Leitsatz (amtlich)

›Der Steuerfiskus kann Konkursgläubiger im Konkurse über das Vermögen eines Spediteurs sein, der gemäß § 12 Abs. 3 Zollgesetz zum Sammelzollverfahren zugelassen wurde mit der Auflage, die Einfuhrumsatzsteuer für die von ihm vertretenen Zollbeteiligten (Importeure) zu entrichten.‹

 

Tatbestand

Der klagende Konkursverwalter verlangt von der beklagten B. im Wege der Konkursanfechtung, eine vor der Konkurseröffnung vorgenommene Zahlung der späteren Gemeinschuldnerin (fortan: Gemeinschuldnerin) auf Einfuhrumsatzsteuer zu erstatten.

Die Gemeinschuldnerin führte grenzüberschreitende Speditionsaufträge aus. Mit Bescheid vom 14. November 1983 erteilte ihr das Hauptzollamt der Beklagten die "Zulassung der Zollabfertigung nach vereinfachter Zollanmeldung". Danach durfte die Gemeinschuldnerin für eingeführte Waren ihrer Kunden (Importeure) als deren Vertreterin Sammelzollanmeldungen bis zum 5. des Folgemonats abgeben. Die Zulassung erfolgte mit der Auflage, bis zum 15. des der Einfuhr folgenden Monats die "Eingangsabgaben ... für die einzelnen Zollbeteiligten zu entrichten". Die Gemeinschuldnerin berechnete ihren Kunden neben der vertraglichen Vergütung die Einfuhrumsatzsteuer. Den Gesamtbetrag zahlten die Importeure u.a. auf Konten der Gemeinschuldnerin bei der C.-bank.

Am 18. Februar 1987 wurde gegen die dänische Muttergesellschaft der Gemeinschuldnerin ein gerichtliches Zahlungsverbot verhängt. An demselben Tage löste die D. Bank einen Scheck über 444.241,53 DM nicht ein, den die Gemeinschuldnerin dem Hauptzollamt am 16. Februar 1987 zur Zahlung von Einfuhrumsatzsteuer ausgestellt hatte, und kündigte einen der Gemeinschuldnerin gewährten Kredit. Am 19. Februar 1987 untersagte das Hauptzollamt der Gemeinschuldnerin weitere Anmeldungen im Sammelzollverfahren, stellte durch einen Vollziehungsbeamten die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinschuldnerin fest und ließ sich von dieser Ansprüche auf "Rückzahlung der ... für die Importeure verauslagten Einfuhrumsatzsteuer" abtreten. Durch Schreiben vom 25. Februar 1987 teilte die Gemeinschuldnerin ihren Kunden die Zahlungseinstellung der Muttergesellschaft mit und bat, die berechnete Einfuhrumsatzsteuer an das Hauptzollamt zu zahlen. Diesem übersandte die Gemeinschuldnerin ihr Schreiben vom 25. Februar 1987 am 27. Februar 1987.

Am 12. März 1987 wies ein Konto der Gemeinschuldnerin bei der C.-bank ein Guthaben von etwa 172.000 DM auf; davon stammten 121.530,30 DM aus Zahlungen der Importeure auf Einfuhrumsatzsteuer (GA I 15, 29 f, 32 f). Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin hob an diesem Tage von diesem Konto 170.000 DM ab und zahlte diesen Betrag sowie weitere 1.530,30 DM auf ein Bankkonto des Hauptzollamtes zur Entrichtung von Einfuhrumsatzsteuer ein. Danach beantragte er - noch an demselben Tage -, das Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin zu eröffnen; dies geschah am 3. Juni 1987.

Die Beklagte erhielt auf die seit Mitte Februar 1987 fällige Einfuhrumsatzsteuer von den Importeuren 339.527,80 DM. Auf die Zahlung der Gemeinschuldnerin vom 12. März 1987 erstattete die Beklagte dem Kläger 66.816,57 DM.

Die im Mai 1988 erhobene Klage auf Erstattung von 104.713,73 DM haben Land- und Oberlandesgericht abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache.

I. Das Berufungsgericht hat einen - rechtzeitig geltend gemachten (§ 41 KO) - Rückgewähranspruch des Klägers aus § 30 Nr. 1 Fall 2, § 37 Abs. 1 KO verneint und ausgeführt: Die Beklagte sei nicht Konkursgläubigerin gewesen. Zollschuldner seien nur die von der Gemeinschuldnerin vertretenen Importeure gewesen. Die Auflage in der Zulassung vom 14. November 1983, die Eingangsabgaben für die einzelnen Zollbeteiligten zu entrichten, habe nur die tatsächliche Handhabung umschrieben; eine Rechtsgrundlage dafür, zu der Abgabenschuld der Importeure zusätzlich eine entsprechende Verpflichtung der Vertreterin zu begründen, sei nicht erkennbar. Die Gemeinschuldnerin habe sich nicht gegenüber der Beklagten vertraglich verpflichtet, für die Zollschulden aufzukommen. Die angefochtene Zahlung habe sich nicht auf die am 19. Februar 1987 abgetretenen Ansprüche bezogen. Die Beklagte sei nicht ungerechtfertigt bereichert, weil die Zahlung vom 12. März 1987 aus ihrer Sicht eine Leistung der Importeure gewesen sei.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Beklagte war Konkursgläubigerin (§ 3 KO), weil sie bei Konkurseröffnung einen steuerrechtlichen Anspruch gegen die Gemeinschuldnerin hatte.

1. Die Revision macht zu Recht geltend, die Gemeinschuldnerin habe aufgrund der Auflage in der behördlichen Zulassung vom 14. November 1983 dafür einstehen müssen, daß die Importeure ihre Verpflichtung erfüllten, die Eingangsabgabe der Einfuhrumsatzsteuer - diese ist eine Steuer im Sinne der Abgabenordnung (§§ 1, 3 Abs. 1 Satz 2 AO, § 21 UStG) - wegen der vor Konkurseröffnung eingeführten und abgefertigten Waren zu zahlen (§§ 1, 10, 35, 35a des Zollgesetzes - ZG - v. 14. Juni 1961 - BGBl I 737 - i.d.F. des 17. Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes v. 12. September 1980 - BGBl I 1695 -, § 1 Abs. 1 Nr. 4, §§ 11, 21 UStG).

Die der Gemeinschuldnerin von der Zollbehörde nach § 12 Abs. 3 ZG erteilte Erlaubnis, am Sammelzollverfahren teilzunehmen, war ein Verwaltungsakt, der mit einer Auflage verbunden war, durch die der Begünstigten ein bestimmtes Verhalten vorgeschrieben wurde (§ 120 Abs. 2 Nr. 4 AO). Das Berufungsgericht hat es unterlassen, den objektiven Erklärungsgehalt dieser behördlichen Maßnahme im Wege der erforderlichen Auslegung zu ermitteln. Diese darf der Senat selbst vornehmen (vgl. BGHZ 86, 104, 110). Nach der im öffentlichen Recht entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 133 BGB ist zu klären, wie die Gemeinschuldnerin nach den ihr bekannten Umständen den Inhalt der behördlichen Zulassung nach Treu und Glauben verstehen konnte; dabei sind insbesondere der Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Verwaltungsaktes zu berücksichtigen. Im Zweifel ist das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen (BFHE 134, 97, 100 m.w.N.).

a) Nach dem Wortlaut der Auflage hatte die Gemeinschuldnerin, wenn sie von der Zulassung zum Sammelzollverfahren als Vertreterin ihrer Vertragspartner - der Importeure - Gebrauch machte, für diese Zollbeteiligten und -schuldner (§§ 10 Abs. 3, 35a Abs. 1 Satz 2 ZG) die Eingangsabgaben zu entrichten. Sinn und Zweck dieser zollbehördlichen Anordnung ergeben, daß die Gemeinschuldnerin die Einfuhrumsatzsteuer für Rechnung ihrer Kunden einzubehalten und abzuführen hatte. Deswegen wurde die Gemeinschuldnerin zwar nicht selbst Abgabenschuldnerin (vgl. Bail/Schädel/Hutter, Zollrecht 1978 Bd. I Kap. B 11-13 Rdnr. 21); sie verpflichtete sich - gemäß den insoweit unbeanstandeten, rechtsfehlerfreien Ausführungen des Berufungsgerichts - auch nicht vertraglich gegenüber der Beklagten, die Abgabenforderung zu erfüllen (§ 48 Abs. 2 AO). Sie war aber sogenannte Entrichtungsschuldnerin, die nicht die Abgabe selbst schuldete, sondern nur für deren Begleichung zu sorgen hatte, und war daher selbst steuerpflichtig (§§ 33, 43 AO, § 12 Abs. 3 ZG; vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler/Offerhaus, AO 9. Aufl. § 33 Rdnr. 14; Tipke/Kruse AO 9. Aufl. § 33 Rdnr. 5, 9; Kühn/Kutter/Hofmann, AO 16. Aufl. § 33 Anm. 2 c, § 43 Anm. 4; Merk, Steuerschuldrecht 1926 S. 110 ff; Hess, Schuld und Haftung im Abgabenrecht 1972, S. 124 ff, 148 ff, 160 ff, 235 ff).

Das Sammelzollverfahren gemäß § 12 Abs. 3 ZG soll einerseits die Anmeldung und Abfertigung von Zollgut im Interesse aller Beteiligten (Zollverwaltung, Importeur und Spediteur) vereinfachen und beschleunigen, andererseits die abgabenrechtlichen Belange wahren (Bail/Schädel/Hutter aaO.; Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht 2. Aufl. § 12 ZG Rdnr. 31 f; Müller-Eiselt ZfZ 1983, 258, 261). Diese können beeinträchtigt werden, weil die Zollbehörde - im Rahmen dieses Verfahrens - das Zollgut, das als Sicherheit für die darauf lastende Zollschuld dient (§§ 5, 20 ZG, 76, 327 AO), vor deren Erfüllung freigibt (§ 38 ZG). Zur Abwendung dieser Gefahr kann die Zulassung zum Sammelzollverfahren "unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen" erteilt werden (§ 12 Abs. 3 Satz 1 ZG). Die Zollabfertigung im fremden Namen kann zugelassen werden, wenn die Zollbelange als gesichert erscheinen (§ 20a Abs. 2 der Allgemeinen Zollordnung - AZO - v. 29. November 1961 - BGBl I 1937 - i.d.F. der VO v. 19. Juli 1983 - BGBl I 1034 -). Im vorliegenden Falle hat die Behörde davon abgesehen, eine Sicherheitsleistung für die Begleichung der Eingangsabgaben von den Importeuren gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 ZG und von der Gemeinschuldnerin als Spediteurin zu verlangen (Nr. 24-26 der Zulassung). Vielmehr wurde, um die Tilgung der Zollschuld zu sichern, die Zulassung der Gemeinschuldnerin zum Sammelzollverfahren mit der Auflage verbunden, die Eingangsabgaben für die vertretenen Zollbeteiligten zu entrichten (Nr. 31 der Zulassung); das hatte am 15. des auf die Entstehung der Zollschuld folgenden Monats zu geschehen, weil diese dann fällig wurde (§ 37 Abs. 3 ZG). Diese Maßnahme der Zollbehörde hielt sich im Rahmen der ihr durch § 12 Abs. 3 ZG eingeräumten Ermächtigung und des damit verbundenen Ermessensspielraums (§§ 5, 120 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 AO; vgl. Bail/Schädel/Hutter aaO.; Schwarz/Wockenfoth aaO. § 12 ZG Rdnr. 32).

Aufgrund ihrer Entrichtungspflicht hatte die Gemeinschuldnerin die Beträge, die die - durch sie im Zollverfahren vertretenen - Importeure auf Einfuhrumsatzsteuer an sie zahlten, für Rechnung dieser Zollschuldner einzubehalten und an die Beklagte abzuführen (vgl. §§ 33, 43 AO). Eine solche Verpflichtung, für eine fremde Steuerverbindlichkeit einzustehen, dient der Sicherung des Steuergläubigers, ihm sollen in bestimmten Fällen Dritte, die bei der Erfüllung der Pflichten des Steuerschuldners eingeschaltet sind, dafür mit ihrem Vermögen - neben dem Steuerschuldner als Gesamtschuldner (BFHE 165, 307, 309 m.w.N.) - haften (Hübschmann/Hepp/Spitaler/Offerhaus aaO. § 33 Rdnr. 6, 14; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Boeker aaO. § 43 Rdnr. 9, 10; Hübschmann/Hepp/Spitaler/v. Wallis aaO. Rdnr. 1 ff vor § 69; Tipke/Kruse aaO. § 33 Rdnr. 5, 9, § 43 Rdnr. 2; Kühn/Kutter/Hofmann aaO. § 37 Anm. 4, Vorbem. I, II 1 zu §§ 69 ff; Schwarz/Dumke, AO 1976 § 35 Rdnr. 3 ff, § 69 Rdnr. 1 ff; Birk, Steuerrecht 1988 S. 122; Mösbauer DB 1983, 1893). Daran ändert nichts, daß - zur weiteren Sicherung der Abgabenforderung - im Zulassungsbescheid ein schuldhafter Verstoß gegen eine Auflage als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bedroht wurde (§ 379 Abs. 3, 4 AO).

b) Die Beteiligten des Sammelzollverfahrens haben die Entrichtungspflicht der Gemeinschuldnerin im Sinne dieses Auslegungsergebnisses verstanden und sich entsprechend verhalten. Das zuständige Hauptzollamt hat dem Kläger noch mit Schreiben vom 9. Februar 1988 mitgeteilt, die Gemeinschuldnerin sei aufgrund der Auflage verpflichtet gewesen, die von den Importeuren geschuldete Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten und habe dafür die entsprechenden Beträge von ihren Kunden zur Abführung an die Zollverwaltung eingezogen. Demgemäß hatte diese Behörde am 19. Februar 1987 eine Vollstreckungsmaßnahme gegen die Gemeinschuldnerin vorgenommen. 2. Ohne die angefochtene Zahlung hätte die Beklagte im Sinne des § 3 KO zur Zeit der Konkurseröffnung einen begründeten Vermögensanspruch gegen die Gemeinschuldnerin gehabt, weil diese aufgrund der öffentlich-rechtlichen, im Verwaltungswege durchsetzbaren Auflage (vgl. §§ 249 ff AO; BFHE 134, 97, 101 = BStBl II 1982, 34, 36) bereits eingezogene, fällige Beträge auf Einfuhrumsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen hatte.

Die entsprechende Abgabenschuld der Importeure gegenüber der Beklagten war - spätestens - entstanden mit dem Zollantrag auf Abfertigung des Zollguts zum freien Verkehr (§§ 35, 35 a ZG, 21 Abs. 2 UStG; Schwarz/Wockenfoth aaO. § 35 a ZG Rdnr. 8 ff) und am 16. Februar 1987 - vor Konkurseröffnung - fällig geworden (§§ 37 Abs. 3 ZG, 193 BGB, 108 AO).

Zur Sicherung dieser Abgabenforderung der Beklagten war - ebenfalls vor Konkurseröffnung - die Entrichtungspflicht der Gemeinschuldnerin aufgrund der Auflage im Zulassungsbescheid vom 14. November 1983 entstanden. Die Gemeinschuldnerin hatte als Vertreterin der Importeure im Sammelzollverfahren Mitte Februar 1987 Einfuhrumsatzsteuer zumindest in Höhe der Klageforderung ausgelöst. Einen entsprechenden Betrag hatten die Importeure vor Konkurseröffnung an die Gemeinschuldnerin gezahlt (vgl. GA I 15, 29 f, 32 f), den diese an die Beklagte abzuführen hatte. Diese Pflicht blieb unberührt vom Widerruf der Zulassung zum Sammelzollverfahren am 19. Februar 1987, der nur für die Zukunft wirkte (§ 20a Abs. 1 AZO; vgl. § 131 Abs. 2 Nr. 2 AO).

3. Die Beklagte wäre nicht Konkursgläubigerin, wenn sie an den Beträgen, die die Importeure zur Begleichung der Einfuhrumsatzsteuer auf die Konten der Gemeinschuldnerin überwiesen hatten, ein Aussonderungsrecht gehabt hätte (§ 43 KO). Das war jedoch nicht der Fall (vgl. BGH, Urt. v. 19. November 1992 - IX ZR 45/92, ZIP 1993, 213, 214 = WM 1993, 83). Es handelte sich nicht um offenkundige Treuhandkonten. Die Gemeinschuldnerin hat ihre Konten, auf denen auch die ihr zustehenden Vergütungen aus den Speditionsverträgen eingingen, in erster Linie zur Abwicklung eigener Geschäfte genutzt. Daß sie über diese Konten - im Rahmen des Speditionsvertrages ohne besondere Treuhandabreden - auch die von ihren Kunden geschuldete Einfuhrumsatzsteuer im Interesse der Beklagten eingezogen hat, reicht nicht aus, um einen entsprechenden treuhänderischen Charakter der Konten zu begründen. Es fehlt die notwendige "Verdinglichung" der Rechtsstellung eines Treugebers, die gegeben sein muß, um seine wirtschaftliche Inhaberschaft im Rahmen der Aussonderung der rechtlichen Inhaberschaft gleichstellen zu können. Der Anspruch der Beklagten auf Abführung der eingezogenen Steuerbeträge ging auf Verschaffung eines zum Vermögen der Gemeinschuldnerin gehörenden Gegenstandes und berechtigte deswegen nicht zur Aussonderung.

II. Das angefochtene Urteil ist nicht im Ergebnis aus einem anderen Grunde richtig (§ 563 ZPO).

Der Kläger hat die weiteren Voraussetzungen eines Anfechtungsgrundes nach § 30 Nr. 1 Fall 2 KO schlüssig dargelegt. Soweit die Beklagte sich dagegen rechtserheblich verteidigt, sind tatrichterliche Feststellungen erforderlich.

1. Nach dem Klagevortrag benachteiligte die angefochtene Zahlung die Gesamtheit der Konkursgläubiger. Zwar werden deren Belange nicht beeinträchtigt, wenn gerade der Gläubiger befriedigt wurde, dem auch der Konkursverwalter den Geldbetrag, wäre dieser im Vermögen des Gemeinschuldners verblieben, hätte auszahlen müssen, es sei denn, daß entweder weitere Gläubiger mit gleichen oder besseren Vorrechten vorhanden sind oder die Konkursmasse zur Befriedigung aller bevorrechtigten Gläubiger nicht ausreicht (BGHZ 114, 315, 322; BGH, Urt. v. 24. Oktober 1962 - VIII ZR 126/61, WM 1962, 1316, 1317 f). Daß gleich- oder bevorrechtigte Gläubiger nicht vorhanden seien, hat die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. BGH, Urt. v. 24. Oktober 1962 - VIII ZR 126/61, aaO. 1318; v. 11. Juni 1992 - IX ZR 147/91, WM 1992, 1334, 1336), nicht behauptet. Eine im Zollverfahren entstandene Forderung hätte im Konkurs des Abgabenschuldners den Rang gemäß § 61 Nr. 2 KO (BFH WM 1983, 1218, 1219; Kuhn/Uhlenbruck aaO. § 61 Rdnr. 52; Kilger/K. Schmidt aaO. § 61 Anm. 5 a; Hess/Kropshofer, KO 4. Aufl. Anh. V Rdnr. 82 - S. 1858 -); dies gilt auch für die Konkursforderung der Beklagten, die auf der öffentlich-rechtlichen Auflage zur Abführung der eingezogenen Zollabgaben beruht.

2. Nach dem Vorbringen des Klägers ist die angefochtene Zahlung vom 12. März 1987 nach Zahlungseinstellung der Gemeinschuldnerin erfolgt.

Zahlungseinstellung im Sinne des § 30 KO ist die nach außen in Erscheinung getretene, jedenfalls den beteiligten Verkehrskreisen erkennbar gewordene Zahlungsunfähigkeit; diese ist das auf einem nicht nur vorübergehenden Mangel an Zahlungsmitteln beruhende Unvermögen, wesentliche Teile der fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Es genügt, daß die Zahlungseinstellung dem Anfechtungsgegner gegenüber offenbar geworden ist (BGHZ 118, 171, 174). Das Wissen oder Nichtwissen eines Vertreters ist auch insoweit maßgebend, als es sich auf die Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit bezieht (§ 166 Abs. 1 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 22. November 1990 - IX ZR 103/90, NJW 1991, 980, 981).

Der Kläger hat - mit Unterlagen und unter Beweisantritt - substantiiert behauptet (GA I 4 ff, 123 ff, 164), eine Zahlungseinstellung der Gemeinschuldnerin sei eingetreten, als gegen die Muttergesellschaft am 18. Februar 1987 ein gerichtliches Zahlungsverbot verhängt worden sei; infolgedessen sei an diesem Tage der auf das Hauptzollamt der Beklagten ausgestellte Scheck über 444.241, 53 DM nicht eingelöst worden. Das habe das zuständige Hauptzollamt am 19. Februar 1987 erfahren. Es habe noch an diesem Tage durch einen Vollziehungsbeamten die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinschuldnerin feststellen lassen und dieser die weitere Teilnahme am Sammelzollverfahren untersagt.

Diesem schlüssigen Vorbringen ist die Beklagte in rechtserheblicher Weise entgegengetreten (GA I 27, 88, 150 ff), so daß insoweit tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind.

3. Der Kläger hat - mit Unterlagen und unter Beweisantritt - weiterhin behauptet, dem zuständigen Hauptzollamt der Beklagten sei die Zahlungseinstellung der Gemeinschuldnerin zur Zeit der angefochtenen Zahlung am 12. März 1987 bekannt gewesen (GA I 4 f, 37 f, 123 ff, 133, 160 ff, 185 ff). Da die Beklagte dies bestritten hat, sind auch insoweit tatsächliche Feststellungen notwendig.

III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).

Für das weitere Verfahren wird auf folgendes hingewiesen:

1. Sollte die Anfechtung gemäß § 30 Nr. 1 Fall 2 KO unbegründet sein, so besteht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ein anderer Anfechtungsgrund, der durch die Klageerhebung rechtzeitig geltend gemacht worden wäre (§ 41 KO; vgl. BGHZ 117, 374, 380 ff), nicht.

Die Voraussetzungen des § 30 Nr. 2 KO sind nicht erfüllt, weil die Beklagte eine kongruente Deckung erhalten hat.

Eine Absichtsanfechtung gemäß § 31 Nr. 1 KO scheidet aus. Danach ist eine kongruente Deckung nur dann anfechtbar, wenn es dem späteren Gemeinschuldner nicht so sehr auf die Erfüllung einer Vertragspflicht, sondern auf die Vereitelung der Ansprüche anderer Gläubiger zugunsten des bevorzugten Gläubigers angekommen ist (BGH, Urt. v. 18. Februar 1993 - IX ZR 129/92, ZIP 1993, 521, 522 = WM 1993, 738 m.w.N.). Das hat der Kläger nicht dargelegt.

Auch eine Schenkungsanfechtung gemäß § 32 Nr. 1 KO entfällt. Der spätere Gemeinschuldner leistet nicht unentgeltlich, wenn er - wie hier - zur Tilgung einer fremden Schuld verpflichtet ist; der richtige Anfechtungsgegner ist dann nicht der Gläubiger, sondern der Schuldner (BGHZ 41, 298, 299 ff; BGH, Urt. v. 15. Dezember 1982 - VIII ZR 264/81, ZIP 1983, 32).

2. Auch ein - durch §§ 29 ff KO nicht ausgeschlossener (BGHZ 41, 98, 103 f) - Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus § 37 Abs. 2 AO entfällt. Gemäß dem - insoweit unbeanstandeten - Berufungsurteil war die Zahlung der Gemeinschuldnerin bei objektiver Betrachtung aus der Sicht der Beklagten eine Leistung der Importeure als Zollschuldner (vgl. BGH, Urt. v. 21. Mai 1980 - VIII ZR 40/79, ZIP 1980, 518, 520).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993696

NJW 1994, 2893

BGHR KO § 3 Abs. 1 Steuerfiskus 1

BGHR ZollG (1961) § 12 Abs. 3 Konkursgläubiger 1

KTS 1994, 572

WM 1994, 1775

ZIP 1994, 1194

MDR 1994, 1106

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