Leitsatz (amtlich)

Zum Schadensersatz wegen Vorenthaltung einer vertraglich eingeräumten Gebrauchsmöglichkeit.

 

Normenkette

BGB § 249

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.01.1986)

LG Frankfurt am Main

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Januar 1986 im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte, seine geschiedene Ehefrau, auf Schadensersatz wegen der Verweigerung der Nutzung eines Ferienhauses in Anspruch.

Im Zuge ihrer Ehescheidung, die am 8. April 1976 aus dem Verschulden der Beklagten erfolgte, schlossen die Parteien, die im Güterstand der Gütertrennung gelebt hatten, am selben Tage folgende Scheidungsvereinbarung:

1. … (beiderseitiger Unterhaltsverzicht).

2.

a) … (Einigung, daß die elterliche Gewalt über die drei gemeinsamen Kinder auf den Kläger übertragen werden soll).

b) Frau H. ist damit einverstanden, daß ihr Besuchsrecht nach Abschluß des Ehescheidungsverfahrens geregelt wird. Sie erklärt sich bereits heute damit einverstanden, daß sie ein eventuelles Besuchsrecht während der jeweiligen Ferien der Kinder nicht geltend machen wird.

e) Frau H. verpflichtet sich, Herrn H. und den Kindern die Nutzung des Hauses in Lenz/Schweiz … für die jeweiligen Ferien zu gewähren. Herr H. wird jeweils zu Beginn eines Jahres Frau H. die entsprechenden Daten bekanntgeben.

f) Darüber hinaus verpflichtet sich Frau H., jedem Kind je drei Wochen auch außerhalb der Ferien den Aufenthalt in dem genannten Hause zu gewähren. Entsprechende Wünsche der Kinder sind mindestens vier Wochen vor dem geplanten Aufenthalt mit Frau H. abzustimmen.

3. Herrn H. ist bekannt, daß das Haus in Lenz im Sondervermögen von Frau H. steht und er keinerlei gleich wie auch immer geartete Ansprüche an diesem Haus geltend machen kann mit Ausnahme der ihm zustehenden Nutzung während der Ferien der Kinder.

4.

a) Herr H. zahlt an Frau H. innerhalb der kommenden zehn Jahre … freiwillig und ohne daß dadurch ein weitergehender Rechtsanspruch von Frau H. begründet würde, eine Abfindung in Höhe von insgesamt 322.000 DM … (es folgen weitere Abreden darüber, daß der Betrag während der zehn Jahre in monatlichen Raten in abnehmender Höhe zu entrichten ist).

b) … (Abrede u.a. darüber, daß die vorgenannten Zahlungen wegfallen u.a. bei Wiederverheiratung der Ehefrau sowie im Falle des Todes des Ehemannes).

5.

a) Herr H. verpflichtet sich, die Kosten, die Frau H. aus Umzug und Einrichtung einer anderen Wohnung entstehen, bis zu einem Betrag von 20.000 DM an Frau H. gegen Vorlage der Rechnungen zu erstatten.

e) Wir sind uns darüber einig, daß Herr H. das Mietverhältnis für das Anwesen in Frankfurt/Main … im eigenen Namen allein fortsetzt und Frau H. im Innenverhältnis von etwaigen Forderungen der Vermieter freistellt.

6. … Herr H. verpflichtet sich, für den Fall, daß es zu einer gültigen und voll wirksamen Versicherung von Frau H. (in der gesetzlichen Rentenversicherung) kommt, den erforderlichen Betrag zur Nachversicherung für die Jahre 1964 bis einschließlich 1973 in Höhe von insgesamt 32.904 DM bei Fälligkeit zu bezahlen. …

7. Frau H. behält das Haus in der Schweiz, ihr Reitpferd, ihren Schmuck, ihren Pkw und die von ihr innegehaltenen Konten. …

8. Herr H. behält sämtliche in seinem Sondervermögen stehenden Sachwerte und Vermögenswerten Rechte …

9.

a) Wir sind darüber einig, daß der Hausrat und die Wohnungseinrichtung im Hause Frankfurt/Main … bei Herrn H. verbleibt mit Ausnahme von …

b) Wir sind weiterhin darüber einig, daß der Hausrat und die Wohnungseinrichtung im Hause in Lenz bei Frau H. verbleibt mit Ausnahme von …

10. Wir stellen uns im Innenverhältnis für im Laufe der Ehe eingegangene und bei Ehescheidung noch bestehende Verbindlichkeiten gegenseitig im Innenverhältnis von jeglicher Haftung frei.

11. Nichtigkeit, Teilnichtigkeit oder Unwirksamkeit einer oder mehrerer Bestimmungen berühren die Wirksamkeit der obigen Bestimmungen nicht. Vielmehr werden wir uns gegebenenfalls bemühen, eine dem Sinn der vorstehenden Vereinbarung entsprechende wirksame Vereinbarung anstelle der unwirksamen zu treffen.

12. Frau H. räumt Herrn H. ein … immer wiederkehrendes Vorkaufsrecht an dem Grundstück in Lenz ein.

13. Herr H. trägt im Innenverhältnis die Kosten des Rechtsstreits und dieses Vergleichs.

In der Folge kam es wegen Art und Umfang der Nutzung des Ferienhauses gemäß Nr. 2 der Vereinbarung zu Auseinandersetzungen, die sich im Jahre 1978 nach den Herbstferien, die der Kläger mit den Kindern in dem Haus verbracht hatte, zuspitzten. Die Beklagte verweigerte die vom Kläger in zwei Schreiben erbetene Zusage, während der Weihnachtsferien und auch in Zukunft mit den Kindern das Haus uneingeschränkt nutzen zu können, und erwiderte, sie habe ihm weder ein uneingeschränktes oder gar alleiniges Nutzungsrecht eingeräumt noch werde sie das jemals tun. Deshalb könnten und würden sich auch Dritte in dem Hause aufhalten, wenn die Kinder dort seien. Darauf verbrachte der Kläger die Weihnachtsferien 1978 nicht in dem Ferienhaus. Als er mit Schreiben vom 2. März 1979 die Ferientermine für das Jahr 1979 mitteilte, erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 6. April 1979, daß eine Nutzung des Hauses durch den Kläger im Jahre 1979 nicht möglich sei, da es das ganze Jahr über bereits verplant sei. Am 24. August 1979 verkaufte die Beklagte das Ferienhaus an ihren jetzigen Ehemann, ließ sich daran aber ein lebenslängliches Wohnrecht einräumen. Unter Hinweis auf die Veräußerung lehnte sie durch Schreiben vom 8. Februar 1980 die vom Kläger erbetene Nutzung des Hauses während der Ferien des Jahres 1980 ab. Mit Schreiben vom 1. Juni 1981 forderte der Kläger die Beklagte zu einer „konkreten Erklärung” darüber auf, ob sie die Feriennutzung künftig gewähren werde. Hierauf reagierte die Beklagte trotz Fristsetzung nicht.

Als der Kläger darauf den in Nr. 6 der Vereinbarung zugesagten Betrag für die Nachversicherung der Beklagten nicht zahlte und diese deshalb die Zwangsvollstreckung aus der Vereinbarung betrieb, erhob der Kläger Vollstreckungsgegenklage und rechnete mit dem Schadensersatzanspruch auf, der ihm wegen der Verweigerung der Nutzung des Hauses für die Jahre 1979 und 1980 zustehe. Das Gericht erachtete den Schadensersatzanspruch in Höhe von 16.480 DM für begründet und gab der Vollstreckungsgegenklage in diesem Umfang statt.

Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger Schadensersatz für den Zeitraum von 1981 bis 1991 verlangt. Er hat den Wert der Nutzungsmöglichkeit des Hauses, dessen Ausstattung einem „First-Class-Hotel” entspreche, mit täglich 250 DM bemessen, wodurch sich bei einer jährlich mindestens 150 Tage betragenden Gesamtferiendauer ein jährlicher Schaden von 37.500 DM ergebe. In Anbetracht des langen Zeitraumes sowie des zu erwartenden Geldwertverfalls sei dieser Betrag um 25% zu erhöhen, so daß sich der Schaden auf jährlich 46.875 DM belaufe. Der Kläger hat die Beklagte demgemäß auf Zahlung von 468.750 DM samt 15% Zinsen seit 26. August 1981 in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat dem Kläger wegen des Nutzungsausfalls an 84 Tagen im Jahre 1981 Schadensersatz zugestanden, diesen mit 250 DM je Tag bemessen und der Klage in Höhe von 21.000 DM nebst 15% Zinsen stattgegeben. Wegen der künftigen Ferientermine hat es einen Schadensersatzanspruch verneint, weil dem Kläger insoweit noch kein Schaden entstanden sei. Gegen das landgerichtliche Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Während die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt hat, hat der Kläger beantragt, sie über die landgerichtliche Verurteilung hinaus zur Zahlung eines weiteren Betrages von 479.000 DM nebst 15% Zinsen zu verurteilen. Er hat geltend gemacht, die Einräumung des Nutzungsrechts sei als Gegenleistung für die von ihm in der Scheidungsvereinbarung übernommenen Leistungen anzusehen. Deshalb entspreche der Schaden mindestens dem Wert seiner Leistungen. Dieser betrage (einschließlich der von ihm getragenen, in das Ferienhaus investierten Umbaukosten von mindestens 325.755,13 DM, auf deren Erstattung er durch den Vergleich verzichtet habe, und der zu den Kosten des Scheidungsrechtsstreits zählenden Detektivkosten von 131.754 DM) 832.414,10 DM, wovon er 603.214,10 DM tatsächlich erbracht habe. Hiervon mache er durch Teilklage einen Betrag von 500.000 DM geltend. Der Kläger hat ferner die Ansicht vertreten, der ihm durch die endgültige Vorenthaltung der Nutzungsmöglichkeit entstandene Schaden sei abstrakt zu berechnen. Hilfsweise hat der Kläger Hotelkosten in Höhe von 260.403,19 DM behauptet, die ihm wegen des Entzuges der Nutzungsmöglichkeit des Ferienhauses für anderweit verbrachte Ferienaufenthalte mit den Kindern entstanden seien. Das Oberlandesgericht hat das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der Berufung des Klägers und der weitergehenden Berufung der Beklagten abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als 20.370 DM nebst 15% Zinsen verurteilt worden ist, und die Klage wegen des Mehrbetrages abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein im zweiten Rechtszug verfochtenes Begehren weiter. Hilfsweise begehrt er die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm alle Schäden zu ersetzen, die ihm aus der Verweigerung der gemäß Ziffer 2. e) und f) des Scheidungsvergleichs eingeräumten Nutzungsmöglichkeit des Ferienhauses entstanden seien und noch entständen. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

1. Das Berufungsgericht hält den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Grunde nach für berechtigt. Es hat die Scheidungsvereinbarung dahin ausgelegt, daß die Beklagte dem Kläger das Recht eingeräumt habe, das Ferienhaus nach vorheriger rechtzeitiger Anmeldung während der gesamten Schulferien mit den Kindern allein und unter Ausschluß eines gleichzeitigen Aufenthaltsrechts der Beklagten selbst oder anderer Personen zu benutzen. Diese in ihrem rechtlichen Bestand unangreifbare Verpflichtung habe sie schuldhaft verletzt. Sie habe die Gebrauchsgewährung „kategorisch ein für allemal” verweigert und damit in der Vergangenheit die Nutzung des Hauses schuldhaft unmöglich gemacht. Daß sie das Ferienhaus an ihren Ehemann verkauft habe, ändere nichts.

Es trifft zu, daß die Gebrauchsüberlassung, soweit sie in der Vergangenheit nicht gewährt worden ist, mit dem Ablauf der jeweiligen Ferientermine unmöglich geworden ist, mithin insoweit mangels Nachholbarkeit der geschuldeten Leistung Unmöglichkeit und nicht Verzug in Betracht kommt (vgl. hierzu etwa MünchKomm/Walchshöfer 2. Aufl. § 284 Rdn. 26; Staudinger/Emmerich BGB 12. Aufl. Rdn. 19 f. vor § 537). Der Kläger stützt seinen Schadensersatzanspruch aber auch darauf, daß die Beklagte die Erfüllung der Vereinbarung für die Zukunft verweigert hat. Ob der Anspruch auch insoweit in der Beurteilung des Berufungsgerichts eine Grundlage findet, mag zweifelhaft erscheinen, kann aber ebenso auf sich beruhen wie die Fragen, ob insoweit überhaupt eine der gesetzlich geregelten Leistungsstörungen vorliegt und ob sich die hier in Betracht kommenden Leistungsstörungen nach den Vorschriften über gegenseitige Verträge oder – wegen der Zweifel an einem Gegenseitigkeitsverhältnis der gestörten Leistung (vgl. unten 3.) – nach §§ 280, 286 BGB bestimmen. In der ernstlichen und endgültigen Erfüllungsverweigerung der Beklagten liegt jedenfalls eine positive Vertragsverletzung (vgl. insoweit BGH Urteile vom 10. Dezember 1986 – VIII ZR 349/85 – JZ 1987, 512, 513 f. und vom 12. Oktober 1977 – VIII ZR 73/76 – NJW 1978, 103; Emmerich/Sonnenschein, Miete 2. Aufl. Vorbemerkung 12 vor § 537 BGB; BGB-RGRK/Gelhaar 12. Aufl. Rdn. 129 vor § 535; Staudinger/Emmerich aaO), die sowohl in der zurückliegenden Zeit als auch für die Zukunft den Schadensersatzanspruch ausgelöst haben kann (BGH Urteil vom 10. Dezember 1986 aaO). Welche dieser Anspruchsgrundlagen letztlich zutrifft, braucht nicht weiter erörtert zu werden, da sich daraus für die hier interessierende Rechtsfolge, die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung, kein sachlicher Unterschied ergibt.

2. Zur Berechnung des durch die Vertragsverletzung entstandenen Schadens hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Kläger könne nur seine konkreten Vermögenseinbußen ersetzt verlangen. Eine abstrakte Berechnung des Nutzungsausfalls oder eine Schadensberechnung nach den Grundsätzen über die Nutzungsentschädigung bei Kraftfahrzeugen sei nicht möglich. Die Ansicht des Landgerichts, daß bereits in dem Entzug der Nutzungsmöglichkeit des Ferienhauses ein Vermögensschaden liege, sei unzutreffend. Demgemäß hat das Berufungsgericht einen Vermögensschaden nur insoweit angenommen, als der Kläger in der Vergangenheit während der seit Frühjahr 1981 verbrachten Ferien Kosten für Hotelaufenthalte mit seinen Kindern aufgewendet hat.

Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision zu Recht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beurteilt sich die Frage, ob und inwieweit ein Vermögensschaden eingetreten ist, im Ansatz nach der sogenannten Differenzhypothese durch einen rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte. Dabei sind die in die Differenzbilanz einzusetzenden Rechnungsposten am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes wertend auszurichten (BGHZ 98, 212, 217 – GSZ). Bei der Nichterfüllung eines Vertrages liegt der Schaden grundsätzlich in der Differenz zwischen der vorhandenen Vermögenslage und derjenigen, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung eingetreten wäre. Der Ersatz des Schadens soll den Geschädigten so stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages gestanden hätte (BGH Urteil vom 10. Dezember 1986 a.a.O. S. 516).

Die Frage, ob die Vorenthaltung der abstrakten Gebrauchsmöglichkeit im Rahmen der Verletzung schuldrechtlicher Verpflichtungen einen Vermögensschaden darstellt, hat den Bundesgerichtshof bereits mehrfach beschäftigt. In Anlehnung an die Grundsätze über den Schadensersatz für vorübergehenden Nutzungsausfall bei Beschädigung von Kraftfahrzeugen (vgl. hierzu die Übersicht in BGB-RGRK/Steffen 12. Aufl. § 823 Rdn. 445 ff.) hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14. Juni 1967 (VIII ZR 268/64 – LM BGB § 556 Nr. 2) dem Hauseigentümer, in dessen Haus infolge nachvertraglichen Verschuldens des Mieters die Heizungsanlage unbrauchbar geworden war, für die Zeit der dadurch bedingten Unbenutzbarkeit des Hauses Schadensersatz zugesprochen und es für unerheblich erachtet, ob und wie der Eigentümer das Haus in dieser Zeit benutzt hätte. Mit Urteil vom 14. Juli 1982 (VIII. Zivilsenat: BGHZ 85, 11, 15 f.) hat er dem Eigentümer eines Kraftfahrzeuges, dem nach Kündigung eines Verkaufsauftrages die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert worden war, den Entzug der Nutzungsmöglichkeit als Teil des Verzugsschadens zugebilligt. Ebenso hat er dem Erwerber eines Kraftwagens, der durch die zeitweilige Vorenthaltung des Fahrzeugbriefes an dem Gebrauch des schon in seinem Eigentum befindlichen Autos gehindert war, wegen der entgangenen Nutzungsmöglichkeit Schadensersatz aus Verzug zuerkannt (VIII ZR 131/82 vom 15. Juni 1983 – NJW 1983, 2139). Schließlich hat er entschieden, daß der Erwerber eines Hauses oder einer Eigentumswohnung mit Kraftfahrzeugabstellplatz in einer Tiefgarage nach Werkvertragsrecht Schadensersatz wegen des Nutzungsausfalls verlangen kann, soweit die Garage mängelbedingt unbenutzbar ist (VII. Zivilsenat: BGHZ 96, 124; vgl. in diesem Zusammenhang auch BGHZ 74, 231 zum Schaden infolge abredewidriger schuldhafter Nichtbeschaffung eines zinslosen Darlehens). Auf der anderen Seite hat der Bundesgerichtshof dem Erwerber eines Pelzmantels, dem eine zugesicherte Eigenschaft fehlte, einen Ersatz für vorenthaltenen Gebrauch versagt, weil insoweit kein Vermögensschaden vorliege (VIII. Zivilsenat: BGHZ 63, 393, 397 f.). Ebenso hat er einen Vermögensschaden im Falle des vorübergehenden Verlustes der Nutzungsmöglichkeit verneint, der dem Besteller eines noch zu errichtenden Wohnhauses (V. Zivilsenat: BGHZ 66, 277) oder einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung (V. Zivilsenat: BGHZ 71, 234) durch die verspätete Fertigstellung des betreffenden Objekts, ferner dem Erwerber einer Wohnung mit – fehlerhaft geplantem – privatem Schwimmbad durch dessen Nichtbenutzbarkeit während der Mängelbeseitigung (VII. Zivilsenat: BGHZ 76, 179) sowie dem Eigentümer eines Wohnwagens infolge der verzögerten Herausgabe durch den Verpächter des Einstellplatzes (VIII. Zivilsenat: BGHZ 86, 128) entstanden war (der Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen vom 9. Juli 1986 – BGHZ 98, 212 – betrifft allein die Frage des Vermögensschadens im Falle einer vorübergehenden Nutzungsbeeinträchtigung durch einen deliktischen Eingriff).

Von den Fallgestaltungen, die den vorgenannten Entscheidungen zugrunde liegen, unterscheidet sich die vorliegende Sache in einem bedeutsamen Punkte: Während es in jenen Fällen um Gebrauchsmöglichkeiten ging, die den damaligen oder späteren Eigentümern der betreffenden Sachen vorübergehend entzogen wurden, beruht das Recht auf die hier betroffene Gebrauchsmöglichkeit nicht auf dem Eigentum an der Sache, sondern auf einem durch die Vereinbarung der Parteien begründeten Anspruch, der auf eine zeitlich begrenzte Gebrauchsgewährung gerichtet ist und dessen Erfüllung für die weitere vereinbarte Dauer verweigert wird.

Ob die Vorenthaltung der Gebrauchsmöglichkeit einen Vermögensschaden darstellt, hängt entscheidend davon ab, ob die Gebrauchsmöglichkeit der betreffenden Sache einen selbständigen Vermögenswert darstellt. Diese Frage bereitet erhebliche Schwierigkeiten, soweit das Recht, das die Gebrauchsmöglichkeit gewährt, aus dem Eigentum an der Sache erwächst. Insoweit wird der Beurteilung der Gebrauchsmöglichkeit als Vermögenswert entgegengehalten, daß der Gebrauchswert für den Eigentümer kein vom Substanzwert der Sache „abspaltbarer” Wert sei sowie daß das Gebrauchsrecht des Eigentümers keiner zeitlichen Schranke unterliege und deshalb ein zeitweilig unterbliebener Gebrauch beliebig nachgeholt werden könne (vgl. BGHZ – GZS – a.a.O. S. 220; BGHZ 76, 179, 184; 96, 124, 128; Beschluß vom 22. November 1985 – V ZR 237/84 – JZ 1986, 386, 393; BGB-RGRK/Steffen a.a.O. Rdn. 444; Larenz, Festschrift für Nipperdey Band I S. 498 ff.). Insofern verhält es sich jedenfalls anders, wenn das Gebrauchsrecht, wie hier, auf einem vertraglichen Anspruch beruht und zeitlich begrenzt ist. Ein derartiger Vertrag führt zur Absonderung des Gebrauchsrechts vom Eigentum und begründet seine Selbständigkeit als Vermögensgut (vgl. BGHZ 76, 179, 184; Handbuch des Schuldrechts/Lange, Schadensersatz S. 186; Larenz, Festschrift aaO; derselbe, Lehrbuch des Schuldrechts Band I Allgemeiner Teil 14. Aufl. § 29 IIc S. 503; Esser/Schmidt, Schuldrecht Band I Allgemeiner Teil 6. Aufl. § 31 IId S. 487 f.). Außerdem tritt für die Zeit, in der das Gebrauchsrecht entzogen wird, ein endgültiger Verlust der Gebrauchsmöglichkeit ein, weil eine Nachholung des Gebrauchs wegen der zeitlichen Begrenzung ausscheidet. Jedenfalls eine solche Beeinträchtigung des Gebrauchsrechts stellt einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar (ebenso Larenz, Festschrift a.a.O. S. 500; Esser/Schmidt a.a.O. S. 488; Küppers, Verdorbene Genüsse und vereitelte Aufwendungen im Schadensersatzrecht, 1976, S. 102 f., 109; Ströfer, Schadensersatz und Kommerzialisierung, 1982, S. 70).

Für dieses Ergebnis spricht auch eine andere Betrachtungsweise, nach der es für die Beurteilung eines Entbehrungsschadens weniger auf den in Einzelheiten dogmatisch umstrittenen Begriff des Vermögensschadens als auf die Frage ankommen soll, ob nach dem Zweck des jeweiligen Haftungsgrundes eine Beeinträchtigung noch als Vermögensschaden zurechenbar sein soll (vgl. BGHZ 86, 212, 216 sowie Zeuner in Anm. zum Beschluß des V. Zivilsenats vom 22. November 1985 a.a.O. S. 397). Die schuldrechtliche Verpflichtung der Beklagten bezieht sich hier nicht, wie in den oben genannten Fällen auf sonstige, die Sache betreffende Leistungen (wie beispielsweise ihre Erstellung oder Zurückgabe), sondern gerade auf die Gewährung des Gebrauchs. Deshalb ist die Beeinträchtigung des Gebrauchsrechts hier nicht, wie in den anderen Fällen, „beiläufig” im Rahmen der Verletzung eines Vertrages über die betreffende Sache eingetreten, vielmehr hat die Beklagte dadurch gegen die eigentliche Leistungspflicht verstoßen. Das spricht für eine Entschädigung dieser Beeinträchtigung (vgl. auch BGHZ 86, 212, 216 f. und den dortigen Hinweis auf das Urteil vom 3. November 1980 – III ZR 53/79 – LM ZPO § 546 Nr. 103).

Mit der Entscheidung, daß das durch die Vereinbarung der Parteien verselbständigte Gebrauchsrecht einen Vermögenswert und seine Beeinträchtigung einen Schaden darstellt, weicht der Senat nicht von der Entscheidung des V. Zivilsenats in dessen Urteil vom 31. Oktober 1986 (V ZR 140/85 – NJW 1987, 771) ab, in dem es gleichfalls um einen vertraglichen Anspruch auf – allerdings lebenslängliche – Gebrauchsüberlassung einer Wohnung ging. Der V. Zivilsenat hat eine Schadensersatzpflicht des Schuldners, der mit der Erfüllung dieses Anspruchs in Verzug geraten war, verneint, weil kein Vermögensschaden vorliege. Dazu hat er zunächst auf seine Rechtsprechung zur Frage eines Vermögensschadens durch vorübergehenden Verlust oder vorübergehende Vorenthaltung der Gebrauchsmöglichkeit unbeweglicher Sachen im Rahmen vertraglicher Verzugsschäden verwiesen. Ob und inwieweit der Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen vom 9. Juli 1986 (aaO) zu einer Änderung dieser Rechtsprechung zwinge, hat er offengelassen und ausgeführt, daß auch unter Berücksichtigung der in diesem Beschluß für den deliktischen Eingriff aufgestellten Grundsätze ein Vermögensschaden zu verneinen sei, weil der Gläubiger selbst vorgetragen habe, daß eine eigene Nutzung der Wohnung schon wenige Tage nach dem Vertragsschluß nicht mehr in Betracht gekommen sei (a.a.O. S. 772). Im Gegensatz dazu bestehen im vorliegenden Fall an dem Willen des Klägers, mit den Kindern das Ferienhaus zu benutzen, keine Zweifel.

3. Hiernach kann die angefochtene Entscheidung, die den Entzug der abstrakten Gebrauchsmöglichkeit des Ferienhauses als Vermögensschaden ablehnt und dem Kläger insoweit einen Schadensersatz versagt, nicht bestehen bleiben. Dem Senat ist die Bemessung des Schadens, den der Kläger insoweit verlangen kann, nicht möglich. Entgegen der Ansicht des Klägers kann die Schadenshöhe hier nicht schon aus dem Wert der eigenen Leistungen abgeleitet werden, die der Kläger in der Vereinbarung auf sich genommen und bereits erbracht hat. Insbesondere kommen Darlegungs- und Beweiserleichterungen, wie sie die Rechtsprechung etwa dem durch die Nichterfüllung eines Vertrages betroffenen Käufer oder Werkbesteller einräumt, indem sie ihm die geleistete Zahlung als „ersten handgreiflichen Schaden” oder Mindestschaden zugesteht (vgl. RGZ 127, 245, 248; 134, 83, 90; BGHZ 75, 78, 80; 71, 234, 238; Urteile vom 23. September 1982 – III ZR 196/80 – NJW 1983, 442 und vom 10. Dezember 1986 aaO, je m.w.N.), im vorliegenden Fall nicht zum Zuge. Das Berufungsgericht hat im Rahmen der Frage, ob die Vereinbarung wegen sittenwidriger Übervorteilung der Beklagten (§ 138 Abs. 2 BGB) zu beanstanden sei, dargelegt, die Parteien hätten die Abrede über die Nutzung des Ferienhauses hauptsächlich im Interesse der Kinder getroffen. Im Blick auf die vom Kläger übernommenen Verpflichtungen hat es ausgeführt, daß die Scheidungsvereinbarung nicht nach den gleichen Maßstäben bewertet werden könne wie ein ausschließlich wirtschaftlich ausgerichteter Austauschvertrag. Vielmehr seien immaterielle Werte, wie die rasche Scheidung und die Sorgerechts- und Besuchsregelung bezüglich der Kinder in die beiderseitigen Leistungen mit einzubeziehen. Diese Auslegung der Scheidungsvereinbarung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. In welcher Weise die vom Berufungsgericht hervorgehobenen Regelungspunkte den Umfang der vom Kläger übernommenen Verpflichtungen beeinflußt haben und inwieweit die Einräumung des Gebrauchsrechts durch die Beklagte auf anderen Gründen als den Verpflichtungen des Klägers beruht, etwa der Beteiligung der Beklagten an dem Unterhit der Kinder dienen sollte, für deren Barunterhalt sie nicht aufkommt, bleibt ungewiß. Hinzu kommt, daß nach der Abrede der Parteien in Nr. 11 der Vereinbarung Nichtigkeit, Teilnichtigkeit oder Unwirksamkeit einer oder mehrerer Bestimmungen die Wirksamkeit der übrigen Regelungen nicht berühren sollen. Bei dieser Sachlage bleibt für die Vermutung der Gleichwertigkeit (vgl. RGZ 127, 245, 249) zwischen der von der Beklagten zugesagten Gebrauchsüberlassung und den vom Kläger erbrachten Leistungen kein Raum.

Danach ist die Sache zur Neubemessung des Schadens an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses kann bei der Bewertung der vorenthaltenen Gebrauchsmöglichkeit auf die Grundsätze zurückgreifen, die im angeführten Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen dargelegt sind (a.a.O. S. 225 f.). Da nach dem Vorstehenden ein „Preis” für die Gebrauchsmöglichkeit, der als Maßstab für den Geldwert des Verlustes gelten könnte (vgl. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts a.a.O. S. 503), nicht feststellbar ist, dürften in erster Linie die Wertmaßstäbe des Verkehrs für die entgeltliche Gebrauchsüberlassung des betreffenden Objektes in Betracht kommen. Dabei ist ein fiktiver Mietpreis jedoch von allen auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren zu bereinigen. Ferner wird das Berufungsgericht zu beachten haben, daß der Kläger den Nutzungsausfall jährlich nicht für die jeweilige Gesamtdauer der Schulferien ersetzt verlangen kann, sondern nur für die Zeit, in der er die Ferien im Falle der Verfügbarkeit des Ferienhauses dort verbracht hätte.

Hätte der Kläger tatsächlich ein Ersatzobjekt angemietet, so hätte er diese Anmietung nicht auf die jährliche Gesamtdauer der Schulferien seiner in verschiedenen Schweizer Orten mit unterschiedlicher Ferienordnung eingeschulten Kinder erstrecken dürfen, um das Haus dann nur während eines Teils dieser Zeit zu bewohnen. Vielmehr wäre er gehalten gewesen, die Anmietung auf die voraussichtliche Dauer der tatsächlich dort verbrachten Ferien zu beschränken. Nur in diesem Umfang kommt auch ein Ersatz des Nutzungsausfalls in Betracht (vgl. auch Flessner JZ 1987, 271, 281; Rauscher NJW 1986, 2011, 2017). Als tatsächlicher Anhalt für die somit maßgebende jährliche Zeit kommt vor allem die Dauer der Ferienaufenthalte in Betracht, welche die Familie vor der Scheidung der Parteien und der Kläger in der anschließenden Zeit bis zu dem Zerwürfnis der Parteien mit den Kindern in dem Ferienhaus verbracht haben.

Das Berufungsgericht hat dem Kläger nur für die Zeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung Schadensersatz zugesprochen. Das erweist sich auch für den Schaden als richtig, den der Kläger für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit beanspruchen kann, weil dieser Schaden davon abhängt, daß der Kläger überhaupt zur Nutzung des Ferienhauses in der Lage ist. Das ist für die Zukunft nicht hinreichend sicher, weil die verschiedensten mit der Person des Klägers oder der Kinder verbundenen Umstände, wie Krankheit und sonstige Widrigkeiten, auch die Weigerung der heranwachsenden Kinder, die Ferien in dem Haus zu verbringen, eine Nutzungsmöglichkeit ausschließen oder einschränken können. Danach wird das Berufungsgericht für die Zukunft über den Feststellungsantrag zu befinden haben, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung über die Revision hilfsweise und erstmalig gestellt hat. Dieser ist unbeschadet des grundsätzlichen Verbots jeder Änderung des Klageantrages in der Revisioninstanz zulässig. Zwar bezieht er sich nach seinem Wortlaut auch auf den Schaden aus einer Verletzung von Nr. 2 f der Vereinbarung. Der Zusammenhang der Ausführungen, die sich in der Revisionsbegründung mit dem Feststellungsantrag befassen, ergibt jedoch, daß er allein auf die Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtet ist, die aus der Verletzung von Nr. 2 e der Vereinbarung folgt und die Gegenstand des bisherigen Rechtsstreits ist. Danach ist mit dem Antrag inhaltlich nur eine Modifizierung des Klagebegehrens verbunden und keine Klageänderung anzunehmen (§ 264 Nr. 2 ZPO). Es ist kein Sachverhalt zu würdigen, welcher der Beurteilung durch den Tatrichter noch nicht unterlegen hat. Unter diesen Voraussetzungen bestehen gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrages keine Bedenken (vgl. BGH Urteile vom 4. Mai 1961 – III ZR 222/59 – NJW 1961, 1467 und 9. November 1965 – V ZR 84/63 – Betrieb 1966, 978 sowie auch Urteile vom 31. Januar 1984 – VI ZR 150/82 – NJW 1984, 2295 und 4. Oktober 1984 – VII ZR 162/83 – NJW 1985, 1784). Die sachliche Entscheidung über diesen Antrag wird zusammen mit der Sachentscheidung im übrigen dem Berufungsgericht übertragen.

 

Unterschriften

Lohmann, Portmann, Blumenröhr, Krohn, Zysk

 

Fundstellen

Haufe-Index 1127363

BGHZ

BGHZ, 325

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