Leitsatz (amtlich)
Die Entschädigungsregelung in §§ 148 ff PrBergG verstößt insoweit gegen Art. 14 GG, als nicht für eine Schadloshaltung des berggeschädigten Grundeigentümers auch für den Fall Vorsorge getroffen worden ist, daß der nach § 148 PrBergG ersatzpflichtige Bergwerksbesitzer zahlungsunfähig wird oder der Berggeschädigte aus anderen Gründen seine Ersatzforderung gegen den Bergwerksbesitzer nicht realisieren kann.
Soweit unter der Geltung des Grundgesetzes getroffene bergbauliche Maßnahmen Schäden am Oberflächeneigentum verursacht haben, für die der Eigentümer von den nach § 148 PrBergG Ersatz nicht erlangen kann, ist der Staat nach Art. 14 GG zur Entschädigung verpflichtet.
Normenkette
GG Art. 14A; PrBergG § 148
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 23.04.1968) |
LG Bochum (Urteil vom 19.12.1966) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden die Urteile des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. April 1968 und der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 19. Dezember 1966 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks in W.-B., das er im Jahre 1937 käuflich erworben und alsbald mit einem 1 1/2-geschossigen Wohnhaus bebaut hat. An diesem Haus zeigten sich in den Jahren 1960 und 1961 Schäden, die nach der Behauptung des Klägers auf bergbauliche Einwirkungen zurückzuführen sind.
Die Gewerkschaft Saturn, der im Jahre 1839 das Abbaurecht an einem Steinkohlenlängenfeld eingeräumt worden war, hat im Bereich des Grundstücks des Klägers bis zum 1. Juli 1954 Bergbau betrieben. Im Anschluß daran haben die Bergbauunternehmer Berger und Meier sowie eine Bergbaugesellschaft mbH Ehrhard als Pächter der Gewerkschaft Saturn die noch verbliebenen Kohlenvorräte bis zum Jahre 1959 restlos ausgebeutet.
Aufgrund des Gesetzes zur Bereinigung der Längenfelder vom 1. Juni 1954 ist das Langenfeld Saturn mit Wirkung vom 1. August 1962 Teil des im Eigentum der Bergbau AG Lo. in B.-Ge. stehenden Steinkohlengeviertfeldes Flößgraben III geworden. Der Eigentumswechsel vollzog sich ohne Wertausgleich, da das Langenfeld Sa. keinen Wert mehr darstellte.
Die Gewerkschaft Sa. ist vermögenslos, ebenso der Pächter des Bergbaubetriebes, der die restliche Steinkohle abgebaut haben soll. Der Kläger nimmt deshalb das beklagte Land auf Ersatz des ihm angeblich in Höhe von mindestens 8.000 DM entstandenen Schadens aus dem Gesichtspunkt der Entschädigung für enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriff in Anspruch. Er hat seinen Anspruch vorsorglich auch auf Amtspflichtverletzung auf Seiten der Bediensteten der Bergbehörden gestützt und dazu vorgetragen: Die Bergbehörden seien verpflichtet gewesen, bei der Verleihung des Bergwerkseigentums und bei der Genehmigung des Betriebsplanes die Vermögensverhältnisse der Unternehmen zu prüfen, um sicherzustellen, daß die möglicherweise durch Bergschäden betroffenen Grundeigentümer keinen Schaden erleiden. Die Bergbehörden hätten zudem die geleistete Sicherheit nicht vor Befriedigung der bergbaugeschädigten Grundeigentümer freigeben dürfen. Auch sei pflichtwidrig unterlassen worden, zur Vermeidung von Bergschäden einen Sicherheitspfeiler festzulegen.
Vor dem Landgericht hat der Kläger beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, Schadensersatz in Höhe des durch einen Sachverständigen festzustellenden Betrages, mindestens jedoch 8.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20. Juli 1966 zu zahlen.
Das beklagte Land, das um Abweisung der Klage gebeten hat, hat eine Schadensersatz- und Entschädigungspflicht aus allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten verneint und sich vorsorglich auf Verjährung berufen.
Land- und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen.
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter. Das beklagte Land bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat die Bestätigung des die Klage abweisenden landgerichtlichen Urteils mit im wesentlichen folgenden Erwägungen begründet:
1. Aus § 148 des Preußischen Allgemeinen Berggesetzes (PrBergG) könne eine Schadensersatzpflicht des beklagten Landes nicht hergeleitet werden, da das Land niemals Bergwerksbesitzer gewesen sei, Auch eine analoge Anwendung der genannten Vorschrift komme nicht in Betracht, da die Interessenlage des zu entscheidenden Falles mit dem Tatbestand der Vorschrift nicht die für die Anknüpfungen der (Rechts-)Wirkungen wesentlichen Merkmale gemeinsam habe.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers liege auch ein Tatbestand, der unter enteignungsrechtlichen Gesichtspunkten eine Entschädigungspflicht auslösen würde, nicht vor.
a) Durch § 1 PrBergG sei nicht in enteignender Weise in das Grundeigentum des Klägers und seiner Rechtsvorgänger eingegriffen worden, da diese Bestimmung eine allgemeine gesetzliche Eigentumsbeschränkung bedeute, durch die alle Grundeigentümer gleichmäßig getroffen wurden, ohne daß der Wesensgehalt des Grundeigentums angetastet werde.
b) Auch die Verleihung des Bergwerkseigentums stelle nicht einen enteignenden Eingriff in die Rechte des Grundeigentümers dar. Denn durch den Verwaltungsakt, den die Verleihung darstelle und der das Bergwerkseigentum begründe, werde das Grundeigentum weder in seiner sachlichen Substanz noch in seinen Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten in irgendeiner Weise unmittelbar beeinträchtigt. Erst wenn der Bergwerkseigentümer von seinen Rechten Gebrauch mache und wenn er mit dem Bergwerksbetrieb beginne, könne es unter Umständen zu Schäden am Grundeigentum und damit zu Beeinträchtigungen der Rechte des Grundeigentümers kommen. Es reiche indes für die Annahme eines Eingriffs im enteignungsrechtlichen Sinne nicht aus, daß eine hoheitliche Maßnahme nur mittelbare Auswirkungen auf das Grundeigentum zur Folge habe.
Der Grundeigentümer müsse zwar durch den Bergwerksbetrieb verursachte bergbauliche Einwirkungen auf sein Grundstück dulden und müsse sogar Schäden an seinem Grundstück hinnehmen. Insbesondere sei er nicht berechtigt, sich gegen die Einwirkungen des Bergbaues mit den Abwehr- und Unterlassungsansprüchen aus den §§ 903, 1004 BGB zur Wehr zu setzen. Aber gerade als Ersatz für den Verlust dieser Ansprüche werde ihm vom Gesetz ein Schadenersatzanspruch gegen den Bergwerksbesitzer zugebilligt. Diese auf den Vorschriften der §§ 54 und 148 PrBergG beruhende Regelung der rechtlichen Beziehungen zwischen Bergwerkseigentümer und Grundeigentümer sei genereller Art und als abschließende Regelung anzusehen. Durch die Verleihung des Bergwerkseigentums finde eine weitere Ausgestaltung dieser Regelung nicht statt. Auch aus diesem Grunde sei die Verleihung des Bergwerkseigentums kein Eingriff im enteignungsrechtlichen Sinn.
c) Ebensowenig könne die Beschränkung der Rechte des Grundeigentümers, die durch die dem Bergwerkseigentümer gemäß § 54 PrBergG eingeräumte Rechtsstellung bewirkt werde, als Enteignung durch Gesetz angesehen werden. Die Vorschriften der §§ 54, 148 PrBergG seien vielmehr Teile der Privatrechtsordnung, die die Rechte und Pflichten zwischen Grundeigentümer und Bergwerkseigentümer abgrenze.
d) Ferner sei auch in der Genehmigung des Betriebsplanes gemäß § 67 PrBergG nicht ein enteignender Eingriff zu sehen. Die Bergbehörde gebe mit der Genehmigung des Betriebsplanes lediglich den Weg zur Ausübung der Privatrechte durch den Bergwerksbesitzer frei, ohne daß dessen Rechte durch die Genehmigung erweitert würden.
e) Ebenfalls stehe dem Kläger ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff nicht zu. Denn die Gültigkeit und Wirksamkeit der in den §§ 54, 148 PrBergG getroffenen Regelung könne unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie, nach der auch der Gesetzgeber das durch Art. 14 GG geschützte Eigentum in seinem Wesensgehalt nicht antasten dürfe, nicht in Frage gestellt werden. Ebensowenig stünde die getroffene gesetzliche Regelung mit anderen Grundsätzen unseres Verfassungsrechts in Widerspruch, wenn diese Regelung auch unvollkommen sei und der Grundeigentümer, wie hier, eine Entschädigung für die Beeinträchtigung seines Grundeigentums ausnahmsweise nicht erlangen könne.
3. Schließlich sei auch ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG) nicht gegeben.
Soweit der Kläger Amtspflicht-Verletzungen im Zusammenhang mit der Verleihung des Bergwerkseigentums behaupte, greife auf jeden Fall die Einrede der Verjährung durch. ….
Als eine die Schadenersatzpflicht des beklagten Landes auslösende Amtspflichtverletzung könne hier nur ein pflichtwidriges Verhalten der Bergbehörde im Zusammenhang mit der Prüfung des Ende 1955 gestellten Betriebsplanantrages für den Abbau des Flözes Gei. in Betracht kommen. Indes habe sich die Prüfung der Bergbehörde im Betriebsplanverfahren auf die in § 196 PrBergG festgestellten Gesichtspunkte, die ausschließlich polizeilichen Charakter hätten, zu beschränken, wobei Privatinteressen des Oberflächeneigentümers nicht bestimmend sein dürften. Selbst wenn man annehmen wollte, daß der Bergbehörde weitere Aufgaben obgelegen hätten, sei damit für den Kläger nichts gewonnen. Bislang sei stets die Auffassung vertreten worden, daß die Bergbehörde nicht gehalten sei, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berbautreibenden unter dem Gesichtspunkt zu überprüfen, ob er zur Regulierung möglicher Bergschäden in der Lage sei, und gegebenenfalls die Stellung einer Sicherheit zu verlangen. Die zuständigen Beamten der Bergbehörde hätten deshalb zumindest nicht schuldhaft gehandelt, wenn sie die Stellung einer Sicherheit zu diesem Zweck nicht, verlangt und die für andere Zwecke geleistete Sicherheit ohne Rücksicht auf die Regulierung von Bergschäden freigegeben hätten.
Endlich sei es der Bergbehörde auch nicht als schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten, daß sie bei der Genehmigung des Betriebsplans zum Abbau des. Flözes Gei. nicht die Festlegung eines Sicherheitspfeilers angeordnet hätten. Denn nach dem eingeholten Sachverständigengutachten sei es zweifelhaft gewesen, ob es durch den oberflächennahen Abbau überhaupt zu irgendwelchen Bergschäden kommen werde; zumindest seien Gebäudeschäden nicht zu erwarten gewesen.
II.
1) Soweit das Berufungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Haftung des beklagten Landes aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung verneint hat, sind von der Revision Bedenken nicht geltend gemachte auch seitens des Revisionsgerichts nicht zu erheben.
2) Im übrigen kann der Revision der Erfolg nicht versagt bleiben.
Der vorliegende Rechtsstreit führt im Rahmen des Bergrechts in die grundsätzliche Problematik des Verhältnisses zwischen Staat, Grundeigentümer und Bergbautreibenden (Bergbauinteressenten).
Es entspricht einer im deutschen Rechtsgebiet in Jahrhunderten gefestigten Rechtsauffassung, daß das Grundeigentum (Oberflächeneigentum) die unter der Oberfläche im Erdinnern ruhenden Bodenschätze (Mineralien) – zumindest insoweit, wie ihre Gewinnung bergbauliche Maßnahmen erfordert und sie nicht ohne weiteres an der Erdoberfläche gewonnen werden können – nicht mitumfaßte, mithin der Grundeigentümer nicht auch ohne weiteres Eigentümer der unter der ihm gehörenden Erdoberfläche ruhenden Mineralien war (vgl. dazu u.a. die Nachweise bei Golcher, Bergwerkseigentum und Grundeigentum, 1969 unter V S. 37 ff). Den Rechtsgrund dafür, daß die in diesem Zusammenhang interessierenden Mineralien seit alters her dem Verfügungsrecht des Grundeigentümers entzogen sind, bot in den hier in Betracht kommenden Gebietsbereichen das Bergregal. Dieses Bergregal – das zunächst dem deutschen Kaiser zustand, aber schon bald auf die einzelnen Landesherren überging (Isay, Allgemeines Berggesetz 1919, Einl. A 2 S. 62 ff; Arndt, ZfB 37, 65/6) – umfaßte als volles Okkupations- und Verfügungsrecht über die ihm unterliegenden Mineralien neben dem Recht, selbst bestimmte Vorkommen von Mineralien auszubeuten, auch das Recht, dritten Personen die Ausbeutung zu überlassen (zu dem Vorstehenden: §§ 22, 24, 26 II 14, § 106 II 16 ALR; Isay a.a.O. S. 63; Herr, ZfB 106, 54, 56 ff; Krautschneider, ZfB 99, 166; Westhoff-Schlüter, ZfB 50, 33; dieselben, Berggesetz, 2. Aufl. Anm. 1 zu § 250; Kremer, Der Einfluß des grundgesetzlichen Eigentumschutzes auf das Allgemeine Berggesetz, Diss. 1958, S. 3/4; Schönbauer, Beiträge zur Geschichte des Bergrechts, 1929, S. 179 ff; Urteil des RG vom 19. November 1887 in Daubenspeck, Bergrechtliche Entscheidungen des Reichsgerichts 1879 bis 1892 S. 6/8).
Ferner entsprach der deutschen Rechtsauffassung seit langem der Grundsatz der Bergbaufreiheit, der zunächst lediglich bedeutete, daß die Befugnis zum Bergbau allein von der Ermächtigung oder Erlaubnis des Regal Inhabers abhing, jedoch von dem Willen des Grundeigentümers völlig unabhängig war (Isay a.a.O. S. 64; Krautschneider a.a.O. S. 167;Kremer a.a.O. S. 5/6). Diese Bergbaufreiheit wurde im Laufe der Zeit immer mehr in der Richtung auf einen Anspruch des „Einders” auf Verleihung des Rechts zum Abbau ausgeweitet; so insbesondere in § 154 II 16 ALR, wonach der erste Binder befugt war, „zu verlangen, daß ihm der Bau auf das entdeckte Werk, innerhalb eines gewissen Distrikts, vorzüglich vor allen anderen, verliehen werde”.
Das Preußische Allgemeine Berggesetz hat das Bergregal aufgehoben und dem Staat zunächst lediglich ein reines Hoheitsrecht zugewiesen, das sich in der Verleihung des Bergwerkseigentums und der Beaufsichtigung der Betriebe erschöpfte (Motive 1862, S. 10, 11, 13; Isay a.a.O.; Krautschneider a.a.O. S. 168). An dem Grundsatz der rechtlichen Trennung von Eigentum an dem Grund und Boden und den unter seiner Oberfläche ruhenden Mineralien hielt das Preußische Allgemeine Berggesetz (§ 1) fest und es verwirklichte auch in eindeutigerer form als das Allgemeine Landrecht den Grundsatz der Bergbaufreiheit, indem es jedermann das Schürfen gestattete (§ 3) und für den Muter einen Rechtsanspruch auf Verleihung des Bergwerkseigentums an einem bestimmten Felde begründete (§ 22).
Das Allgemeine Berggesetz verfolgte insbesondere mit der Aufgabe des Bergregals und der weiteren Verwirklichung des Prinzips der Bergbaufreiheit ebenso wie die schon vorangegangene neuere preußische Berggesetzgebung vornehmlich das Ziel, den privaten Bergbau von der staatlichen Bevormundung zu befreien und zu einem. Industriezweig zu erheben, der seine privatrechtlichen Interessen selbständig wahrnehmen sollte, während der Staat sich auf eine formale Ordnungsfunktion in Gestalt einer allgemeinen Aufsicht, insonderheit unter polizeilichen Gesichtspunkten beschränken wollte (Motive 1862 S. 6, 10 ff; Westermann, ZfB 106, 122, 126, 128). In der Folgezeit kam es im Zuge rascher wirtschaftlicher und technischer Entwicklung des Bergbauwesens zu bedeutenden wirtschaftlichen Zusammenschlüssen. Um der daraus sich ergebenden, die Allgemeininteressen empfindlich berührenden Gefahr allzustarker wirtschaftlicher Konzentration in der Bergbauindustrie zu begegnen, wurde durch das Änderungsgesetz vom 5. Juli 1905 (GS S. 265) – sogenannte lex Gamp – zunächst eine zweijährige Mutungssperre eingeführt (vgl. dazu Westhoff-Schlüter, Berggesetz, 2. Aufl. S. 567 ff). Durch das Änderungsgesetz vom 18. Juni 1907 (GS S. 119) wurde dann in dem neugefaßten und später nochmals durch Gesetz vom 24. September 1937 (GS S. 93) abgeänderten § 2 PrBergG für einige Mineralien, insbesondere für die Steinkohle ein staatlicher Vorbehalt in der Form des sogenannten unechten Staatsvorbehalts eingeführt. Dieser nunmehr in § 2 PrBergG normierte Vorbehalt führt zwar nicht zu dem Bergregal zurück und begründet auch nicht, wie der sogenannte echte Staatsvorbehalt, unmittelbar kraft Gesetzes das Bergbaurecht für den Staat, bedeutet also nicht einen unmittelbaren Zugriff des Staates auf die Steinkohle. Vielmehr bleibt es auch unter der Geltung dieses Staatsvorbehalts dabei, daß das Bergwerkseigentum, und zwar auch das des Staates nur durch Verleihung (siehe § 38 b PrBergG) erworben werden kann. Es wird mithin an der Struktur des Bergwerkseigentums nichts geändert und das durch Verleihung erworbene staatliche Bergwerks eigentum ist wie anderes Bergwerkseigentum ein privates Recht in der Hand des Staates. Jedoch schließt der Staatsvorbehalt andere von dem Zugriff auf die Steinkohle aus und begründet praktisch ein Schürf- und Mutungsvorrecht für den Staat. Diesem steht es frei, ob er – für bestimmte Felder – die Verleihung des Bergwerkseigentums beantragen und ob er gegebenenfalls das Bergwerk auf eigene Rechnung betreiben oder – gemäß § 2 Abs. 2 PrBergG – die Ausbeutung einem Dritten übertragen will (vgl. dazu Isay a.a.O. S. 68; Westermann ZfB 106, 122/6; Krautschneider ZfB 99, 168, 170). Es besteht mithin kein Rechtsanspruch mehr auf Verleihung des Bergwerkseigentums, auf Erteilung der Erlaubnis zur Aufsuchung und Gewinnung der unter den Staatsvorbehalt fallenden Mineralien; vielmehr steht die Erteilung dieser Erlaubnis im Ermessen des Staates (Miesbach Anm. 1 zu. § 22 PrBergG; Westermann a.a.O. S. 127).
Im Verhältnis des Bergbaues zum Grundeigentum ist es bei der Grundkonzeption geblieben, die das Allgemeine Berggesetz sich von Anfang an zu eigen gemacht hatte und die im wesentlichen auch mit der bereits vorher – im Preußischen Allgemeinen Landrecht – vorgesehenen Regelung übereinstimmte. Dieses Verhältnis ist dadurch gekennzeichnet, daß die Gesinnung der Bodenschätze für wichtiger als die Ausnutzung der entsprechenden. Erdoberfläche angesehen und dementsprechend, den Interessen des Bergbaues der eindeutige Vorrang vor denen des Grundeigentums eingeräumt worden ist und das Grundeigentum in der. Regal dem Bergbau weichen muß (Arndt, Allgemeines Berggesetz, 8. Aufl. Vorbemerkungen vor §§ 135 ff. Isay II Vorbemerkung II vor § 135; Vowinckel, ZfB 108, 261, 273). Das kommt sinnfällig und insbesondere in folgenden gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck: Die durch Hoheitsakt verliehene Befugnis zum Aufsuchen und zur Gewinnung des in der Verleihungsurkunde genannten Minerals wird als „Bergwerkseigentum” (§§ 50, 54 PrBergG) begrifflich dem sachenrechtlichen (Grund-)Eigentum gleichgestellt (vgl. Westermann, a.a.O. S. 129 ff; Vowinckel, a.a.O. S. 274 ff) und der Bergwerkseigentümer hat das Recht, alle zur Ausübung seiner Befugnisse in seinem Feld „erforderlichen Vorrichtungen unter und über Tage zu treffen”. Aus dieser so gestalteten Rechtsstellung des Bergwerkseigentümers folgt für den Grundeigentümer, daß dieser gehalten ist, dem Bergwerksbesitzer Grundstücke, die er für die Ausbeutung, Aufbereitung und Weiterverarbeitung der Mineralien benötigt „abzutreten” (§§ 135 ff). Der Grundeigentümer ist ferner verpflichtet, zu dulden, daß seinem Grundstück und (oder) dessen „Zubehörungen” durch den Bergbaubetrieb Schäden – gegebenenfalls bis zur völligen Entwertung und Vernichtung (u.a. RGZ 98, 79) – zugefügt werden, und ist insoweit auf einen Entschädigungsanspruch gegen den Bergwerksbesitzer (zu diesem Begriff vgl. BGHZ 52, 259) angewiesen. Damit ist ihm u.a. das Recht genommen, von dem Bergwerksbesitzer Unterlassung der schädigenden bergbaulichen Maßnahmen zu verlangen. Das Grundeigentum wird mithin durch diese Befugnisse, die sich kraft der getroffenen gesetzlichen Regelung aus dem Bergwerkseigentum ergeben, nämlich Grundabtretung verlangen und den Bergbau auch mit der Folge der – vorausgesehenen oder nicht vorausgesehenen, verschuldeten oder nichtverschuldeten – Schädigung das Oberflächeneigentums betreiben zu dürfen, ganz erheblich zugunsten des Bergwerkseigentums beschränkt (BGHZ 27, 149, 155).
Die das Verhältnis von. Bergwerkseigentum zu Grundeigentum bestimmenden Vorschriften des Preußischen Allgemeinen Berggesetzes sind im Lichte des Verfassungsrechts als Inhalt und Schranken des Eigentums regelnde Gesetzesbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu werten. Denn die gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmungen für das Eigentum nach Maßgabe der genannten Verfassungsbestimmung sind nicht beschrankt auf die Bestimmung von Eigentumsinhalt und -schranken im Verhältnis des Eigentümers zur öffentlichen Hand, so daß von ihnen nicht nur dann gesprochen werden kann, wenn es um öffentlich-rechtliche Eigentumsschranken und -beschränkungen geht. Vielmehr gehören zu den gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne des Art. 14 GG auch die gesetzlichen Vorschriften, die die Rechtskreise der einzelnen Eigentümer gegeneinander oder die der Eigentümer gegen sonstige Privatpersonen abstecken, wie etwa die nachbar-rechtlichen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts, die Bestimmungen über den Erwerb und den Verlust von Eigentum und sonstigen Sachenrechten u.a.m. (vgl. dazu Urteil vom 24. Februar 1964 – III ZR 224/62 S. 15/16 = LM Nr. 4 zu BayAG BGB und vom 22. Mai 1967 – III ZR 124/66 = BGHZ 48, 46, 50).
Der – einfache – Gesetzgeber ist jedoch in der für ihn normierten Regelungsbefugnis nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht völlig frei. Er ist im Gegenteil nicht nur durch die Substanzgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG gebunden, sondern es ist darüber hinaus „selbstverständlich, daß jede gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung sowohl die grundlegende Wertentscheidung des Grundgesetzes zugunsten des Privateigentums … zu beachten hat als auch mit allen übrigen Verfassungsnormen in Einklang stehen muß, also insbesondere dem Gleichheitssatz, dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und den Prinzipien der Rechte- und Sozialstaatlichkeit” (BVerfGE 14, 263, 278). Auch darf der Gesetzgeber „Inhalt und Schranken des Eigentume nicht in einer Weise bestimmen, die grob sachwidrig ist und in die Interessen der Beteiligten ohne Grund oder übermäßig eingreift” (BVerfGE 18, 121, 132). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in dem Sinne zu währen, daß die das Eigentum bindenden und beschränkenden gesetzlichen Regelungen nicht weitergehen dürfen als der sachliche Grund, der zu der Bindung und Beschränkung führt und sie als solche rechtfertigt, dies erfordert (vgl. u.a. BVerfGE 21, 73, 86 sowie bereits BGHZ 6, 270, 279).
An diesen Grundsätzen gemessen, kann die Regelung des Verhältnisses zwischen Bergbau auf der einen und Grundeigentum auf der anderen Seite, wie der Gesetzgeber sie im allgemeinen Berggesetz vorgenommen hat, nicht in allen Stücken als verfassungsmäßig gebilligt werden.
Der Bergbau hat unzweifelhaft eine große allgemeine volkswirtschaftliche Bedeutung und das Wohl der Allgemeinheit rechtfertigt nicht nur, sondern gebietet geradezu, der im Allgemeininteresse liegenden Gewinnung und Verwertung der Bodenschätze und insbesondere auch der Steinkohle bis zu einem gewissen Grad den Vorrang vor den Interessen der von dem Bergbau betroffenen Grundeigentümer einzuräumen. Im Rahmen der Sozialpflichtigkeit allen Eigentums sind deshalb grundsätzlich keine Bedenken dagegen zu erheben, daß das Gesetz das Abbaurecht des Bergwerkseigentümers gegenüber dem Grundeigentum in der Weise abgegrenzt hat, daß der Grundeigentümer – abgesehen von seiner Verpflichtung zur Grundabtretung – die bergbaulichen Einwirkungen, selbst wenn diese Einwirkungen nicht ohne Schädigung des Grundeigentums vorgenommen werden können, dulden muß, dem Bergbau mithin insoweit eine Vorzugsstellung eingeräumt wird. Diese Abgrenzung der beiderseitigen Rechtspositionen zu Lasten des Grundeigentümers, die diesem u.a. den für ihn sonst gemäß § 1004 BGB gegebenen Anspruch auf Unterlassung des sein Grundeigentum schädigenden Bergbaubetriebes nimmt und ihm eine weitgehende Duldungspflicht auferlegt, kann jedoch nur dann als sachgerecht und im Lichte des Art. 14 GG erträglich erachtet werden, wenn die tiefgreifende Belastung des Grundeigentums zugunsten des – privaten und mit Gewinnstreben betriebenen – Bergbaus durch eine umfassende Entschädigung des Grundeigentümers ausgeglichen wird. Dabei braucht in diesem Fall der frage nicht nachgegangen zu werden, ob die gesetzliche Entschädigungsregelung (§ 148 PrBergG) insoweit Bedenken begegnen muß, als nur wegen Schäden, die am Grundeigentum selbst und seinen „Zubehörungen” entstehen, eine besondere bergrechtliche Entschädigung vorgeschrieben ist. Denn in vorliegendem Rechtsstreit geht es ausschließlich um Schäden am Grundstück selbst.
Der Mangel der gesetzlichen Entschädigungsregelung zeigt sich hier, weil vom Gesetz nicht Vorsorge dafür getroffen worden ist, daß der durch den Bergbau an seinem Grundstück geschädigte Eigentümer, seine Entschädigungsforderung auch dann realisieren kann, wenn im Zeitpunkt des Schadenseintritts der ersatzpflichtige Bergwerkabesitzer nicht mehr zahlungsfähig oder gar ganz weggefallen ist. Eine solche Sicherung der Entschädigungsansprüche des Grundeigentümers wäre in der Weise denkbar gewesen, daß das Gesetz die staatliche Aufsicht auch auf die Wirtschaftsführung der Bergbaubetriebe erstreckt und allgemein oder zumindest unter bestimmten Voraussetzungen bei einer Gefährdung zu erwartender Entschädigungsansprüche ausreichende Sicherheitsleistungen vorgesehen hätte, wie sie beispielsweise in Art. 158 Abs. 2 des Berggesetzes von Sachsen-Meiningen vom 17. April 1868 und unter gewissen Voraussetzungen auch in § 211 des Berggesetzes von Sachsen-Weimar-Eisenach vom 1. März 1905 sowie in § 158 Abs. 2 des Berggesetzes von Schwarzburg-Rudolstadt vom 20. März 1894 und in § 159 des Berggesetzes für Schwarzburg-Sondershausen vom 6. März 1894 normiert waren (abgedruckt bei Heinemann-Pinkerneil, Handbuch des deutschen Bergwesens, S. 983 ff, 1015 ff, 1067 ff und 1098 ff). Auch hätten die Interessen der Grundeigentümer durch eine gesetzliche Verpflichtung der Bergwerksbesitzer zur Bildung einer besonderen Versicherungsgesellschaft oder auch durch die Bildung eines besonderen Fonds (Bergschädenkasse), aus der gegen den in erster Linie ersatzpflichtigen Bergwerksbesitzer nicht mehr durchsetzbare Entschädigungsansprüche zu befriedigen wären (vgl. etwa die Regelung in §§ 357 bis 359 des Sächsischen Allgemeinen Berggesetzes vom 31. August 1910 – GVBl 217 – und dazu Prescher, Das Sächsische Bergschadenrecht, Diss. 1930, S. 66 ff) gewahrt werden können. Tatsächlich aber läßt die Regelung im Preußischen Allgemeinen Berggesetz insoweit die Interessen des Grundeigentümers gänzlich außer Betracht. Zwar wird das Bergwerkseigentum und damit die Abbauberschtigung erst durch besondere staatliche Verleihung erworben. Aber hinsichtlich der Ausübung der Abbauberechtigung begnügt sich das Gesetz mit einer Betriebsüberwachung in der besonderen form des Betriebsplanverfahrens gemäß § 67 ff und der bergpolizeilichen Aufsicht nach Maßgabe der §§ 196 ff. Sie sieht aber in keiner Weise eine Aufsicht in Richtung auf die wirtschaftliche Führung des Betriebes im Blick auf die Interessen der Oberflächeneigentümer, insbesondere nicht eine Sicherung der Grundeigentümer wegen der ihnen erwachsenden Entschädigungsforderungen für Bergschäden vor.
Diese Gesamtregelung, die auf der einen Seite dem Grundeigentümer u.a. die Verpflichtung zur Duldung des sein Grundeigentum schädigenden Bergbaus auferlegt und ihm jeden Anspruch auf Unterlassung oder auch nur auf Vornahme besonderer Maßnahmen zur Verhinderung von Bergschäden versagt (vgl. u.a. Oppenhoff, Das Allgemeine Berggesetz, 1870, Fußn. 846; Strohn, ZfB 7, 99, 109 [für ALR], 111 [für PrBergG]), ohne seine Realisierbarkeit auch im Fall einer Zahlungsunfähigkeit oder eines Wegfalles des in erster Linie entschädigungspflichtigen Bergwerksbesitzers sicherzustellen, bedeutet eine im Rahmen einer sachgerechten Interessenabgrenzung nicht mehr zu rechtfertigende einseitige Belastung des Grundeigentums. Die jetzige gesetzliche Regelung kann mithin insoweit, als sie nicht Vorsorge für eine Realisierbarkeit der Ansprüche der Grundeigentümer auf Ersatz von Bergschäden auch für den Fall des Wegfalls oder der Zahlungsunfähigkeit des entschädigungspflichtigen Bergwerksbesitzers trifft, nicht mehr als eine zulässige gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gewertet werden, da sie insoweit die Grundeigentümer ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig zugunsten der Bergbautreibenden belastet.
Diesem Ergebnis kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, durch die. Normierung der Ersatzpflicht des Bergwerkabesitzers für die Schäden am Grundeigentum seien die Interessen der Grundeigentümer ausreichend gewahrt, da die Rechtsordnung auch sonst einem Gläubiger zumute, sich damit abzufinden, daß sein Schuldner zahlungsunfähig sei oder er aus anderen Gründen seine Forderung nicht realisieren könne, insbesondere die Rechtsordnung auch in anderen Fällen, in denen sie Eingriffe in fremde Rechte gestatte, die entsprechende Ersatzforderung nicht in ihrer Realisierbarkeit gesichert habe (vgl. S. 35 ff des in dem Parallelverfahren Stadt Essen ./. Land Nordrhein-Westfalen – III ZR 169/68 – 13 O 415/66 LG Essen von dem beklagten Land vorgelegte Gutachtens des Prof. Dr. Westermann und des Rechtsanwalts Dr. Schulte).
Die Regelung der Entschädigungspflicht für Bergschäden weist in den insoweit entscheidenden Punkten gegenüber anderen in diesem Zusammenhang zum Vergleich herangezogenen Fällen (wie sie auch von Westermann-Schulte a.a.O. S. 35 ff angeführt werden) Besonderheiten auf: Soweit es um Schädigungen durch unerlaubte Handlungen oder um solche im Rahmen der verschiedenartig ausgestalteten Gefährdungshaftung (Tierhalterhaftung, Halterhaftung nach dem Straßenverkehrsgesetz, nach dem Luftverkehrsgesetz usw.) geht, sind es Schädigungen, die die Rechtsordnung grundsätzlich vermieden wissen will, an deren Rechtswidrigkeit sie festhält, und die den Einzelnen gewissermaßen „schicksalhaft” treffen, Darüber hinaus ist in diesen Fällen die Durchsetzbarkeit der Ersatzansprüche weithin durch Pflichtversicherungen sichergestellt.
Auch dort, wo die Rechtsordnung von einem Betroffenen verlangt, Einwirkungen in seine Rechte zu dulden (z.B. Überbau [§ 912 BGB], Notweg [§ 917 BGB] und Notstand [§ 904 BGB] usw.), geht es um Schädigungstatbestände, deren Verwirklichung das Gesetz nicht will. Zudem sieht das Gesetz beim Überbau und beim Notweg eine Sicherstellung der Entschädigungsansprüche der Betroffenen in besonderer. Weise vor (§ 914, 917 Abs. 2 BGB). Insoweit liegen die Dinge im Verhältnis Bergbau-Grundeigentum entscheidend anders. Der Bergbauinteressent, dem durch besondere Verleihung die Abbauberechtigung (Bergwerkseigentum) zugesprochen wird, wird mit dieser Verleihung von der Rechtsordnung befugt, alle zum Aufsuchen und zur Gewinnung der in Betracht kommenden Mineralien erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Diese Befugnis erfährt, keine Einschränkung unter dem Gesichtspunkt der Bergschädenverursachung. Vielmehr bleiben diese Maßnahmen selbst dann zulässig, wenn mit Sicherheit mit dem Auftreten von Bergschäden als Folge der bergbaulichen Maßnahmen zu rechnen ist. Mit der Verleihung des Bergwerkseigentums für bestimmte Felder werden die in. Betracht kommenden Grundeigentümer mithin von der Rechtsordnung in die ungewöhnliche Lage versetzt, bewußt und planmäßig getroffene Maßnahmen hinnehmen und dulden zu müssen, die mit Sicherheit zu einer Schädigung ihres Eigentums führen.
Bei dem zum Vergleich sich in besonderem Maße anbietenden Fall der in § 26 GewO getroffenen Entschädigungsregelung gegenüber Einwirkungen, die von mit besonderer Genehmigung errichteten Anlagen ausgehen, ist dem Betroffenen – anders als dem Grundeigentümer gegenüber dem Bergbautreibenden – ein Anspruch „auf Herstellung von Einrichtungen, welche die benachteiligende Wirkung ausschließen”, gewährt und nur da, „wo solche Einrichtungen untunlich oder mit einem gehörigen Betrieb des Gewerbes unvereinbar sind”, ist der benachbarte Grundeigentümer auf einen Anspruch auf Schadloshaltung beschränkt. Zudem treten in diesem Fall die benachteiligenden Einwirkungen nur bei in Betrieb befindlichen Anlagen auf und in aller Regel wird von dem Betriebsinhaber, solange er seinen Betrieb aufrechterhalten kann, auch Entschädigung erlangt werden können. Hingegen treten Bergschäden vielfach erst nach Einstellung des Bergbaubetriebes in Erscheinung und gerade um solche Fälle handelt es sich durchweg, wenn der Ersatzanspruch gegen den Bergwerksbesitzer nicht mehr durchgesetzt werden kann.
Jedenfalls ist unter den hier entscheidenden Gesichtspunkten ein mit der Stellung des Grundeigentümers im Blick auf die Bergschäden wirklich vergleichbarer Fall gesetzlicher Interessenabgrenzung nicht ersichtlich. Selbst wenn ein, solch er Fall in der Rechtsordnung sich fände, würde das nicht gegen das hier gewonnene Ergebnis sprechen, sondern könnte lediglich dazu führen, auch diese vergleichbare Regelung als dem Grundgesetz widerstreitend zu werten.
Die Lage, des Grundeigentümers ist in diesem Zusammenhang weithin vergleichbar mit den Fällen, in denen die Rechtsordnung Eingriffe von hoher Hand, etwa im Rahmen des – früheren – Reichsleistungsgesetzes und des Bundesleistungsgesetzes sowie der sonstigen Enteignungsgesetze, regelt: soweit derartige Eingriffe von hoher Hand zugunsten Privater erfolgen, ist die Realisierbarkeit der Ersatz- oder Entschädigungsforderung des Betroffenen anders als bei der Entschädigungsforderung des bergbaugeschädigten Grundeigentümers durchweg auf verschiedene Weise gewährleistet. So war in § 26 Abs. 4 RLG bestimmt, daß im Fall der Inanspruchnahme einer Leistung für einen Dritten der Leistungspflichtige den Vergutungs- oder Entschädigungsbetrag u.a. dann unmittelbar von der Bedarfsstelle ersetzt verlangen konnte, wenn der Dritte den Betrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Festsetzung bezahlt hatte. In ähnlicher Weise ist in § 34 BLG bestimmt, daß dann, wenn die Anforderungsbehörde einen anderen als einen Bedarfsträger zum Leistungsempfähger bestimmt hat und dieser seine Verbindlichkeiten nicht binnen sechs Wochen nach ihrer Fälligkeit erfüllt, der Bedarfsträger für die Erfüllung der Verbindlichkeiten haftet. Nach §§ 117, 165 BBauG ist – in gleicher Weise wie nach § 45 des früheren Baulandbeschaffungsgesetzes – die Ausführung des Enteignungsbeschlusses erst anzuordnen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte die Entschädigung bezahlt oder zulässigerweise hinterlegt hat. Im Falle einer vorzeitigen Einweisung des Begünstigten in den Besitz des vom Enteignungsverfahren betroffenen Grundstücks ist die Einweisung auf Antrag des Eigentümers oder des Inhabers eines sonstigen Rechts, das zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücke berechtigt, von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen (§ 116 Abs. 2 Satz 2 BBauG). Nach § 32 des Preußischen Gesetzes über die Enteignung von Grundeigentum vom 11. Juni 1874 (GS S. 221) hat der Ausspruch der Grundstücksenteignung zur Voraussetzung, daß die Entschädigungs- oder Kautionssumme rechtsgültig gezahlt oder hinterlegt ist. Wenn Westermann-Schulte in ihrem Gutachten Seite 36/7 darauf hinweisen, daß bei der vorläufigen Besitzeinweisung (§ 6 des Preußischen Gesetzes über ein vereinfachtes Enteignungsverfahren vom 26. Juli 1922, GS S. 211) eine Sicherheitsleistung des Begünstigten nicht vorgesehen sei, wodurch für den Betroffenen nicht wiedergutzumachende Schäden entstehen könnten, so ist demgegenüber darauf hinzuweisen, daß einmal der Betroffene Wiederaufhebung des Einweisungsbeschlusses verlangen kann, wenn der Begünstigte die Vergütung schuldhafterweise nicht alsbald zahlt. Zum andern aber ist in diesen Fällen, mag auch das Gesetz selbst eine Sicherheitsleistung nicht ausdrücklich vorsehen, doch der Regierungspräsident für befugt und unter Umständen für verpflichtet zu halten, die Besitzeinweisung, deren. Anordnung in seinem Ermessen steht, von einer vorgängigen Sicherheitsleistung abhängig zu machen (vgl. Meyer-Thiel-Frohberg, Enteignung von Grundeigentum, 5. Aufl. Anm. 6 zu 32 PrEnteigG.).
Ein bedeutsamer unterschied zwischen den zuvor genannten Fällen und dem des von einem Bergschaden betroffenen Grundeigentümern ist gewiß nicht zu verkennen, daß es nämlich bei den zum Vergleich herangezogenen Tatbeständen um im Einzelfall gegen einen bestimmten Betroffenen gerichtete Maßnahmen von hoher Hand, um entschädigungspflichtige Eingriffe im Sinne einer unmittelbaren Eigentumsbeeinträchtigung geht. Das ist zwar bei dem durch einen – privaten – Bergbaubetrieb verursachten Bergschaden nicht der Fall. Jedoch hat der Staat mit der Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb des Bergbaus auch zwangsläufig die Erlaubnis zur Verursachung von Bergschäden erteilt und der berggeschädigte Grundeigentümer hat zwar nicht eine Beeinträchtigung seines Eigentums durch – unmittelbaren – Eingriff von hoher Hand, wohl ober eine auf Grund besonderer staatlicher Verleihung erlaubte Beeinträchtigung seines Eigentums durch einen Dritten hinnehmen müssen, ohne daß er ein Unterlassen dieser Schädigung oder auch nur Vorkehrungen gegen ihr Entstehen hätte verlangen können. Im Blick auf diese „Opferlage” ist mithin die Position des von einem Bergschaden betroffenen Grundeigentümers mit der eines von einem enteignenden (enteignungsgleichen) Eingriff Betroffenen durchaus vergleichbar.
Es kann nicht anerkannt werden, daß eine gesetzliche Regelung nur dann in ihrer Gültigkeit als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG in frage gestellt werden könne, wenn diese Regelung selbst oder die in ihrem Rahmen getroffenen Maßnahmen einen Enteignungstatbestand verwirklichen. Wie oben bereits ausgeführt, sind auch gesetzliche Bestimmungen, die im Rahmen des Privatrechts eigentumsrechtliche fragen regeln und die Interessen verschiedener privater Rechtsinhaber gegeneinander abgrenzen, den Inhalt und Schranken des Eigentums regelnden Bestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zuzurechnen und diese Regelungen sind nicht deswegen einer Wertung gemäß Art. 14 GG entzogen, weil nicht Tatbestände geregelt werden, die sich – falls sie nicht als Inhalts- und Schrankenbestimmungen oder als Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit allen Eigentums zu rechtfertigen wären – als Enteignungstatbestände darstellen würden, Vielmehr muß es insoweit zumindest genügen, daß Eigentumsbeeinträchtigungen geregelt werden, die der Eigentümer kraft der gesetzlichen Ordnung hinzunehmen genötigt wird und die für den Fall, daß sie die unmittelbare Folge eines hoheitlichen Eingriffs wäre, als „Enteignungen” gekennzeichnet werden müßten. Das aber ist bei den Bergschäden der Fall. Denn die Grundeigentümer werden von Gesetzes wegen gezwungen, widerspruchslos Beschädigungen ihres Grundeigentums durch den Bergbau zu dulden, und wenn die durch einen Bergbaubetrieb verursachten Schäden an ihrem Grundstück oder seinen Zubehörungen die unmittelbare Folge eines hoheitlichen Eingriffs wären, dann ginge es insoweit gewiß um einen Enteignungstatbestand.
Die Bergschädenregelung des Preußischen Allgemeinen Berggesetzes im Verhältnis zwischen geschädigtem Grundeigentümer und begünstigtem Bergwerksbesitzer ist nach gliedern insoweit verfassungswidrig als sie es an der Vorsorge für die Realisierbarkeit der Entscheidungsforderung des Grundeigentümers auch für den Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Verfalls des in erster Linie entschädigungspflichtigen Bergwerksbesitzers fehlen läßt.
Es ist anerkannt, daß ein Inhalt und Schranken des Eigentums regelndes Gesetz, das Verfassungsgrundsätzen widerstreitet, nichtig ist, daß der von einer solchen, gesetzlichen. Regelung Betroffene aber nicht ohne weiteres eine Entschädigung aus Art. 14 GG verlangen kann, sondern erst dann und in dem Maße, wie er im Rahmen des Vollzuges eines solchen – ungültigen – Gesetzes von einem Enteignungstatbestand betroffen worden ist, er mit anderen Worten einen enteignungsgleichen Eingriff und damit eine als Enteignung zu wertende Eigentumsbeeinträchtigung hat hinnehmen müssen (vgl. BGHZ 6, 270, 279 und 19, 209, 211; Gieseke in der Festschrift für Heinrich Lehmann, I. Band, S. 308, 310 u.a.). Diese Voraussetzungen sind im Falle eines Bergschadens am Oberflächeneigentum nicht gegeben, weil es – wie oben bereits in anderem Zusammenhang gesagt – an einer als enteignungsgleicher Eingriff zu wertenden hoheitlichen Maßnahme, an einer Eigentumsbeeinträchtigung als unmittelbarer Folge eines Eingriffs von hoher Hand fehlt, Eine Entschädigungspflicht auf der Grundlage des Art. 14 GG kann aber nicht auf diese Fälle, daß durch den Vollzug eines ungültigen Regelungsgesetzes (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) ein Enteignungstatbestand gegenüber einem Betroffenen verwirklicht worden ist, beschränkt werden. Vielmehr kann auch in den Fällen, in denen die gesetzliche Regelung eine Interessenabgrenzung im Bereich des Privatrechts vornimmt, die mit Verfassungsgrundsätzen in Widerspruch steht, und der Betroffene infolge dieser – wegen ungenügender Entschädigungsregelung ungültigen – gesetzlichen Regelung eine Eigentumsbeeinträchtigung erfahren hat, ein Entschädigungsanspruch gegen den für diese Regelung verantwortlichen Staat nicht schlechthin ausgeschlossen sein, Dies gilt jedenfalls denn, wenn die Beeinträchtigung erst durch die besondere gesetzliche Regelung ermöglicht wurde, der Betroffene kraft dieser Gesetzesregelung zur Hinnahme dieser Beeinträchtigung gezwungen war und die „Opferlage” des Betroffenen insoweit mit derjenigen des von einer Enteignung Betroffenen vergleichbar ist, als die Beeinträchtigung – wenn sie unmittelbare Folge eines hoheitlichen Eingriffs wäre – nicht ohne Entschädigung bleiben würde. Das alles trifft in Fällen der hier vorliegenden Art zu: Dementsprechend muß hier der Staat, der für die unvollkommene und insoweit verfassungswidrige gesetzliche Entschädigungsregelung, zumindest für ihre Aufrechterhaltung auch nach Inkrafttreten des Grundgesetzes verantwortlich ist, dem berggeschädigten Grundeigentümer, der infolge dieser unvollkommenen gesetzlichen Regelung seine Entschädigungsforderungen wegen erlittener Bergschäden nicht mehr realisieren kann, auf der Rechtsgrundlage des Art. 14 GG Entschädigung leisten.
Diese Entschädigungspflicht kann jedoch erst für die Zeit ab Inkrafttreten des Grundgesetzes bejaht werden, während für die vorhergehende Zeit eine Verfassungswidrigkeit der als grundgesetzwidrig zu wertenden gesetzlichen Regelung nicht angenommen werden kann. Denn unter der Geltung des Art. 153 WeimVerf könnte der Reichsgesetzgeber – und auf, den kraft Reichsrechts der Landesgesetzgebung vorbehaltenen Gebieten der Landesgesetzgeber – den Inhalt und die Schranken des Eigentums allgemein regeln, ohne dabei durch eine Entschädigungspflicht behindert zu sein. Im Rahmen des Art. 153 WeimVerf sind deswegen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die im Preußischen Allgemeinen Berggesetz getroffene Entschädigungsregelung nicht zu erheben (vgl. dazu die Entscheidung des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich in RGZ 124 Anhang S. 19, 33/4).
Wenn, wie dargelegt, die Grandgesetzwidrigkeit der hier in Rede stehenden gesetzlichen Regelung darin liegt, daß der Bergbautreibende aufgrund des ihm verliehenen Bergwerkseigentums befugt wird, die zum Abbau und zur Gewinnung der Mineralien gebotenen Maßnahmen ohne Rücksicht auf die dadurch entstehenden Schäden am Oberflächeneigentum vorzunehmen, ohne daß gleichzeitig für eine Sicherstellung des Anspruchs des Grundeigentümers auf Schadloshaltung Sorge getragen ist, dann gibt Art. 14 GG die Grundlage für einen Entschädigungsanspruch nur in den Fällen ab, in denen dieser grundgesetzwidrige Tatbestand unter der Geltung des Grundgesetzes voll verwirklicht worden ist. Entschädigung kann mithin nur insoweit verlangt und gewährt werden, als durch noch nach Inkrafttreten des Grundgesetzes vorgenommene bergbauliche Maßnahmen eine Schädigung des Oberflächeneigentums verursacht, zumindest mitverursacht worden ist und der geschädigte Grundeigentümer für diesen Schaden von dem nach § 148 PrBergG ersatzpflichtigen Bergwerksbesitzer Schadloshaltung nicht erlangen kann.
Hier sind die Schäden, die am Grundstück des Klägers entstanden sind, noch dessen Behauptung auf bergbauliche Einwirkungen zurückzuführen, die noch bis in das Jahr 1959 hinein vorgenommen worden sind. Es kommt hier mithin, falls der Kläger von dem Bergwerksbesitzer Ersatz nicht erlangen kann, eine Entschädigungspflicht des beklagten Landes in Betracht. Dabei kann dahinstehen, ob das beklagte Land schlechthin für alle Schäden aufzukommen hat, die gemäß § 148 PrBergG der Bergwerksbesitzer ersetzen muß, oder ob die Entschädigungspflicht des Landes in ihrem Umfang nach allgemeinen enteignungsrechtlichen Grundsätzen zu bemessen ist. Denn hier werden von dem Kläger nur Schäden geltend gemacht, die an der Substanz seines Grundstücks entstanden sind und demzufolge auch gemäß Art. 14 GG ersetzt werden müßten, wenn sie auf eine als enteignender Eingriff zu wertende hoheitliche Maßnahme zurückzuführen wären.
III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil, das die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende landgerichtliche Urteil zurückweist, weder mit der ihm gegebenen noch mit anderer Begründung gehalten werden. Da es andererseits an den für eine abschließende Entscheidung not wendigen Feststellungen über Ursache und Umfang der an dem Grundstück des Klägers entstandenen Schäden noch fehlt, muß das Berufungsurteil aufgehoben und muß die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden. Das Landgericht hatte unterstellt, daß Bergbautätigkeit im Steinkohlenfelde Saturn die am Hause des Klägers aufgetretenen Schäden verursacht habe, hatte jedoch aus Rechtsgründen eine Entschädigungspflicht des beklagten Landes verneint. Das Berufungsgericht hätte deshalb, wenn es die wahre Rechtslage erkannt und bei dem vom Kläger behaupteten Tatbestand eine Entschädigungspflicht des Landes bejaht hatte, die Sache gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an das Landgericht zurückverweisen müssen. Ein Absehen von der Zurückverweisung gemäß § 540 ZPO mit der Begründung, daß dies sachdienlich sei, wäre im gegebenen. Fall nicht gerechtfertigt gewesen, da andernfalls über – möglicherweise schwierige – Fragen im tatsächlichen Bereich, insbesondere die der Einwirkung gerade des von der Gewerkschaft Saturn betriebenen Bergbaues auf das Grundstück des Klägers nur in einer Instanz zu entscheiden sein würde. Über die Rückverweisung an das Landgericht zu befinden, steht auch dem Revisionsgericht zu, wenn es Rahmen des § 565 ZPO zu entscheiden hat, ob die Sache an das Oberlandesgericht oder an das Landgericht zurückzuerweißen ist (vgl. LM Nr. 24 zu § 1 OWG und Nr. 5 zu § 540 ZPO). Sonach muß die Sache unter Aufhebung der Urteile der beiden Vorinstanzen an das Landgericht zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden. Diesem bleibt auch die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren überlassen.
Unterschriften
Dr. Pagendarm, Dr. Kreft, Dr. Arndt, Dr. Hußla, Keßler
Fundstellen
Haufe-Index 1502423 |
BGHZ |
BGHZ, 226 |
Nachschlagewerk BGH |