Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatz von Umsatzsteuer bei Kfz-Totalschaden

 

Leitsatz (amtlich)

Macht der Geschädigte im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens seines Kraftfahrzeuges und einer Ersatzbeschaffung bei einem gewerblichen Verkäufer über den vom Gericht geschätzten Differenz-Mehrwertsteuerbetrag i. S. d. § 25a UStG den vollen Mehrwertsteuerbetrag i. S. d. § 10 UStG lediglich abstrakt auf Grund eines Sachverständigengutachtens geltend, so steht diesem Begehren § 249 Abs. 2 S. 2 BGB entgegen (Bestätigung von BGH, Urt. v. 20.4.2004 - VI ZR 109/03, z.V.v. in BGHZ).

 

Normenkette

UStG §§ 10, 25a; BGB § 249

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 30.07.2003; Aktenzeichen 5 S 74/03)

AG Meschede (Urteil vom 19.05.2003; Aktenzeichen 6 C 587/02)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Arnsberg v. 30.7.2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der beklagten Haftpflichtversicherung Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall v. 4.9.2002, bei dem sein PKW einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hat. Die Eintrittspflicht der Beklagten für den Schaden ist unstreitig. Die Beklagte hat den Schaden vorgerichtlich auf der Basis eines vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachtens reguliert, jedoch ohne die in den angegebenen Beträgen laut Gutachten enthaltene Mehrwertsteuer, die der Kläger daraufhin klageweise geltend gemacht hat. Nachdem der Kläger einen Kaufvertrag über ein Ersatzfahrzeug von einem gewerblichen Verkäufer ohne Mehrwertsteuerausweis, aber mit einer im Firmenstempel aufgeführten Steuernummer vorgelegt hat, hat die Beklagte weitere 130 EUR (= 2 % des Bruttoverkaufspreises) gezahlt. Das AG hat die Klage, mit der der Kläger sein Klagebegehren auf Zahlung des (vollen) Mehrwertsteuerbetrages (i. S. d. § 10 UstG) auf Grundlage des vorgelegten Sachverständigengutachtens abzgl. der gezahlten 130 EUR weiterverfolgt, abgewiesen. Das LG hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zur Klärung der für rechtsgrundsätzlich erachteten Frage zugelassen, ob sich an der rechtlichen Einordnung der Ersatzbeschaffung als Fall der Naturalrestitution auf Grund der Neueinführung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB etwas geändert hat. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht, das hinsichtlich des Tatbestandes auf das erstinstanzliche Urteil verweist, hat sich der Auffassung des AG angeschlossen, dass auch nach In-Kraft-Treten des 2. Schadensersatzrechtsänderungsgesetzes im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens der entstandene Sachschaden nicht nach § 251 BGB, sondern nach § 249 BGB zu ersetzen ist, dessen Abs. 2 einen Ersatz der Mehrwertsteuer nur noch vorsieht, soweit sie tatsächlich angefallen ist. Das AG habe daher dem Kläger zu Recht nur die für die tatsächliche Ersatzbeschaffung angefallene, gem. § 25a UStG nach der Differenz zwischen dem Händlereinkaufs- und verkaufspreis zu berechnende Differenz-Mehrwertsteuer zuerkannt, welche die Beklagte bereits ausgeglichen habe.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe in seinem Urteil die Berufungsanträge nicht wiedergegeben und lasse nicht erkennen, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil angefochten werde.

Zwar erstreckt sich nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH v. 26.2.2003 - VIII ZR 262/02, BGHZ 154, 99 = MDR 2003, 765 = BGHReport 2003, 629; Urt. v. 6.6.2003 - V ZR 392/02, BGHReport 2003, 1128 = MDR 2003, 1170 = NJW-RR 2003, 1290) die nach der Neufassung des § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mögliche Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils nicht auf den Berufungsantrag; dieser ist auch nach neuem Recht in das Berufungsurteil aufzunehmen. Dabei braucht jedoch der Antrag des Berufungsklägers nicht wörtlich wiedergegeben zu werden; es genügt vielmehr, dass aus dem Zusammenhang wenigstens sinngemäß deutlich wird, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (vgl. BGH v. 26.2.2003 - VIII ZR 262/02, BGHZ 154, 99 = MDR 2003, 765 = BGHReport 2003, 629; Urt. v. 6.6.2003 - V ZR 392/02, BGHReport 2003, 1128 = MDR 2003, 1170 = NJW-RR 2003, 1290). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nach Lage des Falles soeben noch. Es lässt erkennen, dass der Kläger - über den von der Beklagten gezahlten Betrag hinaus - sein erstinstanzliches Begehren auf Ersatz des vollen (Regel-)Mehrwertsteuerbetrages auf der Grundlage des vorgelegten Sachverständigengutachtens in der Berufungsinstanz weiterverfolgt hat.

2. Das Berufungsgericht hat dem Kläger mit Recht den Ersatz des (Regel-) Mehrwertsteuerbetrages i. S. d. § 10 UStG versagt.

Nach der gesetzlichen Neuregelung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB, der auch im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens an einem Kraftfahrzeug Anwendung findet, hat der Geschädigte einen Anspruch auf Eratz von Umsatzsteuer nur, wenn er eine Ersatzbeschaffung vorgenommen oder - ungeachtet der Unwirtschaftlichkeit einer Instandsetzung - sein beschädigtes Fahrzeug repariert hat und wenn tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist (BGH, Urt. v. 20.4.2004 - VI ZR 109/03, z.V.v. in BGHZ).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwar eine Ersatzbeschaffung vorgenommen, die Revision macht jedoch selbst nicht geltend, dass dabei ein höherer Umsatzsteuerbetrag als die von der Beklagten bereits beglichene Differenz-Mehrwertsteuer i. S. d. § 25a UStG angefallen ist. Weiteres zur Differenzbesteuerung ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Soweit der Kläger den vollen Mehrwertsteuersatz i. S. d. § 10 UStG lediglich abstrakt auf Grund des vorgelegten Sachverständigengutachtens verlangt, steht diesem Begehren § 249 Abs. 2 S. 2 BGB n. F. entgegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen hierzu im Senatsurteil v. 20.4.2004 (BGH, Urt. v. 20.4.2004 - VI ZR 109/03, z.V.v. in BGHZ) verwiesen.

 

Fundstellen

BFH/NV Beilage 2004, 393

NJW 2004, 2086

NWB 2004, 2781

BGHR 2004, 1084

JR 2005, 26

ZAP 2004, 974

DAR 2004, 447

DAR 2005, 68

MDR 2004, 934

NZV 2004, 395

VRS 2004, 161

VersR 2004, 927

ZfS 2004, 410

IVH 2004, 164

NJW-Spezial 2004, 112

VRA 2004, 129

ZGS 2004, 271

BFH/NV-Beilage 2004, 393

SJ 2004, 42

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