Entscheidungsstichwort (Thema)

Datenverarbeitungsprogramm nach dem Stand der Technik bei mittlerem Ausführungsstandard. Verpflichtung des Werkunternehmers zur Überlassung des Quellcodes an den Auftraggeber zur Wartung und Fortentwicklung

 

Leitsatz (amtlich)

a) Ob der Werkunternehmer, der sich zur Erstellung eines Datenverarbeitungsprogramms verpflichtet hat, dem Besteller auch den Quellcode des Programms überlassen muss, ist mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Neben der Höhe des vereinbarten Werklohns kann dabei insbesondere dem Umstand Bedeutung zukommen, ob das Programm zur Vermarktung durch den Besteller erstellt wird und dieser zur Wartung und Fortentwicklung des Programms des Zugriffs auf den Quellcode bedarf.

b) Haben die Vertragsparteien nicht im Einzelnen vereinbart, was das zu erstellende Programm zu leisten hat, schuldet der Unternehmer ein Datenverarbeitungsprogramm, das unter Berücksichtigung des vertraglichen Zwecks des Programms dem Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstandard entspricht. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hat der Tatrichter ggf. mit sachverständiger Hilfe festzustellen.

 

Normenkette

BGB § 631

 

Verfahrensgang

OLG Bamberg (Urteil vom 30.03.2001)

LG Aschaffenburg

 

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerin und des Beklagten wird das am 30.3.2001 verkündete Urteil des 5. Zivilsenats des OLG Bamberg teilweise, nämlich im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist und soweit das Berufungsgericht die Widerklage des Beklagten in Höhe eines Betrages von 150.457,20 DM (= 76.927,54 EUR) nebst Zinsen abgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist das B. Institut der ... und betreut diese gegen Entgelt u. a. auf dem Gebiet der Informationsverarbeitung. Der Beklagte war bei der Klägerin und der S. bank (S. -Bank) tätig, bevor er sich selbstständig machte. Zwischen den Parteien bestanden seit 1984 geschäftliche Kontakte; die Klägerin übertrug dem Beklagten mehrere Aufträge zur Entwicklung von Software.

Mit Vertrag v. 7.6.1988 verpflichtete sich der Beklagte gegen Zahlung einer Vergütung von 327.500 DM, die Software "W. (W.)" zu erstellen. Hierbei handelte es sich um ein Programm für die Abwicklung von Wertpapieraufträgen für ausländische Börsen. Es war vorgesehen, dass dieses System im Einsatz mit dem auf dem Großrechner des Genossenschaftsrechenzentrums in F. installierten Programm WV. kommunizieren sollte.

Die für den 30.6.1989 vorgesehene Fertigstellung verzögerte sich, zum Teil auf Grund von Änderungs- und Erweiterungswünschen der Klägerin, zum Teil aus anderen Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind. Die Endabnehmerin der Klägerin, die S. -Bank, setzte der Klägerin schließlich eine "letzte Frist" bis zum 24.9.1992 für die Fertigstellung und drohte den Rücktritt vom Vertrag und Schadensersatzforderungen an, falls die Frist nicht eingehalten werde. Die Klägerin forderte daraufhin den Beklagten mit Schreiben v. 25.9.1992 unter Fristsetzung zur Beseitigung von Mängeln auf und drohte ihrerseits dem Beklagten ebenfalls Regressansprüche an.

Der Beklagte übersandte der Klägerin zwei "Endabrechnungen", wonach ihm abzgl. von Abschlagszahlungen aus dem W. -Projekt noch eine Vergütung von 150.457,20 DM zustand. Die Klägerin lehnte die Zahlung ab und führte in einem Antwortschreiben aus, der Beklagte habe trotz mehrfacher Aufforderung nicht den vertraglich geregelten Leistungsumfang erbracht, seine Leistung sei auch nicht als mangelfrei abgenommen worden. Zugleich wies sie den Beklagten darauf hin, dass ihr Kunde durch Verschulden des Beklagten das W. -Programm nicht mehr verfolge. In der weiteren Korrespondenz stellte sich der Beklagte auf den Standpunkt, seit dem 15.10.1992 habe die Klägerin keine Beanstandungen mehr erhoben, sondern das System ihrem Endabnehmer zur Verfügung gestellt. Er habe auch die aus Systementwurf, Systembeschreibung und Benutzerhandbuch bestehende Dokumentation vorgelegt, den Quellcode könne die Klägerin nicht fordern. Demgegenüber verlangte die Klägerin unter Fristsetzung auch die Überlassung der Quellprogramme und wies in diesem Schreiben darauf hin, dass sie nach Fristablauf die weitere Vertragsdurchführung ablehne.

Durch einen weiteren Vertrag verpflichtete sich der Beklagte, gegen Zahlung einer Vergütung von 155.760 DM eine neue Version "Version 2.00" des Programms "D. " zu erstellen. Die Vorgängerversion stellte die Klägerin dem Beklagten zur Verfügung. Der Beklagte berechnete mit Endabrechnung v. 14.1.1993 abzgl. erhaltener Abschlagszahlungen seinen Vergütungsanspruch auf 45.949,20 DM. Auch in diesem Fall verweigerte der Beklagte die Herausgabe des Quellcodes. Die Klägerin forderte den Beklagten in der Folgezeit zur Behebung von Programmfehlern auf. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte dem nachgekommen ist.

Schließlich zahlte die Klägerin dem Beklagten auf dessen Bitte Anfang 1992 einen Betrag von 80.000 DM zzgl. Mehrwertsteuer, wobei zwischen den Parteien streitig ist, was dieser Zahlung zu Grunde lag.

Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage im Hinblick auf das Projekt W. die Feststellung, dass der Beklagte ihr zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet ist, im Hinblick auf das Projekt D. die Zahlung von 133.174,80 DM nebst Zinsen, nämlich die Summe der geleisteten Abschlagszahlungen, und die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr darüber hinausgehenden Schaden zu ersetzen, und schließlich im Hinblick auf die Zahlung von 80.000 DM nebst Mehrwertsteuer die Rückzahlung dieses Betrages nebst Zinsen.

Widerklagend verlangt der Beklagte die Zahlung der restlichen Vergütung für die Projekte W. und D. , insgesamt 196.406,40 DM nebst Zinsen.

Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, 45.250,80 DM nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es Klage und Widerklage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen beider Parteien, mit denen sie Klage und Widerklage weiterverfolgen.

Der Senat hat die Revision der Klägerin insgesamt, die Revision des Beklagten i. H. v. 150.457,20 DM angenommen. Im Umfang der Annahme der Revisionen beantragen beide Parteien die Aufhebung des Berufungsurteils.

 

Entscheidungsgründe

Soweit der Senat die Revisionen angenommen hat, sind diese begründet. Sie führen in diesem Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Revision der Klägerin

1. Projekt W.

Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB bestehe nicht, weil der Beklagte sich allenfalls mit der Auslieferung des Quellcodes in Verzug befunden habe. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob es eine vertragliche Hauptleistungspflicht des Beklagten gewesen sei, den Quellcode herauszugeben. Auch wenn der Beklagte hierzu verpflichtet gewesen sei, sei seine Weigerung nicht schuldhaft gewesen, denn es habe eine unklare Vertragslage bestanden. Der schriftliche Vertrag enthalte eine solche Verpflichtung des Beklagten nicht und darüber hinaus die Klausel, dass Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürften. Ob gleichwohl die Herausgabe des Quellcodes geschuldet sei, hänge von der Bewertung aller Umstände des Einzelfalls ab, die "naturgemäß unterschiedlich ausfallen" könne. Der Beklagte habe die Herausgabe erst nach anwaltlicher Beratung verweigert. Da die auf dem Gebiet der Software-Herstellung sachkundige und erfahrene Klägerin die Unklarheiten mitverursacht habe, sei ein Verschulden des Beklagten zu verneinen. Jedenfalls verstoße es gegen Treu und Glauben, wenn die Klägerin die Rechte aus § 326 BGB a. F. allein wegen der Weigerung des Beklagten, den Quellcode herauszugeben, geltend mache. Im Hinblick auf die Entwertung der jahrelangen Arbeit des Beklagten und drohender Schadensersatzansprüche seitens der S. -Bank sei es der Klägerin zuzumuten gewesen, ihrer Endabnehmerin die lauffähige W. -Version zur Verfügung zu stellen und die Frage der Herausgabeverpflichtung des Beklagten hinsichtlich des Quellcodes in einem Rechtsstreit zu klären. Für möglicherweise notwendige Programmänderungen hätte der Klägerin bis zur Entscheidung des Hauptsacherechtsstreits über die Herausgabeverpflichtung bezüglich der Quellcodes der vorläufige Rechtsschutz zur Verfügung gestanden.

Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Nachdem das Berufungsgericht dies ausdrücklich offen gelassen hat, ist in der Revisionsinstanz davon auszugehen, dass die Herausgabe des Quellcodes vereinbart war. Da das Berufungsgericht gegenteilige Feststellungen nicht getroffen hat, ist ferner in der Revisionsinstanz zu Gunsten der Klägerin ihr als übergangen gerügter Vortrag zu unterstellen, im Jahre 1988 sei eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen worden, dass ihr die Quellcodes an dem Programm W. zustehen sollten. Dabei ist nicht entscheidend, dass nach dem schriftlichen Vertrag Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedurften. Denn die Parteien können hiervon einvernehmlich abweichen und den Formzwang - auch ohne Einhaltung der Schriftform - aufheben (BGH BGHZ 66, 378 [380]). Beruhte die Verpflichtung des Beklagten aber auf einer ausdrücklich getroffenen Vereinbarung, so bestand keine unklare Vertragslage, auf die das Berufungsgericht seine Annahme fehlenden Verschuldens des Beklagten maßgeblich gestützt hat.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Herausgabe des Quellcodes geschuldet war, wenn die Parteien hierüber keine ausdrückliche Abrede getroffen haben sollten, wird das Berufungsgericht, wie es dies bei der Prüfung einer solchen Verpflichtung bezüglich der D. -A Software zu Grunde gelegt hat, alle Umstände zu berücksichtigen und die Interessenlage beider Parteien in Betracht zu ziehen haben. Dabei wird einerseits den Erwägungen besondere Bedeutung zukommen, dass die Klägerin beabsichtigte, die Software im genossenschaftlichen Bankenbereich weiter zu vermarkten, sowie ihrer Darstellung, dass für Fehlerbeseitigungs-, Wartungs- und Änderungsarbeiten an der Software die Überlassung des Quellcodes erforderlich war. Diese Erwägungen dürften mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich dafür sprechen, dass die Herausgabe des Quellcodes an die Klägerin vereinbart war. Wesentliche Bedeutung wird andererseits der vereinbarten Vergütung zukommen. Dabei wird das Berufungsgericht jedoch nicht, wie es dies bezüglich des D. -A-Programms ausgeführt hat, zu Grunde legen können, wie viele "Mannmonate" der gerichtliche Sachverständige letztlich für den Entwicklungsaufwand für erforderlich gehalten hat, sondern auf die Kostenkalkulation des Beklagten. Diese dürfte für Rückschlüsse dazu maßgeblich sein, ob die Preisgestaltung dafür oder dagegen spricht, dass die Überlassung des Quellcodes vereinbart war.

Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, soweit die Klägerin neben der Verpflichtung des Beklagten zur Herausgabe des Quellcodes auch Mängel geltend mache, habe die Klägerin zwar in der Klageschrift sieben Fehler bzw. Fehlergruppen benannt. Der Beklagte sei dem jedoch entgegengetreten und habe hinsichtlich der Fehlergruppe 1 und 4 bereits einen ihn insoweit treffenden Leistungsumfang bestritten. Zur Fehlergruppe 5 habe der Beklagte vorgetragen, dass die W. -Module ... von der Abnehmerin der Klägerin, der S. -Bank, gestrichen worden seien und deshalb auch für ihn keine Leistungsverpflichtung bestanden habe. Unter diesen Umständen sei die Klägerin ihrer Darlegungslast hinsichtlich des Leistungsumfangs im Rahmen der Lieferung des Programmpakets W. nicht nachgekommen. Deshalb sei davon auszugehen, dass der Beklagte seinen Leistungsverpflichtungen bei Erstellung der Software W. nachgekommen sei, ohne dass wesentliche Mängel vorgelegen hätten.

Auch dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Selbst wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausginge, dass weiter gehende Vereinbarungen zum Leistungsumfang nicht getroffen worden sind, so schuldete der Beklagte die Erstellung eines Datenverarbeitungsprogramms, das dem Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstandard entspricht (BGH v. 24.9.1991 - X ZR 85/90, CR 1992, 543). Die Klägerin hat aber gerügt, dass die Software diesen Anforderungen nicht entsprochen habe. Sie hat im Einzelnen unter Beweisantritt vorgetragen, dass das Programm nicht funktionsgerecht eingesetzt werden konnte. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass dies nicht zutrifft. Ob einzelnen Abnehmern ein Arbeiten mit dem W. -Programm möglich gewesen wäre, ist nicht entscheidend. Dass sich der Vertrag auf die Lieferung eines Programms beschränkte, mit dem die Klägerin Leistungspflichten gegenüber einem Dritten hätte genügen können, hat das Berufungsgericht ebenso wenig festgestellt wie den Umfang solcher Leistungspflichten. Es geht vielmehr wie die Parteien davon aus, dass die Klägerin ein Programm mit den im Einzelnen bestimmten Merkmalen bestellt hat und dies ihrerseits gegenüber einer Mehrzahl von Abnehmern vermarkten wollte. Das bestimmte die - ggf. mit sachverständiger Hilfe festzustellenden - Anforderungen an die geschuldete Leistung, nicht die Arbeitsmöglichkeiten einzelner Abnehmer; maßgebend ist vielmehr, was die Klägerin nach den getroffenen Absprachen erwarten durfte. Konnte das Programm in diesem Sinne nicht funktionsgerecht eingesetzt werden, so entsprach die Leistung des Beklagten nicht dem Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstand.

Das Berufungsgericht hat weiter auch nicht festgestellt, dass eine Abnahme stattgefunden hat. Bis zur Abnahme trägt aber der Werkunternehmer die Beweislast für die Mangelfreiheit seines Werks. Eine Abnahme ergebende Feststellungen lassen sich auch nicht aus den Ausführungen des Berufungsgerichts (BU 24) zu der W. -Projektbesprechung am 26.5.1992 entnehmen. Aus der dort in Bezug genommenen Aktennotiz ergibt sich, dass es zu einer erneuten Verschiebung des Einsatzes der W. -Software gekommen war. Es werden dort Bedenken geäußert, ob es unter diesen Umständen noch sinnvoll sei, das Projekt weiterzuverfolgen. Falls die Zusagen in den nächsten Wochen nicht eingehalten würden, sei es seitens der S. -Bank erforderlich, den Vorstand zu informieren und das Projekt mit Regressansprüchen gegen die Klägerin einzustellen. Dies lässt ohne weitere Feststellungen nicht die Annahme zu, dass es bei diesem Gespräch zu einer Abnahme des Werks gekommen sei.

Ist es aber nicht zu einer Abnahme gekommen, so traf die Beweis- und Darlegungslast für die Mangelfreiheit des Werks den Beklagten.

Damit ist auch der weiteren Annahme des Berufungsgerichts, die Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin aus § 326 BGB a. F. verstoße gegen Treu und Glauben, die Grundlage entzogen. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht auszuschließen, dass sich der Beklagte auch mit der Beseitigung von Mängeln in Verzug befunden hat. Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben v. 25.9.1992 zur Fehlerbeseitigung aufgefordert und dies mit ihrem Schreiben v. 29.9.1992 unter Ankündigung von Regressansprüchen wiederholt. Die Klägerin hat nochmals mit Schreiben v. 19.1.1993 darauf hingewiesen, dass der vertraglich geregelte Leistungsumfang nicht erbracht und die Leistung nicht als mangelfrei abgenommen worden sei, und hat den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 12.2.1993 aufgefordert, die Software mangelfrei herzustellen und die Dokumentation zu übergeben. Mit Schreiben v. 18.2.1993 hat die Klägerin dem Beklagten schließlich mitgeteilt, dass die Vertragsdurchführung wegen der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung gescheitert sei, und vorsorglich nochmals eine letzte Frist mit Ablehnungsandrohung bis zum 24.2.1993 gesetzt.

2. D. Version 2.00

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Klägerin könne sich nicht auf Mängel oder Unvollständigkeiten berufen, weil sie das Werk des Beklagten abgenommen habe. Sie habe die angelieferte Software rügelos entgegengenommen und nicht in angemessener Frist Unvollständigkeiten oder Mängel angezeigt. Seine Überzeugung von der rügelosen Abnahme hat das Berufungsgericht auf das Ergebnisprotokoll über die Testphase v. 7. bis 8.12.1992 und v. 7. bis 8.1.1993 des Projektteams D. -A-Managementanwendungen v. 12.1.1993 gestützt.

Die Revision der Klägerin beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht das Ergebnisprotokoll nicht vollständig gewürdigt hat. Das Berufungsgericht nimmt an, das Ergebnisprotokoll zeige, dass schon vor der Besprechung v. 12.1.1993 eine Abnahme stattgefunden habe. Das findet im Wortlaut des Schreibens, auf den sich das Berufungsgericht stützt, keine tragfähige Grundlage. Nach der Niederschrift über die Besprechung war es Zweck des Treffens, das Programm zu testen und eine Abnahme herbeizuführen. In dem Ergebnisprotokoll heißt es nach der vom Berufungsgericht zitierten Textpassage: "Bestände mit Sonderausstattungen konnten nur mit Einschränkungen getestet werden. Diese Bestände mussten durch Bestandsänderungen erzeugt werden, da das Programm für die Belieferung der Bestände mit Sonderausstattung vom Hostrechner noch nicht zur Verfügung stand. Abweichungen bei den Renditeberechnungsverfahren B. und AI. konnten noch nicht abschließend geklärt werden, da auch die Ergebnisse der Kontrollrechner untereinander nicht übereinstimmten. ... In der Liste Zinsen/Fälligkeiten ist ein Abbruch der Funktion (Drucken) nicht möglich. Dies wird zeitnah von Herrn E. behoben." Im Anschluss daran folgt die Aussage, dass das Projektteam darin übereinstimme, dass ein Einsatz zu Testzwecken nicht ausgeschlossen sei. Die Freigabe für weitere Tests kann einer Billigung des Werks in der Hauptsache aber nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden.

Zwar steht einer Abnahme des Werks nicht entgegen, dass noch kleinere und für seine Gebrauchsfähigkeit unbedeutende Restarbeiten ausstehen. Die noch ausstehenden Leistungen müssen aber von solch untergeordneter Bedeutung sein, dass das Werk bei natürlicher Betrachtung als Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung angesehen werden kann. Nur unter dieser Voraussetzung kann angenommen werden, dass der Besteller das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt, was Kernstück der Abnahme auch im Fall einer stillschweigenden Werkabnahme ist (BGH, Urt. v. 3.11.1992 - X ZR 83/90, MDR 1993, 421 = CR 1993, 352 = NJW 1993, 1063 [1064]). Dass der Einsatz bei einigen Pilotbanken trotz Einschränkungen bei der Funktion des Programms von dem Projektteam für möglich gehalten worden ist, ist damit einer Abnahme nicht ohne weiteres gleichzusetzen.

Im Übrigen lag zum Zeitpunkt der Besprechung v. 12.1.1993, wie sich aus dem Ergebnisprotokoll ergibt, das Handbuch noch nicht vor. Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Die Aushändigung der Dokumentationsunterlagen, insbesondere des den bestimmungsgemäßen Gebrauch der EDV-Anlage erst ermöglichenden Benutzerhandbuchs, ist aber eine wesentliche, wenn nicht unerlässliche Vertragsleistung (BGH, Urt. v. 3.11.1992 - X ZR 83/90, MDR 1993, 421 = CR 1993, 352 = NJW 1993, 1063 [1064]; Urt. v. 20.2.2001 - X ZR 9/99, BGHReport 2001, 357 = CR 2001, 367). Das Berufungsgericht hat dazu angenommen, aus einem Schreiben v. 27.1.1993 ergebe sich, dass allen Mitgliedern des Projektteams das überarbeitete Handbuch zugeleitet worden sei. Dafür spreche auch ein Schreiben des Anwalts des Beklagten v. 19.2.1993, in dem dieser beanstande, dass die Klägerin sich im Handbuch der Urheberrechte an der Software berühme. Aus diesen Feststellungen des Berufungsgerichts mag zwar herzuleiten sein, dass es ein Handbuch gegeben hat, es fehlt jedoch an Feststellungen dazu, ob und wann der Beklagte es der Klägerin zur Verfügung gestellt hat und ob es den zu stellenden Anforderungen genügt.

Das Berufungsgericht hat bezüglich des Projekts D. Version 2.00 eine Verpflichtung des Beklagten zur Übergabe des Quellcodes verneint. Zwar sei dieser erforderlich, um Programmfehlerbeseitigungs-, Wartungs- oder Änderungsarbeiten vornehmen zu können. Die Klägerin sei auch daran interessiert gewesen, gegenüber ihren Endabnehmern solche Arbeiten sicherzustellen. Sie hätte zu diesem Zweck jedoch auch einen Wartungsvertrag mit dem Beklagten schließen können, was sie auch in anderen Fällen, bezogen auf andere Software, gemacht habe. Daraus, dass der Beklagte sich noch in seinem Schreiben v. 25.11.1992 bereit erklärt habe, den Quellcode für das Programm D. herauszugeben, lasse sich eine rechtliche Herausgabeverpflichtung nicht herleiten. Der Beklagte habe dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, er sei nur zu einer Hinterlegung des Quellcodes unter gewissen noch auszuhandelnden Bedingungen bereit gewesen. Auch der Aussage des Zeugen Br. lasse sich nicht entnehmen, dass eine Verpflichtung des Beklagten zur Übergabe des Quellcodes des Programms D. bestanden habe. Die Angaben des Zeugen Br. bezögen sich nur auf das Programm W. . Eine Verpflichtung des Beklagten, den Quellcode herauszugeben, ergebe sich schließlich auch nicht daraus, dass die Klägerin Inhaberin der Rechte des ursprünglichen Programms D. gewesen sei, denn der gerichtliche Sachverständige habe überzeugend ausgeführt, dass es sich bei der Leistung des Beklagten um eine neue schöpferische Entwicklung gehandelt habe, die vom Ausgangsprodukt völlig losgelöst sei. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Vergütung des Beklagten gering gewesen sei. Nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen sei der Entwicklungsaufwand sehr viel höher gewesen. Bei dem gegebenen Preis-Leistungs-Verhältnis könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte bei einer Vergütung von weniger als 20 % des Werts seiner Leistungen auch die Lieferung des Quellcodes geschuldet habe.

Die Revision der Klägerin beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht die Aussage des Zeugen Br. nur unvollständig gewürdigt hat. Der Zeuge hat bekundet, er meine, dass in den Verträgen immer geregelt gewesen sei, dass die Klägerin als Auftraggeberin auch die Rechte an den von dem Beklagten entwickelten Quellcodes haben sollte und zwar schon auf den für Großrechner entwickelten Programmen. Nach seiner Erinnerung gebe es auch ein Gesprächsprotokoll, dass die Klägerin an den von dem Beklagten entwickelten Programmen, speziell dem Programm D. , "die Rechte" gehabt habe. Er, der Zeuge, meine, dass die Tatsache, dass der Beklagte zunächst bei der Klägerin gearbeitet habe und aus verschiedenen Gründen, auch aus Raumgründen, später bei sich daheim im Büro gearbeitet habe, nichts an den rechtlichen Zuständen bzw. Rechten an den entwickelten Programmen geändert habe. Noch im Jahre 1988 sei eine klärende Vereinbarung getroffen worden. Inhalt der Vereinbarung sei es gewesen, dass die Quellcodes dem Auftraggeber gehören sollten. Dies sei in der Folgezeit auch so gehandhabt worden. Die letzte Version des Programms D. , die die Klägerin erhalten habe, sei die Version 1.00. Auf dieser Version habe der Beklagte die neue Version 2.00 aufgebaut.

Diese Aussage des Zeugen ist nach dem protokollierten Inhalt keineswegs, wie das Berufungsgericht angenommen hat, auf das Projekt W. beschränkt. Vielmehr hat der Zeuge danach die allgemeine Vertragspraxis dargestellt und ausdrücklich Angaben zu dem Projekt D. Version 2.00 gemacht. Geht man zudem, mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts, mit dem LG davon aus, dass dem Beklagten beim jeweiligen Vertragsschluss bekannt war, dass die Klägerin die Programme im genossenschaftlichen Bankenbereich einsetzen wollte und dass ihm als langjährigen Mitarbeiter und Geschäftspartner der Klägerin weiter bekannt war, dass sich die Klägerin bei Entwicklung von Datenverarbeitungsprogrammen zur Weitergabe an Banken des genossenschaftlichen Bereichs regelmäßig auch den Quellcode herausgeben ließ, so stützt dies die Darstellung des Zeugen Br. . Hinzu kommt das Angebot des Beklagten, den Quellcode herauszugeben, das das Berufungsgericht allerdings deshalb für unerheblich gehalten hat, weil der Beklagte hierzu nur unter noch auszuhandelnden Bedingungen bereit gewesen sei. Diese Einschränkung kann im Revisionsverfahren indessen der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werden. Das Berufungsgericht hat den entsprechenden Vortrag des Beklagten als streitig angesehen. Feststellungen dazu, ob er zutrifft, enthält das Berufungsurteil ebenso wenig wie die Gründe, aus denen sich eine solche Wertung herleiten ließe. In dem Schreiben selbst wird die Auslieferung von Original-Software (einschließlich Quellcode) an eine Übergabebestätigung gebunden im Hinblick darauf, dass jegliche Gewährleistung sich nur auf den unveränderten Softwarebestand erstrecken solle. Weiter wird dort ausgeführt, der Beklagte sei jederzeit bereit, die Software unter den vorgenannten Voraussetzungen ordnungsgemäß zu übergeben. Das Schreiben spricht daher, mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts, eher dafür, dass die Darstellung des Zeugen Br. zutrifft. Hiermit hat sich das Berufungsgericht, weil es die Aussage des Zeugen Br. nicht vollständig gewürdigt hat, jedoch nicht auseinander gesetzt. Dies wird es nunmehr nachzuholen haben. Es wird dabei erneut, wie oben bezüglich des Programms W. ausgeführt, alle Umstände und die Interessenlage beider Parteien zu berücksichtigen haben. Bei der Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses wird es jedoch auch insoweit nicht ohne weiteres die vom gerichtlichen Sachverständigen als Entwicklungsaufwand für erforderlich gehaltenen "Mannmonate" zu Grunde legen können, sondern zu beurteilen haben, wie die Vertragsparteien das Preis-Leistungs-Verhältnis eingeschätzt haben.

II. Revision des Beklagten

Der Senat hat die Revision des Beklagten nur insoweit angenommen, als der Beklagte restlichen Werklohn für das Projekt W. beansprucht. Das Berufungsgericht hat dazu angenommen, zwar sei es unstreitig, dass es im Rahmen des Projekts W. zu einer Vielzahl von Inhaltsänderungen des ursprünglich erteilten Auftrags gekommen sei. Im Rahmen der Geltendmachung restlicher Werklohnvergütung sei es aber Aufgabe des Beklagten gewesen, den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang zu beweisen. Dies sei durch das von ihm angebotene Sachverständigengutachten nicht möglich.

Die Revision des Beklagten beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht einen Hinweis hätte erteilen müssen, wenn es weiteren Vortrag des Beklagten für erforderlich gehalten habe. Das Berufungsgericht gehe selbst davon aus, dass die Vergabe von Zusatzaufträgen unstreitig sei.

Das Berufungsgericht hat in seinem Hinweisbeschluss die Klägerin darauf hingewiesen, dass weiterer Vortrag erforderlich sei, insbesondere zum Umfang der Vertragspflichten des Beklagten. Es hat ausgeführt, dem bisherigen Sachvortrag der Klägerin und den insoweit vorgelegten Unterlagen könne der genaue, nach Abänderungen und Ergänzungen dem Beklagten letztlich erteilte Auftrag nicht entnommen werden. Dass auch hinsichtlich des Vergütungsanspruchs des Beklagten dessen Vortrag nicht für ausreichend gehalten wurde, ergab sich aus diesem Beschluss nicht. Allerdings wird die Berechtigung der Forderung des Beklagten auch davon abhängen, ob das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin berechtigt war, nach § 326 BGB a. F. vorzugehen. War sie dies, so wird der Beklagte auch für Zusatzleistungen keine weitere Vergütung beanspruchen können.

 

Fundstellen

DB 2004, 1423

NWB 2004, 1576

BuW 2004, 298

BGHR 2004, 788

EBE/BGH 2004, 5

NJW-RR 2004, 782

CR 2004, 490

WM 2004, 1246

ZAP 2004, 648

ZIP 2004, 1463

ITRB 2004, 123

K&R 2004, 348

MMR 2004, 356

Mitt. 2004, 283

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