Verfahrensgang

OLG Celle

 

Tatbestand

Am 18. April 1958 gegen 10.00 Uhr steuerte der Zweitbeklagte einen Krankentransportwagen der Erstbeklagten in H. auf der R.-Straße aus Richtung A.-Platz, die S.-Straße kreuzend, in Richtung K. Die Fahrt diente der Überführung einer Kranken vom H.-Stift zum H.-Haus. Blaulicht und Martinshorn waren nicht eingeschaltet. Zur gleichen Zeit überquerte der am ... 1881 geborene, fast blinde Reichsbahnoberinspektor a.D. Gustav D. und seine am ... 1887 geborene Ehefrau zwischen S.-Straße und T.-Straße, für den Zweitbeklagten von rechts kommend, die Fahrbahn der R.-Straße. Sie wurden von dem Krankenwagen der Erstbeklagten erfasst und verletzt. Der Ehemann D. verstarb am 30. April 1958. Als Todesursache wurden festgestellt: Herz- und Kreislaufversagen, komplizierte Unterschenkelfraktur, Arteriosklerose und Stoffwechselversagen.

Die Fahrbahn der R.-Straße war 9 m breit. Rechts in Fahrrichtung des Zweitbeklagten gesehen befand sich weiter ein 5 m breiter Parkstreifen, auf dem Kraftfahrzeuge abgestellt werden konnten. An der Einmündung der S.-Straße führte ein Fußgängerüberweg über die R.-Straße, der gemäß Bild 4 a der Anlage zur Straßenverkehrsordnung gekennzeichnet war. Zwischen S.-Straße und T.-Straße grenzten in Fahrtrichtung des Zweitbeklagten gesehen links an die R.-Straße die Grünanlagen vor der Städtischen Oper an. Entlang der R.-Straße befand sich daselbst kein Fußweg. Doch mündete in aus den Grünanlagen kommender Fußweg etwa 60 m von der Einmündung der S.-Straße entfernt - in Richtung T.-Straße gesehen - in die R.-Straße ein. In Höhe dieses Fußweges wollten die Eheleute D. - von der gegenüberliegenden Seite kommend - die Fahrbahn der R.-Straße überqueren. Die Unfallstelle befand sich ganz links auf der Fahrbahn der R.-Straße. Zur Zeit des Unfalls herrschte sonniges und trockenes Wetter.

Die Klägerin erbringt Versorgungsleistungen an die Witwe D., die außerdem von der Bundesbahnversicherungsanstalt eine Witwenrente erhält. Sie verlangt von den Beklagten Erstattung eines Teils ihrer Leistungen und hat vorgetragen, der Zweitbeklagte habe den Unfall allein verschuldet. Er habe mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h in Höhe der Einmündung S.-Straße/R.-Straße mehrere Kraftfahrzeuge überholt, sodann einen etwas nach rechts versetzt fahrenden Kombinationswagen eingeholt, den er ebenfalls habe überholen wollen. Infolge dieser Fahrweise habe er die Fahrbahn nicht ausreichend überschauen können. Er hätte mit Fußgängern, die die Fahrbahn überschreiten wollten, rechnen müssen. Seine Geschwindigkeit sei den Umständen nach zu hoch gewesen.

Die Eheleute D. treffe kein Mitverschulden. Der Ehemann D. habe am linken Arm eine gelbe Binde getragen und mit der linken Hand seinen Spazierstock waagerecht nach vorn gehalten. Die Ehefrau D. habe auf den Verkehr geachtet. Der Unfall habe sich erst ereignet, als die Eheleute D. sich dem gegenüberliegenden Fahrbahnrand bis auf einen Meter genähert hätten. Dass der Zweitbeklagte mit unzulässig hoher Geschwindigkeit auf der für ihn äußersten linken Fahrbahnseite herankommen werde, hätten sie nicht voraussehen können. Darin, dass sie keinen Fußgängerüberweg benutzt hätten, liege kein Verschulden, sie hätten dazu erhebliche Umwege machen müssen, die ihnen nicht zuzumuten gewesen seien.

Die Klägerin errechnet die Höhe des Unterhaltsausfalls der Witwe D. und ist der Meinung, die auf sie und die Bundesbahnversicherungsanstalt übergegangenen Schadensbeträge seien nach dem Verhältnis der beiderseitigen Leistungen zu teilen, da zwischen ihnen ein Gesamtgläubigerverhältnis bestehe. Die Klägerin verlangt mit der Klage die ihr nach ihrer Auffassung bei dieser Teilung zukommenden Beträge und hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 7.309 DM nebst Zinsen sowie einer Monatsrente von 330,93 DM für die Zeit bis zum Ableben der Witwe D., längstens bis zum 1. August 1964 zu verurteilen.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben entgegnet, der Unfall sei allein von den Eheleuten D. verschuldet worden, die den Verkehr nicht beobachtet hätten. Den Zweitbeklagten treffe am Unfall keine Schuld. Für die Erstbeklagte handle es sich um ein unabwendbares Ereignis. Die R.-Straße werde als Einbahnstraße zügig befahren. Zur Zeit des Unfalls habe reger Verkehr geherrscht. Die Eheleute D. seien deshalb gehalten gewesen, die Fußgängerüberwege zu benutzen. Der Zweitbeklagte habe nicht damit zu rechnen brauchen, dass Fußgänger in Höhe der Unfallstelle versuchen würden, die Fahrbahn zu überqueren. Er habe, als die Eheleute D. plötzlich unmittelbar vor ihm aufgetaucht seien, nur noch bremsen können. Seine Geschwindigkeit habe unter 50 km/h gelegen und sei angemessen gewesen. Er habe den Kombiwagen überholen wollen und sei berechtigt gewesen, links zu fahren, zumal er nach links in Richtung K. habe weiterfahren wollen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Nach seiner Auffassung stellt der Unfall für die Beklagten ein unabwendbares Ereignis dar.

Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge wiederholt und zusätzlich die Feststellung begehrt, dass die Erstbeklagte verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren Beträge zu erstatten die sich aufgrund von Erhöhungen des Witwengeldes vom 1. März 1960 an über die geltend gemachte Rente hinaus ergeben.

Die Erstbeklagte hat hinsichtlich des Zweitbeklagten, den Entlastungsbeweis nach § 831 BGB angetreten.

Das Oberlandesgericht hat die Zahlungsansprüche dem Grunde nach im Rahmen der Haftungsgrenzen des Straßenverkehrsgesetzes für gerechtfertigt erklärt, soweit die Versorgungsleistungen der Klägerin an die Witwe D. 30 % ihres Unfallschadens nicht übersteigen, und soweit die Ansprüche der Witwe D. nicht auf die Bundesbahnversicherungsanstalt übergegangen sind. Die weitergehende Zahlungsklage und die Feststellungsklage hat es abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter. Die Beklagten erstreben mit der Anschlussrevision volle Klageabweisung.

Beide Parteien bitten um Zurückweisung der gegnerischen Revision.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hält ohne Rechtsirrtum den Nachweis eines unfallursächlichen Verschuldens des Zweitbeklagten für nicht erbracht. Nach seiner von der Revision nicht angegriffenen Auffassung ist dem Zweitbeklagten nicht zu widerlegen, dass die Eheleute D. die Fahrbahn so dicht vor dem Kombiwagen, den er überholen wollte überquerten, dass bereits dessen Fahrer genötigt war, zur Vermeidung eines Unfalls nach rechts auszubiegen. Unwiderlegt sei der Zweitbeklagte, so erwägt das Berufungsgericht weiter, derart gestaffelt gefahren, dass er den Raum unmittelbar vor dem Kombiwagen, in dem sich die Eheleute möglicherweise bewegt hätten, nicht habe einsehen Danach lasse sich nicht ausschließen, dass die Fußgänger für den Zweitbeklagten zunächst durch den Kombiwagen verdeckt gewesen seien, und als er sie schließlich wahrnehmen konnte, der Unfall nicht mehr vermeidbar gewesen sei. Im Hinblick auf den übrigen Fahrzeugverkehr auf der R.-Straße lasse sich auch nicht feststellen, dass der Zweitbeklagte bei sorgsamer Beobachtung der Fahrbahn die Eheleute D. bereits hätte sehen müssen, bevor sie für ihn durch den Kombiwagen verdeckt worden seien.

Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der Beklagten übersehen, die Eheleute D. seien mindestens 25 m vor der Unfallstelle in den Sichtbereich des Zweitbeklagten getreten; denn dieser habe die dritte, linke Fahrspur der 9 m breiten Fahrbahn befahren. Von den letzten 3 Metern hätten aber die Eheleute D. bereits 2 Meter überschritten gehabt, als sie angefahren worden seien. Der Zweitbeklagte hätte daher bei hinreichender Aufmerksamkeit sowohl durch Rechtsausweichen als auch durch Warnzeichen den Unfall vermeiden können. Zum Beweis hierfür hätten sich die Beklagten auf Sachverständigengutachten bezogen.

Die Rüge hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Eheleute D. möglicherweise in einem Abstand von erheblich weniger als 25 Meter in den Gesichtskreis des Zweitbeklagten getreten sind. Die Ausführungen, mit denen es zu diesem Schluss gelangt, liegen im Rahmen der freien Würdigung nach § 286 ZPO. Das Berufungsgericht konnte weder die genaue Unfallstelle noch, wie es ausdrücklich erwähnt, die Gehgeschwindigkeit der Eheleute D. feststellen. Für einen Sachverständigen ergaben sich danach keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Feststellung, in welcher Entfernung vom Zweitbeklagten die Eheleute D. für diesen sichtbar geworden sind. Das Berufungsgericht konnte deshalb davon absehen das beantragte Gutachten einzuholen.

Der Zweitbeklagte brauchte, wie das Berufungsgericht zutreffend darlegt, mit einem plötzlichen Vortreten von Fußgängern unmittelbar vor dem Kombiwagen in seine Fahrbahn nicht zu rechnen. Er durfte darauf vertrauen, dass Fußgänger die Fahrbahn nicht so dicht vor dem Kombiwagen überqueren würden, dass sie bereits durch diesen erheblich gefährdet wurden. Daher kann eine Fahrweise des Zweitbeklagten, die es ihm nicht ermöglichte, den Raum unmittelbar vor dem Kombiwagen so rechtzeitig einzusehen, dass er vor Fußgängern, die von dort plötzlich in seine Fahrbahn träten, noch anhalten oder ihnen ausweichen konnte, nicht als verkehrswidrig erachtet werden. Insbesondere ist entgegen der Meinung der Revision kein Verstoß gegen das Überholverbot des § 10 Abs. 1 Satz 4 StVO ersichtlich, da der Zweitbeklagte mit Fußgängern in dem für ihn nicht einsehbaren Raum unmittelbar vor dem Kombiwagen nicht zu rechnen brauchte. Daran ändert der von der Revision hervorgehobene Umstand nichts, dass der Zweitbeklagte, auf der äußerst linken der drei Fahrspuren fahrend, den Kombiwagen überholen wollte. Selbst beim Überholen eines auf der rechten Fahrspur fahrenden Wagens entsteht für den Überholenden zeitweilig die gleiche Sichtbehinderung wie im vorliegenden Fall.

II. Nach der rechtsirrtumsfreien Auffassung des Berufungsgerichts kann sich andererseits der Zweitbeklagte schon deshalb nicht nach § 18 StVG entlasten, weil er nicht beweisen kann, dass er die Fußgänger nicht früher hätte sehen und den Unfall hätte abwenden können. Es ist, wie das Berufungsgericht erwägt, zwar möglich, aber keineswegs erwiesen, dass die Eheleute D. für den Zweitbeklagten bis zu ihrem Hervortreten in seine Fahrbahn durch andere Fahrzeuge verdeckt worden sind. Insbesondere ist nicht erwiesen, dass sie die Fahrbahn so dicht vor dem Kombiwagen überquert haben, dass es dem Zweitbeklagten nicht mehr möglich war, den von ihm gesteuerten Wagen rechtzeitig anzuhalten.

Entgegen der Meinung der Anschlussrevision kommt es in diesem Zusammenhang nicht entscheidend darauf an, ob der Zweitbeklagte mit einem Überqueren der Fahrbahn durch Fußgänger in Höhe der Unfallstelle rechnen musste oder nicht. In jedem Falle war er verpflichtet, die Fahrbahn aufmerksam zu beobachten. Er kann aber nach der rechtsfehlerfreien Würdigung des Berufungsgerichts nicht beweisen, dass er bei sorgsamer Beobachtung der Fahrbahn das grob verkehrswidrige Unterfangen der Eheleute D., die Straße vor dem von ihm gesteuerten Fahrzeug zu überqueren, nicht so rechtzeitig hätte wahrnehmen können, dass er den Unfall hätte vermeiden können. Damit entfällt sein Entlastungsbeweis nach § 18 StVG sowie die Möglichkeit der Entlastung der Erstbeklagten nach § 7 Abs. 2 StVG. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht eine Haftung der Beklagten nach §§ 7, 18 StVG bejaht.

III. Das Berufungsgericht hält aufgrund der Aussagen des Oberbrandrats Bo. und des Oberbrandmeisters Be. den Nachweis für erbracht, dass die Erstbeklagte bei der Auswahl und Überwachung des Zweitbeklagten die verkehrserforderliche Sorgfalt beachtet hat (§ 831 BGB).

Es erwägt, der - sorgfältig ausgewählte - Zweitbeklagte habe sich während der gesamten Dienstzeit bei der Erstbeklagten seit Oktober 1948 nichts zuschulden kommen lassen. Eine laufende Überwachung des Zweitbeklagten sei dadurch gewährleistet gewesen, dass er laufend mit Einsatzfahrten betraut gewesen sei, an denen Zug- und Gruppenführer teilgenommen hätten, die die Anweisung gehabt hätten das Verhalten der Fahrer im Verkehr zu beobachten und verkehrswidriges Verhalten zu melden; das hätten sie auch getan, wenn ein Anlass vorgelegen habe; über den Zweitbeklagten seien keine derartigen Meldungen eingegangen. Der Zeuge Bo. habe zudem persönlich wiederholt Gelegenheit gehabt, die Fahrweise des Zweitbeklagten zu beobachten, und keinen Anlass zu Beanstandungen gefunden.

Diese Würdigung ist frei von Rechtsirrtum. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, dass an die Auswahl und Überwachung von Kraftfahrern strenge Anforderungen zu stellen sind. Soweit es bei der gegebenen Sachlage, insbesondere im Hinblick auf die von ihm festgestellte laufende Überwachung des Zweitbeklagten, eine unauffällige Kontrolle nicht für erforderlich hält, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden, zumal nach der vom Berufungsgericht für glaubhaft erachteten Aussage des Zeugen Bo. solche Kontrollen bei der Art des Betriebs der Erstbeklagten kaum durchführbar sind, weil der Einsatz während der Dienstzeit ständig wechselt und nicht vorhersehbar ist.

Die Revision meint, von einer laufenden Überwachung des Zweitbeklagten könne nicht die Rede sein, weil er auf den von ihm ausgeführten Krankentransporten nicht von einem Vorgesetzten begleitet worden, somit ohne Überwachung gewesen sei. Sie verkennt dabei, dass der Zweitbeklagte nach der Aussage des Zeugen Bo. nur während eines knappen Drittels seiner gesamten Dienstzeit im Wechsel mit anderen - überwachten - Einsatzfahrten Krankenwagen geführt hat. Die Feststellung des Berufungsgerichts, er sei laufend überwacht worden, ist daher nicht zu beanstanden. Entgegen der Meinung der Revision liegt kein Organisationsmangel darin, dass bei der Erstbeklagten schriftliche Aufzeichnungen über die Kontrollergebnisse fehlen, soweit sich kein Anlass zu Beanstandungen ergab. Hieraus könnten sich lediglich Nachteile für die Feststellung der Art und Weise der Überwachung ergeben.

Das Berufungsgericht hat danach ohne Rechtsirrtum eine Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung abgelehnt. Seine Schadensabwägung, mit der es der Witwe D. und damit der Klägerin nur einen Ersatzanspruch in Höhe von 30 % des entstandenen Schadens zubilligt, lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.

IV. Das Berufungsgericht hat die Zahlungsansprüche nur insoweit dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, als sie nicht hach § 1542 RVO auf die Bundesbahnversicherungsanstalt übergegangen sind. Seine Entscheidung steht in Einklang mit den von ihm angezogenen Urteilen des erkennenden Senats vom 17. November 1959 - VI ZR 207/58, VersR 1960, 85 = NJW 1960, 381 Nr. 3 und vom 25. Oktober 1960 - VI ZR 191/59, VersR 1960, 1100 = NJW 1961, 216 Nr. 6. Nach dem Urteil vom 25. Oktober 1960 geht, wenn öffentlicher Dienstherr und Sozialversicherungsträger wegen desselben Unfalls dem Geschädigten Versorgungsleistungen erbringen, der Anspruch des Sozialversicherungsträgers aus § 1542 RVO gegen den Schädiger, soweit sein Quotenvorrecht dem Geschädigten gegenüber reicht, dem Anspruch des öffentlichen Dienstherrn aus § 87 a BBG vor. Versicherungsträger und öffentlicher Dienstherr sind keine Gesamtgläubiger. Sie sind nach der Entscheidung des Senats vom 17. November 1959 nur dann Gesamtgläubiger, wenn der Geschädigte zum vollen Schadensersatz verpflicht ist und daher ein Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgere nicht zum Zuge kommt. Da im vorliegenden Fall die Beklagten als Schädiger nur einen Teil des Schadens zu ersetzen haben, steht der Bundesbahnversicherungsanstalt der Witwe D. gegenüber ein Quotenvorrecht zu, während der Klägerin ein gleiches Recht nicht zukommt ihr gegenüber vielmehr die Witwe D. bevorrechtigt ist (BGHZ 22, 136). Soweit das Quotenvorrecht der Bundesbahnversicherungsanstalt reicht, ist somit, wie das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Senats vom 25. Oktober 1960 zutreffend darlegt, für einen Forderungsübergang auf die Klägerin als öffentliche Dienstherrin kein Raum mehr; es ist insoweit kein Anspruch der Geschädigten mehr vorhanden, der auf sie übergehen könnte.

Die Ausführungen der Revision, die das Urteil des Senats vom 25. Oktober 1960 für fehlerhaft hält, geben dem Senat keinen Anlass, von seiner Rechtsauffassung abzuweichen. Dieses Urteil steht entgegen der Meinung der Revision nicht in Widerspruch zu der Entscheidung vom 17. November 1959, sondern entwickelt die dort niedergelegten Grundsätze folgerichtig weiter. Im Urteil vom 18. November 1959 geht der Senat nicht, wie die Revision meint, davon aus, dass zwischen öffentlichem Dienstherrn und Sozialversicherungsträger grundsätzlich ein Gesamtgläubigerverhältnis bestehe. Er hat ein solches Verhältnis nur für den Fall angenommen, dass der Schädiger zum vollen Schadensersatz verpflichtet ist und damit ein Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers nicht in Betracht kommt.

Der Umstand, dass, wie im vorliegenden Fall, durch die Leistungen des öffentlichen Dienstherrn und des Sozialversicherungsträgers zusammen der Schaden voll gedeckt wird, vermag entgegen der Meinung der Revision an dem Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers dem Geschädigten gegenüber nichts zu ändern. Dieses Vorrecht hat aber zur Folge, dass, soweit es reicht, keine Forderung des Geschädigten mehr verbleibt, die auf den öffentlichen Dienstherrn übergehen könnte, der seinerseits dem Geschädigten gegen- über kein gleiches Vorrecht hat. Das Berufungsgericht hat danach ohne Rechtsirrtum den Klageanspruch nur soweit dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, als er nicht auf den Sozialversicherungsträger übergegangen ist.

V. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage abgewiesen, mit der die Klägerin neben der Leistungsklage für den gleichen Zeitraum die Ersatzpflicht der Beklagten im Falle einer Erhöhung der Gehälter und Renten wegen der ihr dadurch entstehenden Mehraufwendungen festgestellt wissen will. Seine Ausführungen, mit denen es das Rechtsschutzinteresse für die begehrte Feststellung verneint, weil der Klägerin im Falle einer Rentenerhöhung die Abänderungsklage nach § 323 ZPO zur Verfügung stehe, stehen in Übereinstimmung mit dem Urteil des erkennenden Senats vom 20. Dezember 1960 - VI ZR 38/60, VersR 1961 343, auf das verwiesen wird.

Beide Revisionen sind danach unbegründet. Sie waren daher mit der Kostenfolge aus §§ 97, 100 ZPO zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2992662

VersR 1963, 239

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