Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis in einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts.

 

Tatbestand

Der Beklagte erklärte am 17. September 1976 den Beitritt zu der aus 144 Gesellschaftern bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts „G. Fonds” und verpflichtete sich zur Übernahme eines Beitrages von 100.000 DM nebst 5 % Agio. Er verweigerte die Zahlung mit der Begründung, der Gesellschaftsvertrag sei nichtig. Hilfsweise hat er seinen Beitritt mit Schreiben vom 24. März 1977 „unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere wegen Irrtums und arglistiger Täuschung” angefochten.

Die Klägerin, die nicht Gesellschafterin der Fondsgesellschaft ist, macht mit der Klage aufgrund der Ermächtigung nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages den Anspruch auf Zahlung der Einlage, hilfsweise den Anspruch auf Zahlung des Betrages geltend, den der Beklagte – wie die Klägerin meint – nach einer Abschichtungsbilanz zum 28. März 1977 auszugleichen habe.

Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die Klageanträge weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

I. Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag der Klage mit der Begründung abgewiesen, der Gesellschaftsvertrag der Fondsgesellschaft sei nichtig. Aus § 6 Abs. 2 a, § 7 Abs. 1 und § 11 des Gesellschaftsvertrages ergebe sich, daß die Klägerin alleiniger Geschäftsführer und Vertreter der Gesellschaft sei und die Gesellschafter von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen seien. Damit sei die gesellschaftsrechtliche Geschäftsführung in unzulässiger Weise – wegen Verletzung des Grundsatzes der Selbstorganschaft – auf einen Dritten übertragen worden. Aus der Unwirksamkeit der vertraglichen und dem Ausschluß der gesetzlichen Regelung folge, daß die Gesellschaft überhaupt keinen Geschäftsführer habe und der gesamte Gesellschaftsvertrag nichtig sei.

Der Gesellschaftsvertrag müsse selbst dann als nichtig angesehen werden, wenn die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis bei den Gesellschaftern läge und die Klägerin deren Beauftragte wäre. In diesem Falle fehle es an dem Erfordernis, gegenüber der Klägerin ein umfassendes Weisungsrecht ausüben zu können. Nach § 11 des Gesellschaftsvertrages liege es allein in der Hand der Klägerin, was der Gesellschafterversammlung zur Beschlußfassung unterbreitet werde. Schließlich fehle den Gesellschaftern die Befugnis, die Klägerin als Geschäftsführer jederzeit abberufen zu können.

Der Gesellschaftsvertrag erweise sich als ein Mißbrauch des Instituts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Gesellschafter würden auch über wesentliche Punkte im unklaren gelassen und durch einzelne Bestimmungen der Gefahr der Übervorteilung ausgesetzt.

Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind begründet.

1. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts „G. Fonds” ist als Publikumsgesellschaft errichtet. Ihr Zweck besteht in der „langfristigen Vermögensanlage in der Weise, daß die Beteiligung an öffentlich geförderten Bauvorhaben mit der Gewährung von Darlehen nach § 17 BerlinFG verbunden wird”. Sie soll sich mit einer Kommanditeinlage von 1,75 Mio. DM über den Treuhänder an der P. Grundstücksverwaltungs-GmbH & Co. KG (nachstehend: Kommanditgesellschaft) beteiligen und Darlehen an eines der in § 17 Abs. 5 BerlinFG genannten Institute geben (§ 2 des Gesellschaftsvertrages). Der Treuhänder (die Klägerin) ist ermächtigt, alle „zur Aufnahme neuer Gesellschafter erforderlichen Erklärungen für die Zertifikatinhaber (die Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts) abzugeben und entgegenzunehmen”. Das „Fondskapital” ist auf 13,55 Mio. DM festgesetzt. Die Haftung der Gesellschafter beschränkt sich auf die Höhe des Anteils (§ 5 des Gesellschaftsvertrages).

Zu den Aufgaben und Pflichten des Treuhänders, die der Klägerin übertragen worden sind, bestimmt der Gesellschaftsvertrag:

„§ 7 Geschäftsführung und Vertretung

1. Der Treuhänder ist zur Geschäftsführung und Vertretung der Fondsgesellschaft berechtigt und verpflichtet. In den Fällen, in denen der Treuhänder an der Ausübung dieser Verpflichtung gehindert ist, tritt an seine Stelle der Beirat. …

§ 8 Treuhänderische Übernahme der Kommanditeinlagen

1. Der Treuhänder beteiligt sich im Auftrage der Fondsgesellschaft an der Kommanditgesellschaft als Kommanditist mit einer Hafteinlage bis zu 1,75 Mio. DM.

2. Der Treuhänder tritt nach außen hin nur im eigenen Namen auf. Er wird alles, was er als Treuhänder erlangt, auf Verlangen an die Fondsgesellschaft herausgeben.

4. Der Treuhänder wird als Gesellschafter der Kommanditgesellschaft stets nach den Weisungen der Fondsgesellschaft handeln. Im übrigen gelten für das Treuhandverhältnis sinngemäß die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags der Kommanditgesellschaft.

5. Erteilt die Fondsgesellschaft keine Weisungen oder handelt es sich um dringende Entscheidungen oder um solche von geringerer Bedeutung, so wird der Treuhänder nach seinem eigenen pflichtgemäßen Ermessen handeln, jedoch unter Wahrung der Interessen der Fondsgesellschaft.

7. Das Treuhandverhältnis wird auf die Dauer der Beteiligung der Fondsgesellschaft an der Kommanditgesellschaft vereinbart. Es kann mit einer Frist von zwölf Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden (mit einer Mehrheit von 3/4 des Nennkapitals aller Anteile). …

Er ist verpflichtet, im Wege der Sonderrechtsnachfolge alle Rechte und Pflichten aus dem Treuhandverhältnis, insbesondere die Beteiligung an der Kommanditgesellschaft auf einen von der Fondsgesellschaft bezeichneten neuen Treuhänder zu übertragen oder sonst nach Weisung der Fondsgesellschaft zu handeln.

8. Ansprüche gegen den Treuhänder und/oder dessen Geschäftsführer wegen Verletzung der Pflichten aus dem Treuhandverhältnis verjähren in zwölf Monaten. …

Die Haftung … beschränkt sich auf je 100.000 DM im Einzelfalle.

§ 13 Beschlußfähigkeit und Stimmrecht

1. Die Versammlung ist beschlußfähig, wenn mindestens der vierte Teil des Fondskapitals vertreten ist.

3. Beschlüsse der Zertifikatinhaber bedürfen der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (einfache Mehrheit, soweit keine andere Regelung vorgesehen ist). Änderungen des Gesellschaftsvertrages bedürfen der 3/4-Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

4. Abgestimmt wird nach Kapitalanteilen; je 5.000 DM eingezahltes Kapital gewähren eine Stimme.”

2. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß die Fondsgesellschaft nicht dem gesetzlichen Regeltyp der Gesellschaft bürgerlichen Rechts entspricht. Ungeachtet dessen ist sie jedoch – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – als rechtswirksam anzusehen.

Der Rechtsgrundsatz der Selbstorganschaft, aus dem das Berufungsgericht die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages ableitet, verbietet nur, daß sämtliche Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen und diese auf Dritte übertragen werden. Damit vereinbar ist es jedoch, daß die Gesellschafter durch Gesellschafterbeschluß oder von vornherein im Gesellschaftsvertrag einen Dritten im weiten Umfange mit Geschäftsführungsaufgaben betrauen und mit einer umfassenden Vollmacht ausstatten (BGHZ 36, 292). Allein solche Rechte wurden hier zugunsten der Klägerin begründet: In der Fondsgesellschaft sind Kapitalanleger zusammengeschlossen, die ihr Ziel – eine steuerbegünstigte Kapitalanlage – dadurch erreichen wollen, daß sie Kapitalbeiträge an ihre Gesellschaft als Sammelbecken leisten, die diese wiederum mittelbar – über einen Treuhänder – als Kommanditeinlage in die Kommanditgesellschaft einbringt oder als steuerbegünstigtes Darlehen den in § 17 Abs. 5 BerlinFG genannten Instituten zur Verfügung stellt. Zur Verwirklichung dieser Ziele haben die Gesellschafter die Klägerin eingeschaltet, sie mit den hierfür erforderlichen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnissen betraut und ihr im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft die Treuhänderstellung eingeräumt. Der hierfür erforderliche Abschluß eines Dienst- und Geschäftsbesorgungsvertrages zwischen den in der Fondsgesellschaft zusammengeschlossenen Gesellschaftern und der Klägerin – unmittelbar durch den Gesellschaftsvertrag konnte die Klägerin als Nichtgesellschafterin weder berechtigt noch verpflichtet werden – kam dadurch zustande, daß die Klägerin auf der Grundlage der im Gesellschaftsvertrag auf sie bezogenen Bestimmungen tätig geworden ist.

Die Klägerin hat damit lediglich ein von den Rechten der Gesellschafter der Fondsgesellschaft abgeleitetes Geschäftsführungs- und Vertretungsrecht erlangt und hat diese Befugnisse nicht etwa, wie das Berufungsgericht meint, kraft eigenen Rechts. Die gesellschaftliche Geschäftsführung und Vertretung ist bei der Gesamtheit der Gesellschafter geblieben. Diese Würdigung findet ihre Bestätigung darin, daß die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse der Klägerin im Gesellschaftsvertrag im einzelnen festgelegt worden sind und die Gesellschafter, wie insbesondere § 8 Abs. 4, 5, 7 zeigt, ein weitgehendes Weisungsrecht und neben dem Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde ein ordentliches Kündigungsrecht haben; der Treuhänder hat demgegenüber nur ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grunde (§ 8 Abs. 7). Dabei gilt für die hiernach eingreifende Gesamtgeschäftsführung (§ 709 BGB), daß das Einstimmigkeitsprinzip durch das Mehrheitsprinzip ersetzt worden ist, wie sich aus § 13 Abs. 3 und § 8 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrages ergibt.

3. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden, das Revisionsgericht sei an die Auslegung des Tatrichters gebunden, die gesellschaftsvertragliche Bestimmung, wonach der Treuhänder zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet sei, könne nicht in einen Geschäftsbesorgungsvertrag der Gesellschafter mit der Klägerin umgedeutet werden. Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften sind vom Revisionsgericht selbständig – nach dem objektiven Erklärungsbefund – auszulegen. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gilt dies auch, soweit der Gesellschaftsvertrag, wie hier, mit Verbindlichkeit für die künftigen Gesellschafter vorsieht, daß die laufenden Geschäfte der Gesellschaft von dem Treuhänder geführt werden, der sich im Auftrag der in der Fondsgesellschaft zusammengeschlossenen Gesellschafter an der Kommanditgesellschaft beteiligt. Hierbei handelt es sich nicht um eine zusätzliche Individualvereinbarung mit einem einzelnen Anleger (im Sinne des von der Revisionserwiderung angeführten SenUrt. v. 22.1.79 – II ZR 185/76, WM 1979, 612, 613). Vielmehr werden die künftigen Gesellschafter untereinander gesellschaftsvertraglich gebunden, im Rahmen ihrer Gesamtgeschäftsführungsbefugnis die Klägerin mit den genannten Geschäftsführungsaufgaben zu betrauen. Die einer Publikumsgesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich auch insoweit auf den Wortlaut und den objektiven Sinn des Gesellschaftsvertrages verlassen können. Der Umstand, daß aus den gesellschaftsvertraglich festgelegten Pflichten der Gesellschafter nicht gesellschaftsvertragliche Rechte der – am Gesellschaftsvertrag nicht beteiligten – Klägerin folgen, mit dieser vielmehr ein gesonderter Anstellungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag in Übereinstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag abgeschlossen werden muß, steht dem nicht entgegen.

Bei dieser Sachlage rechtfertigen auch die Darlegungen des Berufungsgerichts keinen anderen Schluß, wonach keiner der Gesellschafter die Geschäftsführerstellung habe übernehmen wollen. Zudem ergäbe sich aus der Auffassung des Berufungsgerichts, der Gesellschaftsvertrag begründe in unzulässiger Weise eine Fremdorganschaft, nur, daß an die Stelle der unwirksamen Vertragsbestimmung die gesetzliche Regelung träte, d.h. nach § 709 BGB Gesamtgeschäftsführung bestünde. Soweit das Berufungsgericht zu Lasten der Gesellschafter Schlüsse daraus zieht, daß diese es abgelehnt haben, einer Anregung des Gerichts auf Änderung des § 7 des Gesellschaftsvertrages zu folgen, kann ihm überdies deshalb nicht gefolgt werden, weil es im Protokoll der Gesellschafterversammlung nur heißt, während der Erörterung des § 7 habe sich abgezeichnet, „daß es nach nochmaliger Überlegung nicht zweckmäßig wäre, § 7 des Gesellschaftsvertrages derzeit zu ändern”. In dem Begleitschreiben vom Juli 1978 wird insoweit erläutert, daß eine Änderung des § 7 nicht zweckmäßig und notwendig erscheine, weil die Klägerin für die Gesellschaft auch in Zukunft bestimmte Erklärungen abgeben und vornehmen müsse (z. B. die Abgabe und Vorbereitung der Steuererklärungen).

Ebensowenig läßt sich der abweichende Standpunkt des Berufungsgerichts mit § 11 des Gesellschaftsvertrages (Gegenstand der Versammlung) begründen. Die Auffassung des Berufungsgerichts, es handle sich hier um eine abschließende Regelung mit der Folge, daß die Gesellschafterversammlung über andere Punkte nicht beschließen dürfe, verstößt gegen gesellschaftsrechtliche Grundsätze. Die Gesamtheit der Gesellschafter als Trägerin aller Rechte und Pflichten hat eine umfassende Entscheidungsbefugnis. Sofern, wie hier, keine besonderen Anhaltspunkte vorliegen, kann deshalb eine gesellschaftsvertragliche Klausel, die einen Katalog von Entscheidungszuständigkeiten der Gesellschafterversammlung zuweist, grundsätzlich nur als beispielhafte und nicht als abschließende Regelung verstanden werden. Außerdem müßte eine Regelung, die in der vom Berufungsgericht angenommenen Weise die Rechte der Gesellschafterversammlung einschränkte, als nichtig angesehen werden.

4. Das Berufungsgericht hat schließlich die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags zu Unrecht mit der Begründung bejaht, die Gesellschafter seien der Gefahr der Übervorteilung ausgesetzt.

a) Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Berufungsgericht darin zugestimmt werden kann, daß die Bestimmung des § 8 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrages, wonach Ansprüche gegen den Treuhänder und dessen Geschäftsführer wegen Verletzung der Pflichten aus dem Treuhandverhältnis in zwölf Monaten verjähren, nichtig sei. Die Unwirksamkeit dieser Regelung könnte allein damit begründet werden, daß der einseitig vorformulierte Gesellschaftsvertrag die Anlagegesellschafter entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in unbilliger und unangemessener Weise benachteiligt (vgl. im einzelnen BGHZ 64, 238). In einem solchen Falle müßte aber die entstehende Vertragslücke im Wege der richterlichen Vertragsergänzung geschlossen werden, wie es § 24 des Gesellschaftsvertrages auch vorsieht. Damit wäre selbst für eine Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft kein Raum.

b) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, daß nach § 18 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der Vorsitzende des Beirats das Mitglied sein soll, das von der außerhalb der Gesellschaft stehenden Grundkreditbank e.G. entsandt wird. Es reicht aus, daß dieses mit Kontroll- und bestimmten Geschäftsführungsaufgaben betraute Organ in seiner Mehrheit von der Gesellschafterversammlung bestimmt wird. Dadurch ist gewährleistet, daß die Gesellschafter den entscheidenden Einfluß auf die Zusammensetzung haben.

5. Bei dieser Sach- und Rechtslage bedarf es keiner weiteren Begründung, daß dem Berufungsgericht auch nicht in der Auffassung gefolgt werden kann, der Gesellschaftsvertrag erweise sich als ein Mißbrauch des Instituts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Ergänzend sei jedoch darauf hingewiesen, daß der Gesellschaftsvertrag selbst dann nicht als nichtig zu erachten wäre, wenn mit dem Berufungsgericht gegen die im einzelnen erörterten Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags unbehebbare rechtliche Bedenken beständen. Der vorliegende Gesellschaftsvertrag könnte nur dann in seiner Gesamtheit von Anfang an nichtig sein, wenn er seinem Inhalte nach auf die Verwirklichung eines sittenwidrigen oder sonstigen gesetzwidrigen Tatbestandes gerichtet wäre (vgl. BGHZ 75, 214, 217; 62, 234, 240; SenUrt. v. 9.2.70 – II ZR 76/68, WM 1970, 850). Das ist jedoch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall.

Folgen für die Rechtsbeständigkeit des Gesellschaftsvertrages könnten sich zwar auch dann ergeben, wenn die vom Berufungsgericht angenommene Nichtigkeit einzelner Bestimmungen nach § 139 BGB den Gesamtvertrag ergreifen würde. Daraus würde aber ebenfalls nicht die rückwirkende Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages folgen. Da der Gesellschaftsvertrag vollzogen worden ist, wäre die Gesellschaft trotz der bestehenden Mängel nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft als wirksam zu behandeln (ggfs. müßte eine Anpassung der zu beanstandenden Klauseln erfolgen). Etwaige grundlegende Mängel würden den einzelnen Gesellschafter nur zur außerordentlichen Kündigung berechtigen mit der Folge, daß der kündigende Gesellschafter – für die Zukunft – ausschiede und die Gesellschaft im übrigen fortbestände (BGHZ 55, 5, 8; 63, 338, 345 f).

II. Das angefochtene Urteil kann sonach mit der bisherigen Begründung nicht bestehenbleiben. Es kann auch nicht mit der Begründung gehalten werden, als Nichtgesellschafterin habe die Klägerin die Beitrittserklärung des Beklagten nicht wirksam annehmen können.

Die Aufnahme eines Gesellschafters in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfolgt zwar durch Vertrag der Gesellschafter untereinander. Es ist jedoch nicht notwendig, daß die Gesellschafter den Aufnahmevertrag selbst abschließen. Sie können jemanden bevollmächtigen, Aufnahmeverträge im Namen und mit Wirkung für alle Gesellschafter abzuschließen (vgl. im einzelnen Urt. v. 17.11.75 – II ZR 120/74, WM 1976, 15; Urt. v. 14.11.77 – II ZR 95/76, WM 78, 136). Das ist hier geschehen: § 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags ermächtigt den Treuhänder, alle zur Aufnahme neuer Gesellschafter erforderlichen Erklärungen für die Gesellschafter abzugeben und entgegenzunehmen. Dementsprechend enthält der Zeichnungsschein auch die Erklärung: „Die vorstehende Zeichnungserklärung wird im Namen sämtlicher Gesellschafter angenommen.”

Der Umstand, daß die hier bevollmächtigte Klägerin bei Abgabe der Annahmeerklärung nicht selbst Gesellschafterin war, steht der Wirksamkeit des Aufnahmevertrages nicht entgegen. Hierbei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Dritte im Gesellschaftsvertrag allgemein zur Aufnahme weiterer Gesellschafter ermächtigt werden können. Die vorliegende Gesellschaft ist als Massen- und Publikumsgesellschaft organisiert und darauf angelegt, zur Kapitalansammlung eine unbestimmte Vielzahl von Gesellschaftern aufzunehmen. Die Gesellschafter stehen untereinander in keinerlei persönlichen Beziehungen und sind nur durch das gemeinsame Kapitalanlageinteresse verbunden. In Fällen dieser Art bestehen jedenfalls dann keine Bedenken gegen die Bevollmächtigung eines Dritten, wenn dieser, wie hier, in besonderer Weise mit der Gesellschaft und den Gesellschaftern verbunden ist und der Gesellschaftsvertrag die Grenzen der Ermächtigung insbesondere kapitalmäßig festlegt.

III. Zu dem weiteren Vorbringen des Beklagten, er sei bei Vertragsabschluß geschäftsunfähig gewesen und habe sein Beteiligungsverhältnis wegen Irrtums und arglistiger Täuschung fristlos gekündigt, hat das Berufungsgericht die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen. Damit das nachgeholt werden kann und der Beklagte, der bisher in zwei Instanzen obsiegt hat, unter diesem Gesichtspunkt in tatsächlicher Hinsicht noch Stellung nehmen kann, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Für die erneute Verhandlung sei aus Vereinfachungsgründen auf folgendes hingewiesen:

1. Wäre die Beitrittserklärung des Beklagten wegen Geschäftsunfähigkeit nichtig, so müßte die Klage abgewiesen werden. Die Rechtsgrundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft könnten keine Anwendung finden, weil hier die Interessen gesetzlich besonders geschützter Personen entgegenstünden (vgl. BGHZ 55, 5, 9 m. w. N.). Nach den allgemeinen Grundsätzen wäre vielmehr der Beitrittsvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen.

2. Würde sich die Kündigung als begründet erweisen, so wäre der Beklagte aus der Gesellschaft ausgeschieden und könnte nicht mehr auf Zahlung der gezeichneten Einlage in Anspruch genommen werden. Eine Zahlungsverpflichtung würde nur bestehen, soweit die zu erstellende Abschichtungsbilanz den Kapitalanteil des Beklagten als negativ ausweisen würde, d.h. soweit die Gesellschaft in der Zeit zwischen seinem Beitritt und der Kündigung Verluste erlitten hat und er – der Beklagte – nach dem Gesellschaftsvertrag am Verlust teilnimmt (BGHZ 63, 338, 346). Dabei wäre beim gegenwärtigen Prozeßstand mit dem Berufungsgericht anzunehmen, daß die Klägerin bisher nicht dargetan hat, daß der Gesellschaft ein Verlust entstanden und der Kapitalanteil des Beklagten negativ ist. Entgegen der Auffassung der Revision erfüllt die von der Klägerin vorgelegte Bilanz zum 28. Februar 1977 (GA 67/68) nicht die an eine Abschichtungsbilanz zu stellenden Anforderungen. Aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin ergibt sich, daß insbesondere nicht die stillen Reserven aufgelöst worden sind, wie es nach § 22 des Gesellschaftsvertrages geboten wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 648985

NJW 1982, 877

ZIP 1982, 54

JZ 1982, 152

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