Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtscheinsvollmacht. Grundbuchberichtigungsanspruch bei Nichtbestehen des eingetragenen Rechts. Feststellungsinteresse auf Nichtbestehen eines im Grundbuch eingetragenen Rechts

 

Leitsatz (amtlich)

Macht der Anspruchsteller geltend, ihm stehe das im Grundbuch eingetragene Recht nicht zu, so kann er nicht nach § 894 BGB Grundbuchberichtigung verlangen.

Beruht die Eintragung des Rechts auf einem Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit er leugnet, so kann er die Unwirksamkeit im Wege der Feststellungsklage geltend machen.

 

Normenkette

BGB § 894

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 03.03.2004; Aktenzeichen 13 U 18/03)

LG Köln

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des OLG Köln v. 3.3.2004 wird auf Kosten der Kläger, die auch die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten tragen, zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Kläger beabsichtigten, eine Eigentumswohnung in Köln zu erwerben, die von der Beklagten errichtet und vertrieben wurde. Zu diesem Zweck unterbreiteten sie mit notarieller Urkunde v. 6.4.1993 der S. Steuerberatungs GmbH (nachfolgend: S.) ein Angebot zum Abschluss eines auf den Erwerb der gewünschten Wohnung gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrages, das diese annahm. Bestandteil des Angebots war eine umfassende Bevollmächtigung der S. zur Vornahme aller für den Eigentumserwerb und die Finanzierung notwendigen Rechtsgeschäfte und zur Führung etwa erforderlicher Rechtsstreitigkeiten. Die S. verfügt über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz.

Am 21.6.1993 schlossen die Kläger, vertreten durch die S., diese vertreten durch ihren Geschäftsführer Dr. K., mit der Beklagten einen notariellen "Kauf- und Werklieferungsvertrag" nebst Auflassung über die betreffende Eigentumswohnung zu einem Preis von 395.010,55 DM ab. Dabei wurde die Beklagte auf Grund notarieller Vollmacht ebenfalls von Dr. K. vertreten. Sowohl diese Vollmacht wie auch die von den Klägern der S. erteilte Vollmacht lagen dem beurkundenden Notar in Ausfertigung vor. Beide Vollmachten enthalten Befreiungen von dem Verbot des In-Sich-Geschäfts bzw. der Doppelvertretung. Die Kläger wurden als Eigentümer in das Wohnungsgrundbuch eingetragen.

Sie sind der Auffassung, nicht Eigentümer geworden zu sein, weil die Bevollmächtigung der S. wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam sei. Ihre auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gerichtete Klage hat in den Tatsacheninstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen sie ihren Antrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht meint, die Kläger seien Eigentümer der Wohnung geworden, so dass eine Berichtigung des Grundbuchs nicht in Betracht komme. Zwar sei die von den Klägern der S. als Geschäftsbesorgerin erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig. Der Beklagten ggü. gelte die Vollmacht aber entsprechend §§ 171, 172 BGB als fortbestehend, da die Vollmachtsurkunde dem beurkundenden Notar bei Vertragsschluss vorgelegen habe und zu diesem Zeitpunkt für die Beklagte nicht erkennbar gewesen sei, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag und mit ihm die Vollmacht nichtig war.

II.

Dies hält einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.

1. Die Klage ist nicht schlüssig. Der geltend gemachte Anspruch findet im Gesetz keine Grundlage. § 894 BGB, auf welche Norm die Klage gestützt wird, hat nicht die hier vorliegende Konstellation im Auge, dass der Anspruchsteller geltend macht, dass ihm das im Grundbuch eingetragene Recht nicht zusteht, sondern regelt den Sachverhalt, dass ein dem Anspruchsteller zustehendes Recht im Grundbuch nicht oder nicht richtig eingetragen ist. Wegen dieser grundlegenden Unterschiede wird auch eine analoge Anwendung der Vorschrift ganz überwiegend verneint (OLG Rostock OLGE 26, 97 f.; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 894 Rz. 65; Wacke in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 894 Rz. 20; Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 22 Rz. 63; zu einer Analogie tendierend, aber offen gelassen, OLG Karlsruhe DRiZ 1933, Nr. 377). Dem folgt der Senat. Der zu Unrecht Eingetragene kann in solchen Fällen die Feststellung beantragen, dass der Eigentumserwerb unwirksam ist. Ein solcher Antrag ist hier nicht gestellt.

2. Den Klägern ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht durch Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache Gelegenheit zu geben, ihren Antrag entsprechend umzustellen. Ein Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Eigentumserwerbs hätte nämlich ebenso wenig Erfolg.

a) Trifft der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von der Revision vorgetragene Sachverhalt zu, dass die gekaufte Eigentumswohnung inzwischen zwangsversteigert worden ist und dass im Nachgang dazu ein neuer Eigentümer in das Wohnungsgrundbuch eingetragen wurde, so fehlt es an einem gegenwärtigen streitigen Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, das einer Feststellungsklage zugänglich wäre (§ 256 Abs. 1 ZPO). Ob und inwieweit aus einem früheren Rechtsverhältnis noch Rechte hergeleitet werden können, die es rechtfertigen, eine Feststellungsklage auf ein der Vergangenheit angehörendes Rechtsverhältnis zu richten (BGHZ 27, 190 [196]), hat die Revision nicht mitgeteilt.

b) Trifft dieser Vortrag nicht zu oder ist gleichwohl ein fortbestehendes Feststellungsinteresse zu bejahen, wäre eine Feststellungsklage jedenfalls unbegründet, weil die Kläger bei der Auflassung wirksam von der S. bzw. durch deren Geschäftsführer Dr. K. vertreten worden sind, so dass ihre Eintragung im Grundbuch der materiellen Rechtslage entspricht bzw. entsprach.

aa) Allerdings ist die von den Klägern der S. erteilte Vollmacht nach § 134 BGB unwirksam, weil sie gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt.

Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag, auf Grund dessen die S. für den Kläger tätig geworden ist, nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH liegt eine nach Art. 1 § 1 RBerG erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten (BGH v. 16.12.2002 - II ZR 109/01, BGHZ 153, 214 [218] = BGHReport 2003, 225 m. Anm. Johnigk m.w.N.). Das ist bei demjenigen, der ausschließlich oder hauptsächlich die Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträger- oder eines ähnlichen Modells für den Erwerber zu besorgen hat, der Fall (BGH v. 28.9.2000 - IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265 [269 ff.]; Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = NJW 2005, 664 f. m.w.N.). Infolgedessen hätte die S. bei ihrer Tätigkeit für die Kläger einer Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz bedurft, über die sie nicht verfügte. Die durch die fehlende Erlaubnis bedingte Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages erfasst nach inzwischen ebenfalls gefestigter Rechtsprechung des BGH auch die dem Geschäftsbesorger erteilte Vollmacht (BGH v. 16.12.2002 - II ZR 109/01, BGHZ 153, 214 [218 f.] = BGHReport 2003, 225 m. Anm. Johnigk; Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = NJW 2005, 664 f.; Urt. v. 11.1.2005 - XI ZR 272/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 574 = NJW 2005, 1190, jeweils m.w.N.).

bb) Die S. war der Beklagten ggü. aber nach §§ 171, 172 BGB zur Vertretung befugt. Nach diesen Vorschriften wird auf Grund des mit einer Vollmachtsurkunde verbundenen Rechtsscheins eine Vertretungsmacht des Vertreters auch dann begründet, wenn dessen Vollmacht in Wahrheit nicht oder nicht mehr besteht. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

(1) Die §§ 171, 172 BGB schützen das Vertrauen auf den mit der Vollmachtsurkunde verbundenen Rechtsschein unabhängig davon, aus welchen Gründen die Bevollmächtigung unwirksam ist (BGH, Urt. v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709 m. Anm. Lenz = NJW 2003, 2091 [2092]; Urt. v. 3.6.2003 - XI ZR 289/02, BGHReport 2003, 1077 m. Anm. Laschet = MDR 2003, 1244 = NJW-RR 2003, 1203 [1204]; Urt. v. 8.10.2004 - V ZR 18/04, BGHReport 2005, 73 m. Anm. Lenz = MDR 2005, 259 = NJW 2005, 820 [821], jeweils m.w.N.). Es entspricht daher der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des BGH, dass die Vorschriften auf die einem Geschäftsbesorger erteilte Abschlussvollmacht anwendbar sind, wenn dessen Bevollmächtigung, sei es unmittelbar, sei es wegen des Zusammenhangs mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag, gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und nach § 134 BGB nichtig ist (BGH, Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 33/03, BGHReport 2004, 108 m. Anm. Grziwotz = MDR 2004, 222 = WM 2003, 2375 [2379]; Urt. v. 10.3.2004 - IV ZR 143/03, BGHReport 2004, 1234 = MDR 2004, 1069 = WM 2004, 922 [924]; Urt. v. 23.3.2004 - XI ZR 194/02, MDR 2004, 1129 = BGHReport 2004, 1168 = WM 2004, 1221 [1223 f.]; Urt. v. 20.4.2004 - XI ZR 164/03, MDR 2004, 1011 = WM 2004, 1227 [1228]; Urt. v. 8.10.2004 - V ZR 18/04, BGHReport 2005, 73 m. Anm. Lenz = MDR 2005, 259 = NJW 2005, 820 [823]; Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = WM 2005, 127 [130 f.]; Urt. v. 9.11.2004 - XI ZR 315/03, MDR 2005, 460 = BGHReport 2005, 443 = WM 2005, 72 [73 ff.]; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, NJW 2005, 1576 [1578]). Auch in diesen Fällen ist das Vertrauen des Geschäftsgegners in den durch die Vollmachtsurkunde gesetzten Rechtsschein schutzwürdig. Etwas Anderes folgt nicht aus der Zielsetzung des Verbots unerlaubter Rechtsbesorgung. Zwar bezweckt es zu verhindern, dass die unerlaubte Rechtsbesorgung unter Nutzung der Vollmacht trotz Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts durchgeführt werden kann (BGH, Urt. v. 11.10.2001 - III ZR 182/00, BGHReport 2002, 7 m. Anm. Chemnitz = NJW 2002, 66 [67]; Urt. v. 8.10.2004 - V ZR 18/04, BGHReport 2005, 73 m. Anm. Lenz = MDR 2005, 259 = NJW 2005, 820 [823]). Daher erfasst das Verbot die Vollmacht des Rechtsbesorgers, auch wenn diese, isoliert betrachtet, nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt. Damit ist aber über den Schutz Dritter, die auf die Wirksamkeit der Vollmacht vertrauen, nichts gesagt. Das Verbot betrifft nämlich nur das Innenverhältnis des Rechtsbesorgers zu seinem Auftraggeber (BGH, Urt. v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709 m. Anm. Lenz = NJW 2003, 2091 [2092]; Urt. v. 3.6.2003 - XI ZR 289/02, BGHReport 2003, 1077 m. Anm. Laschet = MDR 2003, 1244 = NJW-RR 2003, 1203, 1204). Es soll den Rechtsuchenden vor sachunkundigen unbefugten Rechtsberatern schützen, nicht aber generell den Abschluss von Verträgen mit Dritten verhindern. Daher steht die Nichtigkeit der Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz der Anwendung der Vorschriften über den Schutz gutgläubiger Dritter in ihrem Vertrauen auf den gesetzten Rechtsschein einer Vollmacht nicht entgegen (BGH, Urt. v. 25.3.2003 - XI ZR 227/02, MDR 2003, 797 = BGHReport 2003, 709 m. Anm. Lenz = NJW 2003, 2091 [2092]; Urt. v. 3.6.2003 - XI ZR 289/02, BGHReport 2003, 1077 m. Anm. Laschet = MDR 2003, 1244 = NJW-RR 2003, 1203, 1204). Soweit die Revision meint, in diesem Punkt setze sich der Senat in Widerspruch zu der Entscheidung des III. Zivilsenats v. 10.10.2001 (BGH v. 11.10.2001 - III ZR 182/00, BGHReport 2002, 7 m. Anm. Chemnitz = NJW 2002, 66), trifft dies ersichtlich nicht zu. In jener Entscheidung geht es nur um die, auch hier bejahte, Frage, ob die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz die Vollmacht erfasst. Über das Problem des Schutzes Dritter verhält sie sich nicht.

(2) Die Anwendung der §§ 171, 172 BGB scheitert auch nicht daran, dass die Einschaltung des Geschäftsbesorgers als Vertreter der Kläger nicht von diesen selbst, sondern von der Beklagten bewirkt wurde.

In diese Richtung geht allerdings eine in einem obiter dictum geäußerte Auffassung des II. Zivilsenats (BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02, NJW 2004, 2736; v. 14.6.2004 - II ZR 407/02, NJW 2004, 2742). Danach bilden der - unmittelbare oder durch den Geschäftsbesorger - vermittelte Beitritt zu einer Fondsgesellschaft und der diesen Beitritt finanzierende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft i.S.d. § 9 Abs. 1 VerbrKrG/§ 358 Abs. 3 BGB (BGH v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46 = BGHReport 2003, 1208 m. Anm. Terlau = MDR 2003, 1188). Dies und der Umstand, dass die Einschaltung des Geschäftsbesorgers als Vertreter des Anlageinteressenten nicht von diesem, sondern von den Initiatoren und Gründungsgesellschaftern des Fonds in Kenntnis und mit Billigung der Bank erfolgt, soll dazu führen, dass nicht allein der Anleger den Rechtsschein einer wirksamen Bevollmächtigung setze. Vielmehr werde die Art der Geschäftsabwicklung entscheidend von den Initiatoren und Gründungsgesellschaftern des Fonds bestimmt. Infolgedessen könne die finanzierende Bank, auch wenn die Nichtigkeit der Vollmacht nach § 134 BGB, Art. 1 § 1 RBerG noch nicht bekannt sein musste, nicht wie ein gutgläubiger Dritter behandelt werden, der im Hinblick auf einen im Rahmen des Vertriebskonzepts entstandenen Vertrauenstatbestand schutzwürdig wäre. Eine Abwälzung der mit dem Vertriebskonzept verbundenen Risiken allein auf den Anleger erscheine in keiner Weise angemessen.

Diesen Erwägungen vermag sich der Senat (ebenso wenig wie der XI. Zivilsenat, BGH, Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = NJW 2005, 664 m.w.N.), jedenfalls für den Bereich kreditfinanzierter Grundstücksgeschäfte, nicht anzuschließen (noch offen gelassen in dem BGH, Urt. v. 8.10.2004 - V ZR 18/04, BGHReport 2005, 73 m. Anm. Lenz = MDR 2005, 259 = NJW 2005, 820 [823]).

(a) Die Erwägungen des II. Zivilsenats führen in der hier vorliegenden Fallkonstellation schon deswegen nicht weiter, weil dabei die Problematik eines verbundenen Geschäfts keine Rolle spielt. Es geht hier nicht darum, ob es einer finanzierenden Bank wegen ihrer engen Beziehungen zu dem Veräußerer und Initiator eines Anlagegeschäfts verwehrt sein kann, sich auf den Rechtsschein der Vollmachtsurkunde zu berufen. Es geht allein um das Verhältnis zwischen dem Erwerber und dem Veräußerer und um das Verhältnis beider zu dem Treuhänder und Geschäftsbesorger. Die Frage nach einem verbundenen Geschäft und nach dessen möglichen Auswirkungen stellt sich von vornherein nicht.

(b) Unabhängig davon sind die in § 9 Abs. 1 VerbrKrG bzw. in § 358 Abs. 3 BGB zum Ausdruck gekommenen Wertungen für die Frage, ob ein Vertrag mit Hilfe der Rechtscheinsgrundsätze der §§ 171, 172 BGB zwischen Erwerber und Veräußerer zu Stande gekommen ist, nicht bedeutsam (grundlegend: BGH, Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = NJW 2005, 664 [666 f.]). Ob die "Abwälzung der mit dem Vertriebskonzept verbundenen Risiken allein auf den Anleger ... angemessen" erscheint oder nicht (BGH v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46 = BGHReport 2003, 1208 m. Anm. Terlau = MDR 2003, 1188), ist eine Frage, die aus dem Inhalt des geschlossenen Vertrages, ggf. unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines verbundenen Geschäfts, beantwortet werden muss. Erst wenn ein wirksam geschlossener Vertrag vorliegt, können diese Wertungsfragen zum Tragen kommen. Für den Vertragsschluss selbst sind sie ohne Belang. Dies zeigt sich anschaulich daran, dass "die mit dem Vertriebskonzept verbundenen Risiken" für den Erwerber dieselben sind, wenn er den "Kauf- und Werklieferungsvertrag" ohne Einschaltung des Treuhänders selbst schließt.

(c) Angesichts dessen ist es auch belanglos, dass die Beklagte den Geschäftsbesorger als Vertreter der Kläger, dem Vertriebskonzept entsprechend, eingeführt hat. Das ändert nichts daran, dass er, von den Klägern bevollmächtigt, als deren mit Vollmachtsurkunde ausgewiesener Vertreter auftreten konnte und aufgetreten ist. Der Rechtsschein beruht auf der Vorlage der Urkunde, nicht auf der Annahme, die Vollmacht sei von dem Vertretenen aus eigenem Antrieb, ohne bestimmende Mitwirkung des Vertreters oder des Vertragspartners, erteilt worden. Der XI. Zivilsenat weist zutreffend darauf hin, dass Vertretene einerseits durch § 173 BGB und andererseits durch die Regeln über den Missbrauch der Vertretungsmacht geschützt werden (BGH, Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = NJW 2005, 664 [667]). In diesen Wertungen findet der im Interesse des Geschäftsverkehrs von §§ 171, 172 BGB bezweckte Vertrauensschutz seine Grenzen, nicht in der allgemeinen Erwägung, derjenige, der Teil des Vertriebskonzepts sei und die Bevollmächtigung des Geschäftsbesorgers initiiert habe, falle nicht in den von §§ 171, 172 BGB geschützten Personenkreis.

(3) An dieser Bewertung ändert auch nichts der Umstand, dass der für den Geschäftsbesorger handelnde Dr. K. an dem Veräußerungsgeschäft zugleich als Bevollmächtigter der Beklagten beteiligt war. Der sich daraus ergebende abstrakt-generelle Interessenkonflikt wird allein durch § 171 BGB geregelt. Die Vertretenen können - wie hier - eine solche Mehrvertretung gestatten. Von ihr gehen dann dieselben Wirkungen aus wie von einer nur einseitigen Vertretung, auch die Rechtsscheinswirkungen (einschließlich der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB) unter den Voraussetzungen der §§ 171, 172 BGB. Allerdings treten diese Wirkungen nur ggü. einem Dritten ein. An dieser Voraussetzung fehlt es indes nicht deswegen, weil Dr. K. für die S. mit sich als Vertreter der Beklagten gehandelt hat. Dritter i.S.d. §§ 171, 172 BGB ist die Beklagte als Vertretene und Vertragsgegnerin. Es besteht auch kein Bedürfnis dafür, in solchen Fällen der Mehrvertretung die Vorschriften der §§ 171, 172 BGB generell nicht anzuwenden. Der Vollmachtgeber wird dadurch geschützt, dass etwaige Kenntnisse oder eine fahrlässige Unkenntnis von Umständen, die nach § 173 BGB die Wirkungen der §§ 171, 172 BGB außer Kraft setzen, dem Vertragsgegner nach § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet werden.

(4) Nach § 172 Abs. 1 BGB setzt die Rechtsscheinswirkung voraus, dass der Vertreter die ihm vom Vollmachtgeber ausgehändigte Vollmachtsurkunde vorlegt. Dabei genügt im Falle einer notariellen Vollmachtsurkunde die Vorlage einer Ausfertigung (BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60 [63] = MDR 1988, 124; Urt. v. 11.1.2005 - XI ZR 272/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 574 = NJW 2005, 1190 [1192] m.w.N.). Das war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Entgegen der Auffassung der Revision war die Vorlage weiterer Unterlagen, etwa der Annahmeerklärung der S. oder der dem Geschäftsbesorgungsvertrag zu Grunde liegenden Stammurkunde, nicht erforderlich, da die Vollmacht auch für sich genommen verständlich und hinreichend bestimmt ist (BGH, Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 60/03, MDR 2004, 822 = BGHReport 2004, 1094 = NJW 2004, 2090; Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = NJW 2005, 664 [667]; Urt. v. 9.11.2004 - XI ZR 315/03, MDR 2005, 460 = BGHReport 2005, 443 = NJW 2005, 668 f.). Dies gilt insb. für die Vollmacht der S. zur Vornahme der Auflassung, auf die es vorliegend allein ankommt.

cc) Entgegen der Auffassung der Revision sind die Wirkungen der §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 2 BGB nicht durch § 173 BGB ausgeschlossen. Danach findet eine Vertretung nach Rechtsscheinsregeln dann nicht statt, wenn der Geschäftsgegner, hier die Beklagte, das Erlöschen bzw. das Fehlen der Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt oder kennen muss. Dabei reicht die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen der den Mangel der Vertretungsmacht begründenden Umstände nicht aus. Vielmehr müssen sich diese subjektiven Merkmale auf den Mangel der Vertretungsmacht selbst beziehen (BGH, Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = NJW 2005, 664 [667]; Urt. v. 11.1.2005 - XI ZR 272/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 574 = NJW 2005, 1190 f.; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, NJW 2005, 1576 [1579], jeweils m.w.N.).

Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Zum Zeitpunkt des geschäftlichen Kontakts der Parteien im Jahre 1993 entsprachen der Geschäftsbesorgungsvertrag und die zu seiner Durchführung erteilte Vollmacht einer weit verbreiteten und seinerzeit nicht angezweifelten Praxis (BGH v. 28.9.2000 - IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265 [276 f.]; Urt. v. 8.10.2004 - V ZR 18/04, BGHReport 2005, 73 m. Anm. Lenz = MDR 2005, 259 = NJW 2005, 820 [823]; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, NJW 2005, 1576 [1579]). Dies gilt auch für die in der Vollmacht unter Ziff. II 3.16 enthaltene Ermächtigung der S. zur "Führung von Rechtsstreitigkeiten und Prozessen" (BGH v. 26.3.2003 - IV ZR 222/02, BGHZ 154, 283 [284] = BGHReport 2003, 764 = MDR 2003, 944; Urt. v. 11.1.2005 - XI ZR 272/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 574 = NJW 2005, 1190 [1191]). Auf Grund dieser Praxis konnte die Beklagte den Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz und den damit verbundenen Mangel der Bevollmächtigung der S. zur Erklärung der Auflassung nicht erkennen. Dass Dr. K. mit dem Vertriebskonzept der Beklagten vertraut war und die Beziehungen zwischen ihr und der S. kannte, ist ohne Belang. Bei § 173 BGB kommt es allein auf die Kenntnis bzw. auf das Kennenmüssen des Vollmachtmangels an.

Selbst wenn man - mit der Revision - eine Kenntnis des Vollmachtmangels insoweit bejahen wollte, als es um die Ermächtigung der S. zur Führung von Rechtsstreitigkeiten geht, hätte dies auf das Ergebnis keine Auswirkungen. Der Rechtsschein einer den Eigentumserwerb ermöglichenden Vollmacht bliebe davon unberührt.

dd) Die Wirksamkeit des Eigentumserwerbs scheitert nicht daran, dass die von der Beklagten ggü. Dr. K. erteilte Vollmacht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig ist. Zwar zielte auch die von der Beklagten zur Veräußerung ihrer Wohnungen Dr. K. erteilte Vollmacht auf die Verwirklichung und Gestaltung fremder Rechtsverhältnisse. Entscheidend für die Anwendbarkeit des Rechtsberatungsgesetzes ist jedoch die Frage, ob die Geschäftsbesorgung überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht. Letzteres ist der Fall, wenn der Auftraggeber im Rahmen der Geschäftsbesorgung eine besondere rechtliche Prüfung oder Beratung auf der Grundlage besonderer Kenntnisse und Fertigkeiten erwartet. Bloße wirtschaftliche Tätigkeiten liegen hingegen vor, wenn eine solche rechtliche Prüfung bzw. Beratung vom Auftraggeber nicht gewünscht wird (BGH, Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, BGHReport 2003, 1086 = NJW 2003, 3046 [3048]). Gemessen daran ist hier die Beauftragung und Bevollmächtigung von Dr. K. durch die Beklagte kein Geschäft, das dem Rechtsberatungsgesetz untersteht. Die Beklagte befasst sich gewerblich mit Wohnungsbau und verfügt daher über ausreichende eigene Erfahrungen in diesem Bereich. Die Einschaltung von Dr. K. diente erkennbar nicht der Beratung der Beklagten, sondern lediglich der Vereinfachung und Beschleunigung der zur Veräußerung der Wohnung erforderlichen Vorgänge.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1394857

DB 2005, 2633

NJW 2005, 2983

BGHR 2005, 1345

DWW 2005, 388

WM 2005, 1764

ZAP 2005, 1174

MDR 2005, 1365

NotBZ 2005, 323

ZBB 2005, 453

LL 2005, 818

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