Leitsatz (amtlich)

Die Deutsche Postgewerkschaft bedarf der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBeratG nicht, wenn sie satzungsgemäß und in Erfüllung ihrer gewerkschaftlichen Aufgaben ihre Mitglieder bei der vor- oder außergerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus der Ausübung der beruflichen Tätigkeit berät und vertritt. Das gilt auch dann, wenn sich die Rechtsverfolgung gegen nicht im Postdienst stehende Dritte richtet.

 

Normenkette

RBeratG Art. 1 § 1; RBerG Art. 1 § 7

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 22.04.1980)

LG Kiel (Urteil vom 04.04.1979)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 22. April 1980 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen 1 des Landgerichts Kiel vom 4. April 1979 geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein im Vereinsregister eingetragener Anwaltsverein, zu dessen satzungsgemäßen Zwecken die Wahrung der beruflichen und wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder gehört. Die Beklagte ist die Deutsche Postgewerkschaft, Bezirksverwaltung K., im DGB. Sie vertritt nach ihrer Satzung (§ 3 Abs. 1) die Interessen ihrer Mitglieder in gesellschaftlichen, beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Angelegenheiten. Sie hat es sich u.a. zur Aufgabe gesetzt, die individuellen Rechte ihrer Mitglieder aus deren Beschäftigungsverhältnis zu wahren und bei Streitigkeiten aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis und der Ausübung der beruflichen Tätigkeiten Rechtsschutz nach den vom Hauptvorstand der Deutschen Postgewerkschaft erlassenen Richtlinien zu gewähren, und zwar auch für zivilrechtliche Streitigkeiten, für die die ordentlichen Gerichte zuständig sind und die mit dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis des Mitglieds in unmittelbarem Zusammenhang stehen (§§ 4 Abs. 1 Buchst. g, 19 Abs. 1 Buchst. a der Satzung in Verbindung mit Nr. 1 letzter Absatz der Richtlinien). Im Besitz einer behördlichen Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG ist die Beklagte nicht.

Die Beklagte hat für eines ihrer Mitglieder, das beim Austragen von Briefpost vom Hund eines Zustellungsempfängers gebissen worden war, durch für sie handelnde Angestellte außergerichtlich Schmerzensgeldansprüche gegen den Tierhalter erhoben. Der Kläger hat darin eine unerlaubte Rechtsberatung im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG und zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG erblickt, weil es nicht in den gewerkschaftlichen Aufgabenbereich der Beklagten falle und deshalb auch durch Art. 1 § 7 RBerG nicht gedeckt sei, wenn die Beklagte einem Mitglied zur Wahrung persönlicher Belange Rat und Hilfe gegen Personen außerhalb des Postdienstes gewähre, auch wenn der Schadensfall im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Mitglieds stehe. Nach Ansicht des Klägers befreie zwar Art. 1 § 7 RBerG berufsständische Vereinigungen wie die Beklagte hinsichtlich der Gewährung von Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten vom Erlaubniszwang des Art. 1 § 1 RBerG, wenn sie dabei im Rahmen ihres Aufgabenbereichs handelten. Das sei aber nicht der Fall, wenn es wie hier um die Wahrung von Einzelinteressen gegenüber Nichtpostbediensteten gehe.

Der Kläger hat beantragt,

der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen,

ihre Mitglieder durch ihre Vertretungsorgane oder Angestellte zu beraten und zu vertreten, wenn die Mitglieder wegen eines im Bundespostdienst erlittenen Schadens Ansprüche gegen Personen erheben, die nicht in einem Dienstverhältnis zur Bundespost stehen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu vorgetragen: Einer Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG habe sie für die vom Kläger beanstandete Rechtsberatung nicht bedurft. Sie habe sich dabei im Rahmen ihrer Satzung und ihres gewerkschaftlichen Aufgabenbereichs gehalten und damit eine Tätigkeit entfaltet, die nach Art. 1 § 7 RBerG erlaubnisfrei sei. Dafür sei entscheidend, daß sie Rechtsschutz aus Anlaß eines Schadensfalls gewährt habe, der bei Ausübung des Dienstes ihres Mitglieds eingetreten sei. In solchen Fällen habe sie seit jeher Rat und Hilfe auch gegenüber Personen gewährt, die nicht im Postdienst stünden.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt: Mit der vom Kläger beanstandeten Tätigkeit habe die Beklagte die Grenzen ihrer gewerkschaftlichen Aufgabenbereichs überschritten. Sie habe damit eine durch Art. 1 § 7 RBerG nicht gedeckte Rechtsberatung im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG ausgeübt. Die Durchsetzung individueller Schadensersatzansprüche, die ihre rechtliche Grundlage weder im Dienst- oder Arbeitsverhältnis noch im Risikobereich gemeinsamer Arbeit fänden, seien nicht für die Tätigkeit einer Gewerkschaft typisch und daher nach Art. 1 § 7 RBerG auch dann nicht vom Erlaubniszwang des Art. 1 § 1 RBerG befreit, wenn sich der Schadensfall bei der Ausübung des Dienstes zugetragen habe.

Die Berufung gegen dieses Urteil hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die – zugelassene – Revision der Beklagten, mit der diese ihren Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht führt aus: Mit der Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen ihres Mitglieds habe die Beklagte geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgt, ohne die nach Art. 1 § 1 RBerG dafür erforderliche Erlaubnis zu besitzen. Auf Art. 1 § 7 RBerG, der in bestimmten Fällen eine Erlaubnis entbehrlich mache, könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht gegeben. Zwar zähle die Beklagte als Bezirksverband einer Gewerkschaft zu den berufsständischen Vereinigungen im Sinne des Art. 1 § 7 RBerG. Jedoch habe sie mit der hier zu beurteilenden Rechtsberatung ihren Aufgabenbereich überschritten. Maßgebend für die Frage, was als berufsständische Aufgabe im Sinne des Art. 1 § 7 RBerG anzusehen sei, seien Satzung und Charakter der Vereinigung. Insoweit sei zu berücksichtigen, daß zwar die Gewerkschaften in den letzten Jahrzehnten über ihre ursprüngliche Zielsetzung der Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Arbeitnehmer weit hinausgewachsen seien und die Repräsentation der Arbeitnehmerinteressen in Staat und Gesellschaft in umfassender Weise beanspruchten, daß aber ihrer gesamten Tätigkeit der Bezug auf den sozialen Gegenspieler eigen sei. Danach könne es zwar nicht beanstandet werden, wenn die Beklagte ihren Mitgliedern gem. § 4 Abs. 1 Buchst. g der Satzung bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Bundespost zur Seite stehe. Soweit sie sich aber – über diese Aufgabenstellung hinaus – aufgrund des § 19 Abs. 1 Buchst. a der Satzung für berechtigt halte, Rat und Hilfe auch gegenüber Dritten zu gewähren, sofern nur die Forderung des Mitglieds mit dessen beruflicher Tätigkeit im Zusammenhang stehe, könne dem nicht gefolgt werden. Im Hinblick darauf, daß es insoweit an einem hinreichenden Bezug zum sozialen Gegenspieler fehle, dürfe die Beklagte über ihre gewachsenen berufsständischen Aufgaben im Sinne des § 4 der Satzung hinaus keinen weitergehenden Rechtsschutz gegenüber Dritten gewähren, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um Ansprüche aus einem Arbeitsunfall des Mitglieds handele. Dabei komme es auch nicht darauf an, daß die Beklagte möglicherweise schon seit Jahrzehnten aus Anlaß von Dienstunfällen Rechtsschutz auch gegenüber Dritten gewährt habe. Die Beklagte habe daher gegen Art. 1 § 1 RBerG verstoßen. Darin liege zugleich ein Verstoß gegen § 1 UVG und § 823 Abs. 2 BGB.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg.

1. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen davon ausgegangen, daß die Beklagte mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ihres Mitglieds geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgt und damit eine nach Art. 1 § 1 RBerG grundsätzlich erlaubnispflichtige Tätigkeit ausgeübt hat. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht in Abrede gestellt.

2. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen benötigte jedoch die Beklagte vorliegend eine solche Erlaubnis nicht, weil sie nach Art. 1 § 7 RBerG hinsichtlich einer Tätigkeit, wie sie der Kläger beanstandet hat, vom Erlaubniszwang des Art. 1 § 1 RBerG befreit ist.

a) Nach dieser Vorschrift bedarf es keiner Erlaubnis, wenn berufsständische Vereinigungen, zu denen auch Gewerkschaften und gewerkschaftliche Organisationen wie die Beklagte gehören, im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten gewähren. Welchen Aufgabenkreis die Beklagte hat, folgt aus der für sie maßgebenden Satzung der Deutschen Postgewerkschaft. Daraus ergibt sich, daß es im Rahmen der Interessenvertretung der Mitglieder in gesellschaftlichen, beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Angelegenheiten auch Aufgabe der Beklagten ist, die individuellen Rechte der Mitglieder aus dem Beschäftigungsverhältnis zu wahren und bei Streitigkeiten aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis und der Ausübung der beruflichen Tätigkeiten Rechtsschutz nach den vom Hauptvorstand der Deutschen Postgewerkschaft erlassenen Richtlinien zu gewähren, und zwar auch für zivilrechtliche Streitigkeiten, für die die ordentlichen Gerichte zuständig sind und die mit dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis des Mitglieds in unmittelbarem Zusammenhang stehen (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Buchst. g, 19 Abs. 1 Buchst. a der Satzung in Verbindung mit Nr. 1 letzter Absatz der Richtlinien).

Zu den Rechten der Mitglieder, die in diesen Regelungsbereich fallen, zählen auch die von der Beklagten vorliegend verfolgten Schmerzensgeldansprüche. Diese resultieren aus der Ausübung beruflicher Tätigkeiten i.S. der Satzungsbestimmungen der Beklagten. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist das Mitglied der Beklagten bei der Aushändigung von Briefpost, also in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausübung von Dienstgeschäften, zu Schaden gekommen. Daß die Ansprüche, die sich daraus ergeben, gegen einen nicht im Postdienst stehenden Dritten gerichtet sind, steht nach der Satzung einer Hilfeleistung der Beklagten bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Mitglieds nicht entgegen. Denn danach kommt es für die Gewährung von Rat und Hilfe bei Wahrung der individuellen Rechte der Mitglieder allein darauf an, daß die Ansprüche – wie hier – aus der Ausübung der beruflichen Tätigkeit herrühren. Gegen wen sich die Ansprüche richten, ob gegen Arbeitgeber, Arbeitskollegen oder nicht im Postdienst stehende Dritte, ist dafür nach der Satzung ohne Belang.

b) Satzungsbestimmungen, die die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vorsehen, rechtfertigen nach Art. 1 § 7 RBerG die Befreiung vom Erlaubniszwang des Art. 1 § 1 RBerG allerdings nur dann, wenn sie einer Vereinigung dazu dienen, im Rahmen und zur Erfüllung der berufsständischen Aufgaben ihren Mitgliedern Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten zu gewähren. Sinn und Zweck des Rechtsberatungsgesetzes ist es, die Allgemeinheit vor Schäden aus einer unzureichenden Rechtsberatung zu bewahren und die weitgehenden Bindungen unterliegende Anwaltschaft nicht mit einer unübersehbaren Zahl von Personen konkurrieren zu lassen, die solchen Bindungen nicht unterliegen (siehe die amtl. Begründung zum Rechtsberatungsgesetz, RStBl 1935, S. 1528; BGH NJW 1955, 422, 424). Damit würde es nicht in Einklang stehen, wenn ein Statut die Gewährung von Rat und Hilfe an die Mitglieder einer Vereinigung zu deren Aufgabe erklärte, ohne daß dafür nach den berufsständischen Zielen der Vereinigung ein ausreichender Anlaß bestünde. Eine Rechtsberatung ohne Erlaubnis ist daher nach Art. 1 § 7 RBerG nur zulässig, wenn sie sich als eine auf das Gebiet der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten übergreifende Teilaufgabe des gesamten Tätigkeitsbereichs einer berufsständischen Vereinigung darstellt, also Mittel zur Erreichung des Gesamtzwecks der Vereinigung ist (BGH NJW 1955, 422, 424; OLG Celle NJW 1973, 2028, 2029; Altenhoff-Busch-Kampmann, RBerG, Art. 1 § 7 Rdn. 131; Schorn, Die Rechtsberatung, S. 257, 263; Brangsch, Rechtsberatung und Rechtshilfe durch Verbände, NJW 1953, 732; Erbs-Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Art. 1 § 7 RBerG Anm. 6; Dalcke-Fuhrmann-Schäfer, Strafrecht und Strafverfahren, Art. 1 § 7 RBerG Anm. 1).

Mit diesen Grundsätzen steht aber die hier zu beurteilende Rechtsberatungstätigkeit der Beklagten nicht in Widerspruch. Im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanzen ist vielmehr davon auszugehen, daß sich die Gewährung von Rechtsrat und -hilfe aus Anlaß von Schadensfällen der hier in Rede stehenden Art aus der berufsständischen Zielsetzung und Betätigung einer Gewerkschaft wie der Beklagten ergibt und in einem anzuerkennenden sachlichen Zusammenhang mit der Erfüllung der berufsständischen Aufgaben einer solchen Vereinigung steht. Die Hilfeleistung in einer Rechtsangelegenheit aus Anlaß der beruflichen Tätigkeit eines Mitglieds ist Teil der allgemeinen und umfassenderen Verbandsaufgabe einer Gewerkschaftsorganisation wie der Beklagten. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß für die Tätigkeit einer Gewerkschaft, die – wie hier die Beklagte – die wirtschaftlichen Belange von Arbeitnehmern vertritt, der Bezug auf den Sozialpartner von besonderer Bedeutung ist. Es ist aber zu eng gesehen und wird der Tatsache, daß es sich vorliegend um einen im Dienst eingetretenen Schadensfall handelt, nicht gerecht, wenn das Berufungsgericht meint, daß die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in einem solchen Fall den Rahmen gewerkschaftlicher Aufgaben sprenge, weil die Beklagte dabei nicht gegen den Arbeitgeber oder Arbeitskollegen ihres Mitglieds, sondern gegen einen nicht im Postdienst stehenden Dritten vorgehe. Das Berufungsgericht berücksichtigt dabei nicht hinreichend, daß die Gewährung von Rat und Hilfe insoweit nach der Satzung der Beklagten nur im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Rechten in Betracht kommt, die sich unmittelbar aus der beruflichen Tätigkeit der Arbeitnehmer ergeben, und daß die Hilfeleistung bei zivilrechtlichen Ansprüchen wie hier auf den Bereich der vor- und außergerichtlichen Rechtsverfolgung beschränkt ist (vgl. § 157 Abs. 1 ZPO). Eine solche Rechtsberatung fällt aus dem Rahmen gewerkschaftlicher Zielsetzung und Betreuungstätigkeit nicht heraus (vgl. zur Befugnis des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Hilfe in Steuerrechtsfragen zu leisten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Mitglieder von Einzelgewerkschaften oder angeschlossener Verbände stehen, BFH BB 1982, 420). Es gehört zu den ursprünglichen Aufgaben einer Gewerkschaft wie der Beklagten, ihren Mitgliedern bei der Wahrnehmung beruflicher Interessen – auch gegenüber Dritten – mit Rechtsberatung und Rechtshilfe zu dienen (vgl. z.B. Klose-Mantel-Zsifkovits, Soziallexikon, S. 978, 981; Gabler, Wirtschaftslexikon, S. 1766; Vollbrecht, Die Ausbildung der Arbeitnehmerfunktionäre, Diss. Jur. Marburg, 1958, S. 39, 40). Speziell für den Postbereich, den Aufgabenbereich der Beklagten, folgt das auch aus der von der Beklagten im zweiten Rechtszug überreichten, 1915 von Winters herausgegebenen „Geschichte des Verbandes mittlerer Reichs-, Post- und Telegraphen-Beamten” (S. 266, 267, 269). Darüber hinaus sind die Gewerkschaften, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, seit langem nicht mehr nur auf ihre ursprüngliche Zielsetzung, der unmittelbaren Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Arbeitnehmer zu dienen, beschränkt. Auch eine Satzungsbestimmung, nach der die Beklagte wegen eines ihrem Mitglied durch einen Dritten bei der Durchführung seiner dienstlichen Aufgaben zugefügten Schadens mit Rat und Hilfe tätig werden soll, ist rechtlich unbedenklich. Sie ist der beruflichen Tätigkeit der Mitglieder auf das engste zugeordnet, kommt jedem Mitglied und damit dem Berufsstand im ganzen zugute und dient der allgemeinen gewerkschaftlichen Aufgabe, die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten der Mitglieder insgesamt zu fördern. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Gewährung von Rat und Hilfe bei der Verfolgung von Ansprüchen gegenüber dem Arbeitgeber aus Anlaß eines Arbeitsunfalls, der sich unter Beteiligung eines Dritten zugetragen hat, von der Rechtsberatung dem Dritten gegenüber tatsächlich vielfach nicht zu trennen ist.

3. Ist danach ein Verstoß der Beklagten gegen Art. 1 § 1 RBerG nicht gegeben, kann die beanstandete Tätigkeit der Beklagten auch nicht als wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG oder sonst als unerlaubt im Sinne der deliktsrechtlichen Vorschriften des BGB angesehen werden.

Unter Aufhebung des Berufungsurteils war daher das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage, die sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen ausschließlich gegen eine vor- und außergerichtliche Rechtsberatungstätigkeit der Beklagten wendet, abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Alff, Dr. Merkel, Dr. Windisch, Dr. Piper, Dr. Erdmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1237596

BGHZ

BGHZ, 210

NJW 1982, 1882

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