Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluß des Bestimmtheitsgrundsatzes im Gesellschaftsvertrag einer GbR

 

Leitsatz (amtlich)

a) Zur Frage, ob die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft den sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz wirksam abbedungen haben.

b) Können lt. Gesellschaftsvertrag die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft Mängel von Gesellschafterbeschlüssen nur innerhalb eines Monats durch Klage gegen ihre Mitgesellschafter geltend machen, so haben diese dafür zu sorgen, daß ihre Anschriften den Klägern von der Gesellschaft richtig und so vollständig zur Verfügung gestellt werden, daß ihnen die Klageschrift zugestellt werden kann; geschieht das nicht und verzögert sich deshalb die Zustellung, so gilt sie dennoch als im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO „demnächst erfolgt”.

 

Normenkette

HGB § 119; ZPO § 270 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Bremen

OLG Bremen

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen – 2. Zivilsenat – vom 11. September 1986 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bremen vom 27. November 1985 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten beider Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien sind Kommanditisten der Brauerei B… GmbH & Co. KG und der … P… Brauerei … GmbH & Co. KG, deren persönlich haftende Gesellschafterin die K… Brauerei GmbH & Co. oHG ist und denen personengleich insgesamt 65 Kommanditisten zweier Familienstämme angehören. Die Beklagten sind Mitglieder der Familie R…, die Klägerin gehört zur Gruppe S…, die in beiden Gesellschaften über 24,863182% der Stimmen verfügt. § 14 Abs. 2 der gleichlautenden Gesellschaftsverträge beider Gesellschaften hat in der Fassung vom 24. Juni 1965 folgenden Wortlaut:

„Über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages einschließlich des Gesellschaftskapitals sowie über eine Veräußerung des Handelsgeschäfts im Ganzen und die Auflösung der Gesellschaft kann nur eine Gesellschafterversammlung beschließen, in der mindestens 2/3 der vorhandenen Stimmen vertreten sind, und zwar mit einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen.”

Am 29. Juni 1984 beschlossen die Gesellschafter in außerordentlichen Gesellschafterversammlungen beider Gesellschaften gegen die Stimmen der Gruppe S… die Änderung des § 14 Abs. 2 dahingehend, daß für die dort genannten Beschlußgegenstände „eine Mehrheit von 2/3 aller vorhandenen Stimmen erforderlich und ausreichend” sei. Hiervon ausgenommen wurden bestimmte, am 24. Juni 1965 einverständlich beschlossene Regelungen der Gesellschaftsverträge, die nur mit einer Stimmenmehrheit von 9/10 geändert werden durften. In Gesellschafterversammlungen vom 12. April 1985 wurden diese Beschlüsse wiederholt und bestätigt.

Die Klägerin will im Verhältnis zu ihren Mitgesellschaftern, soweit diese nicht bereit sind, ein ohne ihre Beteiligung ergangenes Urteil gegen sich gelten zu lassen, festgestellt wissen, daß die Beschlüsse vom 29. Juni 1984 unwirksam sind und dasselbe unter der Bedingung, daß die Klage insoweit Erfolg hat, auch für die Beschlüsse vom 12. April 1985 zutrifft.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts konnten die Gesellschafter am 29. Juni 1984 mit einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen das Mehrheitserfordernis des § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages wirksam ändern, ohne daß in diesem ein solcher Beschluß hätte für zulässig erklärt sein müssen. Die Gesellschafter hätten schon 1936 in dem Gesellschaftsvertrage der durch Umwandlung aus einer Aktiengesellschaft entstandenen B… KG den Bestimmtheitsgrundsatz rechtswirksam abbedungen und einstimmig jede mehrheitliche Vertragsänderung ermöglicht. Diesen Verzicht entnimmt das Berufungsgericht dem § 14 Abs. 1 des damals geltenden Gesellschaftsvertrages, wo es hieß, daß der Beschlußfassung der Kommanditisten alle Gegenstände unterlägen, über welche in entsprechenden Fällen bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien aufgrund der jeweils dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen die Generalversammlung der Kommanditisten wirksam beschließen konnte, insbesondere auch eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages. Gegen diese Begründung wendet die Revision mit Recht ein, daß sie die Feststellung nicht trägt.

Die vertraglich den Gesellschaftern zugewiesene Befugnis, über alle Gegenstände zu beschließen, für die sie als Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zuständig wären, spricht nicht gegen, sondern eher für die Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes; denn soweit sich die Beschlußgegenstände einer Änderung des Gesellschaftsvertrages – wie beispielsweise eine Kapitalerhöhung – aus dem Gesetz ergeben, ist durch den Hinweis auf die gesetzliche Regelung dem Bestimmtheitsgrundsatz genügt. Soweit das Gesetz die Beschlußgegenstände einer Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht ausdrücklich anspricht, besagt der allgemeine Hinweis auf die gesetzliche Regelung, daß die Generalversammlung mehrheitlich den Gesellschaftsvertrag ändern könne (§ 274 Abs. 1 i.V.m. § 320 Abs. 3 HGB in der 1936 geltenden Fassung), nichts anderes als die gleichlautende vertragliche Regelung. Eine solche ist mangels Anhaltspunkten, die die Annahme des Gegenteils rechtfertigen, nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig dahin zu verstehen, daß sie sich nicht auf Vertragsänderungen bezieht, die ungewöhnlich sind (vgl. BGHZ 85, 350, 356 m.w.N.). Anhaltspunkte, daß der Gesellschaftsvertrag auch durch Beschlüsse ungewöhnlichen, im einzelnen nicht schon vorher bestimmten Inhalts sollte geändert werden dürfen, daß also die Gesellschafter auf den Bestimmtheitsgrundsatz hätten verzichten wollen, hat das Berufungsgericht nicht aufgezeigt. Aus der Vertragsurkunde ergeben sie sich nicht; Umstände außerhalb der Urkunde, die einen Verzicht der Gesellschafter belegen könnten, haben die Parteien nicht vorgetragen. Hierzu hätte wenigstens gehört, daß die Gesellschafter eine ungefähre Vorstellung davon hatten, welchen für sie nachteiligen Beschlüssen sie sich mit einer Mehrheitsklausel aussetzten. Der vom Berufungsgericht angeführte Gesichtspunkt, daß nämlich die Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien deren Satzung mit qualifizierter Mehrheit ändern könne, gibt in diesem Zusammenhang für einen Verzicht nichts her. Denn anders als das Berufungsgericht annimmt, verweist der Gesellschaftsvertrag nicht auf das im § 275 HGB (in der 1936 geltenden Fassung) für Satzungsänderungen vorgesehene Mehrheitserfordernis; § 14 Abs. 3 des Vertrages regelte nämlich schon damals die Mehrheiten, mit denen die Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag ändern konnten, eigenständig und anders als § 275 HGB. Sollte andererseits dem Bestimmtheitsgrundsatz dadurch Rechnung getragen worden sein, daß die Gesellschafter über Gegenstände mehrheitlich sollten beschließen dürfen, die das Gesetz den Gesellschaftern einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zugewiesen hatte, so war die gesetzliche 3/4-Mehrheit für Vertragsänderungen, schon weil sie von der Verweisung nicht erfaßt wurde, kein Beschlußgegenstand, der hinreichend bestimmt war und deshalb mehrheitlich geändert werden konnte.

Enthielt nach alledem der Gesellschaftsvertrag aus dem Jahre 1936 keinen Verzicht auf den Bestimmtheitsgrundsatz, so können die Gesellschafter auch nicht – wie das Berufungsgericht meint – an einem solchen Verzicht festgehalten haben, als sie 1965 den Gesellschaftsvertrag änderten. Daß die Gesellschafter 1965 einen Verzicht vereinbart hätten, nimmt auch das Berufungsgericht nicht an. Die Änderung vom 8. Januar 1965 wurde gegen die Stimmen der S…-Gruppe beschlossen. Als die Gesellschafter am 24. Juni 1965 den Gesellschaftsvertrag einverständlich änderten, haben sie künftige Änderungen nicht etwa erleichtert, sondern im Gegenteil erschwert; der Umstand, daß nach der damaligen Übereinkunft mehrere Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages mehrheitlich nur mit 90% der abgegebenen Stimmen geändert werden dürfen, läßt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht den Schluß zu, daß alle von dieser Verschärfung nicht betroffenen Teile des Gesellschaftsvertrages, insbesondere die 3/4-Mehrheit des § 14 Abs. 2, von nun an mit eben dieser Mehrheit sollten geändert werden können. Die Verschärfung des Mehrheitserfordernisses, mit der die Gruppe verhindern wollte, daß die am 24. Juni 1965 einverständlich beschlossenen Vertragsänderungen mit einer 3/4-Mehrheit wieder rückgängig gemacht werden konnten, zeigt, daß die Gruppe ihren Einfluß hat verstärken und nicht etwa auf den weitergehenden Schutz des Bestimmtheitsgrundsatzes hat verzichten wollen, wenn es galt, den Gesellschaftsvertrag in nicht näher bestimmten ungewöhnlichen Punkten zu ändern. Deshalb muß auch der damals geänderte § 11 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages, wonach die Gesellschafterversammlung den Gesellschaftsvertrag ändern kann, soweit das durch Mehrheitsbeschluß bei einer Personengesellschaft möglich ist, so verstanden werden, daß der Vertrag in ungewöhnlichen Punkten mehrheitlich nur geändert werden darf, soweit er das im einzelnen für zulässig erklärt.

Wegen des geltenden, weil nicht abbedungenen Bestimmtheitsgrundes sind von vornherein alle ungewöhnlichen, einer Mehrheitsentscheidung nicht unzweideutig zugänglich gemachten Vertragsänderungen von einer solchen ausgeschlossen und deshalb von der beanstandeten Änderung des § 14 Abs. 2 nicht betroffen. Mit einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann, weil ausdrücklich bestimmt, die Änderung des Gesellschaftskapitals, die Veräußerung des Handelsgeschäfts im Ganzen, die Auflösung der Gesellschaft (jeweils § 14 Abs. 2), die Kapitalbildung aus Gewinnen (§ 18 Abs. 2), die Kündigung der Gesellschafterstellung der persönlich haftenden Gesellschafterin (§ 22 Abs. 2) und die Aufnahme von Gesellschaftern (§ 25 Abs. 1). Es fragt sich nun, ob das Recht der 3/4-Mehrheit, Änderungen dieser Art zu beschließen, zugleich die Befugnis einschließt, den Vertrag dahin zu ändern, daß dafür künftig eine geringere Mehrheit ausreicht. Die Mehrheit mag dieses Recht haben, wenn – wie das Berufungsgericht annimmt – der Bestimmtheitsgrundsatz abbedungen worden ist und deshalb mit der vorgesehenen Mehrheit regelmäßig auch Vertragsänderungen ungewöhnlichen Inhalts beschlossen werden können. Etwas anderes gilt aber, wenn – wie im vorliegenden Fall – alle ungewöhnlichen, einer Mehrheitsentscheidung nicht zugänglich gemachten Änderungen einstimmig beschlossen werden müssen. Die Herabsetzung des Mehrheitserfordernisses für Beschlüsse ungewöhnlichen Inhalts ist ebenfalls ungewöhnlich; daß die Gesellschafter sie vorweg einstimmig gebilligt hätten, läßt sich dem Gesellschaftsvertrage nicht entnehmen.

Ungewöhnlich ist ein Beschluß, durch den das für eine Änderung des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Mehrheitserfordernis von 3/4 der abgegebenen Stimmen herabgesetzt wird, deshalb, weil derartige Grenzziehungen als Instrumente des Minderheitenschutzes die Gesellschafterminderheit zu einem wesentlichen Teil im Interesse einer „Richtigkeitsgewähr” an der Entscheidungsfindung beteiligen (vgl. hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 352). Aus diesem Grunde sieht das Gesetz für Vertragsänderungen regelmäßig eine 3/4-Mehrheit vor (§ 33 Abs. 1 BGB, § 179 Abs. 2 AktG, § 53 Abs. 1 GmbHG, § 16 Abs. 2 GenG), von der in der GmbH generell und in der Genossenschaft für bestimmte Beschlußgegenstände (§ 16 Abs. 2 und 4 GenG) nicht einmal einverständlich abgewichen werden darf. Haben die Gesellschafter einer Personengesellschaft sich für eine qualifizierte Mehrheit entschieden, so kann man ihnen nicht unterstellen, daß sie sich einer Herabsetzung des Mehrheitserfordernisses und damit einer Aufweichung des Minderheitenschutzes hätten unterwerfen wollen, wenn sie einer dahingehenden mehrheitlich zu beschließenden Änderung nicht zuvor unzweideutig zugestimmt haben.

Der Gesellschaftsvertrag gibt nichts dafür her, daß das für Vertragsänderungen erforderliche qualifizierte Mehrheitserfordernis mehrheitlich sollte herabgesetzt werden können. Ist nichts anderes vereinbart, so werden die im Gesellschaftsvertrage einer Personengesellschaft für bestimmte Vertragsänderungen vorgesehenen erleichterten Anforderungen (hier: die mehrheitliche anstelle der einstimmigen Änderung) regelmäßig nicht für Beschlüsse gelten, durch die die Mehrheitserfordernisse weiter vermindert und auf diese Weise Vertragsänderungen noch erleichtert werden sollen (für die Aktiengesellschaft ebenso Zöllner in KK, § 179 Rdnr. 37). Einen dahingehenden Willen hätten die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrage unzweideutig zum Ausdruck bringen müssen. Da das nicht geschehen ist, konnten die Gesellschafter das Mehrheitserfordernis nur einstimmig herabsetzen. Die am 29. Juni 1984 und 12. April 1985 mehrheitlich beschlossenen Änderungen des § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages sind unwirksam. Die Berufung der Beklagten ist deshalb zurückzuweisen.

2. Mit der Geltendmachung der den Beschlüssen anhaftenden Mängel ist die Klägerin nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil sie die Klage zwar innerhalb eines Monats beim Gericht eingereicht hat, jene den Beklagten aber erst Monate später zugestellt worden ist. Nach § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages kann nur innerhalb eines Monats nach Zugang einer Abschrift des Protokolls über die Gesellschafterversammlung gerichtlich geltend gemacht werden, daß ein Beschluß der Gesellschafter das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag verletzt. Eine solche Regelung ist rechtlich unbedenklich (vgl. BGHZ 68, 212, 216). Die Klägerin hat, nachdem ihr die Niederschriften über die Gesellschafterversammlungen vom 29. Juni 1984 am 14. Juli 1984 zugegangen waren, die Klage am 13. August 1984 beim Gericht eingereicht. Wegen der Vorarbeiten für die im Ausland zu vollziehenden Zustellungen hat das Gericht die Zustellung erst am 24. Januar 1985 verfügt. Nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klageschrift als letzten den Beklagten zu 3, 20 und 35 spätestens am 12. April 1985 zugestellt worden, weil ihr Prozeßbevollmächtigter in diesem Zeitpunkt im Besitz der Prozeßvollmachten und der Klageschrift war, so daß Zustellungsmängel nach §§ 187, 176 ZPO geheilt waren. Zwar hat der Prozeßbevollmächtigte entgegen seiner Anzeige vom 22. März 1985, daß er die genannten Beklagten vertrete, am 22. April und 8. Mai 1985 mitgeteilt, daß den Beklagten zu 20 und 3 die Klageschrift noch nicht zugestellt worden sei und er sich voreilig zu deren Prozeßbevollmächtigten bestellt habe. Entgegen der von den Beklagten in der Revisionserwiderung vertretenen Ansicht mußte das Berufungsgericht dem Hinweis auf die bisher nicht erfolgte Zustellung nicht entnehmen, daß der Anwalt auch keine Prozeßvollmachten der Beklagten hatte; denn im Schriftsatz vom 10. April 1985 hatte er ausdrücklich mitgeteilt, daß ihm Prozeßvollmachten der Beklagten zu 1 bis 4 und 6 bis 58 vorlägen. Ist wie im vorliegenden Falle ein Familienstamm aufgerufen, einen Gesellschafterbeschluß zu verteidigen, wäre es nichts Ungewöhnliches, wenn einzelne Mitglieder den gemeinsamen Prozeßvertreter schon bevollmächtigen, bevor auch ihnen die Klageschrift zugestellt ist.

Die Zustellung vom 10. April 1985 gilt im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO als demnächst erfolgt, so daß die Anfechtungsfrist gewahrt ist. Diese Regelung ist nicht rein zeitlich zu verstehen; sie soll vielmehr den Kläger vor einer von ihm nicht verschuldeten verzögerlichen Sachbehandlung schützen. Falls keine schutzwürdigen Belange des Beklagten entgegenstehen, ist dem Kläger der Zeitablauf, den er nicht zu vertreten hat, nicht anzulasten (vgl. BGH, Urteile v. 24.6.1974 – III ZR 105/72, VersR 1974, 1106, 1107; v. 7.4.1983 – III ZR 193/81, WM 1983, 985, 986). Nach den fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Verzögerung zwischen Einreichung der Klage und deren Zustellung nicht zu vertreten. Soweit es darum geht, daß das Gericht die Auslandszustellungen erst am 24. Januar 1985 verfügt hat, haben auch die Beklagten nichts zu erinnern. Zeiträume von 9 und 10 Monaten sind nicht außergewöhnlich, wenn Klagen auf diplomatischen Wegen im Ausland zugestellt werden müssen (vgl. BGHZ 25, 250, 255 f.; BGH, Urt. v. 7.4.1983, a.a.O.). Soweit Zustellungen dadurch verzögert worden sind, daß die Anschriften der Beklagten unrichtig oder unvollständig waren, hat das nicht die Klägerin zu vertreten; dieser Umstand geht allein zu Lasten der Beklagten. Sind in einer Personengesellschaft die Gesellschafter verpflichtet, Mängel der Gesellschafterbeschlüsse innerhalb eines Monats gerichtlich geltend zu machen, ohne daß ihnen gleichzeitig das Recht eingeräumt wird, den Streit um die Wirksamkeit der Beschlüsse mit der Gesellschaft auszutragen, so haben die Gesellschafter dafür zu sorgen, daß ihre Anschriften von der Gesellschaft den Mitgesellschaftern, die klagen wollen, auf Anforderung so vollständig mitgeteilt werden, daß ihnen die Klageschrift zugestellt werden kann. Hiergegen haben die Beklagten verstoßen. Wie die Gesellschaft der Klägerin am 12. Juli 1984 und 7. August 1984 mitgeteilt hat, ist sie von Gesellschaftern angewiesen worden, die Anschriften nicht weiterzugeben. Die Beklagten haben dadurch die Verzögerung zu einem wesentlichen Teil verschuldet und werden deshalb nicht unzumutbar belastet, wenn die Zustellungen noch als „demnächst erfolgt” anzusehen sind (vgl. auch BGH, Urt. v. 17.3.1983 – III ZR 154/81, LM StrEG Nr. 11).

 

Fundstellen

NJW 1988, 411

ZIP 1987, 1178

DNotZ 1988, 49

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