Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. August 1999 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 23. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz, weil dieser bei der Entgegennahme eines Inhaberverrechnungsschecks grob fahrlässig nicht erkannt habe, daß der Scheck abhanden gekommen war.

Die Klägerin stellte den Scheck über 125.812,47 DM zugunsten der V-T. GmbH am 1. November 1996 aus und übersandte ihn der Schecknehmerin mit einfachem Brief. Das Konto der Klägerin bei der bezogenen Bank wurde am 11. November 1996 mit dem Scheckbetrag belastet, nachdem der Beklagte die Einziehung veranlaßt hatte. Die Klägerin hat ihre Verbindlichkeit gegenüber der Schecknehmerin in Höhe des Scheckbetrages inzwischen anderweitig beglichen.

Die Klägerin hat behauptet: Der Scheck sei bei der Schecknehmerin nicht angekommen. Der Beklagte habe beim Erwerb des Schecks in bösem Glauben oder grob fahrlässig gehandelt. Die Weitergabe von Inhaberschecks zahlungshalber im kaufmännischen Geschäftsverkehr sei absolut unüblich. Der Beklagte habe seine Ersatzpflicht gegenüber ihrem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten ausdrücklich anerkannt. Der Beklagte hat dem in erster Linie entgegengehalten, er habe den Scheck von einem Herrn E. als Kaufpreis für drei Gebrauchtwagen erhalten. Die Weitergabe von Schecks sei im Verkehr unter Kaufleuten, sofern es sich nicht um Großbetriebe handele, üblich.

Das Landgericht hat der Klage über 125.812,47 DM zuzüglich Zinsen nur in Höhe von 62.906,24 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie in vollem Umfang abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag in voller Höhe weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.

I.

Das Berufungsgericht hat einen Anspruch aufgrund eines Schuldanerkenntnisvertrages gemäß § 781 Satz 1 BGB mit der Begründung verneint, die Klägerin habe die tatsächlichen Voraussetzungen dieses Anspruches nicht substantiiert vorgetragen.

Zu einem Schadensersatzanspruch gemäß §§ 990 Abs. 1, 989 BGB i.V. mit Art. 21 ScheckG hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt: Nach dem unstreitigen Parteivortrag sei der Scheck der Klägerin zwar abhanden gekommen, weil er die Schecknehmerin auf dem Postweg nicht erreicht habe, sondern ohne Begebungsvertrag in andere Hände gelangt sei. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, daß der Beklagte den Scheck von einer unter dem Namen E. auftretenden Person zur Bezahlung des Kaufpreises für drei Gebrauchtwagen erhalten habe. Bei der Entgegennahme des Verrechnungsschecks falle dem Beklagten aber weder Bösgläubigkeit noch grobe Fahrlässigkeit zur Last. Die Verschiedenheit von Scheckinhaber und Schecknehmer (Disparität) begründe nur für Banken, nicht aber für den Beklagten als Kaufmann besondere Prüfungspflichten. Dies gelte selbst dann, wenn es inzwischen völlig ungewöhnlich sein sollte, empfangene Schecks zahlungshalber wieder in den Verkehr zu bringen. Auch die sonstigen Umstände des Gebrauchtwagenkaufs und die Person des Käufers hätten nicht den Verdacht eines Abhandenkommens des Schecks begründet.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

1. Rechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Anspruch gemäß § 781 Satz 1 BGB verneint hat. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, der Beklagte habe ihrem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten in einem Telefongespräch am 24. Februar 1997 erklärt, die Entgegennahme des Schecks sei ein Fehler gewesen, er sei bereit, einen Ratenzahlungsvergleich abzuschließen, erkenne die Forderung der Klägerin an und würde ihr eine Lebensversicherung als Sicherheit abtreten, wenn ihm die ratenweise Begleichung der Schuld gestattet würde.

Damit ist der Abschluß eines Schuldanerkenntnisvertrages nicht schlüssig vorgetragen. Die Äußerung des Beklagten, er erkenne die Forderung der Klägerin an, ist dem Vortrag der Klägerin zufolge in einem Vergleichsgespräch erfolgt. Der Vergleich, in den neben dem Anerkenntnis eine Ratenzahlungsvereinbarung und die Abtretung einer Sicherheit einbezogen werden sollten, ist unstreitig nicht zustande gekommen. Daß der Beklagte auch ohne den Vergleichsabschluß und insbesondere ohne die Gewährung einer Ratenzahlung ein rechtswirksames Anerkenntnis abgeben wollte, ist dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen. Die Anerkennung der Forderung der Klägerin stand ersichtlich in untrennbarem Zusammenhang mit der Ratenzahlungsbewilligung sowie der Sicherheitenbestellung und ist ebenso wie diese nicht rechtsverbindlich vereinbart worden (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1997 – IX ZR 269/96, WM 1997, 2271, 2272).

2. Dagegen ist die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 990 Abs. 1, 989 BGB i.V. mit Art. 21 ScheckG verneint hat, rechtsfehlerhaft.

a) Die Feststellung, der Beklagte habe den Scheck zahlungshalber von einem Käufer dreier Gebrauchtwagen erhalten, ist zwar rechtlich nicht zu beanstanden. Die hiergegen von der Revision erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a Satz 1 ZPO).

b) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht grobe Fahrlässigkeit des Beklagten bei der Entgegennahme des Schecks verneint hat, hält rechtlicher Überprüfung aber nicht stand.

aa) Die Frage, ob die fehlende Kenntnis von der mangelnden Verfügungsbefugnis eines Scheckinhabers auf grober Fahrlässigkeit des Erwerbers beruht, ist zwar im wesentlichen eine solche der tatrichterlichen Würdigung, die mit der Revision nur beschränkt angreifbar ist. Der Nachprüfung unterliegt aber, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit oder die Pflichten bei der Entgegennahme eines Inhaberverrechnungsschecks zahlungshalber verkannt hat (st.Rspr., vgl. Senatsurteile vom 19. Januar 1993 – XI ZR 76/92, WM 1993, 541, 542, 16. März 1993 – XI ZR 103/92, WM 1993, 736 und 15. Februar 2000 – XI ZR 186/99, WM 2000, 812, 813). Letzteres ist hier der Fall. Das Berufungsgericht stellt für den Fall, daß – wie die Klägerin behauptet – die Weitergabe von Inhaberverrechnungsschecks im kaufmännischen Geschäftsverkehr absolut unüblich ist, zu geringe Anforderungen an die Sorgfalts- und Prüfungspflichten des Beklagten.

Die Bedeutung der Disparität zwischen Schecknehmer und Scheckinhaber für den Vorwurf grober Fahrlässigkeit gegenüber einem Erwerber des Schecks hängt entscheidend davon ab, ob es im kaufmännischen Geschäftsverkehr üblich ist, Schecks zahlungshalber weiterzugeben. Falls eine solche Weitergabe praktisch nicht mehr vorkommen sollte, müßte bei Übergabe eines auf einen Dritten ausgestellten Schecks die Verfügungsbefugnis des Inhabers durch Rückfrage beim Schecknehmer oder -aussteller geprüft werden. Dies hat der Senat bisher zwar nur für die Hereinnahme von Inhaber- und blanko indossierten Orderverrechnungsschecks durch Inkassobanken entschieden (Urteile vom 12. Dezember 1995 – XI ZR 58/95, WM 1996, 248, 249, 4. November 1997 – XI ZR 270/96, WM 1997, 2395, 2396 und 15. Februar 2000 – XI ZR 186/99, WM 2000, 812, 813). Für den Erwerb solcher Schecks durch Kaufleute kann aber nichts anderes gelten. Die von der Klägerin behauptete, im kaufmännischen Geschäftsverkehr übliche Handhabung, Schecks nicht zahlungshalber weiterzugeben, hat gerade für Rechtsgeschäfte unter Kaufleuten Bedeutung. Wenn diese Handhabung entsprechend der im Berufungsurteil angeführten Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages vom 15. Oktober 1998 als kaufmännischer Brauch festgestellt werden kann, gilt sie gegenüber dem Beklagten als Kaufmann ohne Rücksicht auf dessen Kenntnis (vgl. Baumbach/Hopt, HGB 30. Aufl. § 346 Rdn. 8; Roth, in: Koller/Roth/Morck, 2. Aufl. HGB § 346 Rdn. 11). Sollte der Handelsbrauch dem Beklagten unbekannt gewesen sein, fiele ihm insoweit grobe Fahrlässigkeit zur Last.

bb) Das Berufungsgericht hätte deshalb der Behauptung der Klägerin, die Weitergabe von Inhaberverrechnungsschecks im kaufmännischen Geschäftsverkehr sei absolut unüblich, nachgehen und dazu Feststellungen treffen müssen.

III.

Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO) und die Sache, da sie nicht entscheidungsreif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

 

Unterschriften

Nobbe, Dr. Siol, Dr. van Gelder, Dr. Müller, Dr. Joeres

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 18.07.2000 durch Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

EWiR 2000, 965

WM 2000, 1744

WuB 2001, 67

ZIP 2000, 1926

JA 2001, 179

ZBB 2000, 339

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