Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Kenntnis der Abtretung bei Vornahme des Rechtsgeschäfts durch den Schuldner.

 

Normenkette

BGB § 407 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Februar 1997 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung eines Darlehens, von dem noch ein Betrag in Höhe von 60.444,56 DM offen ist. Der Beklagte hat mit einer Gegenforderung aufgerechnet und vorgetragen, die G. mbH (im folgenden: G., deren Gesellschafter der Kläger früher gewesen sei, habe gegen diesen noch Ansprüche in Höhe von 130.000,– DM, weil er für seine privaten Bauvorhaben unberechtigt Zahlungen der Gesellschaft veranlaßt habe. Diese Forderungen habe die G. an ihn in Höhe der Klageforderung abgetreten.

Die Klage hatte zunächst in beiden Instanzen Erfolg. Mit Urteil vom 20. Mai 1996 (II ZR 301/95, NJW-RR 1996, 1219 f.) hat der Senat auf die Revision des Beklagten das Urteil des Berufungsgerichts vom 16. Februar 1995 aufgehoben und die Sache an dieses Gericht zurückverwiesen.

Daraufhin hat das Berufungsgericht die Klage in Höhe des streitigen Betrages von 60.444,56 DM abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, der Darlehensanspruch des Klägers sei durch die Aufrechnung des Beklagten erloschen. Die G. habe die zur Aufrechnung gestellte Forderung wirksam an den Beklagten abgetreten; sie sei vor der Abtretung nicht mit angeblichen Provisionsansprüchen des Klägers gegen die G. verrechnet worden. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Vorschrift des § 407 Abs. 1 BGB nicht in seine Überlegungen einbezogen.

II.

Gemäß § 407 Abs. 1 BGB muß der neue Gläubiger eine Leistung, die der Schuldner nach der Abtretung an den bisherigen Gläubiger bewirkt, sowie jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei der Leistung oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt.

1. Im Revisionsverfahren ist zugunsten des Klägers zu unterstellen, daß die von ihm behauptete und von dem Beklagten bestrittene Vereinbarung vom 26. August 1993 tatsächlich getroffen worden ist. In ihr wird die dem Kläger zustehende Vertriebsprovision für die aufgeführten Bauvorhaben auf 717.500,– DM festgelegt; sie „wird hiermit von Herrn S. angefordert und ist fällig”. Weiter heißt es, die Sanierungskosten für das Objekt Z. Straße 239 in K. und „die privaten Kosten gemäß Schreiben der Anwälte M.” seien davon abzuziehen; die G. habe „keinerlei weitere Forderungen an Herrn A. S.”. Diese als Anerkenntnis-, Aufrechnungs- und negativer Schuldfeststellungsvertrag zu qualifizierende Vereinbarung ist ein Rechtsgeschäft in Ansehung der Forderung der G. gegen den Kläger zwischen dem Schuldner (Kläger) und dem bisherigen Gläubiger (G.). Diese Forderung wäre dadurch erloschen.

2. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger am 26. August 1993 die spätestens am 17. August 1993 an den Beklagten erfolgte Abtretung der Forderung der G. gegen ihn kannte. Dem Beklagten ist es nicht gelungen, die Darstellung des Klägers zu widerlegen, er habe erstmals am 20. Oktober 1993 dadurch von der Abtretung Kenntnis erlangt, daß der Beklagte die Abtretungserklärung seinem Anwalt übersandt habe.

Der Beklagte hat zwar behauptet, die geschäftsführende Gesellschafterin der G., Frau E., habe ihm erklärt, sie wolle die Abtretungsanzeige am nächsten Tag, also am 18. August 1993, dem Kläger übergeben; die Übergabe sei auch erfolgt. Der ihm obliegende Beweis hierfür ist ihm aber nach den bisherigen Feststellungen nicht gelungen. Die Zeugin E. hat – in Übereinstimmung mit dem Zeugen W. bekundet, sie habe dem Beklagten die Abtretungsurkunde, nachdem sie diese unterschrieben habe, zurückgegeben. Eine Übergabe der Urkunde an den Kläger durch sie scheidet demnach aus. Dafür, daß der Kläger vor dem 26. August 1993 auf andere Weise von der Abtretung erfahren hat, fehlt jeder Anhaltspunkt.

III.

Nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens muß der Beklagte demnach die Vereinbarung vom 26. August 1993 gegen sich gelten lassen, mit der Folge, daß eine wirksame Aufrechnung ausscheidet. Da diese Vereinbarung sowie die ihr zugrundeliegenden Ansprüche des Klägers aber – wie der Beklagte mit Gegenrügen zutreffend geltend macht – von dem Berufungsgericht nicht festgestellt, sondern nur unterstellt werden, ist die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609466

DStR 1998, 1647

NJW-RR 1998, 1744

WM 1998, 2074

ZIP 1998, 2007

MDR 1998, 1339

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