Verfahrensgang

KG Berlin (Entscheidung vom 16.10.1975)

 

Tenor

Die Revisionen der Parteien gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 16. Oktober 1975 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens haben der Beklagte 2/3, die Klägerin 1/3 zu tragen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ließ im Jahre 1970 auf ihrem Betriebsgrundstück in Berlin-Neukölln eine größere Lagerhalle errichten. Planender und bauleitender Architekt war der Beklagte. Mit dem Bau der Halle wurde schon vor der Erteilung der Baugenehmigung begonnen. Zugleich mit der während der Bauzeit am 11. Juli 1970 erteilten Baugenehmigung wurden der Klägerin verschiedene feuerpolizeiliche Auflagen gemacht.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Ersatz der durch die nachträgliche Befolgung dieser Auflagen entstandenen Mehrkosten und hat insoweit zunächst auf Feststellung geklagt.

Im Herbst 1971 verkaufte dann die Klägerin ihr Betriebsgrundstück. Ein Teil der feuerpolizeilichen Auflagen erledigte sich in der Folgezeit dadurch, daß der Käufer die Lagerhalle umbaute. Während des Rechtsstreites wurden jedoch die 30 am starken und zur Wärmedämmung der Außenwände der Lagerhalle verwendeten Styroporplatten durch anderes, den feuerpolizeilichen Vorschriften entsprechendes Material ersetzt. Entsprechend ihrer beim Verkauf des Grundstücks übernommenen Verpflichtung wandte die Klägerin dafür am 9. Januar 1973 12.409,14 DM auf. Wegen dieses Betrages ist die Klägerin zur Leistungsklage übergegangen und hat, nachdem die weiteren Auflagen gegenstandslos geworden waren, im übrigen ihren Feststellungsanspruch in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Beklagte hat der Erledigungserklärung widersprochen, weil der Feststellungsantrag von Anfang an unzulässig und unbegründet gewesen sei. Er hat die Auffassung vertreten, für die durch die nachträgliche Befolgung der feuerpolizeilichen Auflagen entstandenen Mehrkosten nicht einstehen zu müssen.

Widerklagend hat er restliches Architekten- und Statikerhonorar in Höhe von zuletzt 13.437 DM geltend gemacht.

Die Klägerin hält den Honoraranspruch für übersetzt und hat im übrigen mit einem weiteren Schadensersatzanspruch aufgerechnet, den sie aus Überschreitung der Baukosten für die Lagerhalle herleitet.

Das Oberlandesgericht hat, soweit die Klägerin nicht zur Leistungsklage übergegangen ist, die Feststellungsklage in der Hauptsache für erledigt erklärt. Auf den Zahlungsanspruch hat es den Beklagten zur Bezahlung der Kosten der Auswechslung des Isoliermaterials in der verlangten Höhe von 12.409, 14 DM nebst Zinsen verurteilt. Auf die Widerklage hat es dem Beklagten, unter Abweisung der Widerklage im übrigen, Architekten- und Statikerhonorar in Höhe von 8.683,- DM nebst Zinsen zugesprochen; den dagegen zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch der Klägerin hat es verneint.

Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag und zur Widerklage den abgewiesenen Teil seiner Honoraransprüche weiter. Mit der - unselbständigen - Anschlußrevision wendet sich die Klägerin gegen ihre auf die Widerklage erfolgte Verurteilung. Jede Partei beantragt, das Rechtsmittel der anderen Partei zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

A.

Zur Klage:

(Revision der Beklagten)

I.

Erledigung des Feststellungsantrages in der Hauptsache:

1.

Die Revision meint, soweit die Klägerin die Feststellungsklage nicht weiterverfolgt habe, liege keine Erledigung der Hauptsache, sondern Klagerücknahme vor.

2.

Das trifft nicht zu.

In der Klageschrift hatte die Klägerin zur Begründung des Feststellungsantrages vorgetragen, der Beklagte müsse ihr Schadensersatz leisten, weil er bei seiner Planung gegen drei feuerpolizeiliche Auflagen verstoßen habe. Er habe nämlich fehlerhaft bei der Wärmeisolierung von Außenwänden und Dach leicht entflammbare Baustoffe, in der Dachfläche keine ausreichenden Rauch- und Wärmeabzüge und in der Halle keine Wandhydranten vorgesehen. Unstreitig hat die Bauausführung den mit der Baugenehmigung in dieser Hinsicht erteilten feuerpolizeilichen Auflagen nicht entsprochen. Das Berufungsgericht ist danach rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß der Klägerin zunächst nicht nur aus dem auflagengemäß erfolgten Austausch des Isoliermaterials in den Außenwänden, sondern auch wegen der Nichteinhaltung der weiteren Auflagen Schadensersatzansprüche zugestanden haben. Dabei gilt zum Grunde dieser Ansprüche das gleiche wie zu dem aus den Kosten des Austausches des Isoliermaterials in den Außenwänden hergeleiteten Schadensersatzanspruch. Das wird unten zu A II 2. erörtert. Darauf wird verwiesen.

II.

Zahlungsanspruch der Klägerin:

1.

a)

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß der Beklagte mit der Anordnung der Verwendung von Styroporplatten für die Isolierung der Außenwände der Lagerhalle (wie auch hinsichtlich der Isolierung des Daches, der fehlenden Rauch- und Wärmeabzüge und der Hydranten) planungsfehlerhaft gegen Berliner Bauvorschriften verstoßen habe.

Die Revision will das nicht hinnehmen. Das Berufungsgericht habe einen Verstoß der Planung gegen zwingende baupolizeirechtliche Vorschriften nicht festgestellt. Feuerpolizeiliche Auflagen würden von Fall zu Fall erteilt und seien nicht vorausschauend einzuplanen.

b)

Die Revision verkennt, daß das Berufungsgericht seine Überzeugung vom Verstoß der Planung gegen Berliner Bauvorschriften daraus gewonnen hat, daß unstreitig die feuerpolizeilichen Auflagen erfolgt sind, der Beklagte sie als Fachmann hingenommen, trotz Drängens der Klägerin nicht die Einlegung eines Rechtsmittels dagegen veranlaßt und im übrigen auch in beiden Tatsacheninstanzen nicht die Rechtmäßigkeit dieser Auflagen angezweifelt hat. Diese tatrichterliche Wertung ist möglich und sogar naheliegend. Die Revision muß das hinnehmen. Auf die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts, der Beklagte hätte sich auch dann schadensersatzpflichtig gemacht, wenn er unrechtmäßige feuerpolizeiliche Auflagen hätte rechtskräftig werden lassen, kommt es nicht an.

2.

a)

Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, für die der Klägerin aus dem Planungsverschulden entstandenen Schäden müsse der Beklagte trotz des Umstandes voll einstehen, daß die Halle entsprechend dem Wunsche der Klägerin schon vor Erteilung der Baugenehmigung errichtet worden sei. Denn in einem solchen Falle müsse sich der Architekt zur Vermeidung nachträglicher Mehraufwendungen besonders sorgfältig um die Einhaltung der Bauvorschriften bemühen, z.B. durch Rücksprache bei der Baubehörde. Könne er zu nachträglichen Mehraufwendungen führende Auflagen nicht sicher ausschließen, müsse er den Bauherrn auf das besondere Risiko des Baubeginns vor Erteilung der Baugenehmigung eindringlich hinweisen. Weil der Beklagte weder vorab bei der Bauaufsichtsbehörde den Umfang der nach den Berliner Bauvorschriften erforderlichen feuerpolizeilichen Baumaßnahmen geklärt noch die Klägerin auf das dadurch entstehende Risiko nachträglicher Mehraufwendungen hingewiesen habe, könne er sich nicht darauf berufen, daß die Klägerin den vorzeitigen Baubeginn gewünscht habe.

Die Revision vertritt dagegen die Auffassung, einem erfahrenen Bauherrn sei das in vorzeitigem Baubeginn liegende Risiko bekannt. Es spreche alles dafür - das Gegenteil habe von der Klägerin dargelegt werden müssen - daß die Klägerin ein erfahrener Bauherr sei. Auch sei auszuschließen, jedenfalls sei nichts anderes festgestellt, daß die Klägerin sich nach einem Hinweis auf das Risiko anders entschieden hätte und infolgedessen der spätere Mehraufwand ausgeblieben wäre.

b)

Auch damit hat die Revision keinen Erfolg.

Da die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, die Verwendung geeigneten Isoliermaterials würde insgesamt keine höheren Kosten verursacht haben als die Verwendung der ungeeigneten Styroporplatten, steht nicht in Frage, ob die Klägerin etwa nicht bereit gewesen wäre, zur Risikoausschaltung Mehraufwand auf sich zu nehmen. Hätte der Beklagte ihr pflichtgemäß vorgeschlagen, zur Vermeidung jeglichen Risikos etwa gleich geeignetes und gleich teueres, aber feuerpolizeilich unbedenkliches Isoliermaterial zu verwenden, würde die Klägerin damit einverstanden gewesen sein. Davon konnte das Berufungsgericht ausgehen.

3.

Die Revision irrt auch, wenn sie meint, die Klägerin habe dem Beklagten vor dem schnellstens verlangten Baubeginn keine Zeit gelassen, die später erteilten feuerpolizeilichen Auflagen im voraus in Erfahrung zu bringen, jedenfalls habe das Berufungsgericht Entsprechendes nicht festgestellt.

Das Berufungsgericht durfte davon ausgehen, daß der Kläger die feuerpolizeilichen Belange in einer Rücksprache bei der Bauaufsichtsbehörde hätte klären können. Denn schon mit Schriftsatz vom 20. Februar 1973 hatte die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, daß der Beklagte ihr vor Baubeginn die Abklärung der feuerpolizeilichen Fragen und dazu eine Rückfrage bei der Feuerwehr zugesagt, dieses Versprechen jedoch nicht eingehalten habe. Die hier in Rede stehenden feuerpolizeilichen Auflagen sind im übrigen schon im Schreiben der Berliner Feuerwehr vom 9. Juni 1970 an das für die Baugenehmigung zuständige Bauaufsichtsamt Berlin-Neukölln behandelt worden (Beistück 12), und unwidersprochen hat die Klägerin im Schriftsatz vom 20. Februar 1973 vorgetragen, daß mit den Bauarbeiten erst am 15. Juni 1970 begonnen worden sei und der Beklagte, würde er durch Rückfrage bei Feuerwehr oder Bauaufsichtsamt die feuerpolizeilichen Auflagen in Erfahrung gebracht haben, diese ohne Mehrkosten hätte erfüllen können.

4.

Die Revision geht deshalb fehl in der Auffassung, die Klägerin müsse die hier in Rede stehenden Mehrkosten als Ausfluß des von ihr mit dem vorzeitigen Baubeginn in Kauf genommenen Risikos allein tragen. Denn ein echtes, nicht leicht und vorher abklärbares Risiko hat nicht bestanden, weil der Inhalt der feuerpolizeilichen Auflagen bei nur geringem Bemühen des Beklagten rechtzeitig bekannt geworden wäre.

5.

Entgegen der Auffassung der Revision brauchte das Berufungsgericht nicht auf den Vortrag des Beklagten einzugehen, erst die nachträgliche Einplanung von Gastarbeiterwohnungen in der Lagerhalle habe zu den feuerpolizeilichen Auflagen geführt. Denn diese Auflagen sind bereits im Schreiben der Feuerwehr vom 9. Juni 1970 aufgeführt, während nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils der Beklagte die Umplanung erst im Juli 1970 erarbeitet hat; die Revision weist auch keinen Tatsachenvortrag in den Vorinstanzen nach, daß diese - unstreitig fallengelassene - Umplanung überhaupt zur Kenntnis der Feuerwehr oder der Bauaufsichtsbehörde gelangt wäre.

6.

Schließlich hat das Berufungsgericht ein mitwirkendes Verschulden der Klägerin an der Schadensverursachung rechtsfehlerfrei verneint.

Die Abwägung nach § 254 BGB ist in erster Linie Sache des Tatrichters. Das Berufungsgericht hat zutreffend gesehen, daß für die Abwendung der hier in Rede stehenden Schäden im Verhältnis der Parteien ganz Überwiegend der Beklagte verantwortlich war. Diese Abwägung ist umso überzeugender, als nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier auch bei vorzeitigem Baubeginn nur ein geringes Bemühen des Beklagten den Schaden verhindert hätte und sein Planungsverschulden schon deshalb als grob bezeichnet werden muß, weil er sich trotz seiner unstreitigen Zusage nicht um die feuerpolizeilichen Erfordernisse bemüht hat. Bei dieser Sachlage durfte das Berufungsgericht, auch wenn der vorzeitige Baubeginn auf das Verlangen der Klägerin zurückgeht, die Folgen der fehlerhaften Bauplanung allein dem Beklagten anlasten.

B.

Zur Widerklage:

(Revision des Beklagten und Anschlußrevision der Klägerin)

I.

Die Widerklageforderung:

Das Berufungsgericht hat seiner Berechnung die Kostenschätzungssumme von 110.000 DM und Bauklasse II zugrunde gelegt. Auf dieser Grundlage hat es folgende Beträge errechnet und zuerkannt:

Architektenhonorar (als volle Gebühr nach §§ 19 Abs. 1, 10 Abs. 1 GOA)

4.598,- DM,

Bauführungsgebühren (§§ 19 Abs. 4, 10 Abs. 5 GOA)

1.650,- DM,

Reisekosten

1.050,- DM,

sonstige Auslagen

532,- DM,

zusätzliche Planungsgebühren für Gastarbeiterwohnungen

420,- DM

Statikerhonorar

3.600,- DM

zusäumen:

11.850,- DM,

abzüglich gezahlter

-

3.165,- DM,

insgesamt:

8.685,- DM.

Die Positionen "zusätzliche Planungsgebühren" und Statikerhonorar sind nicht mehr streitig.

Mit der Revision will der Beklagte das Architektenhonorar und die Bauführungsgebühren nach den unstreitigen höheren tatsächlichen Baukosten von über 200.000 DM berechnet wissen.

Mit der Anschlußrevision macht die Klägerin geltend, der Beklagte habe unberechtigte Gebühren für nicht erbrachte Teilleistungen angesetzt; auch dürften die Gebühren nur nach der Bauklasse I ermittelt werden. Zudem wendet sich die Klägerin gegen die Reisekosten und Auslagen.

1.

a)

Das Berufungsgericht hat der Honorarberechnung nur den Betrag der "Kostenschätzungssume" von 110.000 DM zugrunde gelegt. Dazu hat es ausgeführt: Der Beklagte habe eine Kostenanschlagssumme (§ 19 Abs. 1 d) GOA) nicht erarbeitet. Die seiner Honorarrechnung beigefügte Zusammenstellung (eines Teiles) der Gesautbaukosten könne nicht an die Stelle eines Kostenanschlages im Sinne von § 5 Abs. 1 GOA treten. Gemäß § 5 Abs. 3 GOA sei der Gebührenberechnung deshalb die (berichtigt) auf 110.000 DM lautende Kostenschätzung zugrunde zu legen. Als Kostenschätzung sei der der Klägerin vor Vertragsschluß übermittelte Kostenvoranschlag des Beklagten anzusehen.

Die Revision räumt ein, daß eine Kostenanschlagssumme fehle, meint aber, daß zur Berechnung des Architektenhonorars eine solche "rekonstruiert" werden müsse, wozu die "Kostenaufschlüsselung" heranzuziehen sei, die der Beklagte seiner Honorarrechnung beigefügt habe, und aus der sich die Summe ergebe, die den zusammengefaßten Angeboten der Unternehmer entspreche. Das hätte das Berufungsgericht nötigenfalls weiter aufklären müssen.

b)

Das Berufungsurteil hält dem stand:

Der Revision ist zuzugeben, daß die Kostenschätzung nur so lange der Honorarberechnung zugrundezulegen ist, als eine Kostenanschlagssumme nicht feststeht. Soll jedoch für die Honorarberechnung die Kostenanschlagssumme an die Stelle der Kostenschätzung treten, muß sie zwar nicht bis zum Beginn der Bauausführung, aber im Laufe der Bauzeit erarbeitet werden (BGHZ 62, 208, 211; BGHZ 67, 210, 214).

Das kann gemäß § 19 Abs. 1 d) GOA durch Aufstellung von Massenberechnungen und Einsetzen ortsüblicher Preise erfolgen. Der Beklagte hat nicht behauptet, das getan zu haben.

Die Kostenanschlagssumme kann nach der zweiten Alternative dieser Bestimmung auch durch Aufstellung von Leistungsbeschreibungen mit Zusammenstellung der Angebote der Unternehmer ermittelt werden. Leitet der Architekt, wie es im Regelfall geschieht, dem Bauherrn die Angebote der Unternehmer zu, kann der Bauherr selbst die Werklohnsummen der von ihm angenommenen Angebote addieren. Diese Addition ergibt dann die Kostenanschlagssumme (vgl. Senatsurteil BGHZ 67, 210, 214).

Im Regelfall braucht der umfassend beauftragte und alle Teilleistungen nach § 19 Abs. 1 GOA erbringende Architekt deshalb, auch wenn er dem Bauherrn eine von der Kostenschätzung abweichende Kostenanschlagssumme nicht ausdrücklich mitteilt, sondern ihm nur die Angebote der Unternehmer rechtzeitig zugänglich macht, bei der Bemessung der Gebühren nicht die möglicherweise niedrigere Kostenschätzung zugrunde zu legen.

Anders ist es jedoch, wenn der Architekt dem Bauherrn statt eines Kostenvoranschlages oder statt der Angebote der Bauunternehmer erst nach Beendigung der Bauarbeiten eine Kostenaufstellung über die inzwischen erbrachten Unternehmerleistungen übermittelt. Diese ist nicht mehr als Kostenanschlag, sondern als Ermittlung der endgültigen Herstellungskosten anzusehen (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 1971 - VII ZR 53/70 = BauR 1972, 124, 125 und BGHZ 67, 210). Die sich aus einer solchen Kostenaufstellung ergebenden endgültigen Baukosten treten für die Gebührenrechnung nicht an die Stelle der Kostenschätzung. Diese bleibt in einem solchen Falle vielmehr auch dann für die Gebührenberechnung maßgebend, wenn sich die Herstellungskosten nachträglich als höher herausstellen.

So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Beklagte die erforderlichen Aufträge für die Errichtung der Halle namens und im Auftrage der Klägerin erteilt und diese die Höhe der vom Beklagten mit 203.930 DM angegebenen Baukosten erst durch Übersendung der Rechnungen der Bauunternehmer erfahren habe. Auch die der Honorarrechnung des Beklagten beigefügte "Kostenaufschlüsselung" vom 6. November 1970 (GA I 93 a ff) ist der Klägerin erst nach Beendigung der Bauarbeiten übermittelt worden, und sie bezieht sich lediglich auf die Schlußrechnungen der Bauunternehmer, und das nur teilweise, weil die in ihr aufgeführten Beträge nur einen Baukostenteilbetrag von ca. 160.000 DM ergeben.

Eine Kostenanschlagssumme im Sinne von § 5 Abs. 1 GOA hat danach zu keiner Zeit vorgelegen. Deshalb hat das Berufungsgericht mit Recht die Architektengebühren nach dem Betrag der Kostenschätzung berechnet (§ 5 Abs. 3 GOA). Dabei hat es rechtsfehlerfrei den an der Hallenfläche orientierten Kostenvoranschlag des Beklagten vom 25. März 1970 (GA I 49) als Kostenschätzung im Sinne von § 5 Abs. 3 GOA angesehen.

2.

a)

Das Berufungsgericht hat Mehrkosten aus der Erhöhung der Baukosten der Kostenschätzungssumme nicht nach § 5 Abs. 2 GOA hinzugerechnet, weil der Beklagte insbesondere nicht vorgetragen habe, daß er wegen der Erhöhung der Baukosten ein Mehr an Architektenleistungen erbracht habe.

Die Revision meint dagegen, daß die Kostenschätzungssumme für die Gebührenberechnung nach Maßgabe der Kostenaufschlüsselung vom 6. November 1970 zumindest um die vom Beklagten nicht zu vertretenden Kostensteigerungen erhöht werden müsse. Der Beklagte habe insbesondere dargetan, daß die Erdarbeiten wegen des schlechten Baugrundes um 24.388,59 DM verteuert worden seien. Entsprechende Mehrleistungen an Architektentätigkeit habe er behauptet und unter Beweis gestellt. Diesen Vortrag habe das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft übergangen.

b)

Dem Berufungsgericht sind Verfahrensfehler nicht unterlaufen. Durch Erhöhungen der Baukosten bedingte Mehrleistungen hat der Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht dargelegt.

Die Klägerin hatte während des Berufungsverfahrens mit Schriftsatz vom 13. November 1973 (S. 13) ausgeführt, die Erhöhung der Baukosten habe zu Mehrleistungen des Beklagten nicht geführt. Diese Ausführungen hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 7. Oktober 1973 (S. 9) lediglich dahingehend beantwortet, "es treffe nicht zu. daß die erhöhten Baukosten eine Mehrleistung des Architekten nicht erforderlich gemacht hätten; der Sachverständige werde bestätigen, daß, je größer die Leistung sei, umso größer die Aufwendungen des Architekten hierfür seien".

Dem ist in der Tat nicht die substantiierte und damit einem Sachverständigenbeweis zugängliche Behauptung des Beklagten zu entnehmen, wegen bestimmter zu Baukostenerhöhungen führender Bauleistungen habe er bestimmte Architektenmehrleistungen erbracht. Das Berufungsgericht hatte deshalb keinen Anlaß, Beweis darüber zu erheben, ob der Beklagte mehr an Architektenleistungen erbracht hat, als die Parteien nach dem durch die Schätzung der Baukosten bestimmten Umfang des Architektenvertrages angenommen hatten.

Da beide Parteien Fragen zu § 5 Abs. 2 GOA schriftsätzlich behandelt hatten, brauchte das Berufungsgericht den Beklagten auch nicht mehr auf Lücken seines Vertrages hinzuweisen. Die auf § 139 ZPO gestützte Revisionsrüge geht daher fehl.

3.

a)

Das Berufungsgericht hat die Architektengebühren nach der Bauklasse II berechnet.

Die Anschlußrevision will die Gebühren nach der Bauklasse I berechnet wissen, weil dies bei weitgehender Verwendung von Fertigbauteilen sinngemäßer Anwendung der GOA entspreche.

b)

Damit dringt die Klägerin nicht durch. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß sich die Einstufung eines Bauwerkes gemäß § 7 GOA in erster Linie nach dem Schwierigkeitsgrad richtet. Auf das Ausbauverhältnis ist nach § 8 GOA nur abzustellen, wenn Zweifel über den Schwierigkeitsgrad bestehen. Derartige Zweifel hat das Berufungsgericht nicht gehabt und brauchte es nach seinen Feststellungen auch nicht zu haben. An die auf tatrichterlicher Würdigung des Schwierigkeitsgrades beruhende Einstufung, die Rechtsfehler nicht erkennen läßt, ist das Revisionsgericht gebunden (vgl. Senatsurteil vom 26. April 1973 - VII ZR 85/71 = BB 1973, 1191, 1192).

Das Berufungsgericht hat zutreffend auch gesehen, daß seit der letzten Neufassung der GOA im Jahre 1930 mit dem Aufkommen der Verwendung von Fertigbauteilen nicht in dem Sinne eine Lücke im Regelwerk der GOA entstanden ist, daß unter Verwendung von Fertigbauteilen für industrielle Zwecke errichtete Lagerhallen wegen Verringerung des Schwierigkeitsgrades nunmehr statt in Bauklasse II in die Klasse I eingeordnet werden müßten. Fertigbauteile können bei Gebäuden aller Bauklassen verwendet werden. Es ist kein einleuchtender Anlaß ersichtlich, allein wegen ihrer Verwendung ein Bauwerk einer niedrigeren Klasse zuzuordnen. Die Verwendung von Fertigbauteilen führt in vielen Fällen zu rationellerem Bauen. Im Planungs- und Bauführungsbereich stehen dem vielfach und insbesondere bei den Koordinierungsaufgaben erhöhte Anforderungen gegenüber. Es kann daher nicht allgemein davon ausgegangen werden, daß Bauen unter Verwendung von Fertigbauteilen stets die Verringerung des Schwierigkeitsgrades zur Folge habe.

4.

a)

Das Berufungsgericht hat dem Beklagten (berechnet nach der Kostenschätzungssumme von 110.000 DM und nach Bauklasse II) das volle Architektenhonorar zugebilligt.

Die Anschlußrevision rügt, das Berufungsgericht hätte Gebührenanteile für nicht erbrachte Leistungsteile absetzen müssen.

b)

Damit hat die Anschlußrevision keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Klägerin dem Beklagten einen umfassenden Architektenauftrag erteilt und dieser das von ihm geschuldete Werk, nämlich die Planung und die Verwirklichung eines bestimmten Bauwerkes, voll erbracht habe. Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte einzelne der Teilleistungen nach § 19 GOA nur unvollständig erbracht hat. Der vom Architekten geschuldete Erfolg besteht vor allem in der Verwirklichung eines mangelfreien Bauwerks. Auf welche Weise der Architekt diesen Erfolg erreicht, hat daneben nur untergeordnete Bedeutung. Der Senat hat deshalb bereits mehrfach entschieden, daß wegen nur teilweiser Erbringung der in § 19 GOA behandelten Teilleistungen der Anspruch des Architekten auf das volle Honorar nicht zu kürzen ist, wenn er im übrigen den geschuldeten Erfolg mangelfrei erbracht hat (vgl. BGHZ 45, 372, 373-376; Senatsurteil vom 28. Februar 1974 - VII ZR 127/71).

Soweit die Klägerin (mit der Berufungsbegründung) eingewandt hat, der Beklagte habe die Leistungen nach § 19 Abs. 1 d) GOA (Massen- und Kostenberechnungen) nur teilweise erbracht, hat das Berufungsgericht demgemäß in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats darin keinen Anlaß zur Honorarkürzung gesehen.

Aber auch soweit die Teilleistungen nach § 19 Abs. 1 a) und b) (Vorentwurf und Entwurf) in Rede stehen, von denen die Klägerin behauptet hatte, der Beklagte habe diese Teilleistungen überhaupt nicht erbracht, hat das Berufungsgericht richtig entschieden. Das Berufungsgericht hat zwar gemeint, auch wenn der Beklagte diese Teilleistungen überhaupt nicht erbracht hätte, stünde ihm mit Rücksicht auf die Erbringung des geschuldeten Gesamterfolges der Anspruch auf das volle Honorar zu. Ob das zutrifft, kann dahinstehen. Denn der Beklagte hat den Vorentwurf zumindest teilweise und den Entwurf voll erbracht:

Zum Vorentwurf gehören nicht nur die zeichnerische Lösung, sondern auch die Kostenschätzung, der Erläuterungsbericht und Verhandlung mit behördlichen Stellen. Zumindest die Kostenschätzung und damit auch einen Teil der zum Vorentwurf gehörenden Leistung hat der Beklagte unstreitig erbracht.

Der Entwurf erfordert die endgültige zeichnerische Lösung der Bauaufgabe in solcher Durchführung, daß danach die weitere Entwicklung ohne grundsätzliche Änderung erfolgen kann. Da der Beklagte unstreitig vollständige Bauvorlagen erstellt und mit dem Ergebnis der Baugenehmigung vorgelegt hat, muß er zwangsläufig einen Bauentwurf erarbeitet und den Bauvorlagen beigefügt haben; denn ohne einen gezeichneten Bauentwurf sind vollständige Bauvorlagen nicht denkbar.

Daß der Beklagte der Klägerin anscheinend vor der Einreichung der Bauvorlagen ein gesondertes Exemplar des Bauentwurfes nicht vorgelegt hat - worauf die Anschlußrevision ersichtlich abstellt -, ist schon deshalb unerheblich, weil die Klägerin den mit Bauvorlagen eingereichten Bauentwurf jedenfalls nachträglich gebilligt hat und die Halle danach hat errichten lassen.

5.

a)

Das Berufungsgericht hat dem Beklagten Reisekosten und sonstige Auslagen in der verlangten Höhe zuerkannt.

Die Anschlußrevision rügt, der Klägerin sei das rechtliche Gehör versagt worden. Das Berufungsgericht habe über diese Posten nicht entscheiden dürfen, ohne der Klägerin antragsgemäß Gelegenheit zu geben, zu den erstmals mit Schriftsatz vom 7. Oktober 1975 der Höhe nach spezifizierten Reisekosten und sonstigen Auslagen in einem nachgelassenen Schriftsatz (§ 272 a ZPO) Stellung zu nehmen.

b)

Diese Rüge geht fehl. Das Berufungsgericht durfte die dem Grunde nach unstreitigen Reisekosten und die sonstigen Auslagen auch der Höhe nach als unstreitig behandeln und dem Beklagten zuerkennen:

Mit der Berufungsbegründung vom 13. November 1973 hatte sich die Klägerin zwar gegen die Annahme des Landgerichtes gewehrt, sie habe diese Positionen anerkannt. Die Klägerin hatte zutreffend darauf hingewiesen, daß ihr vom Landgericht erörtertes Anerkenntnis nur "vorbehaltlich entsprechender Nachweise" erfolgt sei, und daß sie die Höhe dieser Ansprüche solange bestreite, bis der Beklagte die Reisekosten und Auslagen im einzelnen vortrage und belege. Mit dem der Klägerin vor der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichtes und unstreitig innerhalb der Frist der §§ 272, 232 ZPO zugestellten Schriftsatz vom 7. Oktober 1975 hatte der Beklagte jedoch Reisekosten und Auslagen der Höhe nach erläutert und unter Beweis gestellt. Ein pauschales Bestreiten zur Höhe dieser Ansprüche reichte danach nicht mehr aus. Die Klägerin mußte vielmehr jetzt dartun, in welcher Höhe sie die nunmehr nachvollziehbar erläuterten Reisekosten und Auslagen weiterhin bestreiten wollte. Nennenswerte Schwierigkeiten bot dies nicht und hätte notfalls in einem Telefonat mit ihren Berufungsanwälten noch rechtzeitig vor der Berufungsverhandlung geklärt werden können. Die Klägerin hat jedoch weder in der Frist des § 132 Abs. 2 ZPO noch in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärt, in welchen Teilen sie diese Ansprüche bestreiten wolle. Zutreffend hat das Berufungsgericht deshalb ihr pauschales Bestreiten zur Höhe dieser Ansprüche als unzulässig angesehen und diese Ansprüche auch der Höhe nach als unstreitig behandelt. Verfahrensfehler sind insoweit nicht erkennbar.

Bis zur letzten mündlichen Verhandlung hatte die Klägerin - wie dargelegt - ausreichend Gelegenheit, sich über ihr weiteres Verhalten zu diesem nur nebensächlichen Punkt des Rechtsstreites klar zu werden. Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör ist deshalb nicht verletzt.

Zutreffend hat das Berufungsgericht im übrigen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 272 a ZPO verneint, weil das ergänzende Vorbringen des Beklagten zur Höhe von Reisekosten und Auslagen der Klägerin innerhalb der Frist des § 132 ZPO und damit rechtzeitig mitgeteilt worden war.

II.

Zur Aufrechnung gegen die Widerklageforderung:

(Anschlußrevision der Klägerin)

1.

a)

Das Berufungsgericht hat einen aufrechenbaren, aus der Überschreitung des Kostenvoranschlages hergeleiteten Schadensersatzanspruch der Klägerin verneint. Es hat offengelassen, ob der Beklagte insoweit gegen seine Vertragspflichten verstoßen habe. Denn jedenfalls fehle es an einen Schaden der Klägerin, weil der Wert ihres Betriebsgrundstückes sich im Umfange ihrer gesamten Aufwendungen für die Lagerhalle erhöht habe.

Dagegen wendet sich die Anschlußrevision. Sie meint, das Berufungsgericht habe bei der Schadensermittlung fälschlich allein auf den Sachwert statt auf den Verkehrswert abgestellt. Von der mit zu hohem Kostenaufwand hergestellten Halle habe die Klägerin keinen größeren Nutzungseffekt gehabt als von einer billigeren Halle. Der Verkehrswert der Halle bleibe somit hinter ihrem Herstellungsaufwand zurück. Das Berufungsgericht habe als der Klägerin entstandenen Schaden die Differenz zwischen Herstellungsaufwand und Verkehrswert unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen feststellen müssen.

b)

Diese Rüge bleibt erfolglos.

Für das Revisionsverfahren ist, weil das Berufungsgericht dies offengelassen hat, davon auszugehen, daß der Beklagte mit der Überschreitung des Kostenvoranschlages schuldhaft gegen seine Vertragspflichten verstoßen hat. Das angefochtene Urteil kann deshalb nur dann Bestand haben, wenn das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei den Eintritt eines Schadens verneint hat. Das ist der Fall.

aa)

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erleidet in Fällen der vorliegenden Art der Bauherr durch eine Überschreitung der von seinem Architekten angegebenen voraussichtlichen Baukosten insoweit keinen Schaden, als der zu seinen Lasten gehende Mehraufwand zu einer Wertsteigerung des Baugrundstückes geführt hat (Senatsurteil NJW 1970 S. 2018, 2019 mit weiteren Nachweisen).

bb)

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Klägerin unnütze Aufwendungen zur Errichtung der Lagerhalle nicht hat aufbringen müssen, daß vielmehr diese Lagerhalle nicht kostengünstiger hätte errichtet werden können und ihr Sachwert deshalb voll ihrem Errichtungsaufwand entspreche. Dagegen bringt auch die Anschlußrevision nichts vor. Die Klägerin bestätigt vielmehr, daß der objektive Wert der Halle dem tatsächlichen Errichtungsaufwand entspricht.

cc)

Das Berufungsgericht hat den Wert des Betriebsgrundstücks der Klägerin als um den Sachwert der Lagerhalle gesteigert angesehen. Es hat dabei, wenn es vom "Wert des Betriebsgrundstückes" spricht, ersichtlich dessen Verkehrswert im Auge gehabt, von dem bei Schadensermittlungen auch auszugehen ist.

Der Bundesgerichtshof hat nun allerdings mehrfach entschieden, daß es für die Bemessung des Verkehrswertes eines bebauten Grundstückes "in der Regel und im wesentlichen" auf dessen Ertragsfähigkeit ankomme (BGHZ 10, 171, 180; BGHZ 17, 236, 240; BGH NJW 1961, 2205). Bei diesen Entscheidungen ging es jeweils darum, welchen Wert Baulichkeiten für denjenigen haben, der nach Bereicherungsrecht Ausgleich für auf seinem Grundstück errichtete Bauten schuldet.

In anderen Fällen, bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen (BGHZ 13, 45, 47, 48) oder Vermächtnissen (BGH Urteil vom 10. März 1956 - IV ZR 99/55), hat der Bundesgerichtshof es als sachgerecht angesehen, überwiegend oder sogar ausschließlich auf den Sachwert abzustellen.

In seiner Entscheidung NJW 1970, 2018 hat der erkennende Senat die durch Umbau eingetretene Verkehrswertsteigerung eines Einfamilienhauses am Sachwert gemessen.

Aus dieser Rechtsprechung wird deutlich, daß es für die Bestimmung des Verkehrswertes eines bebauten Grundstücks auf die Besonderheiten des Einzelfalles ankommt.

Dem Ertragswert ist dann besondere Bedeutung zuzumessen, wenn das zu bewertende Gebäude im engeren Sinne zur Ertragserzielung bestimmt ist, wie das vorwiegend bei seiner Vermietung oder Verpachtung der Fall ist. Auch in Fällen, in denen der Grundstückseigentümer den Wert der auf seinem Grundstück und nicht zur Nutzung durch ihn errichteten Baulichkeiten nach Bereicherungsrecht zu ersetzen hat, wird der Umfang der Bereicherung zweckmäßig zu messen sein an dem Ertrage, den er aus den ihm zugewachsenen Baulichkeiten erzielen kann.

Bei eigengenutzten Wohnhäusern steht nicht der Ertrag im Vordergrund, der auch kaum zu messen ist, sondern die Möglichkeit der freien und jederzeitigen Benutzbarkeit für persönliche Zwecke aller Art. Deshalb muß nicht auf ihren Ertragswert, sondern es kann allein oder ganz überwiegend auf ihren Sachwert abgestellt werden (vgl. BGH NJV 1970, 2018).

Für den vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob ebenso zu verfahren ist bei eigengenutzten Betriebsgebäuden, die in die Abläufe des jeweiligen Betriebes eingebunden sind und vielfach außer für Zwecke des Betriebes nicht anderweitig ertragbringend genutzt werden können. Denn die für die Höhe ihres Schadens darlegungspflichtige Klägerin hat nicht substantiiert dargetan, daß hier der Ertragswert des Betriebsgebäudes hinter seinem Sachwert zurückbliebe. Dazu reicht ihr Vortrag nicht aus, daß für sie eine wesentlich billigere "Fertighalle" genauso nützlich gewesen wäre. Der Ertragswert eines Betriebsgebäudes wird nämlich nicht nur von seiner bei der Errichtung ins Auge gefaßten Nutzungsmöglichkeit bestimmt, sondern entscheidend auch von späteren weiteren Nutzungsmöglichkeiten sowie von seiner Lebensdauer und den Unterhaltskosten. Ein teuereres, aber haltbareres Gebäude kann bei gleichen Nutzungsmöglichkeiten durchaus einen höheren Ertragswert haben wie ein in der Herstellung billigeres Gebäude. In dieser Hinsicht fehlt es jedoch an jeglichem Vorbringen der Klägerin, anhand dessen das Berufungsgericht hätte zu dem Schluß kommen können, der Ertragswert der tatsächlich errichteten Halle liege unter ihrem Sachwert.

Es ist danach nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht den Verkehrswert des Betriebsgrundstücks als um den vollen Sachwert der Lagerhalle gesteigert angesehen hat. Mit ihrem den Kostenvoranschlag übersteigenden Mehraufwand kann die Klägerin deshalb einen Schadensersatzanspruch nicht begründen.

2.

Aus diesem Grunde bleibt auch der Angriff der Anschlußrevision erfolglos, das Berufungsgericht habe der Frage nachgehen müssen, ob die Klägerin - hätte ihr der Beklagte pflichtgemäß die tatsächliche Höhe der entstehenden Baukosten mitgeteilt - vom Bau dieser Halle abgesehen und eine billigere "Fertig-Halle" errichtet haben würde. Die in einem solchen Fall aufzuwendenden geringeren Baukosten hätten zu einer entsprechend geringeren Verkehrswertsteigerung des Betriebsgrundstückes und somit nicht zu einer Verbesserung der Vermögenslage der Klägerin geführt.

Die Klägerin hat auch nicht behauptet, daß sie etwa wegen der unvorhergesehenen höheren Baukosten in Finanzierungsschwierigkeiten geraten und dadurch Schaden erlitten hätte.

3.

Die weiteren von der Anschlußrevision zur Schadensermittlung vorgebrachten Rügen haben ebenfalls keinen Erfolg:

a)

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, sie habe die Lagerhalle errichten lassen, um sie alsbald nach ihrer Errichtung zusammen mit dem gesamten Betriebsgrundstück zu verkaufen. Das Berufungsgericht durfte die mit der Errichtung der Lagerhalle eingetretene Verkehrswertsteigerung des Betriebsgrundstückes deshalb bewerten unter Zugrundelegung der bei Errichtung der Halle vorgesehenen betrieblichen Eigennutzung. Entgegen der Auffassung der Revision kann es deshalb bei der Schadensermittlung nicht darauf ankommen, mit welchem Teilbetrag der Herstellungsaufwand der Lagerhalle in den Verkaufserlös eingegangen ist, den die Klägerin nach der Errichtung der Halle durch den Verkauf des gesamten Betriebsgrundstücks erzielt hat, und ob die Klägerin einen gleich hohen Verkaufserlös erzielt haben würde, wenn sie eine billigere Halle hätte errichten lassen. Abgesehen davon hat die Klägerin nicht einmal vorgetragen, aus welchen Gründen sie ihr Berliner Betriebsgrundstück verkauft und inwiefern sie beim Verkauf in Bezug auf die Lagerhalle Einbußen erlitten hat.

b)

Soweit die Anschlußrevision schließlich einen Vermögensschaden der Klägerin damit begründen will, ihre Aufwendungen für die Lagerhalle seien zum Teil unnütz gewesen, weil eine billigere "Fertighalle" ihren Bedürfnissen genügt hätte, verkennt sie, daß, wie die Anschlußrevision zugesteht, der objektive Wert der Halle dem tatsächlichen Aufwand entspricht und somit die gesamten Aufwendungen in die Verkehrswertsteigerung des Betriebsgrundstückes eingegangen sind.

C.

Beide Rechtsmittel sind danach zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3018727

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