Leitsatz (amtlich)

Die in § 15 Abs. 1 GüKUMT enthaltene Regelung, wonach die Haftungsausschlüsse und -beschränkungen des GüKUMT auf alle Ersatzansprüche ungeachtet des Rechtsgrundes der Haftung Anwendung finden, führt nicht zu einer Beschränkung von außervertraglichen Ansprüchen des Auftraggebers gegen den Frachtführer aus unerlaubter Handlung, da die genannte Bestimmung für eine derartige Beschränkung keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) hat und deshalb insoweit nichtig ist.

 

Normenkette

VO TSU Nr. 3/83 GüKUMT § 15 Abs. 1 (Fassung 3.8.1983)

 

Verfahrensgang

OLG Celle (Aktenzeichen 11 U 204/95)

LG Göttingen (Aktenzeichen 3 O 171/94)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 4. März 1997 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin, Transportversicherer der Firma B. in Göttingen (im folgenden: Versicherungsnehmerin), nimmt das beklagte Transportunternehmen aus übergegangenem Recht wegen Diebstahls einer Barock-Vitrine aus einer Lagerhalle der Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte, eine Vitrine von München nach Göttingen als Beiladung zu transportieren. Die Verladung auf einen Lkw der Beklagten erfolgte am 1. Juli 1992 in München. Das Transportgut kam am Freitag, den 3. Juli 1992, in Göttingen an. Da die Geschäftsräume der Versicherungsnehmerin mit dem zehn Meter langen Zugwagen der Beklagten nicht angefahren werden konnten, stellte die Beklagte die Vitrine in ihrer fensterlosen, mit Leichtmetall-Rolltoren, die nur von innen geöffnet werden können, und Stahltüren gesicherten Halle unter, um sie am folgenden Montag auszuliefern. Die Halle kann u.a. über eine frei zugängliche Zufahrt erreicht werden. In der Nacht vom 4. auf den 5. Juli 1992 hebelten unbekannte Täter die verschlossene Stahltür des Notausgangs auf und entwendeten die Vitrine.

Der Inhaber der Versicherungsnehmerin gab den Wiederbeschaffungswert der Barock-Vitrine mit 69.000,– DM an. Diesen Betrag zuzüglich 291,– DM Frachtkosten hat die Klägerin ihrer Versicherungsnehmerin erstattet. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten hat der Klägerin einen Teilbetrag von 2.000,– DM ersetzt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte nach § 823 Abs. 1 BGB für den Diebstahl der Vitrine, da sie dieses wertvolle Möbelstück nicht in einer unzureichend gesicherten Lagerhalle habe unterstellen dürfen. Zum Aufhebeln der Tür habe es keines besonderen Werkzeugs bedurft, wie der gerichtlich bestellte Sachverständige in erster Instanz dargelegt habe. Der Güterkraftverkehrstarif für den Umzugsverkehr und die Beförderung von Handelsmöbeln in besonders für die Möbelbeförderung eingerichteten Fahrzeugen im Güterfernverkehr und Güternahverkehr (GüKUMT) komme nicht zur Anwendung, weil die Beklagte den Transport nicht in einem besonders für die Möbelbeförderung eingerichteten Fahrzeug, sondern in einem normalen Fernverkehrs-Lkw durchgeführt habe. Überdies habe die Beklagte ihre, der Klägerin, Versicherungsnehmerin nicht gemäß § 10 Abs. 2 GüKUMT von den Haftungsbeschränkungen in Kenntnis gesetzt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 67.291,– DM nebst 4 % Zinsen seit 5. Juli 1992 zu zahlen.

Die Beklagte ist dem nach Grund und Höhe entgegengetreten und hat vorgetragen, der GüKUMT gelte schon aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung mit der Versicherungsnehmerin der Klägerin. Im übrigen sei die Vitrine als Beiladung auf einem Möbelwagen transportiert worden. Ihre Haftung beschränke sich daher auf 2.000,– DM (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GüKUMT).

Am Diebstahl der Vitrine treffe sie kein Verschulden, da es sich um den ersten Einbruch in ihre 1983 erbaute Lagerhalle gehandelt habe. Die Stahltüren hätten ein Sicherungsschließsystem, so daß sie nur mit Spezialwerkzeugen oder großer Kraft geöffnet werden könnten.

Der Wert der gestohlenen Vitrine habe allenfalls 20.000,– DM bis 25.000,– DM betragen. Darüber hinaus hat sich die Beklagte auf Verjährung berufen, weil sie bereits im Januar 1993 einen Zahlungsanspruch der Klägerin abgelehnt habe.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.

Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet, weil auf den streitgegenständlichen Beförderungsvertrag der GüKUMT zur Anwendung komme und eine über die gezahlten 2.000,– DM hinausgehende weitere Forderung der Klägerin jedenfalls nach § 14 GüKUMT verjährt sei. Dazu hat es ausgeführt:

Nach dem der Beklagten erteilten „Umzugsauftrag” habe die Vitrine in dem Lkw mit dem Kennzeichen GÖ-. befördert werden sollen. Bei diesem Fahrzeug handele es sich ausweislich der vorgelegten Kopie des Kraftfahrzeugbriefs um einen „Lkw geschl. Kasten, f. Möbeltransporte, Mercedes Benz”. Die Klägerin habe nicht substantiiert behauptet, daß die Vitrine tatsächlich in einem anderen „normalen” Lkw befördert worden sei. Bei einer Beförderung von Handelsmöbeln in „für die Möbelbeförderung eingerichteten Fahrzeugen” komme der GüKUMT immer zur Anwendung.

Überdies hätten die Parteien des Beförderungsvertrags die Geltung des GüKUMT für das hier in Rede stehende Vertragsverhältnis wirksam vereinbart. Die Beklagte habe seit 1981 Geschäftsbeziehungen zu ihrer Auftraggeberin unterhalten. In dem der Beklagten erteilten „Umzugsauftrag” werde auf den GüKUMT hingewiesen. Bei früheren Aufträgen sei dies auch bereits in dieser Form geschehen. Dies reiche für eine ausdrückliche Einbeziehung der Bestimmungen des GüKUMT als Allgemeine Geschäftsbedingungen in das Vertragsverhältnis aus, zumal die Regelungen des GüKUMT auf der Rückseite der jeweils von der Beklagten verwendeten Vertragsformulare abgedruckt seien.

Aufgrund der im GüKUMT vorgesehenen Haftungsbeschränkungen sei eine eventuelle weitere Forderung der Klägerin (über die von der Haftpflichtversicherung der Beklagten gezahlten 2.000,– DM hinaus) jedenfalls nach § 14 GüKUMT verjährt.

Diese Verjährungsvorschrift gelte gemäß § 15 Abs. 1 GüKUMT für alle Ersatzansprüche ungeachtet des Rechtsgrunds der Haftung, mithin auch für einen eventuellen Schadensersatzanspruch aus §§ 823 ff. BGB. Da die Geltung des GüKUMT zwischen den Parteien vereinbart worden sei, bestünden gegen die Wirksamkeit der in § 15 Abs. 1 enthaltenen Regelung keine Bedenken. Der Beklagten sei es auch nicht nach § 15 Abs. 2 GüKUMT verwehrt, sich auf die im GüKUMT enthaltenen Haftungsausschlüsse und -beschränkungen zu berufen, da sie den Schaden nicht durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verursacht habe.

II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Die Beklagte haftet der Klägerin wegen des Verlustes der Barock-Vitrine dem Grunde nach auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V. mit § 67 Abs. 1 VVG. Es kann offenbleiben, ob – wie vom Berufungsgericht angenommen – auf den streitgegenständlichen Beförderungsvertrag die Vorschriften des zum Zeitpunkt des in Rede stehenden Transportes noch geltenden GüKUMT anzuwenden sind, so daß es auf die insoweit vorgebrachten Rügen der Revision nicht ankommt.

1. Das Berufungsgericht hat es von seinem Standpunkt aus folgerichtig dahinstehen lassen, ob die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 823 Abs. 1 BGB gegeben sind. Insoweit bedarf es jedoch keiner weiteren tatrichterlichen Feststellungen, da der Senat die Frage aufgrund des unstreitigen Sachverhalts und des beiderseitigen Parteivortrags selbst beantworten kann.

a) Es kann davon ausgegangen werden, daß die aus dem Lager der Beklagten entwendete Vitrine im Eigentum der Versicherungsnehmerin der Klägerin stand. In der Berufungsinstanz ist die entsprechende Feststellung des Landgerichts unbeanstandet geblieben.

b) Wenn der Beklagten auch – wie vom Berufungsgericht festgestellt – keine groben Organisationsmängel vorzuwerfen sind, so ist ihr doch der Vorwurf zumindest leichter Fahrlässigkeit zu machen. Denn sie hätte voraussehen können und müssen, daß die zur Sicherung ihrer Lagerhalle getroffenen Maßnahmen nicht ausreichten, um eine wertvolle Antiquität über das Wochenende sicher aufzubewahren. Unstreitig handelt es sich um eine fensterlose Lagerhalle mit Leichtmetall-Rolltoren, die nur von innen zu öffnen sind, und mit Stahltüren, die mit einem Sicherheitsschließsystem verschlossen sind. Die Halle ist – neben einer durch einen Eisenzaun mit Tor gesicherten Zufahrt – über eine frei zugängliche Zufahrt von der H. -Straße her zu erreichen. Die Täter hatten die verschlossene Stahltür des Notausgangs nach den polizeilichen Feststellungen mit einem starken Werkzeug aufgehebelt und sie in Höhe des Schlosses aufgebogen.

Angesichts des Wertes der Vitrine, mit dem die Beklagte rechnen mußte, da ihr Auftraggeber ein Antiquitätenhändler war, hätten der Beklagten Bedenken kommen müssen, das Einzelstück über das Wochenende in einem nicht vollständig umzäunten und zudem auch noch im Außenbezirk gelegenen Lager ohne Alarmanlage unterzubringen. Es ist aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung bekannt und hätte von der Beklagten in Erwägung gezogen werden müssen, daß die Ausnutzung der Hebelwirkung relativ einfacher Werkzeuge zur Öffnung von Stahltüren mit Sicherheitsschloß keine völlig ungewöhnliche Vorgehensweise von Einbrechern ist. Dies ergibt sich auch aus dem Gutachten des Sachverständigen, nach dem eine Tür der in Rede stehenden Art ohne Spezialwerkzeug innerhalb weniger Minuten geöffnet werden kann. Hierfür genüge ein Werkzeug, das in jedem Baumarkt erhältlich sei. Durch die Ausnutzung der Hebelwirkung lasse sich eine hinreichend große Kraft entfalten. Die Beklagte hat den Ausführungen des Sachverständigen, denen das Landgericht gefolgt ist, in der Berufungsinstanz lediglich entgegengehalten, der Einbruch habe nur mit Spezialwerkzeugen und unter Aufwendung großer Kraft durchgeführt werden können. Dieses Vorbringen ist indessen ebenso wie der weitere – von der Revisionserwiderung angeführte – Vortrag der Beklagten, es handele sich um den ersten Einbruch in der Lagerhalle, unter den gegebenen Umständen nicht geeignet, die Beklagte auch von dem Vorwurf einer zumindest leichten Fahrlässigkeit zu entlasten, zumal es – wie vom Landgericht, das auch insoweit dem Sachverständigen gefolgt ist, unbeanstandet angeführt – ohne größeren Aufwand möglich ist, auch Notausgangstüren gegen Aufhebeln widerstandsfähig zu machen.

2. Auf den somit dem Grunde nach gegebenen Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB sind jedenfalls die Haftungsbeschränkungen des GüKUMT nicht anwendbar, auch wenn die grundsätzliche Anwendung des GüKUMT auf den streitgegenständlichen Beförderungsvertrag unterstellt wird. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unterliegt der Anspruch aus unerlaubter Handlung deshalb nicht der einjährigen Verjährungsfrist des § 14 Abs. 1 GüKUMT, sondern der dreijährigen des § 852 Abs. 1 BGB.

a) Die Verjährungsregelung des § 14 Abs. 1 GüKUMT gilt selbst dann nicht, wenn – wie vom Berufungsgericht angenommen – die Vorschriften des GüKUMT auf den streitgegenständlichen Beförderungsvertrag unmittelbar kraft Gesetzes anwendbar sind.

In § 15 Abs. 1 GüKUMT ist zwar bestimmt, daß die Haftungsausschlüsse und -beschränkungen des GüKUMT auf alle Ersatzansprüche ungeachtet des Rechtsgrundes der Haftung – mithin auch auf außervertragliche Ansprüche aus unerlaubter Handlung – Anwendung finden. Die deliktische Haftung des Frachtführers wird durch § 15 Abs. 1 GüKUMT jedoch nicht wirksam eingeschränkt.

Der Bundesminister für Verkehr hat auf der Grundlage des § 40 GüKG in der Fassung vom 10. März 1983 (BGBl. I S. 256 - im folgenden: GüKG a.F.) die VO TSU Nr. 3/83 GüKUMT erlassen. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 GüKG a.F. sind auf den Tarif die §§ 20 und 22 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. und Abs. 3 GüKG a.F. anzuwenden. Nach § 20 Abs. 1 GüKG a.F. müssen die Tarife neben den für die Bestimmung des Beförderungsentgelts notwendigen Angaben alle anderen für den Beförderungsvertrag maßgeblichen Beförderungsbedingungen enthalten. Danach war der Bundesminister für Verkehr auch ermächtigt, die Beförderungsbedingungen im Wege einer Rechtsverordnung zu regeln (§ 40 Abs. 1 Satz 4, § 20a Abs. 5 GüKG a.F.). Hiervon hat er in einer Anlage zur VO TSU Nr. 3/83 GüKUMT Gebrauch gemacht.

Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Gesetze, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigen, Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung bestimmen. Der Gesetzgeber hat die Tendenz und das Programm der Rechtsverordnung so weit zu umreißen, daß deren Zweck und möglicher Inhalt feststehen, wobei es allerdings genügt, daß sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen (vgl. BVerfGE 80, 1, 20 f.; 85, 97, 104 f.). Danach haben die Vorschriften des § 40 Abs. 1 Satz 4, § 20a Abs. 5 GüKG a.F. den Bundesminister für Verkehr nur ermächtigt, durch Rechtsverordnung die für den Umzugsverkehr maßgeblichen Beförderungsbedingungen festzusetzen und die aus einem Beförderungsvertrag betreffend Umzugsgut sich ergebenden vertraglichen Ansprüche zu regeln. Für diese Annahme spricht vor allem, daß zwischen Ansprüchen aus Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung echte Anspruchskonkurrenz besteht und die konkurrierenden Ansprüche eine nach Voraussetzungen, Inhalt und Umfang völlig andere Ersatzpflicht ergeben (vgl. zum Verhältnis KVO-Haftung und deliktischer Haftung BGHZ 32, 194, 204). Die als Ermächtigungsgrundlage genannten Vorschriften enthalten keine Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Gesetzgeber habe den Bundesminister für Verkehr auch ermächtigen wollen, die Haftung des Frachtführers aus unerlaubter Handlung zu regeln. Eines eindeutigen Hinweises auf die Kompetenz zur Regelung außervertraglicher Ansprüche hätte es – worauf die Revision zu Recht hinweist – vor allem deshalb bedurft, weil der Bundesminister für Verkehr dann ermächtigt gewesen wäre, durch eine Rechtsverordnung höherrangiges Gesetzesrecht teilweise außer Kraft zu setzen.

Mangels einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage ist § 15 Abs. 1 GüKUMT daher jedenfalls insoweit nichtig, als darin auch außervertragliche Ansprüche des Auftraggebers aus unerlaubter Handlung eingeschränkt werden (vgl. auch Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 15 GüKUMT Rdn. 1; Staub/Helm, HGB, 4. Aufl., Anh. IV nach § 452, § 15 GüKUMT Rdn. 1).

Die Feststellung der Nichtigkeit des § 15 Abs. 1 GüKUMT in dem genannten Umfang kann der Senat selbst treffen. Einer Aussetzung des Verfahrens und der Einholung einer Vorabentscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG bedarf es nicht. Dem Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts unterliegen grundsätzlich nur förmliche Gesetze des Bundes und der Länder (vgl. BVerfGE 48, 40, 44; BGH, Urt. v. 11.2.1999 - I ZR 18/97, WRP 1999, 920, 921 - Verkaufsschütten vor Apotheken). Rechtsverordnungen – um eine solche handelt es sich bei der VO TSU Nr. 3/83 GüKUMT – sind somit vom Anwendungsbereich des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgenommen (BVerfGE 68, 316, 326; 71, 305, 337).

b) Dem Berufungsgericht kann aber auch nicht darin beigetreten werden, daß die Parteien des Beförderungsvertrages die Bestimmungen des GüKUMT jedenfalls wirksam als Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart haben, wenn die gesetzlichen Anwendungsvoraussetzungen nicht vorliegen sollten.

Das Berufungsgericht hat außer acht gelassen, daß der streitgegenständliche Transport nach den vertraglichen Vereinbarungen im Güterfernverkehr (§ 3 GüKG) erfolgen sollte. Sofern der GüKUMT nicht gemäß § 1 VO TSU Nr. 3/83 (BAnz. Nr. 151 v. 16.8.1983) zur Anwendung kommt, gelten für einen innerhalb der Bundesrepublik im Güterfernverkehr durchgeführten Transport nach § 26 GüKG a.F. die unabdingbaren Vorschriften der Kraftverkehrsordnung (vgl. OLG Düsseldorf TranspR 1994, 284; Willenberg, KVO, 4. Aufl., § 1 Rdn. 47).

Die Anwendbarkeit der Kraftverkehrsordnung schließt die der Vorschriften über unerlaubte Handlungen indes nicht aus, da die letztgenannten Regelungen eine nach Voraussetzungen, Inhalt und Umfang völlig andere Ersatzpflicht ergeben, die neben die Ersatzpflicht aufgrund Vertrages tritt und sich auf deren Voraussetzungen und Inhalt nicht auswirkt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 32, 194, 203 f.; 32, 297, 302; 116, 297, 299 ff.; 123, 394, 399 f.). Beim Zusammentreffen von Schadensersatzansprüchen aus Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung handelt es sich um einen Fall echter Anspruchskonkurrenz, die aus dem gleichen Rangverhältnis von Vertrags- und Deliktsrecht folgt. Verstößt ein Verhalten zugleich gegen allgemeine und vertraglich begründete Pflichten, sind die Rechtsfolgen sowohl den Vorschriften des Deliktsrechts als auch den für den Vertrag maßgebenden Bestimmungen zu entnehmen. Jeder Schadensersatzanspruch ist nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seiner Durchsetzung selbständig zu beurteilen und folgt damit grundsätzlich auch seiner eigenen Verjährungsfrist (vgl. BGHZ 116, 297, 299 ff.).

c) Der deliktische Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB ist nach der dreijährigen Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB noch nicht verjährt. Der in Rede stehende Schaden ist durch die Entwendung der Vitrine aus dem Lager der Beklagten in der Nacht vom 4. auf den 5. Juli 1992 entstanden. Die Klägerin hat am 24. August 1994 beim Amtsgericht Hagen den Erlaß eines Mahnbescheids beantragt, der der Beklagten am 31. August 1994 vor Ablauf der Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB zugestellt worden ist. Die Verjährung ist mithin rechtzeitig gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB unterbrochen worden.

3. Auf der bisherigen Tatsachengrundlage läßt sich nicht abschließend beurteilen, in welcher Höhe der Klägerin ein Ersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht. Die Klägerin hat den Wert der entwendeten Vitrine mit 69.000,– DM beziffert. Die Beklagte ist dieser Behauptung substantiiert entgegengetreten und hat geltend gemacht, der Wert des gestohlenen Möbelstücks habe allenfalls 20.000,– DM bis 25.000,– DM betragen. Die Vorinstanzen haben bislang keine Feststellungen zur Höhe des der Versicherungsnehmerin der Klägerin entstandenen Schadens getroffen.

III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Erdmann, Mees, Starck, Bornkamm, Pokrant

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 15.07.1999 durch Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 538604

BB 2000, 376

BGHR

NJW-RR 2000, 330

Nachschlagewerk BGH

WM 2000, 722

MDR 2000, 530

VRS 2000, 183

VersR 2000, 124

TranspR 2000, 27

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