Leitsatz (amtlich)
Beruht die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts auf widersprüchlichen Feststellungen, die dem Revisionsgericht keine hinreichend sichere Beurteilung des Parteivorbringens erlauben, so ist das Berufungsurteil schon wegen dieses Mangels aufzuheben.
Normenkette
ZPO §§ 314, 549 Abs. 1, § 561 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Hanau (Aktenzeichen 1 O 30/98) |
OLG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2 U 160/98) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Teilurteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte aufgrund einer Rahmenvereinbarung vom 23./25. September 1996 verpflichtet ist, der Klägerin den Kaufpreis für insgesamt 900 Metalltore zu bezahlen. Von dem Gesamtpreis sind noch 118.688,99 DM offen. Die auf einem Geschäftsbogen der Firma H. GmbH geschriebene Rahmenvereinbarung enthielt u.a. folgende Vereinbarungen:
„Die Firma H. beauftragt die Firma R. Metallwaren [Klägerin] … min. 10.000 Stck. H. -Top-Tor …. zu fertigen und verkaufsfertig verpackt bereitzustellen.
Die Firma H. GmbH ruft die Ware nach Bedarf ab und wird einen Forecast für einen Zeitraum von mindestens 8 Wochen im voraus abliefern.
- …
- … Durch die Firma H. GmbH wird die Verpackung zugestellt. Die Verpackung wird jedoch durch die Firma R. nach Bedarf abgerufen (direkt bei dem Kartonagen-Hersteller Firma St.). Die Rechnungslegung erfolgt zu Lasten der Firma H. .
… Die Werkzeugkosten betragen … DM 43.159,00 und sind von der Fa. H. zu tragen. Die Werkzeugkosten werden … sofort fällig (Freigabe durch die Firma H. nach Überprüfung der ordnungsgemäßen Produktqualität vorausgesetzt) …. Das Werkzeug geht sofort in das Eigentum der Firma H. über.
Die Rahmenvereinbarung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft …
Dieser Vertrag wird mit allen Rechten und Pflichten von einer neu gegründeten Firma (Gesellschafter: Herr H. B. [Beklagter] und Herr S. H.) übernommen.”
Der Vertrag war unterschrieben von dem Inhaber der Klägerin, dem damaligen Geschäftsführer der H. GmbH S. H. und vom Beklagten. Über den Unterschriften des S. H. und des Beklagten befand sich der Zusatz „Der Auftraggeber: H. S.” bzw. „Der Auftraggeber: B. H. .”
Bei der am Ende des Vertragstextes genannten „neu gegründeten Firma” handelte es sich um die H. und B. Heimwerker GmbH, deren Gründung damals beabsichtigt war. Dazu kam es in der Folgezeit aber nicht. Statt dessen wurde auf der Abnehmerseite eine Firma H. T. A. GmbH eingeschaltet, an der unter anderem der Beklagte und S. H. als Gesellschafter beteiligt waren. Im Dezember 1996 änderte die Gesellschaft ihren Unternehmensgegenstand und ihre Bezeichnung in H. Verkleidungssysteme GmbH. Am 7. März 1997 schied der Beklagte aus der Gesellschaft aus.
Zum Jahreswechsel 1996/97 wurde die Klägerin darüber unterrichtet, daß sie künftig an die Firma H. Verkleidungssysteme GmbH liefern und dorthin auch ihre Rechnungen richten solle.
In der Folgezeit lieferte die Klägerin an die H. Verkleidungssysteme GmbH 600 Einheiten „H. -Top-Tor” zum Preis von 111.030,20 DM; von diesem Betrag sind noch 64.323,89 DM offen. Für weitere 300 Einheiten, die der Beklagte inzwischen abgeholt hat, hat die Klägerin der Firma H. Verkleidungssysteme GmbH 54.365,10 DM in Rechnung gestellt. Hierauf ist noch nichts bezahlt worden.
Die Firma H. Verkleidungssysteme GmbH besteht nicht mehr. Ein Konkursantrag wurde am 28. November 1997 mangels Masse abgewiesen.
Die Klägerin ist der Auffassung, daß der Beklagte aufgrund der von ihm mit dem Zusatz „Der Auftraggeber” unterschriebenen Rahmenvereinbarung persönlich für ihre Forderungen hafte; sie hat ihn deshalb auf Zahlung des noch offenen Betrages von 118.688,99 DM in Anspruch genommen. Dagegen wendet der Beklagte ein, zunächst habe die Firma H. GmbH Auftraggeberin sein sollen. Eine persönliche Haftung sei nicht vereinbart worden, vielmehr hätte eine GmbH an die Stelle der in der Rahmenvereinbarung genannten Auftraggeber H. und B. treten sollen. Mit der Änderung des Unternehmensgegenstandes und der Bezeichnung der früheren T. A. GmbH hätten der Beklagte und S. H. ihre Verpflichtung zur Schaffung einer solchen GmbH erfüllt. Mit seiner Unterschriftsleistung habe er – der Beklagte – lediglich den letzten Absatz der Rahmenvereinbarung bestätigt. Im übrigen macht der Beklagte bezüglich der letzten Lieferung Mängelrügen geltend.
Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat mit Teilurteil vom 30. Juli 1999 die Berufung des Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil zurückgewiesen, soweit der Beklagte zur Zahlung von 64.323,89 DM nebst 11 % Zinsen verurteilt worden ist. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Soweit die Klägerin Bezahlung des noch offenen Restbetrages der beiden ersten Lieferungen verlange, sei der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif und ein Teilurteil zu erlassen. Hinsichtlich der letzten 300 Tore bedürfe die Sache weiterer Aufklärung, da der Beklagte insofern sinngemäß die Einrede der Wandlung erhoben habe.
Das Landgericht habe den Beklagten zu Recht zur Zahlung des Kaufpreises für die zuerst gelieferten Tore verurteilt, da der Beklagte nach der insoweit eindeutigen Rahmenvereinbarung „Auftraggeber” sei. Unstreitig habe die Firma H. GmbH nur die Abwicklung der getroffenen Vereinbarungen übernehmen, jedoch nicht selbst Auftraggeberin sein sollen. Die Behauptung des Beklagten, er habe nicht persönlich haften sollen, treffe nur insoweit zu, als nach dem Willen der Parteien der Vertrag von der H. und B. Heimwerker GmbH habe übernommen werden sollen. Da diese GmbH jedoch nicht gegründet worden sei, sei der Beklagte notwendigerweise Auftraggeber und damit Vertragspartner der Klägerin geblieben. Für eine andere Auslegung der Rahmenvereinbarung fehle es an irgendwelchen Anhaltspunkten.
Der Vertrag sei auch nicht von der in H. Verkleidungssysteme GmbH umbenannten H. T. A. GmbH übernommen worden, weil es sich bei dieser Gesellschaft nicht um die im letzten Satz der Rahmenvereinbarung erwähnte „neu gegründete Firma” handele. Insbesondere sei die Rahmenvereinbarung auch nicht dadurch schlüssig abgeändert worden, daß die Klägerin ab 1997 die Tore an diese GmbH geliefert und diese auch teilweise Zahlung geleistet habe. Dem entsprechenden Verhalten der Klägerin sei kein Erklärungswert zugekommen, solange die Geschäfte problemlos gelaufen seien, und zwar auch mit der H. GmbH, die unstreitig nicht Vertragspartnerin habe sein sollen. Überdies könne die Rahmenvereinbarung nicht dahin ausgelegt werden, daß die H. Verkleidungssysteme GmbH die Voraussetzungen des letzten Satzes der Vereinbarung erfülle, zumal der Beklagte, dessen Beteiligung für die Klägerin bedeutsam gewesen sei, in dieser Gesellschaft keinen maßgeblichen Einfluß gehabt habe.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat unzulässigerweise durch Teilurteil entschieden (§ 301 ZPO). Die Frage, ob der Beklagte aufgrund der Rahmenvereinbarung vom 23./25. September 1996 persönlich haftet, kann für alle in dem Rechtsstreit geltend gemachten Forderungen – auch wegen der vom Oberlandesgericht noch nicht entschiedenen letzten Teillieferung – nur einheitlich, unter Umständen durch Grundurteil (BGHZ 107, 236, 242), beantwortet werden. Bei der vom Berufungsgericht geschaffenen Verfahrenslage ist die Gefahr widersprechender Entscheidungen aber nicht auszuschließen.
Das verhilft der Revision jedoch nicht zum Erfolg, weil die Zulässigkeit eines Teilurteils vom Revisionsgericht grundsätzlich nur auf entsprechende Verfahrensrüge hin zu prüfen ist (BGHZ 16, 71, 74; BGH, Urteil vom 22. März 1991 – V ZR 16/90 = BGHR ZPO § 301 Abs. 1, Zurückverweisung 1). Eine solche Rüge hat die Revision indessen nicht rechtzeitig in der erforderlichen Weise erhoben (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO).
2. Das Berufungsurteil kann aber deshalb keinen Bestand haben, weil die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei „Auftraggeber” der auf der Rahmenvereinbarung vom 23./25. September 1996 beruhenden Bestellungen gewesen, von seinen Feststellungen nicht getragen wird. Die Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu sind widersprüchlich und erlauben dem Senat keine hinreichend sichere rechtliche Beurteilung des Parteivorbringens (§§ 549 Abs. 1, 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
a) Das tatsächliche Vorbringen der Parteien ist in erster Linie dem Tatbestand des Urteils zu entnehmen (§ 314 ZPO). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch anerkannt, daß vom Geltungsbereich des § 314 ZPO auch diejenigen tatsächlichen Feststellungen erfaßt werden, die in den Entscheidungsgründen enthalten sind (BGHZ 139, 36, 39 m.w.Nachw.). Die Beweiswirkung der Vorschrift erstreckt sich auch darauf, ob eine bestimmte Behauptung bestritten ist oder nicht.
Die Beweiskraft des Tatbestandes und damit auch die Bindung für das Revisionsgericht entfällt aber, soweit die Feststellungen Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten aufweisen (BGHZ 80, 64, 67; BGH, Urteil vom 9. März 1995 – III ZR 44/94 = BGHR ZPO § 314, Widersprüchlichkeit 4). Einen solchen Widerspruch, der im übrigen auch von Amts wegen zu berücksichtigen wäre (BGH, Urteil vom 9. März 1995 aaO m.w.Nachw.), hat die Revision zu Recht gerügt.
b) Im unstreitigen Teil des Tatbestandes hat das Oberlandesgericht zunächst ausgeführt, durch die Rahmenvereinbarung habe die Firma H. GmbH die Klägerin mit der Herstellung und Lieferung der Tore beauftragt. Im selben Abschnitt des Tatbestandes heißt es weiter, die Firma H. GmbH sei lediglich mit dem Abschluß des Vertrages beauftragt worden; im Innenverhältnis sei sie von dem Beklagten und S. H. von allen Verbindlichkeiten aus dem Vertrag freigestellt worden. Als Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren hat das Oberlandesgericht im Tatbestand wiedergegeben, er – der Beklagte – habe nicht persönlich haften sollen; von seiner persönlichen Haftung habe auch die Klägerin nicht ausgehen können. Entgegen der Meinung des Landgerichts habe die H. GmbH Auftraggeberin sein sollen. Zweck seiner, des Beklagten, Unterschriftsleistung sei lediglich die Bestätigung des letzten Absatzes der Rahmenvereinbarung – dieser betrifft die vorgesehene Vertragsübernahme durch die neu zu gründende GmbH – gewesen.
Diese Ausführungen stehen im Widerspruch zu der am Beginn der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils getroffenen Feststellung, es sei zwischen den Parteien unstreitig, daß die eingangs der Rahmenvereinbarung als Vertragspartner genannte Firma H. GmbH nur die Abwicklung der getroffenen Vereinbarungen übernehmen, jedoch nicht Auftraggeberin sein sollte. Gleiches gilt für die Annahme des Berufungsgerichts, der Vortrag des Beklagten über den Ausschluß seiner persönlichen Haftung treffe nur insoweit zu, als nach dem Willen der Parteien der Vertrag von der Firma H. und B. Heimwerker GmbH übernommen werden sollte. Unvereinbar ist dies insbesondere mit der vom Berufungsgericht als unstreitig angesehen Auftragserteilung durch die H. GmbH und der auf das Innenverhältnis beschränkten Freistellung der Gesellschaft durch den Beklagten und S. H.. Wenn die H. GmbH unstreitig nach außen hin – gegenüber der Klägerin – als Auftraggeberin auftrat und eine Freistellung von den vertraglichen Pflichten nur intern zwischen der Gesellschaft einerseits und dem Beklagten sowie S. H. andererseits vereinbart war, kann das Gegenteil hiervon – Freistellung der H. GmbH auch im Außenverhältnis sowie uneingeschränkte persönliche Haftung des Beklagten – nicht ebenfalls unstreitig sein. Angesichts dieser Widersprüchlichkeiten ist auch unklar, wie die Feststellung des Berufungsurteils zu verstehen ist, die H. GmbH habe nur „die Abwicklung” der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarungen übernehmen sollen. Der – insoweit jedenfalls objektiv eindeutige – Wortlaut der Rahmenvereinbarung, in der die Gesellschaft mehrfach, unmißverständlich und ohne Einschränkungen oder Zusätze als Trägerin der vertraglichen Rechte und Pflichten – etwa hinsichtlich der Bereitstellung der Verpackung und der Erstattung von Werkzeugkosten – genannt ist, spricht jedenfalls dagegen.
3. Da das Berufungsgericht zur Frage der persönlichen Haftung des Beklagten die erforderlichen Feststellungen zu treffen hat, ist der Senat an einer eigenen Sachentscheidung gehindert. Auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen kann auch nicht abschließend entschieden werden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO), ob der Beklagte, falls er ursprünglich an der Rahmenvereinbarung als Auftraggeber beteiligt war, etwa nachträglich infolge einer auf der Auftraggeberseite erfolgten Vertragsübernahme durch die H. Verkleidungssysteme GmbH ausgeschieden ist – was das Berufungsgericht verneint hat – und die Klage schon aus diesem Grund abzuweisen wäre.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Beyer, Ball, Dr. Leimert, Wiechers
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.05.2000 durch Zöller, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NJW 2000, 3007 |
BGHR |
EWiR 2000, 843 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 1871 |
MDR 2000, 1026 |
MittRKKöln 2000, 324 |