Leitsatz (amtlich)

›a) Ein Billigkeitsanspruch kann sich auch daraus ergeben, daß nach Ableben des schuldunfähigen Schädigers sein Vermögen (hier ein kleines Eigenheim) nicht mehr für seinen angemessenen Unterhalt erforderlich ist.

b) Freiwilliger Haftpflichtversicherungsschutz des Schädigers darf nicht zur Zubilligung von Beträgen führen, die dessen finanzielle Möglichkeiten sonst schlechthin überschreiten würden (Einschränkung von BGHZ 23, 90).‹

 

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagten als Erben des verstorbenen geschiedenen Frührentners Erich H. (künftig Erblasser) auf Schmerzensgeld in Anspruch, weil sie bei einem durch den Erblasser vorsätzlich gelegten Hausbrand verletzt worden sind.

Die Klägerin zu 1) ist im Jahre 1943 geboren. Sie war und ist nicht berufstätig. Aus der ersten ihrer zwei geschiedenen Ehen ist ein Sohn Andreas B., Kläger zu 3), aus der zweiten eine Tochter Annette W. hervorgegangen (Klägerin zu 2). Weiterhin hat die Klägerin zu 1) nichtehelich einen Sohn Thomas, einen Sohn Michael, und erst während des noch darzustellenden Sachverlaufs einen Sohn Tobias (Kläger zu 4) geboren. Am Revisionsverfahren sind nur noch die Kläger zu 1) und 4) beteiligt. Alle Kinder befanden sich bei der Klägerin zu 1), ihrer Mutter. Mit der Erstklägerin und ihren Kindern zusammen wohnte auch die im Jahre 1922 geborene, verwitwete und nicht berufstätige Mutter der Erstklägerin.

Im Mai 1971 kam die Erstklägerin mit dem Erblasser in Kontakt, nach der Feststellung des angefochtenen Urteils ›durch die Zeitung‹, nach dem Inhalt der im Urteil in Bezug genommenen Aktenstücke über einen Club ›R.‹, der die ›Anbahnung von Bekanntschaften‹ zu seinem Zweck gemacht hatte. Daraufhin nahm der Erblasser im Juli 1971 die Erstklägerin nebst Mutter und allen Kindern in sein kleines Einfamilienhaus auf. Eine Mietzahlung war nicht vorgesehen, doch sollte die Erstklägerin den Erblasser haushaltlich betreuen und pflegen.

Dir ursprünglich guten Beziehungen zwischen der Erstklägerin und dem Erblasser verschlechterten sich bald, weil sich jene gegenüber dessen geschlechtlichen Annäherungsbestreben und auch Heiratsabsichten ablehnend verhielt, vielmehr einen ihr befreundeten Jugoslawen auch über Nacht als Besuch empfing und überdies schon bei ihrem Einzug wieder mit dem Kläger zu 4) durch einen nicht festgestellten Mann schwanger gewesen war, was sie allerdings damals selbst nicht gewußt haben will. Es kam zu mehrfachen gerichtlichen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf sich der Erblasser um die Räumung seines Hauses durch die Erstklägerin und deren Anhang bemühte.

Am 2. Mai 1972 setzte der Erblasser sein Haus in Brand. An den dabei erlittenen Brandverletzungen verstarb er selbst am folgenden Tag. Die Erstklägerin erlitt schwere, weithin irreversible Verletzungen, und noch schwerer der damals im Säuglingsalter befindliche Kläger zu 4), der vor allem an den Händen verstümmelt und schwer entstellt ist. Leichte Verletzungen erlitt die Klägerin zu 2), während der Kläger zu 3) unverletzt blieb.

Im gegenwärtigen Rechtsstreit verlangen die Kläger von den Beklagten als Erben des H. Schmerzensgeld, wobei sie sich auf die Vorschrift des § 829 BGB stützten; denn es ist inzwischen unstreitig, daß H. infolge Hirnabbaus für seine Tat nicht verantwortlich war (§ 827 BGB). Ferner begehren die Kläger Feststellung, daß die Beklagten verpflichtet sind, ihnen alle künftigen Schäden aus den Brandverletzungen zu ersetzen.

Das Landgericht hat durch Teilurteil über die Schmerzensgeldansprüche der Kläger erkannt und der Erstklägerin ein Kapital von 20.000 DM sowie eine monatliche Rente von 240,- DM zugesprochen, der Zweitklägerin ein Schmerzensgeld von 1.000 DM und dem Viertkläger ein solches von 30.000 DM; den Schmerzensgeldanspruch des Drittklägers hat es abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten, die Abweisung der Klage, soweit mehr als die von ihnen inzwischen gezahlten 21.000 DM gefordert werden, erstreben, zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung der Kläger unter Zurückweisung im übrigen die Schmerzensgeldrente für die Erstklägerin auf 350 DM mtl. erhöht, ferner dem Kläger zu 4) zusätzlich eine Schmerzensgeldrente von 400 DM mtl. zugesprochen, wobei es gewisse Abschlagszahlungen und Abtretungen berücksichtigt hat.

Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2992700

BGHZ 76, 279

BGHZ, 279

NJW 1980, 1623

JZ 1980, 526

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