverlängerung des Dienstvertrags geregelt wird. Trotz der sprachlich nicht gelungenen Anknüpfung („Das gleiche gilt …”) gab der Zusammenhang der vertraglichen Bestimmungen Anlaß zu der Prüfung, ob nicht – möglicherweise anders als für das in Ziffer 1 eingeräumte Recht auf vorzeitigen Übertritt in den Ruhestand – Ziffer 2 immer schon dann eingreift, wenn der Vertrag verlängert wird, ohne daß hierfür ein Grund in der Person des Klägers gegeben ist.

Gründe, die in der Person liegen, werden jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn sie auf ein vorwerfbares Verhalten zurückgehen. Hingegen erscheint es bedenklich, einen nicht auf vorwerfbarem Verhalten des Klägers beruhenden Vertrauensverlust als in seiner Person liegenden Grund zu betrachten. Indes erlaubt es der bisherige Prozeßstoff nicht, in der Revisionsinstanz abschließend zu entscheiden, wie in dieser Hinsicht § 8 Ziffer 2 des Dienstvertrags auszulegen ist. Die Parteien müssen Gelegenheit erhalten, zu dieser noch nicht näher behandelten Frage Stellung zu nehmen. Soweit dann geboten, wird das Berufungsgericht auf der Grundlage des zur fristlosen Kündigung vorgetragenen, unter den oben aufgezeigten rechtlichen Gesichtspunkten möglicherweise ergänzungsbedürftigen Prozeßstoffs die erforderlichen Feststellungen zu der Frage treffen müssen, ob die unterbliebene Verlängerung des Dienstvertrags auf einem Grund in der Person des Klägers beruht.

II. Stehen dem Kläger entsprechend den Ausführungen zu I.3 Ansprüche aus § 8 Ziffer 2, 3 zu, dann kann er auch nach dem dort in bezug genommenen § 7 des Dienstvertrags versorgungsberechtigt sein. In diesem Fall wäre die auf Leugnung von Versorgungsansprüchen gerichtete Feststellungswiderklage unbegründet.

III. Aus den Gründen zu I. 2, I. 3 und II. ist die Sache wegen der dort behandelten Ansprüche zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen; im übrigen kann der Senat selbst abschließend entscheiden.

Die Beklagte ist in Höhe von etwa 1/10 des Streitwerts endgültig unterlegen (betrifft Gehalt für die Zeit von Juni 1978 bis einschließlich Juni 1979 = rd. 200.000 DM). Unter Berücksichtigung der ermäßigten Gerichtsgebühren für den Streitwert-Anteil, der auf ihre nicht angenommene Anschlußrevision entfällt, hat sie mindestens 1/12 der Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.

 

Unterschriften

Stimpel, Dr. Schulze, Die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kellermann und Bundschuh können urlaubshalber nicht unterschreiben., Stimpel, Dr. Skibbe

 

Fundstellen

Haufe-Index 1237607

NJW 1981, 166

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1980, 896

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