Leitsatz (amtlich)

a) Die Abwicklung einer durch Beschluß ihrer Trägerbetriebe aufgelösten kooperativen Einrichtung ist nach §§ 82 ff. GenG vorzunehmen.

b) Bei dem Anspruch auf Rückzahlung eines unter Verstoß gegen § 90 Abs. 1 GenG ausgezahlten Betrages handelt es sich nicht um einen bereicherungsrechtlichen, sondern um einen körperschaftsrechtlichen Anspruch.

 

Normenkette

GenG §§ 82 ff.; LwAnpG §§ 42, 69

 

Verfahrensgang

OLG Naumburg (Aktenzeichen 11 U 1490/97)

LG Dessau (Aktenzeichen 6 O 2416/96)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 27. Januar 1998 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dessau vom 9. Juli 1997 wird zurückgewiesen.

Die Kosten beider Rechtsmittel trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die klagende kooperative Einrichtung in Liquidation begehrt von der beklagten landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, einem ihrer Trägerbetriebe, die Rückzahlung eines an diese nach Beschluß über die Auflösung der Klägerin ausgezahlten Geldbetrages.

Die von insgesamt zehn landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (künftig: LPG) als Trägerbetrieben gegründete Klägerin war im LPG-Register des Kreises Z. als kooperative Einrichtung (künftig: KE) eingetragen und betrieb eine Jungrinderaufzuchtanlage. Im Juli 1991 veräußerte sie die Anlage einschließlich der vorhandenen Tiere für ca. 1,6 Mio. DM an das Ehepaar A.. Die Käufer verpflichteten sich zusätzlich zur Kaufpreiszahlung, die in Höhe von 664.698,53 DM zuzüglich Zinsen gegenüber der D.-Bank bestehenden Altschulden der Klägerin abzulösen oder die Voraussetzungen für den Erlaß der Altkreditverbindlichkeiten zu schaffen. Zur Sicherung dieser Verpflichtung der Käufer behielt sich die Klägerin das Eigentum an einem Teil des Viehbestandes im Wert von 707.000,– DM vor. Am 8. August 1991 beschloß die Beteiligtenversammlung der Klägerin deren Auflösung und die Einstellung des Betriebes zum 1. September 1991. Der von den Käufern für die Aufzuchtanlage gezahlte Kaufpreis wurde von einem „Treuhänder” der Klägerin zu 80 % an die Trägerbetriebe ausgekehrt. Die Beklagte erhielt davon am 26. September 1991 den Betrag von 216.481,68 DM, dessen Rückzahlung die Klägerin mit der Klage begehrt. Im August 1993 hob die Treuhandanstalt einen am 29. Oktober 1991 ergangenen Bescheid über einen Teilerlaß der Altschulden der Klägerin wieder auf. Die Käufer der Aufzuchtanlage erfüllten ihre Verpflichtung zur Ablösung der Altschulden nicht und veräußerten nach und nach den noch im Eigentum der Klägerin befindlichen Viehbestand an Dritte. Den Verkaufserlös transferierten sie überwiegend in die Türkei, wohin sie sich schließlich auch selbst absetzten. Die Klägerin versucht, den Betrag von 707.000,– DM über ein türkisches Inkassobüro beizutreiben.

Die Beklagte hält die Rückzahlungsforderung für unbegründet. Hilfsweise hat sie die Aufrechnung mit mehreren Schadenersatzforderungen erklärt, die sie unter Berufung auf § 31 BGB aus einer Haftung der Klägerin für Pflichtverletzungen ihres Liquidators herleitet. Im einzelnen macht sie folgende Gegenansprüche geltend: 216.481,68 DM wegen ungesicherter Freigabe der im Eigentum der Klägerin stehenden Rinder durch den Liquidator; 49.000,– DM wegen vom Liquidator verursachter Kosten hinsichtlich der erforderlich gewordenen Rechtsverfolgung gegen die Käufer der Aufzuchtanlage; 100.000,– DM wegen unnötig langen Liquidationsverfahrens und dafür aufgewendeten Liquidatorenhonorars; 282.800,– DM wegen des vom Liquidator mit dem türkischen Inkassobüro vereinbarten Erfolgshonorars von 40 % und schließlich 421.453,51 DM wegen eines im September 1991 in dieser Höhe an die Käufer gezahlten „Übergabebetrages”.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch wegen Verstoßes gegen das Auszahlungsverbot des § 90 Abs. 1 GenG zu.

I. Das Berufungsgericht hat die Liquidation der Klägerin anhand der Vorschriften über die Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 730 ff. BGB) beurteilt und den Klageanspruch wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 735 BGB als derzeit unbegründet abgewiesen. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Abwicklung der Klägerin richtet sich in entsprechender Anwendung der §§ 69 Abs. 3 Satz 4 und 42 Abs. 1 Satz 1 LwAnpG nach den für die Auflösung der eingetragenen Genossenschaften geltenden Vorschriften, insbesondere den §§ 82-93 GenG (so jetzt auch OLG Naumburg NZG 1999, 37; vgl. dazu Sen.Urt. v. 17. Mai 1999 - II ZR 243/98).

1. Bei der Klägerin handelt es sich um eine im früheren LPG-Register eingetragene KE, mithin um eine rechtsfähige juristische Person (§ 13 Abs. 3 LPG-Gesetz). Für die Abwicklung derartiger KE trifft das Landwirtschaftsanpassungsgesetz in § 69 Abs. 3 Satz 4 eine ausdrückliche Regelung, nach der die für die Abwicklung der LPG geltende Vorschrift des § 42 LwAnpG anzuwenden ist, die ihrerseits – u.a. – auf die §§ 82-93 GenG verweist.

2. Die Verweisungskette über §§ 69 Abs. 3 Satz 4 und 42 Abs. 1 Satz 1 LwAnpG gilt für die Klägerin ungeachtet des Umstandes, daß sie nicht erst kraft Gesetzes zum 1. Januar 1992, sondern bereits durch Beschluß ihrer Trägerbetriebe vom 8. August 1991 aufgelöst worden ist. Die Regelung des § 69 Abs. 3 Satz 4 LwAnpG bezieht sich zwar nach ihrer systematischen Stellung unmittelbar nur auf die in § 69 Abs. 3 Satz 1 LwAnpG kraft Gesetzes angeordnete Auflösung von LPG und KE. Sie ist aber auf den vorliegenden Fall einer Auflösung durch Beschluß der Trägerbetriebe entsprechend anwendbar.

a) Die Auflösung einer KE durch Beschluß der Trägerbetriebe war bereits vor dem 1. Januar 1992 zulässig. Zwar enthält das Landwirtschaftsanpassungsgesetz für die KE keine ausdrückliche Regelung über die Möglichkeit der Auflösung durch Beschluß, wie sie in § 41 LwAnpG für die LPG vorgesehen ist. Eine solche ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zur Auflösung war aber für die KE – anders als für die LPG (dazu BGH, Beschl. v. 1. Juli 1994 - BLw 7/94, WM 1994, 1898) – nicht erforderlich. Im Gegensatz zur Situation bei der LPG war es den Trägerbetrieben bereits unter der Geltung des LPG-Gesetzes möglich, die KE aufzulösen. Sie konnten den Rechtsstatus der KE verändern und sie von einer juristischen Person in eine unselbständige Einrichtung oder einen Betriebsteil eines Trägerbetriebes umwandeln (vgl. Abschn. VIII Nr. 56 Abs. 1 des Musterstatuts für kooperative Einrichtungen vom 8. Juni 1998, GBl. DDR Sonderdruck Nr. 1310; Arlt/Krauß, Komm. z. LPG-Gesetz, 1989, § 13 Anm. 1 S. 65). Es kann nicht angenommen werden, daß durch das Landwirtschaftsanpassungsgesetz die Möglichkeit der Auflösung von kooperativen Einrichtungen eingeschränkt werden sollte.

b) Für die vor dem 1. Januar 1992 durch Beschluß aufgelösten KE fehlen Vorschriften für ein Abwicklungsverfahren. Insbesondere finden sich in Abschn. VIII Nr. 56 des Musterstatuts für kooperative Einrichtungen (aaO) keine derartigen Verfahrensregeln, wie der Senat in der oben erwähnten Entscheidung vom 17. Mai 1999 (II ZR 243/98) näher ausgeführt hat.

c) Die Übereinstimmung der Interessenlagen gebietet es, auf die Abwicklung einer rechtsfähigen KE nach ihrer Auflösung durch Beschluß der Trägerbetriebe die Vorschriften über das Abwicklungsverfahren nach gesetzlich angeordneter Auflösung entsprechend anzuwenden (ebenso Ebbing, NZG 1999, 38, 39). Auch bei der LPG werden die Rechtsfolgen beider Auflösungsvorgänge gleich behandelt: § 42 LwAnpG, auf den § 69 Abs. 3 Satz 4 LwAnpG verweist, regelt in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich die Abwicklung der gemäß § 41 LwAnpG durch Beschluß ihrer Mitglieder aufgelösten LPG.

Einer entsprechenden Anwendung der genossenschaftsrechtlichen Abwicklungsvorschriften steht nicht entgegen, daß der Senat in einigen Fällen die Vorschriften der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf KE entsprechend angewendet hat (vgl. Urt. v. 20. Juli 1994 - II ZR 103/93, ZIP 1994, 1523, 1525; Urt. v. 20. Januar 1997 - II ZR 192/95, WM 1997, 881, 883; Urt. v. 21. April 1997 - II ZR 221/95, VIZ 1997, 548; vgl. auch BGH, Urt. v. 1. Juli 1994 - LwZR 10/93, WM 1994, 1895). Dort hat es sich jedoch ausschließlich um nicht eingetragene, juristisch unselbständige KE gehandelt (vgl. dazu auch Dehne, AgrarR 1993, 165, 168, 171).

Auf eine rechtsfähige KE, wie sie im vorliegenden Falle gegeben ist, passen die §§ 730 ff. BGB hingegen nicht. Diese Vorschriften sind weitgehend dispositiv: So können die Gesellschafter die vorrangige Befriedigung der Gläubiger, die § 733 Abs. 1 BGB vorsieht, abbedingen. Das kann nur deswegen hingenommen werden, weil die Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden regelmäßig persönlich einzustehen haben (vgl. § 735 BGB). Bei den rechtsfähigen KE haben die Gläubiger jedoch nur die Möglichkeit, auf das Vermögen der Einrichtung zuzugreifen. Bei entsprechender Anwendung der §§ 730 ff. BGB kann daher die Gefahr nicht ausgeschlossen werden, daß die Gläubiger der rechtsfähigen KE benachteiligt werden. Aus diesem Grunde ist die Anwendung der für die Genossenschaften geltenden Liquidationsvorschriften der §§ 82-93 GenG im Vergleich zu den §§ 730 ff. BGB die sachgerechtere Lösung.

II. In Anbetracht dieser Rechtslage kann die Sache abschließend entschieden werden.

1. Die Verteilung des aus dem Verkauf der Jungrinderaufzuchtanlage erzielten Erlöses an die Trägerbetriebe – und damit auch die Auszahlung an die Beklagte – verstieß gegen § 90 Abs. 1 GenG. Nach dieser Vorschrift darf die Verteilung des Genossenschaftsvermögens nicht vor Tilgung oder Deckung der Schulden und nicht vor Ablauf eines Jahres nach Veröffentlichung der Aufforderung der Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche (§ 82 Abs. 2 GenG) erfolgen. Zum Zeitpunkt der Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages an die Beklagte im September 1991 lag keine dieser beiden Auszahlungsvoraussetzungen vor.

a) Die Auszahlung erfolgte vor Ablauf der Sperrfrist. Offenbleiben kann insoweit, ob die in § 90 Abs. 1 GenG angeordnete einjährige Sperrfrist für den streitgegenständlichen Anspruch der Trägerbetriebe einer KE auf Auskehrung des Liquidationserlöses nach der Regelung in § 42 Abs. 1 Satz 2 LwAnpG auf drei bzw. sechs Monate verkürzt ist; denn auch eine nur dreimonatige Sperrfrist wäre zum Zeitpunkt der Auszahlung noch nicht abgelaufen. Da die Liquidation der Klägerin am 8. August 1991 beschlossen wurde, ist die im September 1991 erfolgte Auszahlung jedenfalls noch innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der möglichen Veröffentlichung des Gläubigeraufrufs im Sinne des § 82 Abs. 2 GenG – über diesen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen – vorgenommen worden.

b) Die Auszahlung erfolgte auch vor Tilgung oder Deckung der Schulden der Klägerin, die damals mehr als 664.698,53 DM betrugen und zu diesem Zeitpunkt von der Treuhandanstalt noch nicht erlassen waren. In dem vorbehaltenen Eigentum an dem verkauften Viehbestand im Wert von 707.000,– DM kann keine ausreichende „Deckung der Schulden” im Sinne des § 90 Abs. 1 GenG gesehen werden, weil – wie die weiteren Ereignisse gezeigt haben – keine ausreichende Gewähr dafür gegeben war, daß für verkaufte Rinder wieder gleichwertige Ersatztiere in das Eigentum der Klägerin gelangten.

2. Die unter Verstoß gegen § 90 Abs. 1 GenG vorgenommene Vermögensverteilung hat zur Folge, daß der Empfänger die erhaltenen Leistungen zu erstatten hat, soweit diese zur Befriedigung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft benötigt werden (Müller, GenG 1980, § 90 Rdn. 15; Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG 33. Aufl. § 90 Rdn. 11; Meyer/Meulenbergh/Beuthin, GenG 12. Aufl. § 90 Rdn. 6; Hettrich/Pöhlmann, GenG 1995, § 90 Rdn. 4; vgl. auch RGZ 92, 77, 82; 109, 387, 392; 124, 210, 215 zum vergleichbaren § 73 Abs. 1 GmbHG).

a) Die Klägerin hat durch Vorlage des geprüften Jahresabschlusses zum 31. August 1995 samt Erläuterungsteil, dem die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten ist, dargetan, daß dem Liquidator am Bilanzstichtag zur Tilgung aller Schulden der Klägerin ein Betrag von 613.834,16 DM gefehlt hat. Angesichts dieses Betrages ist der gesamte Klagebetrag zur Befriedigung der noch offenen Verbindlichkeiten der Klägerin erforderlich.

b) Die Beklagte kann dem Anspruch auf Rückzahlung des gesamten ihr ausgezahlten Betrages nicht entgegenhalten, daß der im September 1991 an alle Trägerbetriebe ausgezahlte Verkaufserlös von 1.314.400,– DM in seiner Gesamthöhe zur Deckung der Schulden nicht erforderlich ist. Daraus kann nicht abgeleitet werden, daß jeder Trägerbetrieb im Verhältnis zur Klägerin nur eine auf ihn entfallende Quote zurückzuzahlen hätte. Angesichts der Ungewißheit, ob und in welcher Höhe die Klägerin Rückzahlungsansprüche gegen alle Trägerbetriebe tatsächlich realisieren kann (einige Trägerbetriebe befinden sich bereits in der Gesamtvollstreckung), muß ihr zugebilligt werden, zunächst von allen Trägerbetrieben den gesamten unter Verstoß gegen § 90 GenG ausgezahlten Betrag zurückzuverlangen. Erst einen nach Tilgung aller Schulden etwa verbleibenden Überschuß hätte der Liquidator der Klägerin im Rahmen der Vermögensverteilung (§ 91 GenG) wieder an die Trägerbetriebe auszukehren.

3. Die Beklagte kann sich gegenüber der Klageforderung nicht erfolgreich auf einen Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen. Bei dem Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der unter Verstoß gegen § 90 Abs. 1 GenG empfangenen Leistungen handelt es sich entgegen der oben unter 2. zitierten Rechtsprechung des Reichsgerichts und der Kommentarliteratur zu § 90 GenG nicht um einen bereicherungsrechtlichen, sondern einen körperschaftsrechtlichen Anspruch. Die unter Verstoß gegen § 90 GenG vorgenommene Auszahlung ist mit einer gemäß § 22 Abs. 4 GenG verbotenen Auszahlung des Geschäftsguthabens vergleichbar, bei welcher der Rückzahlungsanspruch ebenfalls unmittelbar aus dem körperschaftlichen Verhältnis – und nicht aus Bereicherungsrecht – abzuleiten ist (vgl. Sen.Urt. v. 10. März 1997 - II ZR 338/95, ZIP 1997, 928 und II ZR 339/95, ZIP 1997, 927; Müller aaO, 2. Aufl. § 22 Rdn. 40; Meyer/Meulenbergh/Beuthin aaO, § 22 Rdn. 9; Hettrich/Pöhlmann aaO, § 22 Rdn. 9; einschränkend Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland aaO, § 22 Rdn. 13). Dagegen wäre es mit Sinn und Zweck des Verteilungsverfahrens im Sinne des § 90 Abs. 1 GenG nicht zu vereinbaren, würde man das Entreicherungsrisiko hinsichtlich des Rückforderungsanspruchs nicht dem Empfänger, sondern der Gesellschaft – und damit in erster Linie den Gesellschaftsgläubigern – auferlegen; denn das Verteilungsverfahren soll gerade sicherstellen, daß die Gläubigerbefriedigung Vorrang vor etwaigen Verteilungsansprüchen der Mitglieder hat. Das Entreicherungsrisiko ist deshalb vom Empfänger der gegen § 90 Abs. 1 GenG verstoßenden Leistung zu tragen, dessen Sphäre der Verstoß gegen das Auszahlungsverbot auch eher zuzurechnen ist als derjenigen der Gläubiger. Im Einklang damit wird auch zu § 73 Abs. 1 GmbHG die Auffassung vertreten, daß Grundlage für den Rückforderungsanspruch der Gesellschaft ein körperschaftsrechtlicher Anspruch in entsprechender Anwendung des § 31 GmbHG ist (Hachenburg/Hohner, GmbHG 8. Aufl. § 73 Rdn. 44; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 8. Aufl. § 73 Rdn. 19; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG 16. Aufl. § 73 Rdn. 17; Roth/Altmeppen, GmbHG 3. Aufl. § 73 Rdn. 18; dagegen nur auf Bereicherungsrecht abstellend OLG Rostock GmbHR 1996, 621; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14. Aufl. § 73 Rdn. 15; Rowedder/Rasner, GmbHG 3. Aufl. § 73 Rdn. 11).

Der IX. Zivilsenat hat in einem Urteil vom 2. Juli 1996 (IX ZR 157/95, WM 1996, 1681, 1683) ausgeführt, als Grundlage der Ansprüche gegen Auszahlungsempfänger könne nur § 812 BGB in Betracht kommen, weil das Genossenschaftsrecht keine den §§ 31 GmbHG und 62 AktG entsprechende Sondervorschrift kenne. Daran ist der erkennende Senat nicht gebunden, weil die Entscheidung des IX. Zivilsenates nicht auf dieser Ansicht beruht.

4. Die Klageforderung ist schließlich nicht infolge der Hilfsaufrechnungen der Beklagten erloschen. Die Klägerin ist der Beklagten gegenüber nicht verpflichtet, in entsprechender Anwendung des § 31 BGB Schadenersatz für die behaupteten Pflichtverletzungen ihres Liquidators zu leisten. Die Beklagte beruft sich ausschließlich auf solche Handlungen des Liquidators, die das Liquidationsvermögen der Klägerin geschmälert haben sollen. Sie kann aus einer Verringerung des Liquidationsvermögens durch schädigende Handlungen des Liquidators aber keine Schadenersatzansprüche gegen die – dadurch selbst unmittelbar geschädigte – Klägerin ableiten. Einen Schadenausgleich könnte die Beklagte, wenn die Klägerin selbst nicht gegen den Liquidator vorgehen würde, allenfalls auf dem Wege herbeiführen, daß sie ihrerseits den Liquidator – auf Zahlung an die Klägerin – in Anspruch nähme (vgl. dazu BGHZ 65, 15, 21 - ITT).

 

Unterschriften

Röhricht, Hesselberger, Henze, Goette, Kraemer

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 17.05.1999 durch Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 538711

BGHZ

BGHZ, 372

BB 1999, 1621

DB 1999, 2002

DStR 1999, 1283

NJW 1999, 2524

BGHR

EWiR 1999, 665

NZG 1999, 842

Nachschlagewerk BGH

VIZ 1999, 627

WM 1999, 1503

WuB 1999, 1253

ZIP 1999, 1173

AgrarR 2000, 53

MDR 1999, 1009

NJ 1999, 652

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